Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Steiner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Frau Kollegin Kamm, Sie sprechen von Rechtssicherheit und Klarheit. Schauen Sie sich einmal die einschlägigen Vorschriften, beispielsweise Artikel 16 a des Grundgesetzes, an. Artikel 16 a des Grundgesetzes gibt Rechtssicherheit und Klarheit. Unser Asylrecht ist mit einem individuellen Klagerecht im Grundgesetz verankert. Beim Asylrecht handelt es sich nicht um ein Instrument zur Einwanderung in den Arbeitsmarkt oder zur Zuwanderung aus Armut. Wir können das immer wieder zerreden und lange Diskussionen führen. Sie verstehen nicht, um was es geht. Sie sind nicht in der Lage, die Fakten zu ordnen.
Wahrscheinlich geht es Ihnen nicht um Artikel 16 a Grundgesetz, sondern um § 60a des Aufenthaltsgesetzes. Das vermute ich. Ich habe über das IMS gesprochen. Das IMS, das einen Umfang von 41 Seiten aufweist, verkehrt letztendlich das Bundesintegrationsgesetz in sein Gegenteil. Das IMS muss entsprechend der Haltung des Bundesrats und des Bundesgesetzgebers angepasst werden.
– Herr Pfaffmann, ich bin immer vorsichtig. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kamm, ich frage mich, welche Strategie Sie verfolgen, wenn wir das Thema inzwischen 14-täglich im Plenum behandeln müssen.
Ich hoffe, dass Sie lernen wollen; dafür müssen Sie zuhören. Das tun Sie in der Regel nicht. Ich hoffe, dass Sie heute zuhören; dann hätten wir das Thema abgehandelt.
Vielleicht wollen Sie mich aufregen. Das schaffen Sie nie. Ich erkläre Ihnen das in 14 Tagen wieder; das ist überhaupt kein Problem. Den Einzelfall, in dem sich die Bayerische Staatsregierung nicht an das Bundesgesetz hält, werden Sie nicht finden. Wir halten uns an das Bundesgesetz und setzen die 3-plus-2-Regelung um. – Ich sehe, dass Sie sich zu einer Zwischenfrage gemeldet haben. Wahrscheinlich haben Sie schon wieder etwas nicht verstanden.
In Wahrheit wollen Sie alle, die zu uns ins Land kommen, hierbehalten. Das ist die Wahrheit. Sie akzeptieren nicht, dass die Asylgesetzgebung nichts mit Beschäftigungspolitik zu tun hat.
Wir haben ganz klare gesetzliche Regelungen. Wir haben die 3-plus-2-Regelung. Sie haben den Petitionsausschuss genannt. Dort ist es manchmal zu Missverständnissen gekommen. Obwohl es sich gar nicht um Missverständnisse gehandelt hat, haben wir alle ausgeräumt. Das letzte Mal hatten wir den Fall eines Senegalesen, der ganz klar seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Ich habe mit IHK-Vertretern geredet. Jeder IHK-Vertreter will, dass ein Senegalese bei seiner Passbeschaffungspflicht mitwirkt. Die Arbeitsgeber wollen wissen, ob der Arbeitnehmer Senegalese ist. Dem Senegalesen passiert nichts, wenn er sich in einer Ausbildung befindet. Frau Kamm, bitte nehmen Sie das endlich einmal wahr.
Gestern haben wir das Integrationsgesetz behandelt. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Personen, die einen Hauptschulabschluss, einen Realschulabschluss oder das Abitur in Deutschland gemacht haben. Von Haus aus gibt es jedoch keinen Anspruch auf einen Ausbildungsplatz. Eine andere Behauptung ist nicht wahr. Es gibt ein Asylverfahren und ein Ver
fahren, wie die Beschäftigung geregelt wird. Ein Hauptschulabschluss allein berechtigt nicht zu einem Ausbildungsverhältnis. Eines glaube ich Ihnen – das rechne ich Ihnen hoch an: Sie würden jeden Asylbewerber bei uns im Land lassen. Ich glaube, Sie würden sie auch bei sich zu Hause aufnehmen.
Ich rede zur Sache. – Selbst Sie würden aber irgendwann einmal feststellen, dass 1,5 Millionen Leute in Ihrer Garage zu viel sind. Wir müssen die Beschäftigungspolitik von der Asylpolitik trennen.
Herr Pfaffmann, halten Sie das bitte auseinander. Sie wissen doch selber, dass die 3-plus-2-Regelung eingehalten wird. Zeigen Sie mir einen Fall, bei dem die 3-plus-2-Regelung nicht eingehalten wird. Zeigen Sie mir einen Fall, bei dem jemand keine Arbeitserlaubnis erhält, obwohl er nach Auffassung des Innenministeriums berechtigt ist.
Ich komme jetzt zu einem bescheidenen Punkt. In Deutschland gibt es Abertausende Menschen mit einer Bleibeberechtigung. Vor uns liegt viel Arbeit, um diese Menschen zu integrieren und sie in Arbeit zu bringen. Ich bitte die Opposition, dass wir uns jetzt diesem Themenfeld widmen und nicht den berühmten Einzelfällen von Frau Kamm.
Sehr geehrter Herr Kollege, wann sind Sie endlich bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine Vielzahl von Fällen handelt, die den Petitionsausschuss bis jetzt noch nicht erreicht haben? Es ist doch nicht sinnvoll, eine gerade erlassene gesetzliche Regelung des Bundesintegrationsgesetzes nicht anzuwenden und die Menschen auf den Petitionsausschuss zu verweisen.
Weiter sage ich Ihnen: Die 3-plus-2-Regelung gilt selbstverständlich für Menschen im Verfahren. Mit Ihrem IMS verweigern Sie diesen Menschen eine Duldung zur Ausbildung im Rahmen der 3-plus-2-Regelung. Wann lesen Sie endlich dieses IMS? Wann sorgen Sie dafür, dass dieses IMS entrümpelt und der bundesgesetzlichen Regelung angepasst wird?
Ich bin erst bereit, das anzuerkennen, wenn Sie endlich einmal einen dieser Einzelfälle, nach mehrfacher Aufforderung, dem Innenministerium vorlegen. Das haben Sie bisher noch nicht gemacht. Das ist die erste Antwort.
Jetzt komme ich zur zweiten Antwort. Das IMS habe ich schon durchgelesen. Ich würde Ihnen empfehlen, es auch zu lesen. Frau Hiersemann, darüber kann man streiten. Vielleicht werden die Gerichte darüber entscheiden. Ich bin jedoch der Auffassung, dass jemand, der sich in einer Ausbildung befindet, trotzdem nicht von seinen ausländerrechtlichen Verpflichtungen entbunden werden kann. Dazu gehört auch, sich um einen Pass zu bemühen – tut mir leid. Das sind zwei einfache Antworten auf zwei einfache Fragen.
(Markus Rinderspacher (SPD): Das Problem ist doch, wenn er sich um einen Pass bemüht, dann bekommt er Schwierigkeiten!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Straub, ich freue mich eigentlich immer, wenn ich Sie reden höre; denn Ihre Redebeiträge sind so verlässlich. Erstens: Wir danken der Staatsregierung. Zweitens: Die Staatsregierung hat recht. Drittens: wie erstens.
(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Ministerprä- sident Horst Seehofer: Der kennt sich aus! – All- gemeine Heiterkeit – Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))
Es ist schade; denn wenn Frau Kollegin Kamm oder ich oder auch jemand anderes in diesem Hause eine andere Meinung als Sie vertreten, dann kommt von Ihnen, Herr Straub, immer gleich: Sie haben das nicht kapiert. Es könnte doch auch umgekehrt der Fall sein. Vielleicht versuchen wir deshalb jetzt, noch einmal zur Sachfrage des Antrags zurückzukommen und nicht zur Qualität der Bayerischen Staatsregierung.
IMS angewiesen, das Bundesrecht höchst restriktiv auszulegen. Letztlich führt das dazu, dass die 3plus-2-Regelung, also der Rechtsanspruch, den das Bundesintegrationsgesetz vorsieht und den die Große Koalition in Berlin gemeinsam beschlossen hat, in Bayern letztlich kaum greifen kann. Tatsache ist, dass nach Bundesrecht nur dann keine Aufenthaltsduldung zu Aufenthaltszwecken erteilt wird, wenn Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret bevorstehen. Das IMS, unter kreativer Nutzung der deutschen Sprache, legt diese Regelung nun aus. Man hat folgenden Trick gefunden: Nicht wenige junge Flüchtlinge mussten einen sogenannten informativen Hinweis unterschreiben. Darin werden sie darauf hingewiesen, dass ihre Beschäftigung im Falle der rechtskräftigen Ablehnung im Asylverfahren unter Umständen versagt werden kann. Dieser Hinweis, den die Flüchtlinge unterschrieben haben, kann gegebenenfalls später, je nach Bedarf und je nach Ermessen der Ausländerbehörde, aus der Schublade geholt werden. Für den Fall, dass der Asylantrag abgelehnt ist, heißt es dann: Das haben Sie gewusst, wir haben Sie informiert, im Falle der Ablehnung können konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. – Schon, zack, zack, ist die 3-plus-2-Regelung ausgehebelt und das, obwohl es inzwischen Rechtsprechung gibt, wie beispielsweise die des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, die besagt: Nur wenn der Flug für die Abschiebung kurz bevorsteht, stehen konkrete Maßnahmen zur Abschiebung bevor, und nur dann kann die 3-plus-2-Regelung abgelehnt werden.
Aus einem Rechtsanspruch nach dem Bundesintegrationsgesetz wird durch solche Auslegungstricks ein Gnadenakt mit Ermessensentscheidung bayerischer Behörden gemacht. Weil diese Praxis den verschärften Unmut der bayerischen Wirtschaft hervorgerufen hat, gab es einen Brandbrief an den Herrn Ministerpräsidenten.
Alles nur ein Missverständnis, sagte der bayerische Innenminister, als wir das letzte Mal hier im Plenum über dieses Thema gesprochen haben. Die Wirtschaft habe das ganz falsch verstanden. Deshalb gab es am 15.11.2016 einen Runden Tisch mit dem Innenminister und den Wirtschaftsverbänden. In seiner Antwort, auch auf meine Anfrage zum Plenum, schreibt der Innenminister: "Die Missverständnisse konnten ausgeräumt werden." – Das freut mich natürlich sehr. Ich hätte nur gerne gewusst, was sind denn diese Missverständnisse? Sie bestehen hier offensichtlich auch auf Seiten der Opposition. Vielleicht könnten sie auch bei uns ausgeräumt werden. Was heißt es nun, wenn Missverständnisse, von denen wir nicht wissen, welche es waren, angeblich ausgeräumt worden sind? Gilt jetzt der Rechtsanspruch 3-plus-2 des Bundesgesetzes, sofern die weiteren Voraussetzungen des
Bundesintegrationsgesetzes vorliegen? Oder gilt dieser Rechtsanspruch nicht, weil er durch Auslegungstricks mittels des IMS im Ermessen der bayerischen Behörden verschwunden ist? Trotz dieser angeblich ausgeräumten Missverständnisse sollen nun – Frau Kollegin Kamm hat es erwähnt – in jedem Regierungsbezirk mit örtlichen Vertretern der Wirtschaft Gespräche geführt werden. Es ist schon bemerkenswert, was so ein IMS alles an Missverständnissen auslösen kann. Tatsache ist nämlich, dass aus den Betrieben scharfe Kritik kommt. Tatsache ist auch, dass sich die Betriebe mit großer Arbeit, viel Mühe und Engagement darum kümmern, junge Flüchtlinge und Auszubildende in Arbeit zu bringen. Diese Betriebe haben keinerlei Sicherheit – deshalb der Unmut –, ob die Ausbildung überhaupt zu Ende geführt werden kann, geschweige denn eine Sicherheit, ob in Folge der Ausbildung die jungen Leute weitere zwei Jahre zur Verfügung stehen, wie es das Bundesgesetz vorsieht.
Eigentlich ist geplant, bis 2019 circa 60.000 Flüchtlinge in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in Bayern zu integrieren. So wird das aber nicht funktionieren, meine Damen und Herren von der CSU. Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages weist darauf hin, dass extrem große Verunsicherung herrsche und dass das Innenministerium weit über das Ziel hinausgeschossen sei. Das sagt der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages. Mittlerweile gibt es nämlich Betriebe, die trotz der Tatsache, dass sie händeringend Auszubildende suchen, allein wegen dieser großen Verunsicherung keine jungen Flüchtlinge mehr ausbilden wollen.
Bitte? Wollen Sie die Betriebe namentlich genannt haben? – Sie brauchen doch nur die Zeitung aufzuschlagen, da lesen Sie ständig Zitate von Vertretern der IHK und der Handwerkskammer.
Es gibt auch Hinweise, dass bei jungen Flüchtlingen, die an der Berufsschule sind, von den Ausländerbehörden schlicht der Abschluss der erforderlichen Verträge blockiert wird.