Das zweite Beispiel: Derselbe Betriebsprüfer prüft ebenfalls ein Unternehmen aus dem Dienstleistungsbereich. Hier liegt der gleiche Sachverhalt vor, nur, in diesem Fall darf er keine Kontrollmitteilung schreiben, das heißt, das Finanzamt kann nicht überprüfen, ob der Empfänger von Zinsen diese Zinsen in seiner Steuererklärung angegeben hat. Logisch? Für mich nicht! Die Erklärung dafür ist, bei dem zweiten Unternehmen handelt es sich um eine Bank. Diese Ungleichbehandlung ergibt sich aus dem so genannten Bankgeheimnis, das in Paragraph 30 a AO, dem Steuergrundgesetz, verankert ist.
Das Bankgeheimnis verhindert die steuerliche Erfassung von Zinseinnahmen und Spekulationsgewinnen. Das ist eine Aussage von mir, von der SPDFraktion und eine Aussage des Senats, denn in der Mitteilung aufgrund unserer Großen Anfrage ist das fast expressis verbis aufgeführt. Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass es mir bei dieser Problematik nicht darum geht, die Zinsen eines kleinen Sparbuches mit aller Kraft zu erfassen, das der Arbeitnehmer mit geringen Einkünften angelegt hat, um irgendwelche Konsumgüter zu finanzieren. Mir geht es um etwas ganz anderes. Mir geht es hier um Milliardenbeträge und um Milliarden von Steuerausfällen, um Milliarden, nicht um Millionen! Darum ist es zwingend erforderlich, denke ich, dass wir mit aller Kraft versuchen zu erreichen, das Bankgeheimnis abzuschaffen.
hindert haben mit der Begründung, wenn das Bankgeheimnis abgeschafft wird, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Bankkunden gestört. Ich frage mich jetzt: Welches Vertrauensverhältnis wird hier diskutiert? Hier geht es nicht um den ehrlichen Kapitalanleger, nicht um den ehrlichen Steuerzahler, hier geht es um den kriminellen, um den Steuerhinterzieher. Ich frage, und das meine ich sehr ernsthaft: Ist das Vertrauen des Steuerhinterziehers in die Verschwiegenheit der Bank ein schutzwürdiges Gut?
Sowohl bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen als auch bei den steuerpflichtigen Spekulationsgewinnen gibt es zurzeit keine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, sondern eine Besteuerung nach Ehrlichkeit und Freiwilligkeit, und das, so glaube ich, ist mit Sicherheit verfassungswidrig. Vor einiger Zeit hat Finanzsenator Perschau ein Interview gegeben. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich. In diesem Interview hat Herr Perschau gesagt: „Wir müssen die Schlupflöcher im Rahmen der Steuerpflicht weiter schließen.“ Dieser Meinung bin ich auch. Umso mehr bin ich überrascht, Herr Senator, dass Sie sich unserer Auffassung über die Abschaffung des Bankgeheimnisses nicht anschließen.
Als ich die Antwort auf die Große Anfrage durchgelesen habe, war ich ziemlich irritiert über eine Antwort, und zwar über die Antwort auf unsere Frage vier. Hier haben wir sehr konkret nach der Meinung des Senats zu der Auflösung des Bankgeheimnisses gefragt, und da kommt wirklich nur ein ganz lapidarer Satz als Antwort, und zwar, dass durch das Bankgeheimnis die Ermittlung der Einkünfte zwar erschwert wird, aber es wird nichts unternommen, weil Angst vor einer Kapitalflucht eintritt.
Ich habe mit Sicherheit erwartet, dass der Senat zu diesem Problembereich in umfangreicherem Maß eine Stellungnahme abgibt. Wieso tritt Kapitalflucht ein, wenn das Bankgeheimnis abgeschafft wird? Wenn eine Kapitalflucht eintritt, welche Auswirkungen hat das denn? Die letzte Frage, und das ist sehr wesentlich: Tritt wirklich eine Kapitalflucht ein? In den USA gibt es das Bankgeheimnis nicht. Da wird ein komplettes System von Kontrollmitteilungen durchgeführt, und – das ist beweisbar – hier liegt Kapitalflucht nicht vor.
Noch eine Information, und ich habe das Gefühl, der Senat war darüber nicht informiert! Sehr häufig ist Folgendes passiert: Kapital ist zunächst in das Ausland verlagert worden, das ist richtig, aber durch Scheindarlehensverträge ist dieses volkswirtschaftlich wichtige Kapital zurückgeflossen. Das heißt, eine scheinbare Kapitalflucht ist zwar eingetreten, aber tatsächlich nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass die Antwort auf diese Frage unter Berücksichtigung volkswirtschaftlicher Gegebenheiten korrekter und ausführlicher gegeben worden wäre.
Wir haben in den letzten Jahren in ganz großem Umfang Steuerhinterziehung festgestellt. Da ist mit Hilfe leider vieler Banken sehr viel Kapital nach Luxemburg transferiert worden. Die daraus angefallenen Zinsen sind nicht erklärt worden, und genau dieses Kapital war es, das durch Scheindarlehensverträge in großem Umfang nach Deutschland zurückgebracht worden ist. Meine Damen und Herren, es gibt sehr viele Institutionen und Personen, die sich für die Abschaffung des Bankgeheimnisses eingesetzt haben. Das ist einmal meine Gewerkschaft, die Deutsche Steuergewerkschaft, die das schon sehr lange fordert, aber auch Paul Kirchhoff, der ehemalige Verfassungsrichter, der Bundesbankpräsident Ernst Welteke und, last not least, Klaus Tipke, der in Fachkreisen lange als Steuerpapst bezeichnet worden ist. Man kann keinem der von mir genannten Herren eine zu enge Partei- oder Verbandsnähe vorwerfen. Diese beurteilen Steuerrecht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, und alle sind sie eben der Meinung, auch unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts muss das Bankgeheimnis abgeschafft werden. Klaus Tipke hat einmal in einem Vortrag einen wunderbaren Satz gebracht: „Eine Steuer ohne Kontrolle ist ein Spende.“ Meine Damen und Herren, der Staat kann von Spenden allein nicht existieren
bei den vielfältigen Aufgaben, die unser Staat hat. Es kommen ja immer wieder neue Aufgaben dazu, wir denken jetzt alle an die entsetzlichen Katastrophen durch das Hochwasser, an die Existenzvernichtung, an die Not von Menschen, und natürlich muss der Staat da auch eingreifen. Ich bin sehr froh über den Beschluss unserer Bundesregierung, Sofortmaßnahmen umzusetzen, und ich denke, daraus ergibt sich ebenfalls die Notwendigkeit, Haushaltseinnahmen zu sichern und zu verbessern.
In unserem Gesellschaftssystem gehört es zu den Grundpflichten der Bürgerinnen und Bürger, Steuern zu zahlen. Der Steuerzahler mit dem gläsernen Portemonnaie, das ist der Lohnsteuerzahler. Ich finde das nicht überraschend, sondern sehr typisch, dass das höchste Teilaufkommen im gesamten Steueraufkommen die Lohnsteuer ist. Der Staat mit sämtlichen Erscheinungsformen, Bund, Länder, Kommunen, leidet unter ganz starken Finanzschwierigkeiten, und die Funktionsfähigkeit, die Handlungsfähigkeit des Staates hängt von den realen Haushaltseinnahmen ab. 90 Prozent dieser Haushaltseinnahmen sind nun einmal Steuereinnahmen. Ich lehne es ab, dass die Lohnsteuerzahler und -zahlerinnen hier den größten Anteil aufbringen müssen.
Zurzeit läuft ein Verfahren im Bundesverfassungsgericht, in dem es letztlich um die Möglichkeit zur Ermittlung der Einkünfte geht. Ich bin froh, dass das Bundesverfassungsgericht jetzt wieder eine steuerpolitische Entscheidung treffen muss. Das Bundesverfassungsgericht ist unabhängig von der Politik, es ist nicht unabhängig von gesellschaftlichen Einflüssen, aber unabhängig von Lobbyismus, und so hoffe ich sehr, dass hier endlich eine Klärung erfolgt, vielleicht auch eine Klärung in Bezug auf das Bankgeheimnis. Die Abschaffung des Bankgeheimnisses würde dazu führen, dass Steuereinnahmen und Haushaltseinnahmen erhöht werden. Es geht ungefähr um zwölf Milliarden DM, und, was mir auch wichtig ist, es würde auch zu mehr Steuergerechtigkeit führen.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schwarz, das war ja wieder einmal eine sehr rührselige Rede von Ihnen! Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion belegt, dass es keine wesentlichen strukturellen Erhebungsdefizite bei der Erfassung von Einkünften aus Spekulationsgewinnen gibt und dass es um die Steuermoral doch nicht so schlecht bestellt ist, wie immer wieder behauptet wird. Wie in den vom Senat vorgelegten Zahlen zum Ausdruck kommt, versteuern Bremens Bürger in hanseatischer Kaufmannstradition
ihre Einkünfte aus Spekulationsgeschäften und Kapitalerträgen sehr genau. Zu diesem Ergebnis tragen sicherlich in Bremen auch die überproportional positiven Ergebnisse der Betriebsprüfungen bei, ein Beweis dafür, dass der Senator für Finanzen gut und effektiv arbeitet.
Übrigens, die für Bremen ermittelte Summe ergibt etwa ein Prozent der im Bundesgebiet versteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen und Spekulationsgewinnen. Demnach wurden in den Jahren 1995 bis 1999 jährlich zirka zehn Milliarden Euro bundesweit an Einkünften aus Kapitalvermögen und zirka 250 Millionen Euro aus Spekulationsgewinnen versteuert. Nach diesem positiven Ergebnis bleibt aber noch die Frage offen, was politisch von der Initiative der SPD-Fraktion bleibt. Der Forderung nach einer Abschaffung des Bankgeheimnisses gegenüber Finanzbehörden kann ich nur ganz deutlich widersprechen.
Gestatten Sie mir, dass ich zum besseren Verständnis zunächst auf die Geschichte des Paragraphen 30 a Abgabenordnung, der juristischen Ausgestaltung des Bankgeheimnisses, eingehe! Dieser Vorschrift kommt eine zentrale Funktion zu, wenn über Spekulations- und Kapitalertragssteuern diskutiert werden soll. Der der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zugrunde liegende Paragraph 30 a Abgabenordnung hat aus rechtshistorischer Sicht bereits eine lange und bewegte Geschichte hinter sich, obwohl die Vorschriften vergleichsweise jung sind. Wie im Einleitungstext der Großen Anfrage ausgeführt ist, hat jüngst der Bundesfinanzhof entschieden, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Das höchste deutsche Gericht hatte sich bereits mehrfach mit dem Paragraphen zu befassen.
Das Bankgeheimnis wurde grundlegend mit dem Bankerlass 1949 in seiner heutigen bekannten Form in den Grundzügen geschaffen mit dem Ziel, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten, „das sich aus der Natur des Bankgeschäfts ergebende besondere Vertrauensverhältnis Bank/Bankkunden nicht zu belasten und zu beeinträchtigen, den Sparwillen der Bevölkerung nicht zu schmälern“.
Dem 1979 neu gefassten Bankerlass wurde ein entscheidender Satz hinzugefügt, der den Ausfluss der besonderen Verfassungsverbundenheit des damaligen Gesetzgebers und das Verhältnis Staat/Bürger in seinem Idealzustand beschreibt. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Daher kann für den Regelfall davon ausgegangen werden, dass die Angaben in der Steuererklärung vollständig und richtig sind.“ Da jedoch der Bankerlass in seiner damaligen Form schnell, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten, als „Anschauungsmaterial für eine Anstiftung zur Steuerhinterziehung missbraucht wurde“, führte man mit dem Steuerreformgesetz 1990 eine kleine Kapitalertragsteuer ein, die jedoch wegen der sofort einsetzenden massiven Kapitalflucht wieder aufgehoben wurde.
Erstaunlich ist zunächst aus meiner Sicht, dass die SPD sich dieses Themas angenommen hat, obwohl die Gründe für den Beschluss des Bundesfinanzhofes noch nicht vorliegen. Allein aus den gesamten Entscheidungsgründen kann erst eine vernünftige Beurteilung des Beschlusses des Bundesfinanzhofes erfolgen. Aus einer Pressemitteilung kann keine fundierte Bewertung eines Richterspruchs erfolgen.
Ich vermute vielmehr, entscheidender Anlass der Initiative war das Schreiben von Herrn Ministerpräsident Gabriel an den Bundeskanzler mit der Aufforderung, zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung den Paragraphen 30 a AO abzuschaffen, also die Schaffung eines gläsernen Bürgers, damit dieSteuerfahndung den Terrorismus bekämpfen kann. Wel
che neue Aufgabenverteilung zwischen Steuerfahndung und Polizei schwebt denn da Herrn Gabriel vor? Wohl vielmehr der Gedanke, endlich einen Anlass gefunden zu haben, alte sozialsozialistische Ziele umsetzen zu können!
Es tut mir Leid, also bei dem Wort, das ist etwas schwierig auszusprechen. Es fällt mir etwas schwer!
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Was ist denn Sozialsozialismus? – Abg. D r. K ä s e [SPD]: Sozialismus geht der CDU schwer über die Lippen!)
Aber da wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht, in diesem Falle ohne den Bundeskanzler, der auch noch SPD-Vorsitzender ist. Es war doch gerade er, der eine Amnestie für Steuerflüchtlinge gefordert hat. Sehr seltsam! Auch Sie, Frau Schwarz, haben dies wohl immer noch nicht verstanden. Vielleicht täte Ihnen ein Grundkurs in Volkswirtschaftslehre einmal ganz gut.
Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass das Rechtsgefühl ohnehin die Frage nach einer Zinsbesteuerung ziemlich deutlich beantwortet. Es handelt sich hier um eine ungerechtfertigte Doppelbesteuerung.
Ja, das ist so! Ich weiß, dass Sie das nicht gern hören, aber das tut Ihnen schon einmal ganz gut! Derjenige, der Kapital erwirtschaftet, versteuert es bereits über die Einkommensteuer beziehungsweise Lohnsteuer. Wenn er nun spart beziehungsweise spekuliert, wird er erneut überproportional vom Staat zur Kasse gebeten, und das für Finanzmittel, die er bereits versteuert hat. Das kann es doch nicht sein!
Dies läuft bei böswilliger Interpretation darauf hinaus, dass Faulheit und Untüchtigkeit belohnt werden. Dies ist aber doch nicht das, was unser Staat in der derzeitigen schwierigen Situation braucht! Wir müssen vielmehr alle zupacken! Leistung muss sich wieder lohnen!
Es ist mir klar, dass Sie darüber lachen, meine lieben Kollegen von der SPD, aber es wäre schön, wenn
Nach meiner Ansicht geht das Ansinnen der SPD-Fraktion zur vollständigen Aufhebung des Bankgeheimnisses gegenüber den Finanzbehörden in die völlig falsche Richtung. Im Falle des Verdachts einer Straftat besteht sowieso die Möglichkeit, das Bankgeheimnis aufzuheben, Frau Schwarz! Ja, also wo ist das Problem?
Um eine Steuergerechtigkeit zu erzielen und einen Beitrag zur Steuer- und Verwaltungsvereinfachung zu leisten sowie einem Kapitalfluss in das Ausland vorzubeugen, gilt es, eine europaeinheitliche Lösung zu erzielen. In diesem Sinne darf einer Forderung nach Abschaffung des Bankgeheimnisses auf keinen Fall entsprochen werden! Die Anonymität der Geldanlagen muss im Interesse eines vertrauensvollen Verhältnisses des Steuerbürgers zum Staat und vor allem aus kapitalmarktpolitischen Gründen, ich nenne nur die bedeutenden Stichworte Arbeitsplätze, Förderung des Mittelstands angesichts Basel II, bewahrt bleiben. – Vielen Dank!