Protocol of the Session on February 27, 2018

anrechnen, als Sie dieses Thema schon vor über zehn Jahren aufgenommen haben.

Ich darf die Vorsitzende des Landesverbandes Bayern des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Elfriede Schießleder, zitieren, die im letzten Jahr sehr dringend gefordert hat, dass über das Bildungsfreistellungsgesetz Möglichkeiten geschaffen werden müssen, um ein bestimmtes Defizit auf- und abzufangen. Elfriede Schießleder und ihre Organisation stehen sicherlich nicht in dem Verdacht, eine konterrevolutionäre Gruppe anzuführen. Dies sollte man in diesem Zusammenhang deutlich erwähnen.

Ich möchte nun versuchen, unser Votum kurz zu begründen. Zunächst zu dem Gesetzentwurf der SPD: Sie schlagen eine Mindestgröße des Betriebs von fünf Mitarbeitern vor. Das halten auch wir für sehr sinnvoll; denn für einen Betrieb, der weniger als fünf Mitarbeiter hat, wird es schwierig, wenn er unter dem Jahr, wie wir noch vorschlagen, fünf Arbeitstage freistellen soll. Dieser Betrieb muss bei jeder Arbeitskraft schauen, wie er über die Runden kommt. Wir denken, dass hier mit einer Mindestgröße von fünf Arbeitskräften ein sinnvoller Akzent gesetzt wird.

Wir halten allerdings die Mindestbetriebszugehörigkeit von sechs Monaten für wesentlich zu kurz. Hier schlagen wir zwölf Monate, also ein Jahr, vor; denn ich glaube, einem Betrieb ist es nicht zumutbar, dass er Menschen, die nur sechs Monate im Betrieb sind, schon zu Bildungsveranstaltungen schicken soll. Er sollte doch eine gewisse Sicherheit haben.

Gegenüber dem Gesetzentwurf der SPD unterscheiden wir uns in einem Punkt aber doch wesentlich. Danach kann man auf freiwilliger Basis einen Antrag stellen. Wir glauben, das ist nicht der richtige Weg, und meinen, hier sollte ein Anspruch im Gesetz stehen. Denn sonst wird das Ganze wieder ad absurdum geführt und in eine bestimmte Kannbestimmungsrichtung gelenkt. Wenn hier nicht ein gesetzlicher Anspruch vorhanden ist, dann wird dies, so glauben wir, die Wirkung verfehlen.

Vielleicht in aller Kürze zu dem Gesetzentwurf der GRÜNEN. Darin fehlt uns die konkrete Mindestgröße. Dies müssen wir anmahnen. Ich habe es gerade schon bei dem Gesetzentwurf der SPD erwähnt, dass uns das sehr wichtig erscheint. Positiv hingegen ist die Mindestbetriebszugehörigkeit von zwölf Monaten. Aber es fehlt der Kostenersatz für Kleinbetriebe. Ich glaube, wir sollten im sozialen Bereich zu den Betrieben stehen. Wenn wir auch die Größe mittelständischer Betriebe berücksichtigen, brauchen wir wohl schon einen Kostenersatz für die Kleinbetriebe.

Ich komme jetzt zu unseren Forderungen. Damit will ich auch begründen, weshalb wir zu unseren Voten kommen. In dem einen Gesetzentwurf ist die Mindestbetriebszugehörigkeit von zwölf Monaten akzeptiert. Wir wollen aber einen Rechtsanspruch auf Kostenerstattung durch den Staat für Betriebe mit bis zu 50 Betriebsangehörigen. 50 ist so eine Zahl, die noch zum Bereich der mittelständischen Betriebe gehört. Es sollte ein Anspruch für Betriebe von 5 bis zu 50 Angestellten bestehen. Wir fordern jährlich fünf Arbeitstage, aber lehnen eine Übernahme ins nächste Jahr ab; denn hier würden wir die Gefahr sehen, wenn sich das auftürmte, dass irgendwann die Betriebe, wenn es dann zehn oder mehr Tage am Stück wären, nicht mehr so verfahren und nicht mehr die an sich zugestandenen Freistellungstage bereitstellen.

Das wären die vorgebrachten Punkte. Wie erwähnt, sind bei beiden Gesetzentwürfen positive Aspekte dabei. Für uns reichen die kritisierten angemerkten Punkte aber aus, dass wir dem Ganzen nicht zustimmen. Darum – so teile ich dem Kollegen Gerhard Hopp jetzt das Votum mit – werden wir uns gerechtfertigterweise sowohl beim SPD-Antrag als auch beim Antrag der GRÜNEN enthalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Jörg.

Frau Präsidentin, Frau Vizepräsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zwei gesellschaftliche Entwicklungen, mit denen wir uns heute Abend noch beschäftigen, sind ganz entscheidend.

Die eine ist der glückliche Umstand, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger in Bayern und in ganz Deutschland ehrenamtlich einbringen. Hochinteressanterweise sind es im gesamten Bereich der ehrenamtlich Engagierten vor allem diejenigen, die im Erwerbsleben stecken und von denen man denkt, sie hätten eigentlich weniger Zeit als manch andere, die aus dem aktiven Arbeitsleben schon ausgestiegen sind, die sich über die durchschnittliche Quote hinaus ehrenamtlich engagieren. Das sind bei uns ganz knapp 50 % der Bürgerinnen und Bürger. Das ist die eine gute Entwicklung.

Die andere Entwicklung ist, wie es Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen bereits dargestellt haben, die Herausforderung, dass wir im Berufsalltag fit bleiben, Stichwort: lebenslanges Lernen; dass wir uns den Herausforderungen stellen, die im Bereich der Digitalisierung immer dynamischer werden – und was da auf die verschiedenen Berufsfelder alles zukommt.

Das sind zwei hochinteressante, spannende Bereiche, auf die Sie von der Opposition mit zwei auch nicht uninteressanten Gesetzentwürfen eine Antwort zu geben versuchen, wie wir uns in Bayern spannend aufstellen könnten. Ich will ganz deutlich zurückweisen, wir hätten in der CSU keine sachlichen Gründe zu sagen: Ja, solche Gesetze kann man machen, aber nach unserer Auffassung steht nach der Abwägung vieler Gesichtspunkte – und wir haben uns das bei Gott nicht einfach gemacht –

(Beifall bei der CSU)

am Ende die Überlegung, dass wir hier mit den unterschiedlichen Maßnahmen, die wir als Antwort brauchen, nicht zwingend gesetzlich reagieren müssen.

Die vielen Gründe, die in einer Abwägung dafür sprechen, sind genannt. Man kann durchaus den Weg gehen, den die meisten anderen Bundesländer gegangen sind. Man kann aber auch den Weg gehen zu sagen: Nein, das überzeugt uns am Ende nicht. Ich will noch mal auf drei, vier oder fünf der Gründe eingehen.

Es ist keine Frage des Misstrauens gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sie könnten einen blauen Montag anhängen oder dergleichen. Das ist doch völliger Quatsch. Uns so etwas zu unterstellen, ist schon deswegen völliger Quatsch, weil wir ja das bewährte Instrumentarium der Freistellung haben,

(Beifall bei der CSU)

vor allem im Jugendbereich, im Rettungsdienst und im Katastrophenschutz. Das ist völliger Quatsch, weil wir zusammen noch weitere seit dem 01.04.2017 bestehende Möglichkeiten geschaffen haben, sich freistellen zu lassen – im einen Bereich unbezahlt durch Urlaub, im anderen sogar bezahlt, so wie es sich bewährt hat. Wenn Sie uns Misstrauen vorwerfen, so ist das einfach Quatsch.

(Markus Rinderspacher (SPD): Herr Goppel hat das gesagt, nicht wir!)

Nehmen wir den Bereich, in dem es läuft: Ich finde es spannend, dass der Kollege Dr. Hopp sagt, wir müssten in alle Richtungen denken. Ich habe persönlich viel mit der Hochschulpolitik zu tun. Wir müssen von der Hochschule reden, die heute nicht nur eine akademische Ausbildung oder nur einen Master anbietet, den man oben draufsetzt. Das klingt für manche, die vielleicht im beruflichen Alltag integriert sind und zunächst kein Abitur haben, ganz fern. Es ist doch interessant, was da so alles an Modulangeboten läuft, an dualen Ausbildungsstudiengängen usw.

Geschätzte Frau Sozialministerin, wir müssen aber auch an das Spezielle, das läuft, denken, was ja vor allem auch über dein Haus mit all den Mitteln, die wir über den Europäischen Sozialfonds haben, unterstützt wird. Das sind vor allem in diesen Bereichen der Weiterbildung sehr zielgesteuerte 70 Millionen Euro.

Es läuft mit unterschiedlichsten Maßnahmen auch bei der gesamten Erwachsenenbildung, läuft aber auch beim Aufstiegs-BAföG. Da gab es zwischen 2016 und 2017 eine Entwicklung von plus 22 %. Das ist ja genau die Klientel, über die wir heute Abend zusammen sprechen. Oder reden wir über den Meisterbonus, über den man jetzt nicht mehr mit 1.000 Euro, sondern mit 1.500 Euro vorankommen kann.

Was ich damit sagen will: Wir machen auf den verschiedensten Ebenen viel gemeinschaftlich, um die Weiterbildung zu unterstützen. Jetzt stellt sich die Frage: Soll man hier mit einem Gesetz arbeiten, oder soll man in Bayern in der bewährten Art und Weise fortfahren? – Bayern darf durchaus einen Tick anders sein. Bayern hat den Anspruch, zu leben und leben zu lassen und gesetzlich nur das zu regeln, was unbedingt notwendig ist.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen uns als Gesetzgeber nicht zwingend dort einmischen, wo es sich positiv entwickelt hat, wo wir auf die unterschiedlichen Parteien wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der tarifvertraglichen Zusammenarbeit vertrauen können. Es ist seit vielen Jahren bewiesen, dass das funktioniert, etwa wenn man sich die tarifvertraglichen Regelungen in der Metall- und Elektroindustrie seit 2012 anschaut. Seit 2001 hat sich die betriebliche Weiterbildung von 19 auf 34 % erhöht. Es ist ja hochinteressant: Aus dem gesamten Kuchen derjenigen, die Weiterbildung angeboten bekommen, sagen mittlerweile 45 % der Betriebsangehörigen, sie machten eine solche Maßnahme mit. Das kostet den Arbeitgeber nicht wenig. Solche Maßnahmen gehen im Durchschnitt drei Tage. Das kostet den Arbeitgeber, grob gesagt, 1.500 Euro. Es ist nicht ohne, was dort investiert wird.

Jetzt stellt sich die Frage nach einer gesetzlichen Regelung. Ja, die anderen Bundesländer haben welche. Aber ist es dadurch wirklich besser geworden?

(Beifall bei der CSU)

Kollege Dr. Hopp hat die Zahlen genannt. Man konnte das genau verfolgen: Es ist hochinteressant, dass es mit der Einführung der Gesetze minimal, aber wirklich nur minimal nach oben gegangen ist. Die Kollegen aus den anderen Landtagen haben sicherlich erwar

tet, es würde deutlich nach oben gehen. – Es ist nicht nach oben gegangen. Die Inanspruchnahme des Bildungsurlaubs, egal ob jetzt eher schwerpunktmäßig gesellschaftspolitische Weiterbildung oder betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne: Es ist nicht nach oben gegangen.

(Zuruf)

Kollege, nein, die ist sogar nach unten gegangen. Ich wollte es eigentlich nicht sagen, weil es spitzfindig ist und in den Promillebereich geht. Was ich aber sagen will: Das hat auch in den anderen Bundesländern nicht die Dynamik gebracht, die Sie von der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich versprechen. Dann frage ich mich schon, warum wir hier jetzt nachziehen sollen.

(Zuruf von der SPD)

Das bringt uns so nicht weiter. Wir setzen auf das Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es gibt auch heute schon spannende Vereinbarungen. – Ja, Sie haben recht, wenn Sie die Flächendeckung bei den Tarifverträgen ansprechen. Das haben wir auch rauf und runter diskutiert. Wenn ich am Ende aber alle Argumente zusammenbringe, dann reicht es nicht, um uns zu überzeugen, das gesetzlich zu regeln.

Im Übrigen ist ja auch das, was Sie gesetzlich regeln wollen, an vielen Nahtstellen willkürlich, etwa bezüglich der Betriebsgrößen – da seid ihr in der Opposition euch auch nicht einig – und der Frage, ob man die Azubis mit reinnimmt oder draußen lässt. Sie lösen damit viele Fragestellungen nicht, die gleichsam in Folgebearbeitung alle anstehen.

Herr Kollege, beachten Sie bitte die Uhr.

Am Ende ist es so, dass wir hier hier keine gesetzliche Regelung wollen. Es ist auch so, dass wir uns nicht in die Tasche lügen dürfen. Es würde die Wirtschaft nicht unerheblich belasten, wenn wir drei oder vier Tage Freistellung mehr hätten. Ein Urlaubstag entspricht einer halben Milliarde an Umsatz, die verloren geht.

(Margit Wild (SPD): Davon profitiert die Wirtschaft, weil es ihr zugutekommt!)

Sie sind doch Teil der Wirtschaft. All diejenigen, die draußen unterwegs sind, sind Teil der Wirtschaft.

Bitte kommen Sie jetzt zum Ende. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir von der CSU die beiden Gesetzentwürfe der Opposition ablehnen werden.

(Beifall bei der CSU)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult. – Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Gehring.

Herr Kollege, Sie haben vom "Leben-und-leben-lassen" und von Freiheit gesprochen. Das ist ein Bildungsfreistellungsgesetz. Es bietet dem Menschen die Freiheit, zu lernen, und die Freiheit, ihn lernen zu lassen. Das ist ein Ermöglichungsgesetz und kein Gesetz, das reguliert und einschränkt. Dieses Gesetz gibt Menschen Freiheit. Diese Freiheit brauchen die Menschen, auch zum Lernen.

Wir sind uns einig, dass das nur ein Baustein unter vielen anderen für die Verbesserung der Erwachsenenbildung ist. Wir sollten uns auch darüber einig sein, dass Bayern bei der Erwachsenenbildung im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht richtig gut ist. Nach wie vor profitieren von der Erwachsenenbildung diejenigen, die formal gut gebildet sind. Die Schere, die wir im Bildungswesen haben und die kleiner zu machen wir bemüht sind, wird bei Erwachsenen größer. Genau das wollen wir nicht. Wir müssen gerade den Menschen, die nicht so viel Bildung mitbekommen haben, die Chance geben, Bildung nachzuholen. Dafür kann ein solches Gesetz die Tür öffnen.

Wenn wir diese Tür öffnen, müssen wir natürlich noch weitere Anreize schaffen. Sie haben die Hochschulen genannt. Gut wäre es, wenn die Leute einmal für eine Woche an die Hochschule zurückkämen und dort einen Kurs bei den alten Professoren belegten. Auch die Professoren würden von einem Input aus der Praxis profitieren. Davon sind wir aber noch weit entfernt.

Insgesamt müssen wir feststellen, dass sich Bayern, was die staatlichen Zuschüsse für die Erwachsenenbildung betrifft, auf dem letzten oder vorletzten Platz in Deutschland befindet. Das ist kein Ruhmesblatt. Sie wissen, dass es momentan eine Arbeitsgruppe zum Erwachsenenbildungsförderungsgesetz gibt. Selbst wenn Sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen sollten, möchte ich dafür werben, unseren gemeinsamen Anstrengungen wohlwollend gegenüberzustehen und diese zu unterstützen. Wir wollen in Zukunft mehr Erwachsenenbildung in Bayern. Da

haben wir viel zu tun. Dieser Gesetzentwurf ist ein kleiner Schritt. Es wäre schön gewesen, wenn Sie diesen Schritt mitgegangen wären. Es gibt aber noch viele weitere Schritte. Ich würde bei diesem Thema keine Entspannung, sondern eher größeres Engagement empfehlen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihrer Analyse stimme ich nicht in allen Punkten zu. Darauf kommt es aber gar nicht an. Glasklar ist, dass sich an unseren Hochschulen wahnsinnig viel tut. Sehen Sie sich einmal an, welche berufsbegleitenden Studiengänge und modularen Angebote in den letzten drei bis fünf Jahren geschaffen wurden. Am Ende muss nicht unbedingt ein Bachelor- oder Masterabschluss gemacht werden. Die Hochschulen sind hier mehr als fleißig.