Die beschlossenen Änderungen ergeben sich aus dem Beschluss zur Zweiten Lesung. Die Redezeit beträgt wie bisher 24 Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Hartmann.
Sehr geehrtes Präsidium, guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt 4.00 Uhr morgens, und seit sechs Stunden verweigern Sie die Debatte zu Ihrem Gesetz. Seit sechs Stunden! Das ist wirklich ein Tiefpunkt der parlamentarischen Debattenkultur im Hohen Haus.
Ihr Spaltungsgesetz wird doch keinen Millimeter besser, wenn Sie es selber nicht einmal mehr verteidigen. Es wird dadurch doch nicht besser. Sie haben doch die Anhörung gehabt. Sie haben doch die Vertreter der Kirchen und der Verbände gehört, die es alle kritisiert haben.
Es wird dadurch keinen Millimeter besser. Dass Sie sich zurückhalten, gar nicht mehr teilnehmen und nur noch ein paar Zwischenrufe machen, zeigt doch wirklich, dass Sie von dem Murks in Ihrem Gesetz wirklich nicht überzeugt sind. Das ist heute ganz deutlich geworden.
Ich möchte ganz kurz auf den Artikel 3, "Allgemeine Integrationsförderung", eingehen, der jetzt in der Dritten Lesung behandelt wird. Dabei muss man ein Thema ansprechen. Sie haben sich ja bis zehn Uhr an der Debatte beteiligt. Solange Sie sich beteiligt haben, haben Sie immer wieder, in jedem Redebeitrag, vom Fördern und Fordern gesprochen. Sie haben das ständig wiederholt. Dann haben Sie sich nicht mehr beteiligt; das Thema ist aber weiterhin genauso wichtig. In Artikel 3 Ihres Gesetzes merkt man ganz deutlich, dass Sie eben nicht das Fördern und das Fordern auf die gleiche Ebene setzen. Das machen Sie nicht. Sie ermöglichen nicht Integration; nicht einmal eine Verbindlichkeit ist da. Es gibt nicht einmal einen Anspruch auf einen Kurs. Die Verbindlichkeit und die Vorgabe, dass Geld vorhanden ist und es funktionieren kann, sind in Ihrem Gesetz nicht zu finden.
Ein weiteres Thema habe ich vorhin schon erwähnt; aber ich greife es wieder auf, weil ich es weiterhin wahnsinnig wichtig finde; denn Integration ist etwas Langfristiges und nicht innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten erledigt. Das heißt, wir brauchen eine Verlässlichkeit und eine Verbindlichkeit in politischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht. Das alles muss ein Integrationsgesetz leisten, und es muss die Rahmenbedingungen dafür festlegen. Das macht Ihr Spaltungsgesetz definitiv nicht.
(Josef Zellmeier (CSU): Ihre Spaltungsrhetorik meinen Sie! – Dr. Florian Herrmann (CSU): Ja, genau!)
Herr Zellmeier, wissen Sie was? Sie können mal hochrechnen, wie viele Stunden Redezeit Sie hatten. Sie hatten gar nichts Inhaltliches zu sagen, gar nichts. Sie plappern jetzt immer nur rein.
Sie müssten sich mal hier hinstellen. Dieses erbärmliche Bild! Da flacken sie alle in ihrem Stuhl und denken sich wahrscheinlich, hoffentlich ist es bald vorbei, statt sich hier zu beteiligen.
Sie haben doch sogar zehn Änderungen am eigenen Gesetz der Staatsregierung beantragt. Sie hätten ohne Weiteres noch fünf Änderungen mehr beantragen können, weil auch die notwendig gewesen wären.
Für uns ist ganz klar: Ein Integrationsgesetz muss einen Zugang zur Sprachförderung bieten, die Medienkompetenz stärken und vor allem die Einbindung in demokratische Strukturen und Prozesse ermöglichen; sonst kann Integration nicht gelingen.
Das heißt auch, der Zugang zur Bildung muss früh ermöglicht werden. Solange Sie sich an der Debatte beteiligt haben, wurde das immer wieder angesprochen. Dann schreiben Sie das bitte auch in das Gesetz. So, wie Sie es gemacht haben, grenzen Sie aus. Sie spalten. Wer spaltet, schwächt unser Land. Zusammenhalt macht uns stark. Gemeinsam gewinnen wir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen jetzt eine Dritte Lesung, weil durch die Änderungsanträge der CSU quasi ein Gesetzestext entstanden ist, der uns im Gesetzentwurf der Staatsregierung in der Form nicht vorlag. Deswegen macht es schon einen Sinn, dass wir noch mal beraten.
Ich möchte es relativ kurz machen; denn zum Artikel 3 des Gesetzentwurfs der Staatsregierung haben wir uns ja vorher schon ausgetauscht. Die CSU-Fraktion hat in Artikel 3 zwei Erweiterungen vorgenommen, unter anderem einen neuen Absatz eingefügt. Das ändert aber nichts daran, dass es bei der Ausgewogenheit von Fordern und Fördern leider immer noch
keine Verbesserung gibt. Das Fördern steht immer noch unter einem Haushaltsvorbehalt. Deshalb können wir trotz der Ergänzungen dem Artikel in der Form nicht zustimmen.
Verbindliche Angebote haben Sie mit der Ergänzung um die Themen Gleichberechtigung und Würdigung des Ehrenamts wieder nicht geschafft. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einen Appell an Sie richten. Er mag Ihnen gebetsmühlenartig erscheinen; aber das Recht, die Dinge zu wiederholen, die uns bei diesem Gesetz als maßgeblich und wichtig erscheinen, steht uns genauso zu wie Ihnen. Sie haben die Aussprache verweigert; deswegen kommt von Ihnen jetzt einfach gebetsmühlenartig nichts mehr. Wir sind auch ganz dankbar dafür, dass wir dieses Unwort nicht permanent wieder hören müssen.
Dieses Gesetz bringt in der vorliegenden Form für die Menschen in unserem Land große Auswirkungen mit sich. Lassen Sie uns einfach zu dieser frühen Morgenstunde den Reset-Knopf drücken! Lassen Sie uns etwas Neues auf die Beine stellen! Denn lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dieses Gesetz wird uns noch sehr lange beschäftigen. Auch wenn Sie heute nicht mehr darüber reden wollen: Es wird die nächsten Monate an Ihnen kleben. Sie werden sich noch darüber ärgern, dass Sie heute nicht bereit waren, zumindest in der Dritten Lesung den Reset-Knopf zu drücken, um gemeinsam hier im Hohen Haus etwas Gutes zu entwickeln.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.
Wer dem Artikel 3 zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen! – Die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist es so beschlossen.
Hierzu wurde in der Zweiten Lesung beschlossen, die Angabe in Absatz 3 Satz 2 anzupassen. Ich verweise auf den Beschluss zur Zweiten Lesung. Die Gesamtredezeit beträgt wiederum 24 Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Gehring.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns darüber unterhalten, dass deutsche Sprachkenntnisse unabdingbar sind, um an dieser Gesellschaft teilhaben zu können, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können und um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein.
Integration erfolgt immer von zwei Seiten. Sie ist eine Aufgabe dessen, der kommt und sich integrieren muss. Diese Menschen vollbringen eine große Leistung. Sie kommen aus anderen kulturellen Zusammenhängen in ein Land, dessen Sprache sie nicht können, und haben vielleicht keine berufliche Qualifikation. Ich habe großen Respekt vor den vielen Menschen, die es in den letzten Jahren geschafft haben, sich bei uns zu integrieren, und damit eine große Integrationsleistung erbracht haben.
Es ist eine große Leistung, eine Fremdsprache zu lernen, wenn man nicht mehr in einem Alter ist, in dem man besonders gut lernt. Bis zum Alter von sieben Jahren kann man sehr gut lernen; ab 20 Jahren wird es schwieriger; ab 40 stagniert man eher. Vor all denen, die in diesem Alter dennoch eine fremde Sprache so gut lernen, dass sie sie erfolgreich sprechen können und im Berufsleben Erfolg haben, habe ich großen Respekt.
Integration ist aber auch Aufgabe der aufnehmenden Gesellschaft, eines Kultur- und Sozialstaates, wie es der Freistaat Bayern ist. Von dieser Aufgabe ist in diesem Artikel eben nichts zu finden. Darin beinhaltet nur ein kurzer Satz, dass es einen Anspruch gibt. Aber wir brauchen ein Recht darauf, Deutsch zu lernen; wir brauchen ein Recht auf Deutschkurse; und wir brauchen entsprechende Angebote gemäß dem Bedarf der Menschen, die bei uns hier ankommen und Deutsch lernen können.
Wir brauchen ein Recht auf Deutschkurse unabhängig vom Aufenthaltsstatus, weil es zum Teil ärgerlich ist, wie Menschen monatelang warten, bis sie an einem Deutschkurs teilnehmen können. Doch Deutschkenntnisse sind notwendig für alle, die hier leben, ganz egal, wie lang sie hier leben. Deswegen brauchen wir das Recht auf Teilnahme an Sprachkursen. Wir brauchen die Verpflichtung des Staates, dieses Recht den Menschen zu gewähren. Wir brauchen die finanziellen Mittel dafür. Daran hakt es nach wie vor bei uns in Bayern.
Das Ärgerliche an diesem Artikel, dessen Überschrift ja nur "Deutsche Sprache" lautet, besteht darin, dass die ganze Schuld und die Verantwortung den Migranten zugeschoben werden. Sie bekommen Sanktionen aufgedrückt, wenn sie ein bestimmtes Sprachniveau, das nicht definiert ist, nicht erreichen können. Das ist nicht das richtige Verständnis von Integration aufseiten der Aufnehmenden und aufseiten derer, die kommen. Deswegen ist dieser Artikel abzulehnen. Ich bitte Sie, dass wir über dieses Gesetz hinaus zu einem Dialog finden, wie wir unsere Erwachsenenbildung in Bayern neu aufstellen und ein Erwachsenenbildungssystem für eine Einwanderungsgesellschaft konzipieren, wie wir entsprechende Mittel im Haushalt dafür freibekommen und wie wir das Erwachsenenbildungsförderungsgesetz dementsprechend weiterentwickeln.
Mit diesem Gesetzentwurf wird der Integration und dem Sprachenlernen kein Gefallen getan. Deswegen werden wir ihn ablehnen. Ich sage Ihnen: Wir müssen uns noch mal darüber unterhalten, wie wir tatsächlich das Lernen der deutschen Sprache ermöglichen; denn nur gemeinsam gewinnen wir.
Danke schön. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Waldmann von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Alle, die sich mit dem Thema Integration befassen, auch alle Kollegen hier im Haus, betonen immer wieder die hohe Bedeutung der deutschen Sprache für das Gelingen von Integration. Das haben wir alle quer durch die Fraktionen immer wieder in den Vordergrund gerückt.
Die Frage lautet jetzt: Was steht zu diesem wichtigen Thema in diesem Integrationsgesetz? – Man würde doch erwarten, dass darin konkrete Maßnahmen für die Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache formuliert werden, dass Aufgaben definiert, Zuständigkeiten festgelegt und Finanzierungsfragen geklärt werden. Von all dem steht aber leider in diesem Gesetzentwurf nichts, übrigens im Unterschied zu den Vorschlägen, die wir vorgelegt haben.
Stattdessen ist in dem Gesetzentwurf die Rede von einem mindestens erwartbaren Sprachniveau. Das haben wir schon im Ausschuss und in den vorhergehenden Beratungen im Plenum angesprochen. Diese Formulierung konnte uns nicht näher erklärt werden. Das wird übrigens in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich zugegeben: Menschliche Sprache
entzieht sich der staatlichen Regelung. – Wenn also wer auch immer wie auch immer und warum auch immer erkennt, dass das Niveau, das nicht näher definiert werden kann, nicht erreicht wird, können Kosten für Kurse in Rechnung gestellt werden. Wie das mit Leben gefüllt werden soll, können jetzt die Behörden, die Kommunen und die Gerichte in Einzelfällen feststellen, weil sie ja sonst nichts zu tun haben.