Wir werden dem Antrag der CSU zustimmen, unserem eigenen natürlich auch. Beim SPD-Antrag werden wir uns enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Sehr verehrte Kollegen der CSU, mit Ihrem heutigen Dringlichkeitsantrag haben Sie dem Freistaat Bayern ein Armutszeugnis ausgestellt. Dieser Antrag ist nichts weiter als eine wohnungspolitische Bankrotterklärung der Bayerischen Staatsregierung.
Sie haben trotz sprudelnder Steuereinnahmen die Landesmittel für die soziale Wohnraumförderung auf das niedrigste Niveau der Nachkriegsgeschichte gesenkt. Nirgendwo in Deutschland ist Wohnen so teuer wie in Bayern. In keinem anderen Bundesland steigen die Kosten für Wohnraum so stark wie in Bayern. Bereits seit der Föderalismusreform im Jahre 2006 ist Wohnungspolitik Ländersache. Und was machen Sie? – Anstatt Ihrer eigenen Verantwortung gerecht zu werden, beschuldigen Sie andere. Unglaublich! Mal sind die Kommunen schuld, weil sie zu wenig Bauland ausweisen, mal sind es die Kirchen, weil sie zu viele Grundstücke besitzen. Heute hat es den Bund getrof
fen. Irgendjemand muss ja schuld sein; denn an Ihnen kann es ja nicht liegen. Die immer lauter werdende Kritik an Ihrer Wohnungspolitik hören Sie schon gar nicht mehr. Sie kommt nicht nur von der SPD, sondern auch vom Bayerischen Städtetag und vom Bayerischen Gemeindetag, vom Mieterbund, von den Mietervereinen und von der Wirtschaft, wie vor Kurzem vom Verband bayerischer Wohnungsunternehmen, und nicht zuletzt von den Bürgerinnen und Bürgern Bayerns, die sich kaum mehr angemessen mit Wohnraum versorgen können.
Wie oft müssen wir Ihnen eigentlich noch Lösungen auf Landesebene für die Probleme präsentieren, die Sie bei anderen suchen? Herr Rotter, Sie beklagen in Ihrem Antrag, dass die Anforderungen für die Bauunternehmen zu hoch seien und zu wenig Baurecht vergeben werde.
Schön, dass Sie an dieser Stelle noch einmal die Gelegenheit bekommen, eine anständige Wohnungspolitik zu präsentieren, die wir heute in diesem Hohen Haus auch umsetzen können.
Wir brauchen ein Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz, um die Hemmnisse und Hindernisse bei der Beschaffung bezahlbaren Wohnraums abzubauen. Dazu müssen wir hier im Hohen Haus, nicht in Berlin, den Abbau bestehender Verfahrenshindernisse und Bauhemmnisse auf Landesebene beschließen. Wir brauchen hierzu die Unterstützung der Kommunen, indem wir die Handlungsmöglichkeiten zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums erweitern. Ich nenne als exemplarisches Stichwort die Grundstücksverkehrsrichtlinien. Das können wir hier alles an Ort und Stelle umsetzen.
Sowohl der Bayerische Gemeindetag als auch der Bayerische Städtetag haben immer wieder Lösungen aufgezeigt, wie sich Bauland auf intelligente Art und Weise mobilisieren lässt. Ihre Reaktion ist: Blockade und den Bund verantwortlich machen.
Was ist denn eigentlich mit den Vorschlägen des "Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen" vom Bund? – In Bayern warten wir seit vielen Monaten gespannt auf die Umsetzung. Sie aber sabotieren die Wohnungspolitik des Bundes.
Es ist doch die Union im Bund, Herr Rotter, die die Einigung über die Abschreibungsregeln für die Investoren blockiert hat.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal betonen, dass es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums geht und nicht um Förderprogramme für die Bauindustrie. Deshalb haben wir in Berlin auch konkrete Vorschläge gemacht, wie wir bezahlbaren Wohnraum steuerlich fördern können.
Jetzt hier von Ballungsräumen zu sprechen, ist insofern eine Verzerrung, weil wir immer auch in den Anträgen zur Abschreibung klargemacht haben, dass es um angespannte Wohnungsmärkte geht. Diese hat die Staatsregierung in Bayern doch selbst definiert. Es ist doch hoffentlich unstrittig, dass es hier angespannte Wohnungsmärkte gibt und dass es sich lohnt, hier zu investieren.
Sie blockieren nicht nur die sinnvollen steuerlichen Abschreibungen, sondern – das muss man der Vollständigkeit halber hinzufügen – Sie blockieren auch die Novellierung der Mieterrechte wie beim Mietspiegel. Sie blockieren die Mieterrechte bei der Modernisierungsumlage, und – das muss ich mit Verwunderung lesen – Sie wollen laut Ihrem Antrag auch die private Wirtschaft beteiligen. Als ob die private Wirtschaft bisher nicht an der Wohnraumförderung beteiligt wäre! Die Privaten sind es seit langer Zeit in hohem Maße. Lassen Sie uns also darüber reden. Während der Bund die Mittel für den sozialen Wohnungsbau gegenüber 2015 verdreifacht hat und die Länder mit 1,5 Milliarden Euro unterstützt, stehlen Sie sich aus der Verantwortung, indem Sie Ihre Landesmittel auf einen historischen Tiefstand halbieren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU, dieses Desaster mit dem kommunalen Förderprogramm der zweiten Säule im Wohnungspakt Bayern! Gerade einmal die Hälfte der versprochenen Wohnungen konnte gefördert werden. Wir haben Ihnen schon vor einem Jahr erklärt, woran das liegt. Doch Ihr Credo lautet weiterhin: Blockade, Blockade, Blockade statt bauen, bauen, bauen.
Herr Herrmann, Sie haben sich als bayerischer Wohnungsbauminister vom Finanzminister über den Tisch ziehen lassen. Söder hat Ihnen die Höhe der Landesmittel für den Wohnungsbau diktiert. Der Wohnungspakt Bayern bleibt so fast wirkungslos, und die Bürgerinnen und Bürger Bayerns spüren das. Da hilft Ihnen heute auch kein Ablenkungsmanöver wie dieser Antrag. Jetzt ist Zeit zu handeln. Auch Bayern muss seiner wohnungspolitischen Verantwortung gerecht werden.
Ich bitte um Unterstützung unseres Antrags. Den Antrag der CSU werden wir ablehnen und dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen.
Danke schön, Kollege Lotte. – Jetzt darf ich Kollegen Mistol das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rotter, Sie fordern in Ihrem Dringlichkeitsantrag, dass der Bund jetzt die Weichen für den Wohnungsbau stellen müsse. Mir wäre es lieber gewesen, Sie hätten einen Antrag eingebracht, der fordert, dass der Freistaat die Weichen für den Wohnungsbau stellt. Dann hätten wir wirklich etwas beschließen können.
Der Fingerzeig nach Berlin fällt Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, immer besonders leicht, um von eigenen Versäumnissen abzulenken. Rufen wir uns doch in Erinnerung: Sie regieren mit in Berlin, und Sie haben dort selbst zur einen oder anderen Blockade beigetragen.
Im Übrigen sollten Sie vor der eigenen Haustüre kehren; denn auch im Freistaat lag der Wohnungsbau wirklich über lange Zeit im Dornröschenschlaf. So richtig intensiv wachgeküsst haben Sie das Dornröschen immer noch nicht. Da wäre noch einiges zu tun.
Das Bundeskabinett hat auf der Basis des Berichts des "Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen" schon vor gut einem Jahr das Zehn-Punkte-Programm beschlossen. Diese Wohnungsbauoffensive enthält gute Vorschläge, zu deren Umsetzung Sie eigentlich genug zu tun hätten. In Ihrem Antrag beschränken Sie sich aber letztlich auf drei Punkte, die ziemliche Worthülsen sind und keine konkreten Forderungen enthalten.
In der Nummer 1 schießen Sie wieder einmal gegen die Energieeinsparverordnung – EnEV – und lehnen jede weitere Anpassung ab, offensichtlich für alle Ewigkeit. So ist es zumindest formuliert. Diese Position ist aus der Sicht der GRÜNEN an Kurzsichtigkeit nicht zu überbieten.
Es steht außer Frage, dass die Energieeinsparverordnung und auch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz strukturell neu konzipiert werden müssen. Es ist klar, dass auch beim Thema EnEV mit Augenmaß ge
arbeitet werden muss und solche Regelwerke immer einer dynamischen Anpassung bedürfen. Den neuen Entwicklungen muss immer wieder Rechnung getragen werden. Das für die Zukunft auszuschließen, halte ich für einen großen Fehler. Eine Absenkung bzw. ein Einfrieren energetischer Standards beim Wohnungsneubau lehnen wir aus Überzeugung ab. Zukunftsfähiger Wohnungsbau kann aus unserer Sicht nur in Verbindung mit Klimaschutz geschehen; denn langfristig wird ein schlecht gedämmtes Gebäude zur Kostenfalle für die Mieterinnen und Mieter und diejenigen, die die Wohnung nutzen.
Bei Nummer 2 Ihres Antrages stimme ich Ihnen zu, Kollege Rotter. Um privates Kapital für den Mietwohnungsbau zu generieren, müssen die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten verbessert werden, aber unter der Prämisse, dass diese auf angespannte Wohnungsmärkte begrenzt werden und an soziale Kriterien, beispielsweise Mietobergrenzen, gekoppelt sind.
Aber auch da ist der Zug eigentlich schon abgefahren, weil entsprechende Pläne aufgrund unüberbrückbarer Differenzen in der Koalition seit mehr als einem Jahr auf Eis liegen. Sie sollten hier tatsächlich Druck machen, aber am besten in Berlin und nicht hier im Hohen Hause.
Was die Nummer 3 angeht, habe ich mich gefragt, was Sie konkret wollen. Die Gemeinden verfügen bereits über einen guten rechtlichen Handlungsspielraum. Sie haben in Ihren Ausführungen auf urbanes Gebiet abgezielt. Dafür sind auch wir. Aber wir haben kürzlich auch über § 13b des Baugesetzbuches diskutiert, der übrigens jetzt vom Bundesrat abgelehnt wird. Da konterkarieren Sie Ihre Bemühungen, tatsächlich eine Innenentwicklung voranzubringen. Sie vergessen bei der ganzen Geschichte auch, dass gerade in prosperierenden Gemeinden oftmals kein Bauland zur Verfügung steht, das für den Wohnungsbau ausgewiesen werden kann. Vielmehr stellt sich aus unserer Sicht die Herausforderung einer angemessenen Nachverdichtung; wir müssen dichter und höher bauen, um vor allem in den Ballungsräumen mehr Wohnraum zu schaffen.
Ja, ich komme zum Schluss. – Alles in allem sehen wir im Dringlichkeitsantrag der CSU keinen Mehrwert. Wir werden ihn daher ablehnen. Auch den Dringlichkeitsantrag der
FREIEN WÄHLER – der ist nicht besser – werden wir ablehnen. Im Dringlichkeitsantrag der SPD sind zwei Punkte enthalten, die wir in diesem Umfang nicht unterstützen. Insofern werden wir uns dazu enthalten.
Danke schön, Herr Kollege Mistol. – Dann darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Herrmann das Wort erteilen. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir unterstützen seitens der Staatsregierung den vorliegenden Antrag der CSU-Landtagsfraktion nachdrücklich; denn das Gebot der Stunde lautet: bauen, bauen, bauen. Wir müssen alles dafür tun und auf allen Ebenen, auf kommunaler, auf Landes- und Bundesebene, aktiv werden, um den Wohnungsbau voranzubringen. Das ist das Thema.
Lieber Herr Kollege Lotte, bei Ihnen stelle ich leider erste Tendenzen der – wie sagt man neudeutsch so schön? – postfaktischen Realitätsverweigerung fest. Die Idee, hier ernsthaft zu behaupten, wir hätten bei den Wohnungsbaufördermitteln einen historischen Tiefstand, ist totaler Blödsinn. – Entschuldigung. Jeder kann bei jeder Gelegenheit und an jeder Stelle sagen, er hätte gern mehr Fördermittel. Aber die Behauptung, diese Mittel seien auf einem historischen Tiefstand, ist einfach falsch! Das ist auf dem bekannten Niveau diverser Staatspräsidenten, die irgendwelche Behauptungen in die Welt setzen. Das ist einfach falsch.