Protocol of the Session on November 15, 2000

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das ist richtig Quatsch!)

Doch, das ist so! Frau Kollegin Hövelmann, wo kommt es denn her, dass in der sozialdemokratischen Bildungspolitik nur noch jahrgangsübergreifend alle zwei Jahre Biologie und Chemie unterrichtet wurde? Das war doch nicht die CDU, die für diesen Unterricht gesorgt hat!

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD)

Ich hätte mir auch gewünscht, dass angesichts der neuen bildungspolitischen Vorstellungen, die so neu gar nicht sind, auch da noch einmal die Dinge der CDU aufgegriffen worden wären, wo es darum geht, unsere Schüler besser auf das Thema Naturwissenschaften vorzubereiten und für mehr Begeisterung zu sorgen. Wir haben die Debatten hier schon oft genug geführt, ich habe es bei Ihnen vor einigen Wochen nur vermisst.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens sage ich, dass auch der Innensenator schnell reagiert hat. Wir haben zumindest die Möglichkeit der Blue Card geschaffen, um unbürokratische Aufenthaltsgenehmigungen auch noch weitergehend zu ermöglichen. Das ist auch noch nicht der große Erfolg, weil es natürlich in eine weitere Debatte gehört. Es ist aber nicht so, dass wir uns der Debatte verweigern, sondern dies aufnehmen. Das T.I.M.E.-Programm wird diskutiert, und auch hier werden demnächst weitere Akzente gesetzt, wo es um die Qualifikation geht. Ich möchte es einfach sagen, weil wir natürlich nicht glauben, dass wir allein über die Green Card eine Lösung für unsere Arbeitsmarktprobleme bekommen.

Meine Damen und Herren, der Entschließungsantrag der Grünen greift natürlich zu kurz. Sie selbst haben gesagt, dass sich die wesentlichen Punkte erledigt haben. Insofern brauche ich mich dazu nicht im Einzelnen zu äußern. Sie wollen Punkt drei zur Diskussion und zur Abstimmung stellen. Ich sage für die CDU, Deutschland ist kein Einwanderungsland! Was wir brauchen, ist gesteuerte Zuwanderung, und das werden wir dann noch im Fortgang im Weiteren detaillierter diskutieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kottisch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte das Thema noch einmal kurz aus ökonomischer Sichtweise betrachten und dann aufzeigen, dass die Green Card sehr wohl ein Erfolg ist.

Herr Jäger, die Green Card ist in der Tat keine Patentlösung, das haben wir im Mai bereits diskutiert. Sie darf nicht isoliert betrachtet werden, sie ist integraler Bestandteil einer Politik, die letztendlich dazu führt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden und ein Strukturwandel in Europa, in Deutschland und vor allem auch hier in Bremen eingeleitet wird.

(Beifall bei der SPD)

Es ist richtig, Herr Jäger, dass zu dieser Politik auch die Intensivierung der Qualifizierungsbemühungen für inländische Kräfte gehört. In Bremen haben wir das erreicht. Da haben wir Sie, unseren Koalitionspartner, überzeugen können, dass wir zum Beispiel auch im Rahmen des Programms T.I.M.E. den Block Qualifizierung als einen ganz starken aufgestellt haben.

(Beifall bei der SPD)

Das freut uns, vielen Dank! Da haben Sie gelernt, und Sie sehen, selbst im Bereich der Wirtschaftspolitik kann die christdemokratische Partei von der sozialdemokratischen lernen!

(Beifall bei der SPD)

Wir haben heute Morgen zu der Debatte um die Qualifizierung für den Strukturwandel Frau Stahmann und auch andere Kollegen hören dürfen, und ich denke, das ist ein Thema, das in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Tagesordnung kommen wird. Von daher meine ich, dass es auch in diesem Zusammenhang immer wieder Erwähnung finden muss.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf eine Studie des „European Information Technology Observatory“, kurz EITO, eingehen. Diese Gesellschaft hat prognostiziert, dass es im Jahr 2003 22 Millionen Beschäftigte im Bereich Informationstechnik und EBusiness in Europa geben wird. Heute sind es 14,5 Millionen. Heute bereits können 13 Prozent dieser Stellen nicht besetzt werden, und im Jahr 2003 werden es 18 Prozent sein. Das heißt, wir haben eine riesige Lücke an IT-Fachkräften. Absolut ausgedrückt sind das 1,9 Millionen heute und 3,8 Millionen im Jahr 2003. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Wenn wir diese Lücke nicht schließen, passiert laut EITO Folgendes: Wir verzichten auf ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von drei Prozent. Das muss man sich einmal vor Augen führen! Drei Prozent Wirtschaftswachstum verschenken wir, wenn wir keine Maßnahmen einleiten, und ich meine, da muss man jede Maßnahme, auch die Green Card, untersuchen und ausprobieren, damit wir eben nichts von diesem Wirtschaftswachstum verschenken.

(Beifall bei der SPD)

Bernhard Rohleder, das ist der Sprecher des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, kurz BITKOM, hat bereits vor einigen Jahren darauf hingewiesen, dass hier in Deutschland ein Wettbewerb um die besten Köpfe entbrannt ist, und zwar aus folgendem Grund: Es müssen sich hier in Deutschland die Rahmenbedingungen ändern – zu diesen komme ich gleich noch –, damit wir diesen Wettbewerb gewinnen können. Er zeigt auf, dass der Wanderungssaldo für ITSpezialisten in der Tat im Moment in Deutschland negativ ist. Das heißt, es wandern mehr IT-Fachkräfte ab, vor allem in die USA, als wir sie überhaupt akquirieren können. Darauf hatte Herr Jäger auch hingewiesen. Das ist in der Tat so.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass der Know-how-Import durch eine Green Card gleich mehrere Arbeitsplätze für Einheimische hier in unserem Lande schafft, und das gilt natürlich auch in die andere Richtung. Das heißt, wenn wir IT-Fachkräfte verlieren, in die USA beispielsweise, vernichten wir automatisch auch gleich mehrere Arbeitsplätze, die daran geknüpft sind.

Ich meine deshalb, Herr Jäger, dass Maßnahmen wie die Green Card nötig sind. Wir müssen alles dafür tun, auch wenn die Resonanz – ich meine, bis zum Jahresende sind ungefähr 5000 Genehmigungen erteilt worden – nicht ganz so hoch ist wie erwartet.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Freundlich ausgedrückt!)

Dennoch müssen wir versuchen, mit der Green Card dagegen anzugehen. Ich halte sogar diese schlechte Resonanz für einen Grund, einmal nachzufragen, woran das eigentlich liegt! Da muss man sich diese IT-Branche einmal ganz genau vor Augen führen. Das ist eine sehr international geprägte Branche, die Fachsprache ist Englisch, und die deutsche Leitkultur – Herr Eckhoff, auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – hilft uns hier in ganz – –.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Vielleicht ma- chen Sie aus der Green Card eine richtige Green Card!)

Dazu kommen wir ja gleich! Nur, diese ganze Debatte ist ja durch die Green Card angeleiert worden.

(Beifall bei der SPD)

Von daher werden wir doch in unserer konzeptionellen Vorgehensweise unterstützt auch durch Sie. Vielen Dank!

Also ganz im Gegenteil – ich muss es auch noch einmal sagen, weil es mir nicht gefällt, um einen parlamentarischen Ausdruck zu nutzen –, Kampagnen wie der Wahlkampf auf dem Rücken der doppelten Staatsangehörigkeit, Kampagnen wie Sprüche „Kinder statt Inder!“, das sind einfach Dinge, meine Damen und Herren von der CDU, das muss ich auch als Mann der Wirtschaft sagen,

(Abg. T e i s e r [CDU]: Sagen Sie es doch!)

die kommen nicht gut an.

(Beifall bei der SPD)

Die tragen einfach nicht dazu bei, dass wir das Klima entwickeln, um Strukturwandel hier voranzutreiben! Halten Sie sich bitte einmal vor Augen – und bitte, Herr Eckhoff, nehmen Sie sich das zu Herzen –, IT, Internet, Globalisierung und deutsche Leitkultur passen nicht zusammen!

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein echtes Problem.

Jegliche Internationalität, die wir erzielen, auch über die Green Card, hilft uns weiter. Ansonsten werden, wie bereits von der Kollegin Frau Dr. Trüpel aufgezeigt, die besten Köpfe, zum Beispiel aus Indien, ihren sehr viel einfacheren Weg nach Großbritannien oder in die USA suchen. Das ist für sie recht einfach. Sie haben über die Kolonialherrschaft der Briten hervorragende Kontakte zum Mutterland, warum sollten sie nach Deutschland kommen?

Nachdem wir den Entschließungsantrag der Grünen im Mai an die Deputationen für Wirtschaft und Häfen sowie für Arbeit und Gesundheit überwiesen hatten, wurde insbesondere das Problem der Befristung auf fünf Jahre noch einmal diskutiert. Das ist ein Problem, das in zweierlei Hinsicht betrachtet werden muss: einmal aus Sicht der ausländischen ITFachkräfte selbst, nämlich aus ethisch-moralischer Sicht – darüber haben wir auch eben diskutiert, ich denke, das wird auch weiterhin Thema sein –, aber, und darauf möchte ich hinweisen, sehr wohl auch aus Sicht der IT-Wirtschaft. Man stelle sich einfach einmal vor: Schlechtestenfalls nach fünf Jahren werden der Wirtschaft die maßgeblichen Schlüsselqualifikationen alle wieder schlagartig entzogen, das ist

auch nicht sehr förderlich. Darum, Herr Eckhoff, und da stimmen wir Ihnen ja auch zu, ist es letztendlich einhellige Meinung, denke ich, auch in diesem Hause, dass wir eine sinnvolle Integrationspolitik brauchen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich meine, dass wir hier in Bremen bereits erste Ergebnisse haben. Der Senator für Inneres, Herr Jäger wies darauf hin, hat in Erweiterung der Green Card, das muss man dann auch wieder konstatieren – ich sage einmal, auch als Erfolg der Green-CardDebatte –, gegenüber dem Auswärtigen Amt der Erteilung von Visa an hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte sowie deren Angehörige generell zugestimmt. Ich habe heute einmal beim Senator für Inneres nachgefragt, und mir wurde bestätigt, dass seitdem tatsächlich der Erfolg respektive die Erteilung von Visa zugenommen hat. Ich denke, das ist doch sehr erfreulich.

Eine Begrenzung der Aufenthaltsdauer ist generell nicht mehr vorgeschrieben, das heißt also, die Aufenthaltserlaubnis ist strikt an die Dauer der Arbeitsgenehmigung und die Art der Beschäftigung geknüpft. Das ist dieses Thema Blue Card, das auch in Bayern und in Hessen vorgelebt wurde, das haben wir jetzt auch in Bremen. Das haben längst nicht alle Länder, von daher möchte ich das positiv hervorheben, aber auch das, Herr Jäger, ist letztendlich eine Konsequenz aus der Diskussion um die Green Card.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, wir sollten auch noch einmal abwarten, welche Arbeitsergebnisse der Zuwanderungskommission letztendlich vorliegen, die werden ja auch Grundlage für den weiteren Diskussions- und Entwicklungsprozess für die Länder sein und sicherlich auch einen Beitrag für eine bessere Integration leisten.

Frau Dr. Trüpel, Ihr Drei-Säulen-Modell ist wunderbar, ich finde es klasse. Ich habe eigentlich zusammenfassend für mich noch einmal überlegt, zwei Parameter herauszustellen, die mir doch sehr wichtig sind, ich möchte das einmal sehr pragmatisch angehen. Es geht hier um zwei Parameter, an denen wir einfach drehen müssen, die wir verändern müssen, teilweise auch schon verändert haben: Das sind einmal die Verfahren, die einfach transparenter gestaltet werden müssen, für Ausländer einfacher zu handhaben. Dazu gehört aber auch die Gestaltung von Integrationsauflagen, um entsprechende Integrationserwartungen bei den Einreisenden zu generieren, damit da auch von vornherein so eine Basis besteht, und das ist zweitens, und daran müssen wir arbeiten, die Kultur, und zwar Kultur im Sin

ne von Klima, im Sinne von Bereitschaft zur freundlichen Aufnahme von fremden Menschen, nicht nur von fremden Nahrungsmitteln,

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

also Kultur auf gar keinen Fall im Sinne von Leitkultur! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Trüpel, nachdem Sie meine Frage ja nicht beantworten wollten oder konnten,