Protocol of the Session on May 20, 2021

Vertrauens- und Bezugspersonen wie auch Kontakte zu Gleichaltrigen. Dazu kommen häufig räumliche Enge, fehlende Sportangebote und mangelhafte Voraussetzungen für Homeschooling. Die Sorge vor einem Corona-Abitur und den Perspektiven am Arbeitsmarkt kommt oftmals noch hinzu. Unbeschwertes Aufwachsen findet schon lange nicht mehr statt.

Kein Wunder, dass die Kinder und Jugendlichen in unserem Land belastet sind! Mehr als 70 % der vom bayerischen Kinderschutzbund befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Die wichtige Erfahrung der Selbstwirksamkeit – also all das, was psychische Stabilität gibt – kann kaum erprobt werden. Die junge Generation leidet.

Kolleginnen und Kollegen, ich finde, die Staatsregierung schafft es nicht, umfassend darauf zu reagieren. Zu wenig, zu spät – so lässt sich das bisherige Engagement der Staatsregierung für Kinder und Jugendliche in unserem Land wieder einmal zusammenfassen; denn wir haben in unseren Initiativen mehrfach auf die dringend notwendigen Maßnahmen für die Heranwachsenden in unserem Land hingewiesen. Passiert ist erst einmal lange Zeit nichts. Eine Jugendkonferenz, aus der keine Ergebnisse abgeleitet werden, hilft uns da auch nicht weiter.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin deshalb froh darüber, dass die Bundesregierung ein Aktionsprogramm "Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" auf den Weg gebracht hat – auch wenn man sich über diesen Arbeitstitel streiten kann; ich möchte mich jetzt daran aber nicht aufhängen.

Bitte, es geht darum, entstandene Lernrückstände abzubauen, frühkindliche Bildung zu fördern, Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote zu ermöglichen sowie Kinder und Jugendliche im Alltag und in der Schule zu begleiten und zu unterstützen – alle Kinder, besonders aber natürlich die besonders Belasteten und die, die es in ihrem Aufwachsen ohnehin nicht leicht haben.

Unsere Meinung ist, dass man sich auf Länderebene jetzt aber nicht auf diesem Bundesprogramm ausruhen darf. Bayern darf sich nicht ausruhen, im Gegenteil:

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen hier im Freistaat alles dafür tun, dass es später keine verlorene "Generation Corona" geben wird. Selten wäre Geld besser angelegt als in diesem Fall. Wir als SPD-Fraktion fordern daher, die Bundesmittel zügig in die Umsetzung zu bringen und durch ein eigenes Landesprogramm in gleicher Höhe zu flankieren.

(Beifall bei der SPD)

Uns ist bewusst, dass die genauen Modalitäten im Moment noch fehlen. Setzen Sie aber bitte jetzt schon mal Schwerpunkte, damit wir keine Zeit verlieren. Wir wollen nicht wie bisher mit Stückwerk, symbolischen Aktionen vorgehen und nicht nur etwas für die Schulkinder, sondern auch umfassend etwas für die Heranwachsenden inklusive ihres sozialen Umfelds tun. Wir wollen ein konkretes Förderkonzept für Bayerns Schülerinnen und Schüler und eine Anpassung der Leistungserhebungen mit anschließender individueller Begleitung.

Das Sommerschulmodell der Universität Augsburg soll an allen Schulen Bayerns möglich werden. So könnten entstandene Lücken in den Hauptfächern in Kooperation mit der Universität in zwei Sommerferienwochen wenigstens etwas geschlos

sen werden. Schüler aller Schularten sollen im nächsten Schuljahr auf freiwilliger Basis mehr individuelle Lernzeit erhalten.

Wir wollen eine bessere Unterstützung der Kita-Kinder, vor allem im sprachlichen, aber auch im motorischen Bereich. Wir wollen Unterstützungsangebote für die ganze Familie mit kleinen Kindern, gerade auch in den Brennpunkten. Wir wollen mehr Familienfreizeiten. Noch immer haben viele Familien keinen Zugang zu Familienurlaub, weil das Budget nicht reicht oder weil die Fördergrenzen zu hoch gesteckt sind. Wir wollen eine Verdoppelung des Kinderfreizeitbonus für bedürftige Familien. Außerdem sollen Programme für Kinder und Jugendliche außerhalb der Schule ausgeweitet werden. Wir wollen eine Stärkung der Mehrgenerationenhäuser als der für Familien zentralen Orte der Begegnung.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es darf natürlich auch noch mehr werden. Wir bitten Sie angesichts der jetzigen Situation aber darum, mit der Minimalpolitik bezüglich Kindern und Jugendlichen aufzuhören. Lassen Sie uns den Turbo anschalten.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rauscher. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Frau Kollegin Gabriele Triebel die nächste Rednerin.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser Kultusminister erkennt nach gut einem Jahr nun endlich an, dass es mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unsere Kinder und Jugendlichen ernst ist; dass es jetzt einer größeren Anstrengung als letztes Jahr bedarf, um unseren von der Pandemie gebeutelten Kindern und Jugendlichen wieder auf die Beine zu helfen.

Doch erkennt es der Minister wirklich an? Oder reiht er sich in die Ankündigungspolitik des Ministerpräsidenten ein? – Ziemlich genau vor einem Jahr haben wir GRÜNE bereits die Sommerschule mit Lern- und Ferienangeboten für alle Schülerinnen und Schüler, die Bedarf dazu haben, gefordert. Die damalige Aussage des Kultusministers: Lernangebote braucht es nicht. – Ferienangebote wurden dankenswerterweise noch schnell vom Bayerischen Jugendring aus dem Boden gestampft.

Im neuen Schuljahr kündigte der Herr Minister nun die Brückenangebote an. Über diese Brücken konnten aber leider nur wenige Schülerinnen und Schüler gehen, weil die Lernangebote mit dem bestehenden Personal bestritten werden sollten. Pech also für die Schülerinnen und Schüler vor allem an Mittel- und Förderschulen, an denen großer Personalmangel herrscht.

Beim jetzigen zweiten Versuch der Sommerschule – übrigens freut es mich, dass hier unser Begriff verwendet wird – hätte der Minister auch dieses Mal besser von uns abschreiben sollen. Wenn man die entsprechende Ankündigung näher betrachtet, sieht man, dass sie über Unverbindlichkeiten nicht hinauskommt und die Arbeit auf die Schulleitungen abschiebt.

Wir GRÜNE und auch die SPD erläutern heute gerne noch einmal, welches Programm es für ein Gelingen der Sommerschule braucht. Wir fordern die Staatsregierung dazu auf, das von der Universität Augsburg entwickelte Konzept für die Sommerschule 2021 zu übernehmen.

Sie kennen das Konzept ja. Prof. Zierer hat es Ihnen mit dem Verantwortlichen des Schulwerkes Augsburg bereits vorgestellt. Es geht darum, den Kindern und Jugendlichen ein niederschwelliges, qualitativ hochwertiges und interessantes Angebot an jeder Schule vor Ort zu machen. Wir wollen die Sommerschule nicht als Feigenblatt für die Staatsregierung. Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler eine Möglichkeit bekommen, endlich wieder regelmäßig in ihr soziales Umfeld "Schule" zurückzukommen und sich wieder ans Lernen zu gewöhnen. Wir wollen, dass sie keine Angst vor dem neuen Schuljahr haben, weil sie wissen, dass sie nicht alleine dastehen und ihnen geholfen wird.

Das kann aber nur gelingen, wenn das zusätzliche externe Personal, das die Staatsregierung gewinnen möchte, dieser Aufgabe auch gewachsen ist. Wir sehen hier in der Hauptsache Lehramtsstudierende. Auch diese müssen auf diese Aufgabe aber dringend mit Qualifizierungsmaßnahmen vorbereitet werden. Sowohl alle Lehrkräfte als auch alle Schülerinnen und Schüler müssen erst einmal wissen, was an Stoff verpasst wurde und was nachgeholt werden muss. Sie sollten die passenden Tests schnellstmöglich entwickeln, denn diese Tests würden auch zeigen, dass die Lücken, die jetzt bestehen, kein Problem einzelner Schülerinnen oder Schüler, sondern ein Problem sind aufgrund Hunderter verpasster Unterrichtsstunden, die einfach ausgefallen sind.

Aber, lieber Herr Minister, Sie, der Sie heute leider nicht da sind, schieben die Lücken wieder darauf, dass im Distanzunterricht Motivation und Leistungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler gesunken seien. Das ist beschämend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr vorgelegtes Sommerschulkonzept ist ambitionslos und reicht bei Weitem nicht aus, um allen Kindern und Jugendlichen ein verlässliches und qualitativ gutes Angebot zu machen, das sie jetzt brauchen und das ihnen uneingeschränkt zusteht.

Schule ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch soziales, emotionales und motorisches Lernen. Die Angebote des Bayerischen Jugendrings allein reichen hier nicht aus. Kombinieren Sie das Bildungsangebot der Sommerschule mit einem Ferienprogramm, bei dem das eine in das andere übergeht, bei dem ganzheitlich gefördert wird. Mit unserem nachfolgenden Dringlichkeitsantrag, der heute wahrscheinlich nicht mehr zum Aufruf kommt, haben wir einiges vorgeschlagen, wie die außerschulischen Angebote für Kinder und Jugendliche verbessert werden können und müssen.

Unsere Kinder und Jugendlichen mussten so stark zurückstecken, um in erster Linie uns Erwachsene zu schützen. Geben Sie ihnen jetzt etwas zurück! Investieren Sie endlich richtig in unsere Kinder und Jugendlichen und nicht weiter so halbscharig! Es geht hier um deren Bildungsteilhabe, um Chancengerechtigkeit, die Sie verspielen, wenn Sie bei Ihrer Unverbindlichkeit bleiben, professionelle Angebote unserer Unis verweigern und weiterhin die Schüler*innen indirekt für das verantwortlich machen, was Sie verpasst haben.

Der Bund stellt den Ländern dafür zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Für den Freistaat Bayern bedeutet das circa 320 Millionen Euro. Herr Minister Piazolo, am Geld kann es also diesmal nicht scheitern. Jetzt kann und muss die Devise sein: Nicht kleckern ohne Konzept, sondern klotzen mit Plan.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dem SPD-Antrag werden wir zustimmen.

Vielen Dank, Frau Kollegin Triebel. – Der nächste Redner ist der Kollege Peter Tomaschko für die CSU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kinder, Jugendliche und Familien stehen in Bayern im Vordergrund. Das ist unsere ganz klare und definitive Aussage. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Anspruch ist: beste Bildung und beste Betreuung. Kein anderes Land investiert so viel in die nächste Generation und in die Familien. Ich sage ganz deutlich: Ich wundere mich über meine Vorrednerinnen. Beide Anträge, sowohl der von der SPD als auch der von den GRÜNEN, haben sich erledigt, weil sie erledigt sind.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den GRÜNEN und der SPD)

Die bayerischen Programme für Schule und Soziales sind bereits am Start und laufen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, ich würde jetzt gerne deutlich sagen: guten Morgen! Wenn Sie jetzt, Ende Mai, beginnen diese Anträge zu stellen, dann haben Sie die Situation total verpennt.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte vorweg ein herzliches Dankeschön sagen, ein herzliches Dankeschön an unsere Kinder, Jugendlichen und auch an die Eltern dafür, dass sie alle vorbildlich bei der Bekämpfung der Pandemie mitgemacht haben. Sie haben verzichtet, sie haben Verständnis gezeigt und haben aktiv mitgeholfen. Dafür haben sie meinen und unseren größten Respekt.

Jetzt im Einzelnen: Bereits im März hat unsere Sozialministerin Carolina Trautner ein sehr gutes Konzept für die außerschulische Unterstützung vorgelegt. Liebe Carolina Trautner, ein herzliches Dankeschön dafür! Dieses Konzept beinhaltet die Öffnung der Betreuung, beispielsweise Ausbildungsakquisiteure, digitale Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Erziehungsberatung und vieles mehr. Meine Damen und Herren, dies kam alles lange Zeit vor dem Bund. Wir als CSU-Fraktion haben bereits im März den Antrag "Bildungsgerechtigkeit durch zusätzliche Lernangebote sicherstellen" gestellt, den auch die FREIEN WÄHLER unterstützt haben. Ein Dank gilt auch dem Minister Piazolo, der daraufhin das Förderprogramm "gemeinsam.Brücken.bauen" vorgelegt hat. Wir alle finden, das ist ein sehr gutes Programm.

Das aktuelle Schuljahr war in sehr hohem Maße von der Pandemie geprägt. Der Distanzunterricht wurde besser, aber auch ein guter Distanzunterricht kann nie den Präsenzunterricht ersetzen. Auch hier ein Dankeschön an unsere Lehrerinnen und Lehrer, die alles ganz überwiegend sehr vorbildlich durchgeführt haben.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Wir sehen auch: Dort, wo digitaler Unterricht funktioniert hat, gibt es wenig, sogar teils keine Lernrückstände. Die Aufgabe des Kultusministeriums wird es nun sein, die Digitalisierung schneller voranzutreiben und die Digitalisierung von allen Schulen und Lehrern verbindlich einzufordern.

Zum Förderprogramm noch im Einzelnen: Es hat drei wichtige Phasen. Die erste Phase ist die Förderung und Begleitung noch in diesem Schuljahr mit der Konzentration auf die wichtigen Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache. Die zweite Phase betrifft Intensivkurse und freizeitpädagogische Angebote in den Ferien. Die dritte Phase ist die Förderung im nächsten Schuljahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier geht Bayern noch weit vor dem Bund in Vorleistung. Das Bundesprogramm wird uns dabei hoffentlich auch in Zukunft unterstützen. Wir gehen hier deutlich in Vorleistung.

Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung, insbesondere zu den Anträgen von der SPD und den GRÜNEN. Wir haben es bereits im Bildungsausschuss diskutiert: Was Sie hier fordern – ich picke jetzt nur einige Punkte heraus –, ist einfach weltfremd und würde die Schülerinnen und Schüler enorm belasten. Sie fordern beispielsweise bayernweite Lernstandserhebungen. Was meinen Sie damit? – Prüfungen! Jetzt, wo die Kinder wieder in die Klassenzimmer zurückkommen, fordern Sie als Erstes Prüfungen! Sie wissen, was Sie damit auslösen würden, nämlich ausschließlich Stress. Genau das werden wir unseren Kindern in den Schulen nicht antun, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Widerspruch bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben gut ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen. Diese wissen, dass sie die Schülerinnen und Schüler mit Fingerspitzengefühl ankommen lassen müssen, dass sie ihnen Sicherheit geben müssen, damit sie sich in der Schule wohlfühlen.

Unsere Angebote sind selbstverständlich freiwillig. Das passt natürlich nicht in das Weltbild von GRÜNEN und SPD, wo etwas vom Staat nach dem Motto "Die Kinder müssen" und am besten "die ganzen Ferien lang" aufoktroyiert wird.

(Widerspruch bei den GRÜNEN und der SPD)

Nein, meine Damen und Herren, wir stellen ein freiwilliges Angebot zur Verfügung. Selbstverständlich entscheiden die Eltern gemeinsam mit den Schülern. Ich betone noch einmal: Die Anträge haben sich erledigt. – Herzlichen Dank und einen schönen Abend!