Sie argumentieren, in unserem Antrag fehle das Wasser. Das ist eine andere Geschichte. Auf diese Problematik werden wir mit Sicherheit auch noch kommen.
Angesichts der riesengroßen Probleme für die Umwelt bei den Schadensfällen kann man das nicht irgendwann erledigen, wie beim G 9, sondern hier muss sofort etwas getan werden.
Ich darf Ihnen versichern, dass die Kommunen ihre Pläne fertig in den Schubladen liegen haben. Die Kommunen könnten sofort reagieren. Es geht uns darum, dass der Staat die entsprechenden Mittel schnell zur Verfügung stellt.
Herr Kollege Hanisch, im Rahmen der FAG-Mittel sind für diese Frage im letzten Jahr wie auch in diesem Jahr 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden und können abgerufen werden. Es ist ja eine kluge, optimale Regelung, auf die Pro-Kopf-Belastung der Einwohner abzustellen, weil wir wissen, dass es um kostendeckende Einrichtungen geht, die die Kommunen sicherlich im Rahmen der Vorfinanzierung belasten. Letzten Endes wird aber jeder Cent von den Bürgerinnen und Bürgern zurückgefordert. Dies ist genau der Punkt, den wir in diesen Richtlinien berücksichtigt haben. Er spielt mit
eine Rolle für die Härtefallschwelle, indem die Einwohner, die über einen gewissen Satz hinaus belastet werden, eine Förderung über die Kommune erhalten können.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir beide wissen als Vertreter des ländlichen Raumes ganz genau, dass jede Investition in die kommunale Infrastruktur ihr Geld wert ist, dass jeder Cent gut angelegt ist. Ich bin ganz sicher, dass dann, wenn eine Kommune entsprechende Pläne fertig hat und einen Antrag stellt, die notwendigen Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. Davon gehe ich aus. Es wird Gegenstand des von uns geforderten Berichts sein, wie viele Kommunen diese Förderung bereits im vergangenen Jahr beantragt und in Anspruch genommen haben.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat Herr Kollege Scheuenstuhl das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Oberflächengewässer sind in einem schlechten Zustand. Bereits im Jahr 2000 haben sich Europa, Deutschland und auch Bayern auf den Weg gemacht und beschlossen, bis zum Jahr 2015 die Gewässer in einen guten Zustand zu versetzen. Doch wohin führen uns die bisherigen – in Anführungszeichen – "Bemühungen" der CSU im Freistaat? – Sie führen in die Katastrophe. Beispielsweise hat sich der gute ökologische Zustand unserer Flüsse, Bäche und Seen von knapp 22 % im Jahr 2009 auf 15 % im Jahr 2015 verschlechtert, also nicht verbessert. Wir können nur froh sein, dass Sie sich nicht noch mehr "bemüht" haben, Kolleginnen und Kollegen der CSU.
Jetzt reichen die FREIEN WÄHLER einen Dringlichkeitsantrag mit einer wohlklingenden Überschrift ein – und das ist sehr gut –, aber der Antrag ist inhaltsleer. Im Antrag geht es darum, dass wir in dem Bereich mehr Geld brauchen – ja, gerne –, aber hier wäre etwas mehr Substanz notwendig gewesen.
Nach einer Studie aus dem Jahr 2008 liegt bei rund 16 % der öffentlichen Abwasserkanäle Bayerns ein kurz- bzw. mittelfristiger Sanierungsbedarf vor. Die Kosten dafür wurden schon vor neun Jahren auf 3,6 Milliarden Euro geschätzt. Natürlich haben sich die Kosten aufgrund der Preissteigerung wesentlich erhöht. Da seit 2008 natürlich auch die Kanalnetze und somit die Sanierungskosten angewachsen sind,
Der Freistaat Bayern hat über 60 Jahre lang die erstmalige Errichtung von Abwasseranlagen mit rund 8,8 Milliarden Euro bezuschusst, bis die staatliche Förderung der Ersterschließungen bekanntlich zum Jahr 2015 ausgelaufen ist. Vor dem Hintergrund der Stoiber‘schen Zwangseinsparung wurde bereits 2005 entschieden, die heute notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr zu fördern. Erst nach dem Auslaufen der RZWas 2013 wurde am Ende des Jahres 2015 die Förderung von Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der RZWas 2016 als Härtefallregelung fortgeführt, weil wir von der SPD – das nehmen wir mit auf unsere Schultern – im Landtag hart dafür gekämpft haben.
Das Ergebnis war leider wieder schlechter als erwartet; denn nach jetzigem Stand werden die Härtefälle unter Heranziehung der Investitionen der letzten 20 Jahre sowie der Investitionen in den kommenden fünf Jahren unter Berücksichtigung eines Demografiefaktors ermittelt. Die Fokussierung auf die vergangenen Investitionen benachteiligt die Kommunen und Zweckverbände, die aufgrund ihrer finanziellen Rahmenbedingungen in der Vergangenheit nicht die notwendige Kapazität hatten, um in ihre Netze zu investieren. Das ist eine sehr traurige Geschichte. Ich bedauere, dass jetzt gerade die Gemeinden, die in den letzten Jahrzehnten in finanziellen Schwierigkeiten waren, dafür bestraft werden sollen, wie Herr Kollege Flierl erwähnt hat. Nicht jede Gemeinde war in der Lage, ihre Kanäle und ihre Kläranlagen zu fördern, wenn ihr die Bürgerinnen und Bürger aufgrund eines katastrophalen Managements der CSU-Regierung davonlaufen. Ausgeschlossen sind darüber hinaus auch die Kommunen, die vor 1996 investiert haben. Aber wie wir jetzt gehört haben, soll das geändert werden.
In Bayern muss es jetzt unser Ziel sein, den Rückstand bei den Kanalsanierungen und -erneuerungen mittelfristig aufzuholen. Schadhafte Kanäle sind, wie das Staatsministerium in der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage selbst zugegeben hat, ein Risiko für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, für die Ortshygiene und natürlich für die Umwelt.
Wertes Hohes Haus, ein rechtzeitiger Eingriff ist kostengünstiger als eine unaufschiebbare Erneuerung;
denn wenn die Schäden nicht repariert werden, versagt der Kanal. Das wollen wir natürlich alle nicht, weil dann noch mehr Schäden entstehen. Die prognostizierten Sanierungskosten belaufen sich für diese Maßnahmen schätzungsweise auf 900 Millionen Euro, die Trinkwasserversorgung hinzugenommen, sind es 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.
Wir fordern in unserem Antrag eine Mittelerhöhung um jeweils 40 Millionen Euro pro Haushaltsjahr auf rund 110 Millionen Euro. Herr Kollege Flierl, 70 Millionen Euro stehen für den Härtefallfonds zur Verfügung. Wenn in den zurückliegenden Jahren bereits Sanierungsmaßnahmen und Erstanschlüsse durchgeführt wurden, errechnen sich also 70 Millionen Euro. Das können wir heute den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern versprechen: 70 Millionen Euro stehen für den Härtefallfonds zur Verfügung. Dann müssen Sie aber auch Ihre Vorschriften ändern.
Wir fordern deshalb, dass die Härtefallkriterien entsprechend anzupassen und natürlich vor allem die zukünftigen Investitionen, wie bereits erwähnt, zu berücksichtigen sind. Ich darf daran erinnern, dass es sich dabei um nur rund 2,5 % des tatsächlichen Finanzierungsbedarfs handelt. Ich bin dabei noch von den 30 Millionen Euro ausgegangen, die uns im Ausschuss genannt wurden. Aus unserer Sicht sind diese 2,5 % sehr mickrig. Deswegen muss hier mehr getan werden.
Aber nicht nur unsere Oberflächengewässer sind von Glyphosat, Nitrat, Gülle, Phosphat und Mikroplastik bedroht, sondern auch unser Grundwasser ist belastet und bedroht. Neulich ist im Ausschuss auch festgestellt worden, dass vor allem die Landwirtschaft dafür verantwortlich ist. Leider sind einige Kollegen nicht da, die anderes behaupten; denn das Ministerium hat ausdrücklich betont, dass die Landwirtschaft für die Schäden, beispielsweise für den Nitrateintrag ins Grundwasser, verantwortlich ist.
Die defekten Kanäle sind aber nicht nur für den Nitrateintrag verantwortlich, sondern auch ein Risiko für die Ortshygiene, wie das Ministerium bereits erwähnt hat.
Wir wollen unverhältnismäßige Belastungen vermeiden. Wir wollen nicht, dass die CSU und die Straßenausbaubeitragssatzungen weniger gut situierte Bürger um ihre Häuschen bringen, sondern wir wollen, dass auch diese Bürger eine Chance haben, ihr Eigentum zu behalten.
Besonders stört uns am Antrag der FREIEN WÄHLER, dass sie nach der Begründung auch die privaten Kanäle fördern wollen. Das Kanalnetz der Privaten ist fast dreimal so groß wie das öffentliche Kanalnetz. Man geht davon aus, dass bis zu 80 % des öffentli
chen Kanalnetzes kaputt sind. Das interessiert die CSU übrigens überhaupt nicht. Es ist ihr völlig egal, auch wenn wir noch so viele Anträge stellen. Es ist Ihnen wurscht. Nicht einmal nachfragen wollen Sie, wie es denn hier tatsächlich aussieht. Es ist daher verständlich, dass mancher Bürger ins Zweifeln gerät und sagt: Uns schröpft man, aber die anderen lässt man laufen. Das dient mit Sicherheit nicht dem Frieden in den Gemeinden.
Die CSU hat noch Klärungsbedarf. Das ist eine schöne Geschichte, wenn man etwas dazulernen will. Das wollen auch wir. Wir werden deswegen dem CSU-Antrag zustimmen.
Vielen Dank. – Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/‘DIE GRÜNEN hat nun Herr Kollege Mistol das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Abwasserentsorgung ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Ich möchte betonen, dass diese Aufgabe in der Regel auf sehr hohem Niveau gut erledigt wird.
Aber die Wasserver- und die Abwasserentsorgung sind natürlich Daueraufgaben. Es geht nun darum, das erreichte Niveau zu halten bzw. auszubauen. Ich möchte deutlich sagen: Grundsätzlich sind die Kosten natürlich über die Erhebung von Gebühren und Beiträgen zu finanzieren, zumal sich die Abwasserkosten in Bayern im Ländervergleich ohnehin auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen.
Kolleginnen und Kollegen, die Förderung im Bereich der Ersterschließung ist im Jahr 2015 ausgelaufen. Nun besteht verstärkt die Notwendigkeit, im Bestand zu sanieren. Die Zahlen sprechen hier eine klare Sprache. Ein vom Landesamt für Umwelt in Auftrag gegebener Bericht zum Zustand der bayerischen Kanäle aus dem Jahr 2008 bestätigt, dass über 15 % aller Kanäle einen kurz- und mittelfristigen Sanierungsbedarf aufweisen. Ein Drittel aller Abwasserkanäle wurde vor 1970 errichtet. Da hat natürlich der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen. Der Gesamtsanierungsbedarf für die Trinkwasser- und Abwasserentsorgungsanlagen beläuft sich nach Schätzungen des Umweltministeriums auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr, also eine ganz beachtliche Summe.
Kolleginnen und Kollegen, ich habe gesagt, es geht darum, das erreichte Niveau zu halten, und zwar überall in Bayern. Jetzt führt der starke Bevölkerungsrückgang in Teilen Bayerns dazu, dass dringend notwendige Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen in
diesen Regionen in die Zukunft verschoben werden, weil diese sonst mit einem unzumutbaren Kostenanstieg für die Gebietskörperschaften, aber natürlich auch für die Bürgerinnen und Bürger verbunden wären. Deswegen hatten wir GRÜNE seinerzeit im Rahmen eines Antrags die Aufnahme einer Härtefallregelung in die Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben – so heißt die Richtlinie – gefordert. Eine entsprechende Regelung wurde 2016 in die Richtlinie aufgenommen.
Die Förderrichtlinien in dieser geltenden RZWas sollten wir tatsächlich dringend unter die Lupe nehmen. Das ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Schließlich hat auch der Gemeindetag von Anfang an kritisiert, die Ausgestaltung der Förderkriterien werde dem tatsächlichen Bedarf nicht gerecht; stattdessen würde man den betroffenen Gemeinden hohe Hürden auferlegen, die Fördervoraussetzungen überhaupt erfüllen zu können. Da halte ich es nicht für geschickt, lieber Kollege Scheuenstuhl, die Mittel zu erhöhen, wenn die Mittel gar nicht abgerufen werden können, weil die Kriterien noch nicht so sind, wie wir sie eigentlich haben wollen.
Jetzt komme ich zu den FREIEN WÄHLERN. Ich erachte Ihren Antrag als ein bisschen zu kurz gesprungen bzw. er setzt an der falschen Stelle an.
Es reicht nicht aus, eine Erhöhung der Zuwendungen zur Sanierung von Abwasseranlagen zu fordern – das hätten Sie übrigens schon vor Kurzem mit einem Haushaltsantrag erreichen können –,
sondern es bedarf aus unserer Sicht tatsächlich einer Evaluation der Neuregelung der RZWas, auf deren Grundlage man dann erforderliche Nachbesserungen vornehmen kann, damit die Gemeinden tatsächlich in den Genuss einer Förderung kommen können.
Kolleginnen und Kollegen, abschließend, für uns GRÜNE ist letztendlich entscheidend, dass die Förderung nicht mit der Gießkanne verteilt wird, sondern insbesondere strukturschwache und von Bevölkerungsrückgang stark betroffene Gemeinden erreicht. Außerdem sollte die Förderung für einen ausreichend langen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden, um den Bedarf angemessen abzudecken.
Herr Kollege Mistol, kommen Sie bitte noch einmal ans Rednerpult zurück. Der Herr Kollege Muthmann hat eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.
Lieber Kollege Mistol, Sie haben wieder von Ausnahmeregelungen gesprochen. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, was unser generelles Anliegen ist. Der Ausbau der Abwasseranlagen, insbesondere der Kanäle, ist vom Freistaat flächenweit gefördert worden, und das zu Recht. Diese erste Aufgabe ist weitestgehend erfüllt. Jetzt geht es auch flächig um die Sicherung der Qualität und die Sanierung bestehender Anlagen. Auch da glauben wir, dass es eine flächenweite, auf Gesamtbayern bezogene Aufgabe darstellt, die Kommunen bei dieser Aufgabe zu unterstützen und das nicht nur auf wenige Ausnahmen zu reduzieren. Letztendlich hängt es nämlich nicht von der Leistungsfähigkeit der Kommunen im Einzelnen ab. Zuletzt kommt ein höherer Aufwand bei den Angeschlossenen an.
Ich will Ihnen nur ein paar Zahlen dazu nennen, um zu verdeutlichen, dass Regionen mit weniger Bevölkerung förderwürdig und förderbedürftig sind. In München werden durch einen Kilometer Kanalleitung statistisch 657 Einwohner erschlossen, im Bayerischen Wald, beispielsweise in den Landkreisen Passau, Regen oder Freyung-Grafenau, zwischen 68 und 85 Einwohner. Das heißt, diesen Kilometer Leitung müssen die zwischen 68 und 85 Einwohner bezahlen. Bitte gehen Sie gedanklich weg von der Überlegung, nur im Notfall bei besonders Bedürftigen zu unterstützen, und kommen Sie zu der Überzeugung, dass es eine Aufgabe des Freistaates ist, flächenweit zu fördern, besonders dort, wo ansonsten wenige Einwohner pro Quadratkilometer diese Aufgaben finanzieren müssten.