Protocol of the Session on April 5, 2022

Ja, wir haben mehr Schulden gemacht als andere Bundesländer, aber Bayern hat auch mehr geholfen. Allein für unsere Kommunen haben wir deutlich mehr als 3 Milliarden Euro aufgenommen. Die Zinsausgabenquote beträgt in Bayern voraussichtlich 0,8 %, aber durchschnittlich über 2 % bei den übrigen westdeutschen Flächenländern. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt in Bayern bei 2.810 Euro – das sind Zahlen, die man sich merken sollte – und bei den übrigen westdeutschen Flächenländern bei 8.645 Euro. Bayern erhält als einziges deutsches Bundesland von den Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's die Bestnote; darauf dürfen wir stolz sein.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

So langweilig das für manche Landtagsjournalisten, die die Arbeit der CSU zum Teil schon über Jahrzehnte hinweg verfolgen, vielleicht auch sein mag: Bayern hat auch weiterhin die solidesten Staatsfinanzen; in vielen anderen Ländern wäre das eine Sensationsmeldung. Während anderswo mit Ergänzungshaushalten und Schattenhaushalten an den Grenzen der verfassungsrechtlichen Legalität getrickst wird, liegen bei uns in Bayern die Zahlen auf dem Tisch, wie es die Grundsätze der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit verlangen. Das ist traditionelle CSU-Politik, die wir auch mit dem Haushalt 2022 zusammen mit unserem Koalitionspartner, den FREIEN WÄHLERN, gerne fortsetzen.

Trotz aller Krisen nehmen wir mit unserem Haushalt niemandem etwas weg – im Gegenteil: Wir halten das Familiengeld mit 770 Millionen Euro aufrecht, auch wenn es die GRÜNEN streichen wollen, weil die Familien bei ihnen wahrscheinlich ein Auslaufmodell sind. Wir halten trotz Oppositionskritik am Landespflegegeld als An

erkennung und Unterstützung fest. Wir unterstützen unsere Kommunen trotz rückläufiger Steuereinnahmen mit einem kommunalen Finanzausgleich von über 10,5 Milliarden Euro. Wir investieren 24,7 Milliarden Euro allein in Bildung und Wissenschaft. Als Zuckerl sei noch genannt: Für die Technologieoffensive Hightech Agenda Bayern sehen wir weitere 1.000 Millionen Euro vor.

Auch in diesem Jahr gibt es wieder 1.120 neue Lehrerstellen und weitere 100 Stellen für die Jugendsozialarbeit an unseren Schulen. Mit 500 weiteren neuen Stellen für die Polizei erreichen wir den personellen Höchststand bei der Polizei aller Zeiten. Für Sicherheit und Rechtsschutz sind im Haushalt 2022 insgesamt 7,7 Milliarden Euro vorgesehen, davon dient allein eine halbe Milliarde Euro für die Sachausstattung unserer Polizei. Weil ich schon ein paar Jahre länger im Landtag bin, kann ich mich noch an Klagen aus Polizeidienststellen über verbrauchte Dienstfahrzeuge erinnern. Das ist aber schon sehr lange her; das ist wirklich Vergangenheit. Heute ist unsere Polizei bestmöglich ausgestattet.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Für den Klimaschutz stellen wir mit dem Programm "Klimaland Bayern" weitere 1.000 Millionen Euro bereit, die von den verschiedenen Häusern möglichst effizient investiert werden wollen.

Die Familienpolitik ist traditionell ein Schwerpunkt unserer Sozialpolitik. Vor Jahren erklärte ich mal im Wirtshaus auf einer Versammlung, dass sich mittlerweile unsere Ausgaben allein für die Kindertageseinrichtungen von einer halben Milliarde auf eineinhalb Milliarden erhöht hätten. Kolleginnen und Kollegen, das ist schon lange her, seit ich das gesagt habe. Für 2022 planen wir mittlerweile sage und schreibe 2,9 Milliarden Euro alleine für die Kindertageseinrichtungen in Bayern ein. Das ist eine gigantische Leistung bayerischer Sozialpolitik für unsere Kinder und Familien!

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt enthält auch Sonderkosten. Ich nenne nur beispielshalber das Thema G7-Gipfel. Die Bundesregierung möchte den nächsten G7-Gipfel ja wiederum im schönen Ellmau in Bayern abhalten. Allein dadurch entstehen erhebliche Kosten. Allein die Sicherheitskosten werden zurzeit auf 190 Millionen Euro geschätzt. Ich verstehe gut, dass Bundeskanzler Scholz den Gipfel nicht in seiner früheren Hansestadt Hamburg, sondern wieder in Bayern abhalten will. Aber ich glaube, es ist auch verständlich, dass wir den Bund auffordern, für diese Bundesveranstaltung auch die Kosten zu übernehmen. Ich bitte die Ampelkoalition, uns in Bayern dabei zu unterstützen.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Der Haushalt 2022 umfasst wiederum nur ein Jahr und ist wiederum kein Doppelhaushalt, Kolleginnen und Kollegen, weil kurzfristiges und flexibles Handeln erforderlich bleibt. Aber er ist ein Zeichen der Wahrheit und Klarheit! Ich danke der Staatsregierung im Allgemeinen und unserem Finanzminister Albert Füracker mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Besonderen sehr herzlich für die sachgerechte, realitätsnahe Aufstellung dieses großen Zahlenwerkes, das im Verlauf des Aufstellungsverfahrens auch immer wieder an neue Realitäten angepasst werden musste. Ganz herzlich danke ich aber auch unserem Haushaltsausschussvorsitzenden, dem lieben Kollegen Josef Zellmeier, und allen Mitgliedern des Haushaltsausschusses für die zielorientierte und sorgfältige Beratung des Entwurfs der Staatsregierung.

Kolleginnen und Kollegen, wie immer oder fast wie immer kann man jeder Suppe noch eine Prise Salz oder eine Prise Pfeffer zugeben. Man kann auch immer wie

der versuchen, in jeder Suppe ein Haar zu finden. Wenn aber eine Suppe gesund, schmackhaft und innovativ serviert wird, dann, Kolleginnen und Kollegen, vor allem Kolleginnen und Kollegen der Opposition, sollte man diese auch loben, anstatt DNA-Spuren vom Haar in der Suppe zu suchen. Das sage ich schon mal vorweg.

In diesem Sinne, Kolleginnen und Kollegen, bitte ich das Hohe Haus, in schwierigen Zeiten zu erkennen, dass dieser Jahreshaushalt 2022 nicht nur auf der einen Seite die aktuellen Herausforderungen bestmöglich meistert, sondern auf der anderen Seite auch den großen Zukunftsaufgaben vollumfänglich gerecht wird.

CSU und FREIE WÄHLER kümmern sich um die Menschen in Bayern und um unsere gute Zukunft in Bayern. Dafür stellen wir auch mit dem Haushalt 2022 einen Haushalt auf, der kaum Wünsche offenlässt. Da wir als Haushaltsgesetzgeber natürlich bei Beschluss nicht die Einnahmen festsetzen können – manche Leute draußen denken das –, sondern nur die Ausgaben, sind wir alle miteinander darauf angewiesen, dass die Steuereinnahmen hoffentlich so fließen werden wie angenommen, damit der Haushalt am Ende des Jahres aufgeht.

Bei den Ausgaben haben wir alle Lebensbereiche, Aktualitäten und Zukunftsanforderungen bestmöglich berücksichtigt. Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt 2022 ist im wahrsten Sinne des Wortes ein großer Wurf.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Ich schlage allen Mitgliedern des Hohen Hauses begeisterte Zustimmung und vollumfängliches großes Lob für die Staatsregierung, unseren Finanzminister Albert Füracker und die Regierungsfraktionen vor.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Der nächste Redner ist der Kollege Ludwig Hartmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Welt wird gerade von mehreren Krisen erschüttert: Klimakrise, Corona-Pandemie, Putins Angriffskrieg in der Ukraine. Den Menschen in Bayern, in Deutschland, in Europa macht das Angst und bereitet berechtigt Sorgen. Die Bilder, die wir seit 41 Tagen aus der Ukraine erleben, wo Väter ihre Kinder umarmen, um sich von ihnen zu verabschieden, vielleicht für immer, weil sie in den Krieg ziehen, treiben einem Tränen in die Augen. Die Bilder von den russischen Kriegsverbrechen sind unerträglich.

Ich bin froh und stolz, dass wir so viele ehrenamtlich tätige Menschen im Land haben, die mit anpacken, um den Menschen zu helfen, die vor diesem Krieg fliehen konnten. Ein ganz großes Dankeschön in unserem Namen für ihre Arbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Es ist richtig: Wir alle sind am 24. Februar in einer anderen Welt aufgewacht. Unsicherheiten greifen um sich. Die Gesellschaft braucht jetzt dringend alle Bindekräfte der Politik und einen handlungsfähigen Staat.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn die Wellen hochschlagen, braucht es eine klare Hand am Steuerrad, einen Kompass aus Werten, Überzeugungen, klugen Ideen, um den Kurs durch die stürmische See zu halten. "Um einen Hafen zu erreichen, müssen wir segeln – segeln, nicht ankern –, segeln, nicht treiben." So hat es Franklin Roosevelt einmal sehr passend gesagt.

Lieber Herr Ministerpräsident, wenn es nach Franklin Roosevelt geht, werden Sie kein großer Steuermann mehr. Sie segeln nicht, Sie lassen sich bestenfalls treiben. Das zeigt der Haushalt ganz deutlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Politik zeigt uns: Ihr Anspruch endet häufig bereits da, wo es um die Befriedigung von Einzelinteressen geht. Aber zu glauben, wenn jedem Einzelnen geholfen wird, hat man das große Ganze geschaffen, greift zu kurz. Seit zehn Jahren, erst als Finanzminister, jetzt als Ministerpräsident, haben Sie mit die Verantwortung über die Staatsfinanzen. Die Ausgaben – das ist richtig – sind gewaltig gestiegen, seit 2012 bis 2020 um über 50 %. Das ist per se nicht schlecht – wenn das Geld richtig investiert wird. Aber wir sehen, dass man oft immer wieder mit Geld um sich schmeißt, ohne Strukturen grundlegend zu ändern, ohne in unsere Zukunft richtig zu investieren. Da muss sich etwas ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erlauben Sie mir eine Anmerkung, auch wenn sie etwas zugespitzt ist. Ich habe schon das Gefühl, Ihnen ging es in den letzten Jahren immer wieder darum, jedem so viel zu geben, dass die Mehrheit der CSU gesichert wird. Aber das ist doch nicht der Gestaltungsanspruch, um wirklich die Aufgaben in unserem Land zu meistern. Das letzte Jahrzehnt war ein Jahrzehnt der verpassten Chancen und des fehlenden Weitblickes. Das rächt sich gerade bitter, erst recht in dieser Krise, erst recht in der Energiepolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zwei kurze Beispiele dafür, was ich meine, zunächst das Landespflegegeld, auch von Ihnen angesprochen: Hierfür wurden bereits seit 2018 1,5 Milliarden Euro ausgegeben.

(Beifall)

Kein einziger Pflegeplatz wurde damit geschaffen – da können Sie klatschen. Keine einzige Kurzzeitpflegekraft wurde damit geschaffen. Damit wurde keine ambulante Pflege aufgebaut. Damit wurde nichts Konkretes in der Struktur gefördert. Die strukturelle Wirkung dieser Maßnahme ist leider null. Das ist zu wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Oder nehmen wir das Thema Kindertagesstätten, auch von Ihnen angesprochen. Statt mehr Betreuungsplätze zu schaffen, vor allem Hortplätze für die Schulkinder – da besteht nämlich die Herausforderung –, statt das Kinderbetreuungsangebot so aufzubauen, dass es sich an die Lebensrealität der jungen Eltern anpasst und sich nicht die Eltern an das Betreuungsangebot anpassen müssen – das wäre richtige Politik –, geben Sie viel Geld für eine Zahlung an die Eltern aus, die Kinder im Krippenalter haben. Das ist schön für den Moment, aber alles andere als nachhaltig, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zuckerl in Form von Zusatzeuros auf den Konten helfen vielleicht Einzelnen, lösen aber nicht die Probleme unserer Gesellschaft – schon gar nicht in diesen Zeiten –, und darauf kommt es jetzt in Krisen umso mehr an. Da hätten wir uns deutlich mehr erwartet. Wenn man unsere Schulen, unsere Unis, unser Schienennetz, unsere Bahninfrastruktur, die kommunalen Schwimmbäder und die digitale Verwaltung ansieht – wir haben das die letzten Monate ja deutlich erlebt –, sind das alles Baustellen, die nicht richtig angepackt werden, große Baustellen, die große Investi

tionen in das Gemeinwohl nötig machen. Hier geht es um das Gemeinwohl. Hier geht es um das große Ganze. Da muss mehr geliefert werden. Da wurden in den letzten zehn Jahren leider viele Chancen vertan. Man kann es auch anders sagen: Die Streuverluste Ihrer Ausgabenpolitik sind leider immens.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie geben viel Geld aus. Die entscheidenden Herausforderungen packen Sie aber nicht an. Ein dicker Geldbeutel ist noch lange kein Garant für gute Politik, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gute Politik lebt von Überzeugung und Haltung. Gute Politik lebt vom Gestaltungswillen, vom Willen, sich Herausforderungen zu stellen und Krisen zu meistern, nicht vom Trostpflaster, das man verteilt. Sie geben viel Geld aus und bleiben trotzdem vieles schuldig, zuallererst eine klare Vision für die Zukunft Bayerns oder auch ein klares Bekenntnis, was Ihrer Meinung nach erhalten und was verändert werden muss oder wo langfristig mehr investiert werden muss und wo weniger. Ich vermisse bei Ihnen einen klaren Kurs. Aber gerade dann, wenn eine Krise auf andere Krisen trifft, braucht es Haltung und Orientierung in der Politik.

Lassen Sie uns nicht die eine Krise gegen die andere ausspielen! Lassen Sie uns nicht die Nahrungsmittelproduktion gegen den Arten- und Naturschutz ausspielen. Lassen Sie uns nicht Windstrom gegen Sonnenstrom ausspielen. Lassen Sie uns nicht die berechtigten Ängste vor weiteren Preissteigerungen gegen die jetzt notwendigen Verschärfungen von Sanktionen ausspielen. Krisen zu meistern, ohne sie gegeneinander auszuspielen, das ist die Aufgabe unserer Zeit. Das ist die Verantwortung, die uns alle hier einen sollte, nicht trennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Putins Angriffskrieg in der Ukraine legt die Schwächen unseres Energiepfades schonungslos offen: zu abhängig, zu verletzlich, zu angreifbar, zu teuer und obendrauf noch klimaschädlich.

(Zuruf)

Das ist doch ganz deutlich geworden. Wir sind gefangen zwischen Öltankern und Pipelines. Die CSU-Energiepolitik der letzten Jahre hat uns in diese fossile Abhängigkeit getrieben.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf)