Protocol of the Session on September 27, 2018

Danke schön. – Jetzt eine weitere Zwischenbemerkung vom Kollegen Woerlein.

Lieber Dr. Otto Hünnerkopf, ich darf mich bei dir ganz herzlich bedanken. Wir hatten mit dir in den letzten fünf Jahren eine klasse Zusammenarbeit. Mir tut es fast ein bisschen leid, wenn ich deine letzte Rede mit einer Intervention unterbrechen muss, mit der ich nicht nur Wasser in den Wein gießen muss, sondern mit der ich wirklich sagen muss: Ich habe etliche Gespräche geführt, die Menschen draußen sind entsetzt von der heutigen Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.

(Widerspruch bei der CSU)

Zu zentralen Themen wie Umweltschutz oder Klimaschutz fiel kein Wort. Stattdessen sagte Herr Söder, Bayernland ist Autoland. Das war eine klare Ansage. Lieber Otto, wie soll es denn laufen? Ihr sagt, ihr wollt an der 10-H-Regelung festhalten; der Ministerpräsident will keine "Verspargelung". Ja, wie wollen wir denn dann die erneuerbaren Energien voranbringen?

Zu dem Kompromiss, von dem du in Richtung CSU gesprochen hast: Das ist alles nicht der Aufregung wert. Man muss doch die Sachen ansprechen und ganz ruhig bleiben. Wie sollen wir es denn schaffen?

Zur 10-H-Regelung sagst du, da können sich die Leute vor Ort einigen. Wie sehr sich die Leute vor Ort einigen, sehen wir daran, dass im letzten Jahr insgesamt vier Windkraftanlagen genehmigt worden sind.

Da sieht man also, dass es vor Ort nicht funktioniert. Jetzt die ganz konkrete Frage: Was will denn die Bayerische Staatsregierung tun, um die erneuerbaren Energien vor dem Hintergrund voranzubringen, dass mit der 10-H-Regelung, an der offensichtlich festgehalten wird, die Windkraft komplett tot ist? Worauf setzt ihr?

(Beifall bei der SPD)

Ich fühle mich nicht bemüßigt, für die Bayerische Staatsregierung zu sprechen.

(Florian von Brunn (SPD): Auf einmal!)

Ich denke, wir haben beim Ausbau von erneuerbaren Energien einen relativ hohen Stand. Woran wir arbeiten, ist das Speichern, das Puffern, das Schließen der Lücken. Ich persönlich bin auch der festen Überzeugung, dass es Sinn macht, dort, wo der Wind bläst, nämlich im Norden, wo er länger bläst als bei uns, nämlich doppelt so lang – wenn es bei uns 2.000 Stunden sind, sind es dort 4.000 –, Windkraftanlagen zu bauen. Und wenn diese Energie installiert ist, müssen wir in der Tat schauen, dass wir sie Bayern zuführen. Es ist mein Credo, dass wir eine Vernetzung brauchen, um Lücken zu schließen. Deswegen können wir da – ich hoffe, dass einmal der Groschen fällt und die Menschen gerade unter dem Aspekt der Bürgerenergiegenossenschaft die Dinge vielleicht anders sehen – peu à peu weiterhin zubauen. Da ist vieles möglich. Aber das ist, wie gesagt, meine persönliche Meinung. Für die Staatsregierung möchte ich da nicht gesprochen haben.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst etwas zu Herrn Hünnerkopf. Sie haben gesagt, die beiden Gesetzentwürfe sind gut gemeint. Wir meinen, sie sind gut gemacht, weil sie relativ konkrete Ziele aufzeigen. Sie sagen, da gehe es in die Planwirtschaft. Wir sagen, da steht auch etwas für die öffentliche Verwaltung drin. Und die öffentliche Verwaltung in Bayern hat eine Vorbildfunktion. Deswegen sind verschiedene Punkte in den Gesetzentwürfen richtig und gut.

Auch wir müssen leider sagen, dass die CSU-Fraktion die wichtigste Zukunftsaufgabe – und das ist der Klimaschutz – einfach verschläft. So war das heute in der Regierungserklärung und auch in der letzten Regierungserklärung. Da kam das Wort Klimaschutz

nicht vor, und so etwas darf einer Regierungsfraktion eigentlich nicht passieren; das muss ich ganz klar sagen. Klimaschutz ist die wichtigste Zukunftsaufgabe. Natürlich wird auch beim Bund vieles versäumt. Es wird immer noch Braunkohle verfeuert, und das ist mit der größte CO2-Emittent.

Deutschland verfehlt auch die Klimaschutzziele. Die Klimakanzlerin der Neunzigerjahre ist heute nur noch Geschichte; das müssen wir ganz klar sagen. Für uns FREIE WÄHLER geht es darum, den Klimaschutz ganz oben anzusiedeln. Deswegen haben wir auch schon zweimal hier im Landtag beantragt, dass der Klimaschutz in die Verfassung aufgenommen wird, weil Klimaschutz einfach eine absolute Aufgabe ist. Wir sagen, die Verfassung ist das höchste Gut, und an ihr orientieren sich auch alle Gerichte. Zum Beispiel lassen sich Klimaschutzziele wie "100 % Strom aus erneuerbaren Energien" besser durchsetzen. Deswegen unterstützen wir auch nachhaltig das laufende Volksbegehren, den Klimaschutz in die Bayerische Verfassung aufzunehmen, das vom Verein "Klimaschutz – Bayerns Zukunft" in München initiiert wird. Da heißt es nicht nur, dass der Klimaschutz in die Verfassung aufgenommen werden soll, sondern auch, dass sich Bayern zu 100 % auf erneuerbare Energien umstellen soll. Innerhalb von 14 Tagen wurden da immerhin schon 13.000 Unterschriften gesammelt. Wir sehen immer wieder: Wenn die Politik versagt, muss es das Volk richten. Das Beispiel der Abschaffung der Studiengebühren hat das ja gezeigt.

Meine Damen und Herren, es genügt natürlich nicht, wenn der Klimaschutz allein in der Bayerischen Verfassung steht. Wir brauchen einen allumfassenden Ansatz, und deswegen begrüßen wir die Gesetzentwürfe der GRÜNEN und der SPD, weil sie einfach Konkretes enthalten.

Ich komme als Erstes zum Gesetzentwurf der SPD. Die SPD hat richtig erkannt, dass für den Klimaschutz endlich eine gewisse Verbindlichkeit hergestellt werden muss. Besonders hervorheben möchte ich den Artikel 7, in dem eine konsequente Kehrtwende gefordert wird. Artikel 10 beschäftigt sich ausführlich mit der Rolle der Kommunen und dem kommunalen Klimaschutz. Hier wird auch richtigerweise gesagt – das fehlt leider in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN –, dass die Kommunen nicht allein gelassen werden dürfen, sondern dass der Staat die Kommunen finanziell unterstützen muss. Wir wissen, dass hier auf die Kommunen große personelle und finanzielle Aufgaben zukommen. Die Forderung eines klimaneutralen Gebäudebestands unterstützen wir FREIEN WÄHLER vollumfänglich. Jedoch fehlt hier ein Passus, der verhindert, dass Mieten in einem weiteren Zyklus in unbezahlbare Höhen steigen dürfen. Mieten müssen be

zahlbar sein. Das gehört in dem Gesetzentwurf zum Klimaschutz dazu.

Zu Artikel 4 des Gesetzentwurfs der GRÜNEN: Es ist richtig, dass Klimaschutz eine Querschnitts- und eine Gemeinschaftsaufgabe ist, bei der auch Bildungseinrichtungen eine zentrale Rolle spielen. Auch wir sagen immer: Klimaschutz beginnt im Kopf. Nur so erreichen wir Verhaltensänderungen. Artikel 4 ist also richtig und gut.

Wir brauchen eine klimaneutrale Verwaltung, und das ist wichtig, Herr Hünnerkopf. Die öffentliche Hand muss als Vorbild vorangehen. Wir FREIEN WÄHLER haben auch schon einen Antrag im Landtag gestellt, der dies zum Ziel hatte. Wir wissen, es gibt andere Bundesländer, die das schon machen; das sind Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Sie haben das Ziel, bis 2030 oder 2040 eine klimaneutrale Verwaltung umzusetzen. Insofern greifen GRÜNE und SPD diesen Gedanken der FREIEN WÄHLER auf. Wir begrüßen das natürlich sehr.

Die Klimaschutzziele in Artikel 6 sind wichtig und werden auch konkret formuliert. Das ist wichtig, damit man auch einmal Zahlen hat. Dann kann man sagen: Das ist der Bestand, und auf diese Tonnenzahl will ich die Emissionen insgesamt reduzieren. Umweltminister Huber sagte in der "Bayerischen Staatszeitung" vom 20. April: Wir stehen ganz entschieden zu verbindlichen Klimazielen. Er spricht von unter sechs Tonnen, sagt aber nicht, wie viel das genau ist. "Unter sechs Tonnen" ist viel zu unkonkret; das können fünf, vier, drei oder zwei Tonnen sein. Er sagt nur: Ein bisschen unter sechs Tonnen.

Wir sagen, dass es wichtig ist, Zwischenziele festzulegen, zum Beispiel für 2020 oder 2025, wie das in Artikel 8 vorgesehen ist. Ebenso sagen wir, dass die Aussage in Artikel 9 mutig ist, dass Maßnahmen zur Ausweitung des zivilen Flugverkehrs als Ziele im Landesentwicklungsprogramm künftig unzulässig sein sollen.

Nach Auffassung der FREIEN WÄHLER muss bei Artikel 11 – "Kommunale Klimaschutzkonzepte" – noch nachgebessert werden. Denn hier geht es darum, die Kommunen zu verpflichten – so steht es im Gesetzentwurf der GRÜNEN –, ein lokales Klimaschutzkonzept zu erstellen. Es ist schon gut und wichtig, ein lokales Klimaschutzziel zu formulieren und auch umzusetzen; aber das ist natürlich mit erheblichem Personal- und Kostenaufwand verbunden. Wir wollen, dass kommunale Klimaschutzkonzepte für die Kommunen weitgehend kostenneutral werden. Das heißt, hier braucht es Förderprogramme des Freistaats Bay

ern. Das fehlt leider in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN, so gut er auch sonst ist.

Wichtig ist auch, dass wir einen Klimabeirat bekommen, der zusätzlich beteiligt wird. Das ist im Gesetzentwurf der GRÜNEN vielleicht ein bisschen zu unverbindlich. Wir meinen: Wenn die Kommunen und Bildungseinrichtungen – ich sage wieder: Klimaschutz beginnt im Kopf – bei der Umsetzung der Klimaschutzziele eine zentrale Rolle spielen, dann wollen wir haben, dass auch die kommunalen Spitzenverbände im Klimabeirat explizit genannt werden. Die Professoren sind natürlich wichtig; aber wir weisen immer auf die kommunalen Spitzenverbände hin.

Ich komme zum Schluss. Den Spruch "Nach mir die Sintflut" darf es in Bayern nicht geben. Da sind beide Gesetzentwürfe ein Schritt in die richtige Richtung, wobei es wichtig ist, dass die Kommunen mit einbezogen werden. Die SPD fordert ganz konkret, dass der Freistaat Bayern das Ziel fördert und auch finanziell unterstützt, was für uns sehr wichtig ist. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen. Weil bei den GRÜNEN dieser Punkt fehlt, es für uns FREIE WÄHLER aber sehr wichtig ist, dass man die Kommunen nicht im Regen stehen lässt, werden wir uns da enthalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Ritt.

Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass eine der dringendsten und wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts der Klimaschutz ist. Es ist sehr wichtig, sich der Klimaproblematik anzunehmen, und es ist recht und billig, sich mit neuen Möglichkeiten für einen neuen, noch besseren Klimaschutz zu befassen.

(Florian von Brunn (SPD): Was? Noch besser?)

Vorab: Beide Gesetzentwürfe sind meines Erachtens absolut unnötig. Warum? – Weil wir in Bayern wie in keinem anderen Bundesland in Deutschland von 2008 bis 2014 bereits eine Milliarde Euro in den Klimaschutz investiert haben. Ich zähle jetzt einzelne Maßnahmen auf: die energetische Sanierung staatlicher Gebäude, und wir haben den Passivhausstandard und das 10.000-Häuser-Programm eingeführt. Das alles dient dem Klimaschutz.

Aus den Reden vorher höre ich als erstes 10 H heraus, also die Forderung, noch mehr Windräder zu bauen. Es ist aber zu wenig, 10 H einfach zu kippen, meine Damen und Herren. Ich muss Ihnen entgegen

setzen: Wenn Sie mehr Windräder bauen wollen, dann müssen Sie sich auch die Progress-Studie zu Herzen nehmen. Darin wird aufgezeigt, dass durch die Windräder in Deutschland jährlich 150.000 bis 200.000 Fledermäuse geschreddert werden. Sie müssen sich vor Augen halten, dass jährlich 1.500 Rotmilane und 12.000 Mäusebussarde durch Windräder geschreddert werden. Das ist die andere Seite der Windenergie.

Als Nächstes möchte ich Ihnen sagen: Wir haben in Deutschland bereits mehr Sonnen- und Windenergie aufgebaut, als unser Höchststromverbrauch ist. Wir haben bei der Sonne ungefähr 44 Gigawattstunden und beim Wind über 56 Gigawattstunden stehen. In der Summe bedeutet das 100 Gigawattstunden; unser Höchststrombedarf liegt bei 82 Gigawatt. Wir haben bei Sonne und Wind also mehr, als wir verbrauchen.

Ich nenne Ihnen eine Zahl: Bei der großen Kälte am 24. Januar 2017 lieferten uns Sonne und Wind um 07.00 Uhr 0,7 Gigawatt und um 09.00 Uhr 2 Gigawatt von 100 Gigawattstunden. Damit haben wir doch eine ganz andere Herausforderung, und die Herausforderung heißt, in Speichertechnologien zu gehen und nicht neue Windräder zu errichten, wie ich das von Ihnen jetzt gehört habe.

Wir müssen auch erkennen – es ist gesagt worden –: Bayern hat sechs Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf. Der Bundesdurchschnitt liegt bei neun Tonnen. Ich darf Ihnen auch Länder nennen. Der Kollege Fahn hat vorhin Rheinland-Pfalz genannt: pro Kopf 6,1 Tonnen; sie sind also nicht so mustergültig. Am Ende der Skala steht Bremen mit 19,4 Tonnen pro Kopf und als letztes Brandenburg mit 22,7 Tonnen pro Kopf. Vielleicht sollte uns auch zu denken geben – –

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Weltweit werden zurzeit 2.400 Braunkohlekraftwerke geplant oder gebaut; das bedeutet in zehn Jahren 6,5 Milliarden Tonnen CO2 mehr in der Atmosphäre. Wir können jetzt einen Stecker ziehen; da sind unsere 74 Millionen Tonnen eigentlich Peanuts.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU Bravo!)

Herr Ritt, wir haben jetzt eine Zwischenbemerkung vom Kollegen von Brunn. Dafür bekommen Sie zwei Minuten.

(Vom Redner nicht autori- siert) Lieber Kollege Ritt, es ist die übliche Taktik; Sie sprechen über Programme, Summen, Finanzsum

men. Ich habe es vorher in meiner Rede aber gesagt: Gemessen an den Pro-Kopf-Treibhausemissionen haben Sie seit 2007 keinerlei Fortschritte in Bayern geschafft, genauso wenig wie bei den Stickoxiden. Sie sollten sich Gedanken machen, und ich hätte mir in der letzten Plenarsitzung von einem Redner oder einer Rednerin der CSU erwartet, dass er bzw. sie hier auch einmal die Wahrheit sagt und eingesteht: Wir sind beim Klimaschutz

(Zurufe von der CSU: Oh!)

sowie bei den Stickoxiden gescheitert.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege von Brunn, Basisjahr bei der Klimapolitik ist immer das Jahr 1990, festgelegt auf der ersten Weltklimakonferenz in Rio 1993. Rechnen wir vom Basisjahr 1990 an: 1990 hatte Bayern 84,5 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß, heute – aktuell habe ich es nicht, aber für das Jahr 2015 – sind es 72 Millionen Tonnen. Das heißt, dass wir den Ausstoß in Bayern reduziert haben.

(Florian von Brunn (SPD): Pro Kopf!)

Ich spreche jetzt nicht von der Zahl pro Kopf, sondern in der Summe.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Stümpfig (GRÜNE))