Zum Gutachten noch eine Einschätzung: Ich erinnere mich noch daran, dass wir kurz vor der Atomkatastrophe in Fukushima von der Bayerischen Staatsregierung ein Gutachten bekommen haben, wonach Isar 1 sicher sei. Kurz darauf war die Katastrophe in Fukushima, und dann musste Isar 1 abgeschaltet werden. Ich glaube weder dem einen Gutachten noch dem anderen, aber ich glaube, dass wir den politischen Weg
weiter gehen und die Kraftwerke Stück für Stück abschalten sollten. Trotzdem müssen wir alles unternehmen, um aufzuklären, welche Gefahren wirklich bestehen. In dieser widersprüchlichen Situation sofort abzuschalten, erscheint uns zu kurz gesprungen.
Danke schön, Herr Aiwanger. – Für die Staatsregierung darf ich Frau Staatsministerin Scharf das Wort erteilen. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stümpfig, jetzt müssen wir schon einmal die ganze Wahrheit sagen. Prof. Mertins, Ihr Experte, den Sie beauftragt haben, war Mitarbeiter der GRS, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Er ist in Ruhestand. Er war übrigens maßgeblich am Kerntechnischen Regelwerk beteiligt, das er jetzt infrage stellt. Ihr zweiter Experte, Hahn, war auch Mitarbeiter der GRS und ist jetzt auch in Ruhestand. Die Richtigkeit oder die Vollständigkeit von Gutachten sollten wir auch ansprechen, wenn wir immer wieder infrage stellen, wer wo was richtig bewertet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ängste schüren, Menschen verunsichern und Informationen zurückhalten, auf diesen Nenner lässt sich die Initiative der GRÜNEN bringen.
Sie fordern, das Kernkraftwerk Gundremmingen stillzulegen, bis Störfälle beherrscht werden können. Auf diesen Antrag ist jetzt die SPD auch noch aufgesprungen. Ihre Anträge gehen ins Leere. Lassen Sie sich das sagen; denn die Störfallbeherrschung im Kernkraftwerk Gundremmingen ist gewährleistet. Das ist so, lieber Herr Kollege Woerlein, seit die Anlage am Netz ist, und das sind 33 Jahre und nicht 50 Jahre.
In Ihren Anträgen behaupten Sie, dass die Notkühlsysteme anfällig seien. Diese Aussagen sind in mehreren Punkten falsch. Falsch ist die Aussage, dass Gundremmingen drei Notkühlstränge habe. Richtig ist, dass es in Summe vier sind. Gundremmingen verfügt nämlich neben den drei Nachkühlsystemen über ein zusätzlich nachgerüstetes Nachwärmeabfuhr- und Einspeisesystem – ZUNA –, und ZUNA ist als unabhängiges, diversitäres System konzipiert. Das heißt, Störungen sind auch bei gemeinsam verursachten Ausfällen von Sicherheitssystemen zu beherrschen. Damit nimmt der Reaktor im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein.
Falsch ist zweitens die Behauptung, dass ein Notkühlsystem nicht erdbebensicher sei. Richtig ist hingegen, dass alle vier Nachkühlsysteme, die drei plus das nachgerüstete System ZUNA, gegen Erdbeben mit einer Eintretenswahrscheinlichkeit von 10.000 Jahren ausgelegt sind. Von diesen vier Systemen sind drei sogar auf ein Erdbeben mit einer Eintretenswahrscheinlichkeit von hunderttausend Jahren ausgelegt.
GRÜNE und SPD begründen ihre Anträge mit Zweifeln an der Zuverlässigkeit und an der Wirksamkeit des ZUNA-Systems und stützen sich dabei auf die Gutachten, die sie selber in Auftrag gegeben haben. Diese Zweifel sind überhaupt nicht nachvollziehbar; denn den Gutachtern fehlen offensichtlich wichtige Detailkenntnisse und auch Hintergrundinformationen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Haus, das für die atomrechtliche Aufsicht zuständig ist, hat das ZUNA-System vom TÜV Süd überprüfen lassen. Dieser hat die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit erneut bestätigt. Zum gleichen Ergebnis kommt übrigens das vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene Gutachten des Gutachterkonsortiums, das aus Gutachtern des Physikerbüros Bremen und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zusammengesetzt ist. Dieses Gutachten stammt vom Februar 2016. Bundesumweltministerin Hendricks hat sich dieser Bewertung uneingeschränkt angeschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie spielen nicht mit offenen Karten. Tatsache ist nämlich auch, dass Ihr Gutachten weder mir noch Bundesumweltministerin Hendricks zur Verfügung gestellt worden ist. Stattdessen spielen Sie das Gutachten den Medien zu.
Die atomrechtliche Aufsichtsbehörde wird aber außen vor gelassen. Offensichtlich – Herr Kollege Ritt hat es schon erwähnt – geht es Ihnen mehr um die mediale Aufmerksamkeit und das Aufwärmen von Angstthemen, die mit dem beschlossenen Atomausstieg ohnehin nicht mehr ziehen. Für dieses permanente Wiederholen von falschen Aussagen und das Schüren von Ängsten in der Bevölkerung habe ich überhaupt kein Verständnis. Das Kernkraftwerk Gundremmingen – vielleicht sollten Sie einmal dorthin fahren, diese Empfehlung gebe ich Ihnen – ist sicher. Es nimmt in Sachen Sicherheit einen internationalen Spitzenplatz ein. Es übertrifft sogar das für Neuanlagen international geforderte Sicherheitsniveau.
Frau Staatsministerin Scharf, unser Gutachten ist auf unserer Homepage einsehbar. Im Gegensatz dazu ist in dem Gutachten, das Sie zusammen mit dem Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben haben, ein Großteil geschwärzt. Eigentlich ist nur die Zusammenfassung ungeschwärzt. Wir haben Transparenz, Sie nicht.
Wir haben zwei Experten, die bestätigt haben, dass ein System nicht voll funktionsfähig ist. Sie werden doch zustimmen, dass ZUNA keinen eigenen Kühlstrang hat, der in den Reaktorbereich hineingeht. ZUNA ist für das Funktionieren des Kühlstrangs TN 2 zuständig. Es funktioniert nicht, wenn im Reaktor ein großer Druck herrscht. Dann sind nämlich die Pumpen zu schwach. Zudem wurde für ZUNA ein anderer Stahl verwendet als der, der normalerweise notwendig wäre. In den 90er-Jahren wurde mit ZUNA lediglich ein Notbehelf geschaffen. Es ist kein voll funktionsfähiges Kühlsystem. Das wurde bei dem Stresstest – ich hoffe, dass Sie das nicht bestreiten – eindeutig bestätigt.
Die Zusammenfassung Ihres Gutachtens – das sind die Teile, die wir lesen können – bestätigt unsere Sicherheitsbedenken in Bezug auf diese Kühlsysteme. Da sagen wir ganz klar: Im Interesse der Bevölkerung wollen wir nachhaken und noch mehr Gewissheit haben. Das haben wir mit unserem Gutachten erreicht. Wir kommen gemeinsam mit unseren Gutachtern zu dem Schluss, dass die Sicherheit in Gundremmingen nicht gewährleistet ist. Sie müssen endlich Verantwortung übernehmen und sagen: Solange diese Kühlsysteme nicht voll funktionsfähig sind, solange nicht drei Kühlsysteme voll funktionsfähig sind, solange bleiben Block B und C vom Netz. Es ist nicht unsere Überzeugung, aber Sie können Block C nach der Reparatur noch einmal in Betrieb nehmen, aber solange die Kühlsysteme nicht funktionsfähig sind, muss er vom Netz bleiben.
Herr Kollege, ZUNA ist nachgerüstet. Sie wissen auch, dass es dazu ein Gutachten gibt. Die Empfehlungen, die darin ausgesprochen wurden, sind von uns in Auftrag gegeben worden und umgesetzt.
Ich empfehle Ihnen jetzt noch einmal: Fahren Sie dorthin, um sich die Unabhängigkeit der Kühlsysteme selber anzuschauen. Wenn man es vor Ort gesehen hat, glaubt man es vielleicht eher. Glauben Sie nicht das, was auf dem Papier steht. Die vier Systeme sind voneinander unabhängig. Sie sollten auch wissen, dass eine Druckabsenkung im Reaktor immer gewährleistet ist. Die Hochdruckeinspeisung, die Sie mit ZUNA in Verbindung bringen, ist also nicht notwendig. Bleiben Sie also bitte auch hier bei der Wahrheit, und schüren Sie keine Ängste.
Ich sage Ihnen noch einmal, wer die Sicherheit der Kühlsysteme begutachtet und bewertet hat: von uns der TÜV Süd und das Gutachterkonsortium des Bundes. Dem sollten wir Vertrauen schenken und nicht auf der anderen Seite die Menschen ängstigen und in Unsicherheit versetzen.
Frau Ministerin, ich habe den Betreuungsstimmkreis Dillingen und betreue auch die Menschen dort. Die Ängste dort schüren wir nicht; sie sind vorhanden.
Zu Ihrer süffisanten Zwischenbemerkung bezüglich eines Ortstermins: Ich war am 31. Januar in Gundremmingen
und habe mit Herrn Trobitz gesprochen. Ich möchte diese Zwischenbemerkung auch dazu nutzen zu sagen, dass unsere politischen Aktivitäten in keiner Weise darauf abzielen, die Leistung der dort arbeitenden Leute zu diskreditieren. Ganz im Gegenteil. Sie leisten hervorragende Arbeit.
Es bleibt ein Aber, und das ist die Schnittstelle Mensch. Wir haben in der Diskussion um den Brennelemente-Absturz erfahren, dass hier ein technisches Verfahren angewandt wurde – es würde zu weit führen, es jetzt zu schildern –, von dem Herr Trobitz wörtlich gesagt hat – ich habe es mir gemerkt –: Das machen wir natürlich nicht mehr; denn das hat wohl zu dem Brennelemente-Absturz geführt.
Ich will nur noch sagen: Bitte nehmen Sie doch alle Hinweise ernst. Es geht überhaupt nicht darum, die Leistung der dort arbeitenden Menschen zu diskreditieren oder Arbeitsplätze vorzeitig zu vernichten. Das haben wir alles in dem Gespräch dort geklärt. Es geht wirklich darum, die letzten Jahre verantwortungsbewusst hinzubekommen, gleichzeitig aber auch alle
Herr Kollege Woerlein, wir nehmen all diese Hinweise ernst. Ich darf Ihnen auch noch einmal zurufen, dass unsere Kernkraftwerke Hochsicherheitstrakte sind. An der Sicherheit aller Vorgänge wird tagtäglich mit größter Sorgfalt und größter Ernsthaftigkeit gearbeitet. Auch bei uns im Ministerium gibt es eine Mannschaft, die sich tagtäglich, stündlich und minütlich darum bemüht, dass die Sicherheit gewährleistet ist.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge getrennt.
Ich beginne mit der einfachen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/15835; das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte. – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Enthaltung bei den FREIEN WÄHLERN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Jetzt kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der GRÜNEN auf Drucksache 17/15807. Die Urnen stehen bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten Abstimmungszeit.
Damit schließe ich die Abstimmung und bitte, das Ergebnis außerhalb des Saales zu ermitteln. Ich darf Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Josef Zellmeier u. a. und Fraktion (CSU) Der Bund muss jetzt die Weichen auf Wohnungsbau stellen! (Drs. 17/15808)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Verantwortung für den Wohnungsbau in Bund und Land gerecht werden (Drs. 17/15836)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Andreas Lotte, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Handeln statt Mittel kürzen: Auch Bayern muss seiner wohnungspolitischen Verantwortung gerecht werden! (Drs. 17/15837)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag fordert die CSU-Fraktion die Bayerische Staatsregierung auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die Weichen noch deutlicher auf Wohnungsbau gestellt werden, als dies bisher der Fall war.
Ich erinnere daran, dass sich vor zwei Jahren ein "Verbändebündnis Wohnungsbau" zusammengefunden hat, das beginnend beim Mieterbund bis zum Bauindustrieverband über diverse Wohnungsverbände, Wohnungsbaugesellschaften Verbesserungen angemahnt hat. Von dort liegt mittlerweile ein Bericht vor, wonach zwar manches passiert ist, aber es selbstverständlich noch nicht ausreicht.
Das Hauptproblem ist, dass der Neubau von Wohnungen in den vergangenen Jahren durch immer neue rechtliche und administrative Anforderungen stark verteuert worden ist, deutlich mehr als die Baupreissteigerung, sodass sich die Investitionen in der Regel nicht mehr rechnen. Hierbei gilt es insbesondere, jede weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung zu verhindern, weil ansonsten die Wirtschaftlichkeit des Wohnungsbaus erheblich beeinträchtigt wird. Besonders diese Wirtschaftlichkeit ist von entscheidender Bedeutung, damit auch private Investoren ihr Geld im Wohnungsbau anlegen. Jede weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung ist daher zu verhindern. Wir haben im Bayerischen Landtag wiederholt darüber debattiert und das mit großer Mehrheit, zum Teil sogar einstimmig beschlossen.