Protocol of the Session on June 6, 2018

Der Vorschlag der EU-Kommission wirkt auf mich wie ein großes Missverständnis, und ich hoffe sehr, dass es nicht irgendwann so weit kommt, dass sogar unsere Landwirte das Verständnis für Europa verlieren. Bayern hatte natürlich einen wunderbaren Kämpfer; Helmut Brunner sitzt heute hier. Lieber Helmut Brunner, Du hast in der EU-Agrarpolitik immer wieder sehr große Stärke bewiesen. Deiner Verhandlungsstärke ist es auch zu verdanken, dass wir immer wieder sehr viel für Bayern erreichen konnten. Ich denke da an die Junglandwirteprämie, an die Umverteilungsprämie oder seit heuer den Wegfall der Prüfung des aktiven Landwirts. Daran möchte die Staatsregierung festhalten und weiter anknüpfen.

Unsere Forderungen sind einfach und sehr klar. Erstens brauchen wir mehr Geld für die bayerischen Familienbetriebe, besonders für die kleinen und mittleren Betriebe. Aber ich glaube, da sind wir alle absolut einig.

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Aber auch für diese Diskussion sind wir offen, lieber Herr Arnold. Ich weiß nicht, aus welcher Zeitung Sie Ihre Zahl haben. Wir sind da durchaus offen.

Ich bin der absoluten Überzeugung, dass wir genau das ausgleichen müssen; denn es gibt viele Betriebe, die diese Unterstützung brauchen. Wir brauchen unsere Landwirte für den ländlichen Raum, und wir brauchen in unseren Regionen keine Großbetriebe. An ihnen haben wir kein Interesse; denn sie werden in unseren ländlichen Räumen nie eine Verankerung finden.

Es wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler, die sogenannte zweite Säule der GAP im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen um über 15 % zu kürzen. Daran ändert auch der Vorschlag Hogans nichts, zweckgebunden bis zu 30 % der Direktzahlungen in die zweite Säule umzuschichten. Nein, ich bin der Auffassung – dabei bleibe ich auch –: Es braucht definitiv eine sehr starke erste Säule zur Einkommensstützung für unsere bäuerlichen Betriebe, und wir

brauchen eine ebenfalls finanziell besser ausgestattete zweite Säule, wenn wir die künftigen Herausforderungen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum ernst nehmen wollen.

Wenn Deutschland schon wesentlich mehr Geld in den EU-Haushalt einzahlen soll, sollte, finde ich, Brüssel auch nachsteuern. Wir sollten schauen, dass auch ein gewisses Quantum an Geld zurückfließt.

Heute stehen wir am Beginn der Debatte, und ich bin dankbar für alle Anträge, die eingegangen sind. Das zeigt, dass wir uns aneinander reiben und hoffentlich gemeinsam zu guten Lösungen kommen werden.

Von bestimmter Seite kommt leider immer wieder die Forderung, öffentliches Geld nur noch für öffentliche Leistungen zu erbringen. Dieses Ziel ist kurzsichtig und eindeutig; denn das deutet ganz genau auf die Abschaffung der einkommenswirksamen Anteile der Direktzahlungen hin. Dies ist mit Verlaub tatsächlich ein Generalangriff auf unsere Bäuerinnen und Bauern, und das können wir unmöglich zulassen.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens wollen wir keine zusätzlichen bürokratischen Lasten durch die Hintertür. Was hat es denn für einen Sinn, CrossCompliance und Greening in ein neues System mit dem Namen Konditionalität zu überführen, wenn am Ende die Vorgaben für die Betriebe nicht weniger, sondern sogar mehr werden, wenn keine Vorgabe, nicht einmal die Tierkennzeichnung, gestrichen wird und die Landwirte trotz dieser Vorgaben dann auch noch bestraft werden, indem sie künftig nicht nur für 30 %, sondern für 100 % der Direktzahlungen gelten?

Genauso unverständlich ist die Wiederauflage des aktiven Landwirts unter einem neuen Namen, genannt "der echte Landwirt". Wir müssen versuchen, auch das wieder herauszunehmen. Höhere Auflagen bei weniger Geld können wir, denke ich, alle miteinander nicht wollen und auch nicht mittragen.

Drittens wollen wir keine Übergehung der nationalen Parlamente, sondern genau das Gegenteil: Wir wollen mehr Freiraum für eine regional passende Ausgestaltung. Die geplante Übertragung zahlreicher politischer Entscheidungsbefugnisse an die EU-Kommission durch die Hintertür mit Hilfe sogenannter delegierter Rechtsakte ist für uns völlig inakzeptabel. Das würde der Brüsseler Regelungswut unter dem Stichwort Konditionalität nur noch mehr Tür und Tor öffnen.

Ich habe schon gesagt, wir stehen am Anfang der Diskussion. Ich werde am 10. Juli zur Agrarministerkonferenz fahren und die Wünsche, Anregungen und

Hoffnungen Bayerns direkt mit einbringen. Ich freue mich natürlich, dass Österreich in der zweiten Jahreshälfte den Ratsvorsitz übernimmt und wir da hoffentlich im engen Schulterschluss mit Österreich weiterkämpfen werden. Ich denke, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir jetzt auf allen Ebenen – in der EU, im Parlament und im Rat – für die Belange Bayerns kämpfen. Ich werde persönlich alles dafür tun, dass wir das Beste ermöglichen können. Ich danke allen, die sich heute eingebracht haben.

(Beifall bei der CSU)

Frau Staatsministerin, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Frau Kollegin Sengl hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet. – Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ich habe eine Zwischenbemerkung und eine kleine Frage. Erst einmal glaube ich, dass es wieder eine Verwechslung gibt. Ich kämpfe genauso für die Erhaltung des Topfes. Ich will unbedingt, dass die Summe gleichbleibt, und die Landwirtschaft hat das auch verdient. Wir wollen nur, dass man daran einfach Bedingungen knüpft, dass die Zahlungen begründet sind.

Ich meine, man kann eigentlich nicht sagen, dass das platt ist, was der wissenschaftliche Beirat des Bundesumweltministeriums macht und was der wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums macht. Wenn man sagt, dass das platte Aussagen sind, ist das echt schwierig. Dazu würde ich nicht raten.

Eines ist auch ganz klar: Es wird immer von einem Bürokratiemonster geschrieben. Aber es sollte selbstverständlich sein, dass man dann, wenn man Zahlungen erhält – das sind die von uns erbrachten Steuergelder, und es ist schön, dass wir dafür so viel Steuergelder aufbringen –, auch bereit ist, eine gewisse Kontrolle über sich ergehen zu lassen; denn man kann nicht einfach sagen: Du kriegst Geld; aber wir schauen nicht nach, wofür es hergenommen wird. Die Zahlungen müssen ganz klar begründet werden. Das ist auch ein Auftrag. Die Richtung, in die Phil Hogan geht, finden wir nicht gut; aber ich glaube, das wird nicht mehr aufzuhalten sein.

Ich glaube, Bayern wäre wesentlich besser aufgestellt, wenn wir uns jetzt schon etwas dazu überlegen, anstatt zu sagen "Nein, um Gottes Willen. Wir möchten überhaupt nichts verändern. Wir machen gar nichts. Wir lassen alles so, wie es ist." – So, wie es ist, kann es nicht weitergehen. Ich würde Ihnen empfehlen, morgen bei der Anhörung über die biologische

Vielfalt in Bayern dabei zu sein. Ich habe nur ganz kurz die Stellungnahmen überflogen. Auch von der Landesanstalt für Landwirtschaft wird gerade das Greening – das war sozusagen ein Flop – groß kritisiert. Da muss mehr passieren. Da ist die Landwirtschaft natürlich beteiligt. Wenn sich Landwirte da engagieren, bekommen sie genauso viel Geld wie vorher. Da geht es einfach um das Engagement für Umweltschutz, Tierschutz und Klimaschutz. Das wollen wir bezahlen, alles andere nicht mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Liebe Frau Kollegin Sengl, ich kann Sie ja verstehen, hat doch Ihr Antrag gewissermaßen eine komplett andere Grundhaltung. Er zielt darauf ab, nur auf Bio umzustellen und nur dahingehend Unterstützung zu gewähren. Ich finde, das kann nicht der richtige Weg sein. Es gibt dafür keinen ausreichenden Markt. Das wissen Sie besser als ich. Ich glaube, dass wir in vielen Naturschutzprogrammen und auch im KULAP sehr viele Möglichkeiten haben. Ich bin überzeugt: Unsere Landwirte leisten eine großartige Arbeit mit jetzt schon vielen Auflagen. Wir kämpfen gegen weitere Verschärfungen und wollen das einfach nicht. Schlussendlich geht es nur darum, dass wir den Landwirten ermöglichen können, tatsächlich ein normales und anständiges Leben zu führen für die harte Arbeit, die sie machen. Wir finden einfach nicht in Ordnung, diejenigen Säulen anzupacken, die genau dieses Leben ermöglichen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Der Kollege Schöffel hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet. Herr Kollege Schöffel, bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Liebe Frau Staatsministerin, bitte geben Sie mir die Gelegenheit, an dieser Stelle noch etwas zu den Ausführungen der Kollegin Sengl zu sagen. Wenn sie sagt, so kann es in der Agrarpolitik nicht mehr weitergehen, dann möchte ich sagen: So, wie die Kollegin Sengl mit den Bauern in diesem Land umgeht, kann es nicht mehr weitergehen.

(Beifall bei der CSU)

Die Kollegin Sengl hat bei ihrer letzten Rede im Parlament gesagt, die Leute in Bayern wollen endlich mal wieder etwas Gescheites zum Essen. Sie hat schon

im Agrarausschuss gesagt, sie isst lieber Äpfel aus Südamerika anstatt die vom Bodensee.

(Alexander König (CSU): Unglaublich!)

In einem Antrag, dem ersten Antrag der GRÜNEN zur Umsetzung der Düngeverordnung, war die Rede davon, die Bauern stärker zu kontrollieren und konsequent zu bestrafen.

(Alexander König (CSU): Wahnsinn!)

Wenn Sie heute hier sagen, bei der ersten Säule werden die Gelder einfach ausbezahlt,

(Martin Stümpfig (GRÜNE): Frage an die Ministerin!)

es wird keine Gegenleistung dafür erbracht und es muss auch noch scharf kontrolliert werden, dann kann ich nur sagen: Das ist Politik gegen die Bauern, was Sie hier machen, und nicht Politik für die Bauern.

(Beifall bei der CSU)

Ich glaube, dass unsere Ministerin dazu auch noch etwas sagen wird.

Danke schön, Herr Kollege. – Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Ich würde sagen, da gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen,

(Beifall bei der CSU – Peter Winter (CSU): Richtig!)

außer, dass man noch einen Satz nachschiebt, und zwar: Wenn man an das Tierwohl denkt und an alle Probleme, die Sie genannt haben, liebe Frau Sengl, dann finde ich, leugnet man viele Wahrheiten, dass nämlich jeden Tag ein wunderbarer Hof in Betrieb geht, der perfekt auf Tierwohl achtet. All diese Dinge wollen Sie einfach unter den Tisch fallen lassen. Das finde ich nicht in Ordnung. Aber ich denke, der Kollege Schöffel hat das bestens ausgeführt. Dem gibt es wahrlich nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Jetzt hat sich noch mal die Frau Sengl für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet; sie haben noch sieben Minuten. Bitte schön, Sie haben hier das Rednerpult.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Jetzt muss ich doch noch ein bisschen dazu sagen. Erstmal möchte ich mit dem Mythos aufräumen: Wenn man sich für Ökologisierung in der Landwirtschaft einsetzt, heißt das nicht, dass man alle Bauern dazu zwingt, Biobauern zu werden. Ökologisierung in der Landwirtschaft heißt zum Beispiel, Pestizideinsatz zu minimieren, wie es das Umweltbundesamt empfiehlt.

(Manfred Ländner (CSU): Wird doch gemacht! – Zurufe von den GRÜNEN)

Ach, wird gemacht? Ich finde es interessant, dass ihr eure eigenen Gremien – – Ich meine, ihr seid ja schon ganz schön lang an der Bundesregierung beteiligt. Ministerin Klöckner wird sich sehr schwer tun. Jetzt hat sie schon zwei Beiräte gegen sich, die genau das Gegenteil von dem sagen, was sie immer nach außen erzählt. Irgendwann kommt das Ganze mal ins Trudeln. Natürlich gibt es eine Öffentlichkeit, die etwas bemerkt. Wer bekommt denn die ganzen Gelder? Ich meine, diese Sache, dass 20 % der Betriebe 80 % der Gelder bekommen, ist immer noch so. Das ist keine Gerechtigkeit. Ihr könnt den Beweis nicht erbringen, dass diese Art der EU-Agrarzahlungen, die in den letzten Jahren praktiziert worden ist, irgendetwas verhindert hat, dass sie irgendeinen kleinen Betrieb erhalten hat, dass sie den Strukturwandel gebremst hat oder sonst irgendetwas. Das hat nur diesen agrarindustriellen Strukturen gedient. Das müsst ihr mal richtig anschauen. Das wollen wir so nicht mehr. Das wollen auch die Leute in Bayern nicht mehr. Die wollen eine regionale, möglichst auch biologische Ernährung, eine ökologisierte Landwirtschaft. Sie wollen wieder in den Seen schwimmen und das Wasser trinken können.

(Zuruf des Abgeordneten Manfred Ländner (CSU))

Dafür brauchen wir eine Änderung in der Landwirtschaft.