Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, Sie alle heute nach der sitzungsfreien Zeit wiederzusehen. Ich hoffe, Sie haben ein bisschen Kraft schöpfen können, sind vielleicht verreist oder auch in Ihren Stimm- und Wahlkreisen unterwegs gewesen. Es ist sehr wichtig, dass man beides tut, um auch Kraft und Energie für die Aufgaben zu tanken, die jetzt wieder vor uns stehen, und dass wir gemeinsam ein selbstbewusstes Parlament bilden, das auch immer wieder demonstriert, dass staatliches Handeln wichtig ist und auch wirkt.
Auf der anderen Seite – das wird jetzt etwas ernster – konnte man in dieser sitzungsfreien Zeit wirklich nicht von einer Pause reden, wenn man sieht, was da alles passiert ist. Wir haben alle mit Schrecken die Nachricht von dem versuchten Anschlag hier in München auf das israelische Generalkonsulat und das NS-Dokumentationszentrum vernommen – und das auch noch am Jahrestag des OlympiaAttentats, das vor 52 Jahren stattgefunden hat. Der gewaltbereite Antisemitismus gerade auch aus diesen islamistischen Kreisen ist wirklich gefährlich und entsetzlich präsent. Ich glaube, ich kann auch im Namen des Hohen Hauses sagen: Wir danken unserer bayerischen Polizei, den Polizistinnen und Polizisten. Sie haben unter Einsatz ihres eigenen Lebens das Leben anderer gerettet, und sie haben unter Beweis gestellt, dass staatliches Handeln wirkt.
Genauso entsetzlich sind auch die Meldungen über einen Islamisten, der in Hof offensichtlich versucht hatte, Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten mit einer Machete umzubringen, um ein Klima der Verunsicherung zu schaffen. Das kann man auch ganz klar und gemeinhin als Terror bezeichnen.
Wir sind sehr dankbar für die Warnungen aus dem Umfeld, und wir sind auch dankbar für das umsichtige Eingreifen der Behörden. Auch sie haben unter Beweis gestellt: Staatliches Handeln wirkt bei uns überzeugend. Vielen Dank dafür!
Ich sage das auch im Hinblick auf die Wahlen in Ostdeutschland. Die Ergebnisse sind ja sehr intensiv diskutiert worden
und werden auch noch diskutiert. Die Regierungsbildung ist sehr schwer. Meine Kolleginnen und Kollegen, das besorgt mich umso mehr, auch mit dem Blick auf die Vereinigten Staaten von Amerika, wo zum Teil mit übelster Masche, mit Fake News gearbeitet wird, auch deswegen, um gegen Minderheiten zu hetzen.
Kann man eine Wahl für das wichtigste Regierungsamt in der freien Welt gewinnen, indem man behauptet, irgendwer würde Katzen und Hunde essen?
Eines ist klar: Nur überzeugendes staatliches Handeln kann Populismus, der manipuliert, in die Knie zwingen. Nur überzeugendes staatliches Handeln kann den billigsten Stimmenfang unterbinden. Schaffen wir das, wäre viel geschafft. Es wäre ein großer Dienst an der Demokratie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, bitte ich Sie, sich zum Gedenken an zwei Mitglieder des Senats zu erheben.
Am 23. Juli ist der ehemalige Erste Vizepräsident des Bayerischen Senats Prof. Dr. Dr. h. c. Ekkehard Schumann im Alter von 92 Jahren verstorben. Er war ab 1949 Mitglied einer Widerstandsgruppe der Jungen Gemeinde der Evangelischen Kirche in der DDR und wurde deswegen 1951 verhaftet. Nach seiner Freilassung aus dem Zuchthaus Zwickau floh er 1952 nach West-Berlin. An der FU Berlin, in Zürich, London und Michigan studierte er Jura und Philosophie. Hier in München legte er die Staatsprüfungen ab. 1967 habilitierte er und erhielt den Lehrstuhl für Prozessrecht und Bürgerliches Recht an der Universität Regensburg. Dem Bayerischen Senat gehörte er von 1947 bis 1999 an. Er war dort insbesondere Mitglied des Hauptausschusses, des Rechts- und Verfassungsausschusses sowie stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Kulturpolitik. Seit 1980 gehörte er dem Präsidium des Senats an, schließlich als Erster Vizepräsident. Er wurde für sein fachliches, politisches und gesellschaftliches Engagement vielfach ausgezeichnet, insbesondere mit dem Bayerischen Verfassungsorden, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Prof. Dr. Dr. h. c. Ekkehard Schumann war ein universell Gelehrter, der die Politik sehr bereichert hat. Der Bayerische Landtag trauert mit seinen Angehörigen und wird Prof. Dr. Dr. Ekkehard Schumann ein ehrendes Gedenken bewahren. –
Am 20. August ist die ehemalige Erste Vizepräsidentin des Bayerischen Senats Christel Beslmeisl im Alter von 84 Jahren verstorben. Nach der Mittleren Reife an der Staatlichen Handelsschule in Fürth absolvierte sie ein betriebswirtschaftliches Abendstudium an der Berufsfortbildungsakademie und übernahm 1971 die Geschäftsführung der Bezirksleitung der Gewerkschaft Holz und Kunststoff in Fürth. Ab 1978 war sie Bezirksleiterin der Gewerkschaft Holz und Kunststoff in Nordbayern. Sie war Vorstandsmitglied der AOK Mittelfranken und hat viele weitere Aufgaben im Haupt- und Ehrenamt gemeistert. Im Bayerischen Senat war sie insbesondere Mitglied im Ausschuss für Kulturpolitik und im Hauptausschuss. Im Präsidium war sie einige Jahre Schriftführerin, dann Zweite und schließlich Erste Vizepräsidentin. Für ihren politischen und gesellschaftlichen Einsatz wurde sie insbesondere mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Die überzeugte Gewerkschafterin und Sozialpolitikerin war eine beherzte Streiterin für die Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft sowie für psychisch und seelisch Erkrankte, denen sie 2004 die Christel-Beslmeisl-Stiftung für soziales Engagement in Fürth widmete.
In der sitzungsfreien Zeit konnten auch eine Reihe Kollegen Geburtstage feiern. Halbrunde Geburtstage konnten feiern: Stefan Frühbeißer, Wolfgang Hauber, Markus Saller und Sascha Schnürer. Einen runden Geburtstag konnten feiern: die Kollegin Gülseren Demirel sowie die Kollegen Martin Böhm, Paul Knoblach, Christoph Maier, Benjamin Miskowitsch, Dr. Stephan Oetzinger und Thomas Pirner.
Ich glaube, allen Geburtstagskindern alles Gute wünschen zu dürfen. Ich hoffe, Sie haben ordentlich gefeiert.
Gemäß § 14 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung gebe ich bekannt, dass die SPDFraktion als Mitglied im Ältestenrat den Kollegen Volkmar Halbleib anstelle der Kol
legin Dr. Simone Strohmayr benannt hat. Neue stellvertretende Mitglieder sind der Kollege Holger Grießhammer und die Kollegin Doris Rauscher für den Kollegen Florian von Brunn und die Kollegin Ruth Müller. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.
Darüber hinaus gebe ich bekannt, dass anstelle des Kollegen Oskar Lipp der Kollege Gerd Mannes seit 1. September 2024 neues Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus ist.
Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Realismus statt Populismus: Zuwanderung steuern, Arbeitskräfte integrieren."
Sie kennen das Prozedere, wer hier fünf Minuten bzw. zehn Minuten sprechen darf. Das nimmt als Erster der amtierende Fraktionsvorsitzende Johannes Becher mit zehn Minuten für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Anspruch. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Migration beschäftigt die Menschen. Es ist hoch emotional, sehr komplex und betrifft unmittelbar das Schicksal einzelner Menschen, aber nicht nur jener, die zu uns kommen, sondern aller. Migration verändert eine Gesellschaft, und Veränderungen lösen Unsicherheiten aus, bei manchen Ängsten: Wie sicher ist unser Land? Schaffen wir das alles? Ministerpräsident Söder sprach neulich davon, dass sich – Zitat – in vielen deutschen Städten die Einwohner, die Deutschen, gar nicht mehr zu Hause fühlen oder – zweites Zitat – er nicht mehr ganz sicher sei, in welchem Land er eigentlich lebt.
Die demokratische Mitte sicher nicht. Wer die Angstmacher füttert, macht sie fetter; das kann niemand wollen.
Wie läuft die politische Debatte derzeit bei uns? Neulich hat Herr Linnemann von der CDU die drei Probleme aufgeführt, die er in Deutschland sieht; das waren aus seiner Sicht Migration, Migration und Migration. Das klang für mich fast so wie einst die Aussage von Horst Seehofer, dass Migration die Mutter aller Probleme sei.
Ist das so? Wir haben Hunderttausende von Menschen in Bayern, die in den letzten Jahrzehnten aus dem Ausland aus den verschiedensten Gründen zu uns gekommen sind, die sich herausragend integrieren, die die Erfolgsgeschichte Bayerns mitgeschrieben haben. Sind die alle ein Problem? Wieso lassen wir es zu, dass in der öffentlichen Debatte alle über einen Kamm geschoren werden? In der öffentlichen Debatte kommt mir die Lebensleistung dieser Menschen zu kurz.
Die Angst wächst allerdings nicht nur durch die Dramatisierung der Lage, sondern auch, wenn der Eindruck entsteht, dass reale Probleme nicht wahrgenommen und auch nicht gelöst werden. Welche Probleme haben wir? Das Sicherheitsgefühl sinkt in den Umfragen.
Die Realität ist: Wir sind eines der sichersten Länder der Welt. Es gibt aber keine absolute Sicherheit. Der islamistische Terrorismus bedroht unser Land. Viele der Geflüchteten, die zu uns kommen, fliehen genau vor diesem Terrorismus, aber nicht alle. Wer schwere Straftaten begeht oder begehen will, wer meint, dass er hier ein Kalifat errichten könnte, oder wer dem Islamismus verfallen ist, hat keinen Platz in unserem Land. Hier gibt es keine Toleranz, sondern der Aufenthalt ist dann mit voller Härte und Konsequenz des Rechtsstaats zu beenden. Das beinhaltet auch die Abschiebung.
Nächstes Problem: Integration und Arbeit. Wer bei uns dauerhaft glücklich werden will, muss sich integrieren. Dazu gehören Arbeit, Sprache sowie die Werte und Gesetze unseres Landes. Wer das nicht akzeptiert, hat hier keine Zukunft, kann hier keine Zukunft haben. Gleichzeitig muss es aber auch andersherum heißen: Wer sich hier integriert, wer eine Ausbildung macht, wer zur Arbeit geht, muss auch hier bleiben können. Lassen wir die Fleißigen, die Anständigen, die gut Integrierten doch endlich in Ruhe arbeiten! Hören wir auf, solche Leute abzuschieben, lasst sie zu den nächsten Erfolgsgeschichten in Bayern werden! Das ist die richtige Politik.
Letzte Woche war die CSU-Klausur in Banz; von dort kam das Signal, die Forderung, die wir GRÜNE schon so lange aufgestellt haben: "Weg von der Straße, hin zur Arbeit". – Als ich das Zitat des Ministerpräsidenten gelesen habe, dachte ich mir: Ich warte noch einen Moment mit dem Lob, weil man ja nie weiß, was aus solchen Ankündigungen wird. Jetzt ist klar: Es geht überhaupt nicht um richtige Jobs, sondern um die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit, also Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Für 80 Cent pro Stunde die Straße kehren – da kommt Freude auf.
Wir haben doch da draußen offene Stellen ohne Ende. Unser Ziel muss es doch sein zu erkennen: Was können die Leute? Welche Qualifikation haben sie? Was müssen wir machen, um sie weiter zu qualifizieren, um sie auf dem Arbeitsmarkt gut vermitteln zu können? Dann bringen wir sie doch in anständige Jobs, die auch anständig bezahlt werden. Das muss doch das Ziel sein und nicht gemeinnützige Arbeit für 80 Cent.
Arbeit muss sich finanziell, aber auch mit Blick auf die Bleibeperspektive lohnen. Das ist der Kerngedanke des Chancenaufenthaltsrechts, welches neu geschaffen wurde. Das beste Mittel gegen illegale Migration ist legale Migration zu den Bedingungen, die wir vorher definieren.
Wenn sich die Fleißigen und Anständigen durchsetzen und das gleichzeitig Konsequenzen für die anderen hat, entziehen wir dem Populismus den Nährboden. Ich bin ganz sicher, dass das gelingen wird.