Auch die Statistik macht klar, dass eine gesetzliche Regelung nicht alles besser macht. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts haben im Jahr 2019 – das sind die letzten, also aktuellen Zahlen – mehr als 1,2 Millionen Menschen an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilgenommen. Das ist der höchste Wert seit 2013. Die Zahl nimmt also zu. Die Weiterbildungsquote ist mit 16,7 % in Bayern höher als beispielsweise in Niedersachsen oder in Nordrhein-Westfalen mit 16,4 % bzw. 15 %, obwohl diese beiden Länder eine entsprechende gesetzliche Grundlage haben. Bayern hat sie nicht.
Insgesamt gibt es sogar sechs Bundesländer mit einem Bildungsfreistellungsgesetz, die hinter der bayerischen Quote anzusiedeln sind. Besonders bemerkenswert ist, dass Sachsen im Bundesvergleich die größte Weiterbildungsbeteiligung aufweist, obwohl es wie Bayern ein Land ohne Bildungsfreistellungsgesetz ist, also auch keinen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Arbeitsfreistellung kennt.
Was sagt uns das, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen? – Ein gesetzlicher Anspruch ist nicht zwangsläufig das geeignetste Instrument zur Verstärkung der Weiterbildungsaktivitäten. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich denke, wir sind gut beraten, im Bereich der Weiterbildung weiterhin viel mehr auf konkrete Unterstützung anstelle von gesetzlicher Regulierung zu setzen.
Zusammenfassend möchte ich nochmals festhalten, dass wir als CSU-Fraktion alle Bemühungen, die Weiterbildungsaktivitäten von Beschäftigten und Unternehmen zu fördern und zu steigern, selbstverständlich unterstützen. Lebenslanges Lernen ist elementare Voraussetzung, um als Individuum und auch als Betrieb und Unternehmen auf Dauer wettbewerbs- und leistungsfähig zu bleiben. Gerade aufgrund der Digitalisierung ist das der Schlüssel zum Erfolg. Ob es eine gesetzliche Regelung wirklich besser macht, bezweifeln wir ernsthaft. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Danke, Herr Kollege Huber. – Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Eva Lettenbauer, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg*innen! Wenn wir darüber sprechen, wie wir die bayerische Wirtschaft auf zukunftsfeste Beine stellen können, müssen wir auch immer daran denken, wie die Arbeit der Zukunft aussehen soll. Das wirft so einige Fragen auf: Wie können wir gute Arbeitsplätze für die Beschäftigten im Freistaat garantieren? Wie schaffen wir es in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt, dass Wissen und Kompetenzen der Beschäftigten an die beständigen Veränderungen angepasst werden? Bereits jetzt ist klar: Ausgelernt gibt’s nimmer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch für Erwachsene gilt: Alle haben ein Recht auf Weiterbildung, alle haben ein Recht auf Bildung. Wer dieses Recht in der heutigen Zeit nicht mit Vollgas voranbringt, der muss sich fragen lassen, ob er in der Arbeitswelt der letzten Jahrzehnte stecken geblieben ist, liebe CSU, liebe FREIE WÄHLER; denn eine sich verändernde Wirtschaft braucht eine Arbeitswelt, die dazu passt, aber auch eine, die die Arbeitnehmer*innen nicht aus dem Blick verliert. Vor dieser Herausforderung stehen wir gerade.
Wir GRÜNE fordern bereits seit Jahren ein Bildungsfreistellungsgesetz und werden dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen. Es geht doch zentral darum, dass wir gute Arbeitsplätze für Bayern sichern. Das funktioniert nur, wenn wir Arbeit nicht in der Vergangenheit, sondern in die Zukunft denken. Erwachsenenbildung muss daher ganz massiv gestärkt und insbesondere muss die soziale Teilhabe beachtet werden. Weiterbildung muss zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Berufslebens werden. Dafür braucht es neben dem Ausbau der Weiterbildungsinfrastruktur auch klare politische Regeln, die lebenslanges Lernen für alle Menschen garantieren. Dafür ist ein Bildungsfreistellungsgesetz ein erster, wichtiger Schritt.
Ganz ehrlich, Kollege Huber, wenn alles schon selbstverständlich ermöglicht wird, wenn sich jede und jeder in dem Umfang weiterbilden kann, in dem es nötig ist, warum sträuben Sie sich dann gegen dieses Recht auf Bildungsurlaub? So selbstverständlich ist dies nämlich nicht.
Wir sehen auch, dass der Weiterbildungsbedarf in unserer Gesellschaft immer größer wird. Nicht nur die Digitalisierung wird die Anforderungen an künftige Arbeitsplätze deutlich verändern, sondern auch die soziale und ökologische Transformation der Wirtschaft. Diese schreitet voran, und zwar nicht wegen der gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen, sondern weil die Unternehmen, Betriebe und Arbeitnehmer*innen in unserem Bayern weiter sind als die Staatsregierung.
Wir sehen, dass dringend gehandelt werden muss. Das Thema Weiterbildung darf nicht einfach ausgesessen werden, wie es so manche in Ihren Reihen wahrscheinlich immer noch hoffen.
Klimaschutz ist kein Nischenthema mehr. Selbst der Herr Ministerpräsident hat ihn für sich entdeckt, wenn auch deutlich mehr schlecht als recht. Wer es aber schon lange vor ihm entdeckt hat, das sind die bayerischen Unternehmer*innen. Auch sie haben verstanden, dass sich unsere Wirtschaft verändern muss, damit sie auf zukunftssichere Beine gestellt werden kann.
Und ja, auch Jobs werden sich verändern. Das muss aber nicht per se zulasten der Beschäftigten gehen, ganz im Gegenteil. Mit dem Recht auf Fort- und Weiterbildungen ermöglichen wir es den Arbeitnehmer*innen und auch den Arbeitgeber*innen, sich zukunftsfest zu machen. Die Fähigkeit, sich neues Wissen anzugeignen, wird in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Berufliche Weiterbildung hat heute immer noch nicht den Stellenwert, den sie in einer sich wandelnden Gesellschaft und in der aktuellen Arbeitswelt braucht. Weiterbildung muss genauso wichtig werden wie Schule, Ausbildung oder Studium.
Bayern kann doch nicht neben Sachsen als Einzelkämpfer dastehen und als eines von zwei Bundesländern kein Bildungsfreistellungsgesetz haben.
Insbesondere Bayern, der Freistaat, in dem wir völlig zu Recht so stolz auf unsere Wirtschaftskraft, auf unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten sind, kann dies nicht. Es ist doch wirklich hanebüchen, dass wir kein verbrieftes Recht auf Bildungsurlaub haben. Bildungsurlaub ist kein Luxus und auch kein Nice-to-have. Er ist essenziell für den Erhalt von guten Arbeitsplätzen in Bayern, essenziell für eine zukunftssichere Wirtschaft, essenziell, um den Standort Bayern für die kommenden Jahre attraktiv und leistungsstark aufzustellen.
Stimmen Sie also für diesen Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Stimmen Sie zu, und bauen Sie diesen zukunftsgefährdenden Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Bundesländern endlich ab. Die Wirtschafts- und Arbeitswelt wird sich verändern. Sie tut es jetzt schon,
ganz gleich, ob Sie das wollen oder nicht. Wir sind in der Verantwortung, die Zukunft gemeinsam mit den Arbeitnehmer*innen und den Arbeitgebern zu gestalten.
Vielen Dank, Frau Lettenbauer. – Wir kommen zum nächsten Redner. Es spricht Herr Johann Häusler, Fraktion FREIE WÄHLER. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich gegen das bisher Gesagte verwahren. Weder die Bayerische Staatsregierung noch die sie tragenden Fraktionen wollen den Arbeitsschutz oder die Fortbildung torpedieren oder einschränken. Das Gegenteil ist der Fall. Wir werden dies proaktiv befördern. Herr Kollege Huber hat schon einiges dazu ausgeführt.
Die SPD stellt nach 2009 und 2017 heute zum dritten Mal ihren Bildungsfreistellungsgesetzentwurf vor. Ehrlich gesagt, groß angestrengt haben Sie sich bei diesem Entwurf nicht. Warum? – Sie haben bei der Problembeschreibung coronabedingt zwei Sätze vorangestellt. Im Text des Gesetzentwurfs haben Sie genau das, was 2017 im Gesetzentwurf stand, satz- und wortgenau wiedergegeben – mit Ausnahme zweier ganz kleiner redaktioneller Änderungen: Zum einen haben Sie den Staatsanwalt angefügt, weil es das Bayerische Richtergesetz, das jetzt "Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz" heißt, nicht mehr gibt. Zum anderen haben Sie die Digitalveranstaltung eingefügt. Das ist alles, was im ganzen Gesetzentwurf anders ist als im Gesetzentwurf von 2017.
Als weitere Änderung haben Sie die Begründung bezüglich der Kosten weggelassen. Das Thema Kosten haben wir das letzte Mal sehr intensiv diskutiert. Damals haben Sie hessische Zahlen aus den Jahren 2007 und 2008 herangezogen, die nicht belegbar waren. Dabei sind Sie davon ausgegangen, dass 0,01 % des Arbeitsaufkommens, praktisch der Arbeitsleistungen, Mehrkosten seien. Diesen Aspekt haben Sie jetzt ganz weggelassen und geschrieben: "Die Höhe der genauen Kosten lässt sich jedoch nicht beziffern." Das heißt, Sie haben Ihren eigenen Antrag substanziell abgeschwächt. Ich sage ganz ehrlich: Es ist auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen des Bayerischen Landtags wenig respektvoll, den gleichen Antrag in so kurzer Zeit wortgenau wieder vorzutragen. Ich habe am 12.10.2017 an dieser Stelle genau die Problempunkte aufgezeigt und die Voraussetzungen genannt, die es uns damals – bereits 2017 – möglich gemacht hätten, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Bis heute hat sich nichts geändert.
Ich werde die sieben Punkte kurz zusammenfassen: Erstens enthält der Gesetzentwurf eine Anspruchsberechtigung bereits nach sechs Monaten. Zweitens sollen beim Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses die Ansprüche auf den nächsten Arbeitgeber übertragen werden, der zum Teil nichts dafür kann, was passiert ist, und umgekehrt. Drittens soll die Zusammenfassung von zwei Jahren natürlich einen längeren Bildungsurlaub gewährleisten. Viertens legen Sie die Übertragung auf die nächstfolgenden Perioden fest. Das ist den Betrieben nicht zuzumuten; denn man muss auch den Betriebsablauf sehen. Wir sind beiden Seiten gegenüber verantwortlich und verpflichtet. Fünftens geht es um die Einschränkung bei den Auszubildenden, also um eine ganz große Geschichte, die ich so nicht akzeptieren will. Hier soll nur die gesellschaftspolitische Weiterbildung gelten, jedoch nicht die berufliche Weiterbildung. Für den, der das ernsthaft hinterfragt, kann das doch nicht sein. Sechstens ist die Kostenprognose, die ich vorhin angesprochen habe, vollkommen diffus. Siebtens enthält der Gesetzentwurf keine klare Regelung der Erstattungsansprüche für Kleinbetriebe. Diese Regelung ist zwar genannt, aber im
Gesetzentwurf steht wörtlich: "auf Antrag nach Maßgabe des Staatshaushalts". Unverbindlicher geht es nicht mehr.
Deshalb sind jetzt die Regierungsfraktionen gefordert, sich dieses Problems anzunehmen, einen entsprechenden Gesetzentwurf oder alternativ ein Konzept vorzulegen, das qualitativ mindestens genauso gut sein muss, um diesem berechtigten Anspruch gerecht zu werden und damit den Interessenausgleich von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schaffen. Das Recht auf berufliche Weiterbildung als gesellschaftliches Problem und gesellschaftliche Herausforderung ist selbstverständlich zu gewährleisten. Auf diesem Gebiet wollen wir mit einem wesentlich stärkeren Akzent vorangehen, aber nicht hinterherlaufen, wie es bisher geschah.
Ich sage an dieser Stelle ganz bewusst: Wir FREIEN WÄHLER haben das Versprechen abgegeben, einen eigenen Gesetzentwurf vorzustellen. Wir haben diesen Gesetzentwurf bereits unserem Koalitionspartner vorgestellt und werden uns darüber ernsthaft miteinander austauschen, wie über viele andere Themen auch, wobei wir dann immer zu einem positiven Ergebnis kamen. Auch in diesem Fall wird es so sein.
Aber eines ist auch klar: Die SPD sollte als Antragsteller bei diesem Thema deutlich nachfragen. Das ist im Grunde in der ILO von 1974 festgelegt. Dieser völkerrechtlichen Angelegenheit kommt die Bundesregierung nicht nach. Meines Wissens ist die SPD Teil dieser Bundesregierung, die dem eben nicht nachkommt. Demzufolge haben wir als Bayerischer Landtag durchaus die Aufgabenstellung vor uns, in einem konkurrierenden Gesetzgebungsverfahren entsprechend nachzubessern. Wir werden das tun und hier die Chancengleichheit von kleinen und großen Betrieben in Einklang bringen; denn bisher gibt es von den Tarifparteien für Großbetriebe bereits Regelungen, für das Handwerk jedoch nicht. Es ist ein großer Anspruch, dass wir diese Chancengleich herstellen. Dafür werden wir uns einsetzen. Das Begehren werden wir auch in den Fachausschüssen diskutieren. Dieser Weg führt an uns nicht vorbei.
Vielen Dank, Herr Kollege Häusler. – Als nächsten Redner rufe ich Herrn Jan Schiffers, AfD-Fraktion, auf.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürger! Die Problemgruppe Nummer eins sind die berufsaktiven Menschen, verkündete Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, 2019 vielsagend. Berufstätige sollen nach dem Willen des Präsidenten der Bundeszentrale verstärkt politische Bildung erhalten, vorgeblich um der Gefahr des Rechtsextremismus zu begegnen. Dabei gilt nach dem Weltbild von Herrn Krüger und Konsorten alles als rechtsextrem, was nicht ausdrücklich dezidiert links ist. Hervorzuheben ist, dass Thomas Krüger Mitglied der SPD ist. Vor diesem Hintergrund ist auch der vorliegende Gesetzentwurf der SPD zu betrachten.
Die SPD-Fraktion folgt dem Appell ihres Genossen Krüger und legt nun hierzu einen Gesetzentwurf vor. Es wurde angesprochen, dass dieser Gesetzentwurf bereits 2017 hier Gegenstand war. Auch ist darauf hinzuweisen, dass dieser nun zum zweiten Mal vorliegende Gesetzentwurf nahezu zu 100 % dem Bildungsfreistellungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz entspricht. Herr Kollege Huber hat hier sicherlich zu Recht die mangelnde Innovation des Gesetzentwurfes beklagt. Die mangelnde Innovation mag einfach daran liegen, dass das Bildungsfreistellungsge
Unser Hauptkritikpunkt an dem vorliegenden Gesetzentwurf ist, dass berufliche Weiterbildung und sogenannte gesellschaftspolitische Weiterbildung vermischt werden, und das ohne jede Notwendigkeit. Einem Gesetzentwurf, der allein die berufliche Weiterbildung zum Gegenstand hätte, stünde unsere Fraktion grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Das könnte man ergebnisoffen diskutieren; denn wie von meinen Vorrednern zutreffend ausgeführt wurde, profitieren von beruflicher Weiterbildung sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer und damit letzten Endes auch die Gesellschaft als Ganzes. Gerade in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt sind Weiterbildung und Aufbau beruflicher Qualifikation essenziell. Aber warum sollte ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer bezahlt freistellen, damit diese sogenannte gesellschaftspolitische Bildung in Anspruch nehmen können? Der Arbeitgeber profitiert hiervon in keiner Weise, wird aber finanziell und bürokratisch belastet. Finanzielle sowie bürokratische Belastung für Arbeitgeber haben wir nun wahrlich genug in diesem Land.
Aber unabhängig von diesem Hauptkritikpunkt, der uns eine Zustimmung unmöglich macht, gibt es an dem Gesetzentwurf weitere Mängel. So ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung von 10 Tagen Anspruch auf Bildungsfreistellung in einem Zweijahreszeitraum umständlich. Bildungsfreistellungsgesetze anderer Bundesländer regeln den Anspruch pro Jahr, was deutlich praktikabler ist.
Insgesamt ist auch festzuhalten, dass der Gesetzentwurf sprachlich alles andere als gelungen ist. Ein Beispiel hierfür ist die Regelung des Artikels 7 Absatz 1 Nummer 1. Auch als Volljurist hat man Mühe, diesen Satz zu lesen und zu verstehen. Das gleiche gilt für Artikel 5 Absatz 4. Auch dieser Artikel ist missverständlich und unklar formuliert. Zudem fällt negativ auf, dass Personen, die in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung tätig sind, anders als es beispielsweise in Thüringen der Fall ist, nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehören.
Das Fazit lautet also: Einem soliden Bildungsfreistellungsgesetz, das die berufliche Weiterbildung regelt und sowohl die Interessen der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt und in Einklang bringt, würde die AfD-Fraktion aufgeschlossen gegenüberstehen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist hiervon jedoch weit entfernt. Wir lehnen deshalb den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ab.
Danke, Herr Schiffers. – Als nächste Rednerin rufe ich Frau Annette Karl, SPD-Fraktion, auf. Bitte, Frau Karl.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Transformation neuer Produktlinien und neuer Wertschöpfungsketten erfordert ein immer höheres Maß an Weiterbildung für alle Menschen, deren Arbeitsplatz nicht mehr existiert und die wir nicht nach Hause auf die Couch schicken, sondern denen wir einen adäquaten neuen Arbeitsplatz anbieten wollen. Der Anspruch auf Bildungsfreistellung ist dabei eine Grundlage, um Gespräche zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Modalitäten und Möglichkeiten von Weiterbildungen auf Augenhöhe führen zu können.
Wir sehen gerade jetzt viele Betriebe, die unter dem Fähnchen von Corona versuchen, Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu verlagern, und sich nicht der Aufgabe unterziehen, ihre eigenen bewährten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterzubilden. Wir brauchen natürlich zusätzlich eine Vernetzung mit den Bildungsträgern. Wir brauchen gemeinsame Plattformen, Werbung und Kampagnen für Weiterbildung. Der Regionalkreis Ostbayern, den ich gemeinsam mit Herrn Kollegen Eibl
und der IG Metall auf die Beine gestellt habe, versucht mit dem Modell "Weiterbildung in Ostbayern" Arbeitsagenturen, Bildungsträger und die Kammern an einen Tisch zu bringen und gemeinsam mit den Gewerkschaften die Bedarfe von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammenzuführen.
Eine Umfrage der IG Metall bei den Arbeitnehmern hat gezeigt, dass der Anspruch auf Weiterbildung nach Auffassung der Arbeitnehmer das wichtigste Instrument ist, um sich hinstellen und sagen zu können: Ich brauche eine Weiterbildung. Ich möchte mich dieser Aufgabe unterziehen.
Sicher, Bayern ist gut bei der Weiterbildung. Corona und das, was ich eben gesagt habe, zeigt aber, dass gut nicht gut genug ist. Wir brauchen viel mehr Weiterbildung. Jeder Unternehmer hat Interesse an gut ausgebildeten Arbeitnehmern. Mich ärgert es, wenn hier anklingt, Weiterbildung wäre eine Spaßveranstaltung, vor allem die Weiterbildung im gesellschaftlichen Bereich. Wir sind heute genötigt, mit allen demokratischen Parteien eine Antisemitismusresolution im Landtag zu verabschieden. Das zeigt, wie notwendig die politische Bildung ist und dass wir dabei nicht nachlassen dürfen.
Die tariflichen Regelungen stehen immer über den Standards, die in unserem Gesetzentwurf vorgegeben werden. Sprechen Sie also bitte nicht über Dinge, die gar nicht drinstehen. Es gibt auch keinen Zwang zur Weiterbildung. Der Arbeitgeber kann das ablehnen, wenn es den betrieblichen Gegebenheiten entgegensteht. Das ILO-Übereinkommen verpflichtet die Länder nicht, ein solches Weiterbildungsgesetz zu entwerfen. Wir sind jedoch nicht daran gehindert, Gutes zu tun, auch wenn wir dazu nicht gezwungen werden.
Herr Kollege Häusler, Sie haben beim Gespräch der Fraktionen mit dem DGB einen eigenen Gesetzentwurf angekündigt. Das finde ich spannend, nachdem Herr Kollege Huber klar und deutlich gesagt hat, dass es zu diesem Thema keinen Gesetzentwurf geben wird. Ich hoffe, das war mehr als eine der typischen Ankündigungen der FREIEN WÄHLER, denen dann nichts folgt.