Protocol of the Session on May 20, 2021

Wir haben auch einen weiteren erklärten Wunsch der Schulleitungen erfüllt: Zum ersten Juni wird die spezielle Vermittlungsbörse für interessierte Bewerberinnen und Bewerber auf der Homepage des Ministeriums freigeschaltet. Interessierte – ich nenne sie mal so – Brückenbauer können sich dort registrieren. Die Inserate können von den Schulen eingesehen werden. Auch die Schulämter unterstützen bei der Rekrutierung. Wir werden zentral organisiert in einer umfassenden, kreativen Anzeigenkampagne für diese Brückenbauer werben. Wir unterstützen unsere Schulen zentral, ermöglichen aber auch Direktbewerbungen an den Schulen. Das ist wichtig; denn die Schulen haben vielfach Kanäle, haben Pools, um auf bewährte Kräfte, von der ehemaligen Vertretungslehrkraft über Vertreter der Erwachsenenbildung bis zu Pensionisten oder Lehramtsstudierende, zuzugehen.

Zudem umfasst das Konzept – auch ein expliziter Wunsch der Schulleitungen – die Möglichkeit, bereits in der Schule tätige Personen wie Lehrkräfte auf freiwilliger Basis mit Mehrarbeitsvergütung für einen raschen Start von Förderangeboten anzusprechen und mit diesen zu planen.

Wir schaffen ein eigenes Portal am ISB – Start nächste Woche – zur fachlichen Unterstützung, das Umsetzungsbeispiele für Brückenkurse, individuelle Förderung im Regelunterricht, Ferienkurse und vieles mehr enthalten wird.

Gemeinsam mit dem Bayerischen Jugendring und der Sportjugend schaffen wir schon in den Pfingstferien zusätzliche Betreuungs- und Freizeitangebote für unsere Kinder und Jugendlichen – ein weiterer wichtiger und bewährter Baustein.

Noch kurz zu den Forderungen der Anträge: Die Planungen des Schulwerks der Diözese Augsburg mit Prof. Dr. Zierer, Kollegin Triebel, sind gut, wirklich gut; allerdings lassen sie sich so kurzfristig für 3.000 bayerische Schulen definitiv nicht flächendeckend umsetzen. Das ist ein anderer Ansatz. Das heißt nicht, dass er schlecht ist, aber man kann es so nicht umsetzen.

Lernstandserhebungen – Kollege Tomaschko hat es vorhin angesprochen – werden an den Schulen ohnehin in Verantwortung der dafür ausgebildeten Lehrkräfte durchgeführt. Wir haben uns zuvor doch darauf geeinigt, dass wir den Druck herausnehmen wollen. Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie jetzt wieder neuen Leistungsdruck aufbauen wollen. Das ist vollkommen kontraproduktiv. Wir haben ein System, in dem die Lehrkräfte, die Schüler und auch die Eltern in diesem Restjahr zurande kommen. Daran sollten und müssen wir auch nicht rütteln.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Das Konzept der individuellen Lernzeit, das von Ihnen auch in einem Antrag angeführt wird, würde bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler nach einem Jahr Unterricht in der Pandemie schon wieder aus ihrem Klassenverband zu lösen wären. Ich hielte das für einen schweren pädagogischen Fehler. Wir setzen deshalb im Restschuljahr auf persönliche Unterstützungsangebote im Klassenverband.

Die Sprachförderung in Kitas, auch angesprochen im Antrag, ist schon jetzt ein großer Schwerpunkt und setzt sich in allen Bildungsbereichen fort.

Wir unterstützen auch unsere Familien mit kleinen Kindern umfassend. Ich nenne exemplarisch unsere massiv ausgebauten Familienstützpunkte sowie die flächendeckenden Angebote der Ehe- und Familienberatungsstellen. Zusätzlich stärken wir die 120 Hauptstandorte der Erziehungsberatungsstellen sowie die Angebote der aufsuchenden Familienhilfe. Der Stellenausbau dazu hat bereits begonnen.

Die Förderung der Familienferienstätten ist in den Haushalten 2021 und 2022 im erforderlichen Umfang eingeplant; das ist übrigens auch mehr, als jedes andere Bundesland leistet. Nur zehn weitere Länder bieten überhaupt derartige Hilfen an. Kein anderes Land gibt dafür so viel wie wir in Bayern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Kurzum: Der Freistaat ist Musterschüler in der Bereitstellung von Zusatzangeboten für die durch Corona geschwächten oder ausgebremsten Schülerinnen und Schüler – ganz nebenbei: ohne dabei aber die Förderung der Besten zu vergessen. Auch sie haben wir im Blick, auch sie haben ein Recht darauf, in diesem Schuljahr weiterhin Förderung zu erfahren.

Noch eine kurze Anmerkung zum Bundesprogramm: Einen ersten Entwurf hat Berlin vorgestern an das Kultusministerium geschickt. So viel zum Thema, wir hätten schon vorher etwas machen sollen. Wir haben den Entwurf erst seit vorgestern. Die Verhandlungen mit dem Bund und hausintern laufen auf Hochtouren. Wir werden dieses Programm finanziell ausreichend ausstatten – dessen können Sie sicher sein – und auch wieder mit Sicherheit mehr und engagierter als jedes andere von Ihren Parteien geführte Bundesland unterstützen und noch im Juni auf den Weg bringen. So geht’s in Bayern!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deshalb noch einmal und abschließend: Wir haben definitiv unsere Hausaufgaben gemacht. Ihr Antrag kommt zu spät, ist von uns bereits erfüllt, mehr als übererfüllt. Wir sind Brückenbauer, um unseren Kindern einen verlässlichen Weg aus dieser Krise zu bauen, einen Weg, der in eine gute Zukunft trägt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Gabriele Triebel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Verehrter Kollege Gotthardt, Sie haben jetzt ganz dezidiert vorgelesen, was das Kultusministerium so alles macht.

(Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER): Nein, nein, ich schreibe schon selber!)

Ich will Ihnen eine konkrete Frage stellen. Wenn sich zum Beispiel ein VHS-Kursleiter bewirbt, Brückenangebote in dieser Sommerschule 2021 zu machen, was geben Sie ihm konkret an die Hand? Wo soll er ansetzen, wenn er die Schüler*innen nicht kennt? Welche Anforderungen stellen Sie an das Personal, damit auch eine qualitativ gute Arbeit gemacht wird, dass wir auch entsprechende Ergebnisse – leider nur zwei Wochen – in dieser Sommerschule erreichen?

Kollegin Triebel, ich vermute mal, Sie sind genauso wie ich viel im Gespräch mit Lehrkräften, mit Schulleiterinnen und Schulleitern. Ich habe es in einem Absatz erwähnt: Wir haben bewusst diesen doppelten Ansatz gewählt, der Auswahl vor Ort und der Unterstützung wo nötig durch zentrale Maßnahmen durch diese Vermittlungsbörse. Glauben Sie mir, ich weiß es aus der eigenen Erfahrung. Die Schulleiterin zuhause in Kallmünz ist eine überzeugte GRÜNEN-Politikerin. Sie sagt mir: Ich weiß sehr genau und sehr gut, wer in Kallmünz infrage kommt, um solche Angebote zu machen. – Ich sage Ihnen eines: Ich vertraue unseren Lehrkräften und Schulleitern vor Ort. Die wissen sehr gut, wer in den zwei Wochen in der Sommerschule ein bestmögliches Angebot für die Kinder, die es brauchen, machen kann.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Gotthardt. – Nächster Redner ist Herr Kollege Matthias Fischbach für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Mütend" – meine Damen und Herren, kennen Sie diese Wortneuschöpfung? "Mütend", also müde und wütend zugleich. Das beschreibt den Gemütszustand vieler Menschen in diesem Land. Nach einem Jahr Pandemie sind viele Menschen einfach müde von den Maßnahmen und wütend über vieles, was eigentlich so viel besser laufen könnte. Besonders betroffen davon sind junge Menschen. Bei Kinder- und Jugendpsychiatrien ist mittlerweile die Rede von Triage, weil Depressionen nur noch bei Suizidgefahr behandelt werden. Das ist aber wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Wenn Herr Piazolo heute in der Regierungsbefragung lapidar davon spricht, dass dem einen oder anderen psychischen Problem und dem einen oder anderen Lerndefizit entgegengewirkt werden muss, verkennt er deutlich den Ernst der Lage.

Deutlich danebengeht außerdem das vom Ministerium und vom Minister stolz präsentierte Förderprogramm "gemeinsam.Brücken.bauen". Was soll damit nicht alles möglich sein? – Binnendifferenzierung, Gruppenteilungen, Nachmittagskurse, außerunterrichtliche Aktivitäten und mehrere Wochen Sommerschule mit sogenannten Intensivkursen. Das klingt spannend. Nur wird das alles nicht klappen, wenn man dafür im Schnitt nur 5 Euro pro Schüler bereitstellt; denn gute Bildung kostet.

Gehen wir das einfach mal exemplarisch durch. In den letzten Tagen wurde auch viel über das Mathematik-Abitur diskutiert. Rechnen wir also einmal ein bisschen. Ein klassisches Gymnasium erhält – nach dem KMS vor zwei Tagen, das Herr Kollege Gotthardt gerade angesprochen hat – mit 750 Schülern jetzt 120 Personalstunden für das gesamte Programm gestellt. Somit lautet die Beispielrechnung: drei Personen, zwei Wochen, für jeweils 20 Stunden. – Sind Sie soweit mitgekommen? Das heißt, damit können drei Sommerschulkurse für insgesamt 750 Schüler bereitgestellt werden, und dann ist das gesamte Budget aufgebraucht. Das klappt hinten und vorne nicht! Hier muss man dem Ministerium einfach sagen: Sie schüren bei den Eltern schon wieder unglaubliche Erwartungen. Sie bombardieren die Schulleitung seitenweise mit Schreiben. Sie tragen den Schulen auch noch die Organisation und die Personalsuche auf. Am Ende lassen Sie sie dann damit allein, den Eltern und den Schülern zu erklären, dass diese geschürten Erwartungen eben überhaupt nicht erfüllt werden können und am Ende nur ein viel zu kleines Kursangebot übrig bleibt. Das macht die Menschen so müde und so wütend. Wenn schon, denn schon. Sie bauen damit keine Brücken, sondern eigentlich bauen Sie nur Bürokratie auf.

Im Übrigen wird nur auf den Bund verwiesen. Das kennen wir bereits. Das hatten wir schon einmal, dass bei wichtigen Programmen auf den Bund verwiesen wird: Ja, beim Digitalpakt! Das war vor gerade einmal zwei Jahren. Damals haben Sie als Kultusministerium mit dem Verweis auf Milliarden vom Bund die Digitalisierung an Bayerns Schulen ausgebremst. Die Bilanz ist verheerend. Kaum mehr als 5 % der 778 Millionen Euro, die für Bayern bereitstehen, wurden in diesen zwei Jahren bewilligt. Was war das für ein Bürokratiemonster! Das sollte uns beim Aktionsprogramm "Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" auf keinen Fall noch einmal passieren. Für die Lernlücken ist eine paritätische Länderbeteiligung fest vorgesehen. Daher darf es auch gar keine Diskussion mehr geben, sondern wir müssen zusehen, dass wir schleunigst in die Umsetzung gelangen.

Mindestens genauso groß ist der Handlungsbedarf im Sozialbereich. Ich möchte hier nicht mehr auf alle Details eingehen, aber einen großen Punkt möchte ich beim Antrag der SPD herausgreifen, bei dem wir uns wahrscheinlich unterscheiden: Die Verdopplung des Kinderfreizeitbonus, bei dem noch einmal 100 Euro quasi mit der Gießkanne verteilt werden sollen, stellen wir ein bisschen in Frage. Stattdessen sollten wir aus dieser Krise lernen und sie als Anstoß für strukturelle Reformen nehmen. Wir haben dies vor Wochen und Monaten auch schon einmal in einem Antragspaket zu Bildungschancen skizziert. Das heißt, wir brauchen einen angemessenen Sozialindex zur Finanzierung für alle Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Wir benötigen eine Stärkung des vorschulischen Bereichs. Wir müssen auch überlegen, wie wir die Ganztagsförderung so reformieren können, dass die Gelder endlich ankommen und auch die Qualität gesichert ist.

Bei der Qualitätssicherung sind wir eigentlich bei der Lernstandserhebung. Liebe Kollegen von CSU und FREIEN WÄHLERN, Folgendes hat mich schon ein bisschen zum Schmunzeln gebracht: Am 04.05. habe ich das Protokoll bzw. das Ergebnis der Kabinettssitzung gelesen, in dem auch die Lernstandserhebung steht. Dann habe ich weitergelesen: Am Tag danach gab es einen Dringlichkeitsantrag der CSU und der FREIEN WÄHLER, bei dem namentlich die Kollegen, die gerade gesprochen haben, Antragsteller sind, in dem dieses Bildungsmonitoring explizit begrüßt wird. Heute distanzieren Sie sich davon. Das finde ich schon sehr spannend und bemerkenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf)

Unter dem Strich muss ich feststellen: Was die Gesamtbilanz betrifft, sollten wir uns für die bisherige Politik gegenüber der jungen Generation eigentlich schämen,

einer Generation, die einerseits die geringsten Gefahren durch das Virus, andererseits aber auch die größten Lasten durch die Maßnahmen getragen hat. Diese dürfen wir nicht mit solch halbherzigen "Progrämmchen" abspeisen. Schluss also mit diesen bürokratischen Strohfeuern! Es muss sich grundlegend etwas ändern. Der Respekt, den wir als Gesellschaft vor der jungen Generation haben, muss sich auch bei der Qualität und beim Angebot von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen erkennen lassen. Daher, meine Damen und Herren, gibt es viel zu tun. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Fischbach. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Zur Abstimmung über beide Anträge kommen wir erst in der nächsten Plenarsitzung. Heute war bis um 20:00 Uhr eingeladen.

Jetzt haben wir 20:05 Uhr. Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 18/15843 bis 18/15848 werden im Anschluss an die heutige Sitzung in den jeweils zuständigen federführenden Ausschuss verwiesen.

Vielen Dank für die konzentrierten 11-stündigen Beratungen heute, auch für die Anstrengungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtagsamtes am heutigen Plenartag. Ich wünsche Ihnen einen schönen Feierabend und schöne Pfingstferien. Die Sitzung ist geschlossen.