Diese Menschen haben Verantwortung. Sie wollen sich touristisch weiterentwickeln, sie müssen auch ein Einkommen erzielen. Die Natur ist für diese Menschen genauso wichtig. Sie sägen doch nicht den Ast ab, auf dem sie sitzen. Das stört mich wirklich, meine Damen und Herren. Wir müssen Vertrauen in die Menschen vor Ort haben, die in einer sorgsamen Abwägung Entscheidungen treffen. Genau das geschieht mit dem Landesentwicklungsprogramm.
Auch das tun wir hier. Wir treffen eine Entscheidung nach einer Abwägung zwischen Tourismus und Naturschutz. Herr von Brunn, 0,04 % der Fläche sind betroffen. 80 Hektar werden herausgenommen, 304 Hektar kommen hinein. Im Kern wird der Naturschutz sogar gestärkt.
Dort oben sitzt der Landesbeauftragte vom Bund Naturschutz. Ich habe alle Stellungnahmen sorgsam gelesen.
Ich kann nachvollziehen, dass man Sorgen hat, was diese Entscheidung für die Zukunft auslösen wird. Ist es der berühmte Präzedenzfall?
Ist es ein Öffnen der Büchse der Pandora? Was schaffen wir damit? Ich sage Ihnen: Nein, das ist es nicht. Der Alpenplan wurde von uns mit initiiert und in Kraft gesetzt.
Nach 40 Jahren muss man auch die Chance haben, diesen Plan einmal zu überprüfen. Auch das gehört zu einer verantwortungsvollen Politik. Nach 40 Jahren muss man prüfen, ob sich die Rahmenbedingungen geändert haben, was in der Gesellschaft passiert und was sich verändert hat. Auch das haben wir getan. Das muss doch möglich sein. Die Bürger werfen uns doch vor, dass wir nicht mehr in der Realität leben. Wir haben nichts anderes gemacht, als das anzuschauen. Wir haben zwischen dem Naturschutz und den Alpen als Lebensraum abgewogen und dann einen minimalinvasiven Eingriff in dieses Gebiet vorgenommen. Ich glaube nicht, dass das Riedberger Horn mit seinen speziellen Voraussetzungen mit irgendeinem anderen Gebiet vergleichbar ist. Ich glaube das nicht.
Ich muss auch die Chance haben, einen Einzelfall zu betrachten. Davon lasse ich mich nicht abbringen. Wir wollen keinen Präzedenzfall. Wir wollen vor Ort die Möglichkeit schaffen, dass im Rahmen eines ordentlichen Baugenehmigungsverfahrens – das hat Erwin Huber gesagt – noch einmal genau geprüft wird, was für den Naturschutz zu tun ist, welche Auflagen und welche Maßgaben festgesetzt werden sollen. Natürlich hat keiner von uns etwas dagegen, wenn es im Baugenehmigungsverfahren vor Ort eine Einigung gibt. Ich wehre mich aber dagegen, dass man den Menschen vor Ort, denen es um ihre Zukunft geht, von diesem Hohen Haus aus sagt: Ihr habt keine Ahnung davon, was ihr redet.
Hören Sie mir zu, Frau Schulze. Die Menschen draußen verstehen es nicht, wenn wir hier in ihrer Abwesenheit Entscheidungen treffen. Sie leben nicht am Riedberger Horn. Sie leben nicht in Balderschwang. Sie leben nicht im Allgäu.
Die Menschen draußen verstehen es nicht, wenn wir hier weltfremde Entscheidungen fällen, die sie draußen nicht mehr nachvollzeihen können.
Je weiter Sie weg sind, desto einfacher ist es, etwas zu entscheiden. Das will ich Ihnen auch einmal sagen.
Im Kern geht es darum, abzuwägen, Verantwortung zu zeigen und eine zugegebenermaßen schwierige Entscheidung richtig zu treffen. Das tun wir heute. Wir haben ein Baugenehmigungsverfahren vor uns. Die Entscheidung fällt noch einmal vor Ort und vermutlich auch vor den Gerichten – darin sind wir uns einig –, weil ich davon ausgehe, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommen wird.
Ich will heute aber eine Option schaffen. Der Tourismus ist mit über 50.000 Arbeitsplätzen im Allgäu auch eine Leitökonomie. Die Menschen leben davon, und sie zeigen Verantwortung für unser Land und für ihre Heimat. Das tut auch der Heimatminister. Ich empfinde es einfach als unverschämt, wie Sie hier mit der Landesentwicklung agieren. Entwicklung heißt, dass man Maßnahmen ermöglicht und Optionen schafft. Entwicklung heißt nicht, dass man etwas verhindert.
Dieses Handzeichen, Herr von Brunn, können Sie sich sparen. Sie haben heute bewiesen, wie verantwortungslos und substanzlos Politik sein kann und was Sie im Kern eigentlich wollen: schnelle Schlagzeilen ohne Substanz und ohne Niveau.
Herr Holetschek, bleiben Sie bitte noch. Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen. Zur ersten Zwischenbemerkung hat sich der Kollege Pohl gemeldet.
Zum Ersten gilt es klarzustellen, dass gegen die Skischaukel am Riedberger Horn geklagt werden wird, dass es Gerichtsverfahren geben wird und dass die Gerichtsentscheidungen von allen Beteiligten zu respektieren und zu achten sind. Deswegen brauchen wir die Gerichtsverhandlung hier nicht vorwegzunehmen.
Zweitens lege ich als Abgeordneter aus dem Allgäu auf Folgendes allergrößten Wert: Es gibt nicht den Widerspruch zwischen dem guten Naturschützer und dem bösen Naturfrevler, der aus Profitgier handelt. Der Tourismus im Allgäu geht sehr sorgsam mit den Ressourcen um. Ich glaube, dass sich die Unternehmen und die Menschen, die vom und mit dem Tourismus leben, keinerlei Vorhaltungen machen lassen müssen. Das Allgäu, lieber Kollege Gehring, wäre nicht so schön, wenn der Naturschutz in den letzten Jahrzehnten nicht die Prämisse und die Handlungsanleitung gewesen wäre. Das sollte man ganz deutlich klarstellen. Kollege von Brunn, dass man mit Tourismus Geld verdienen muss, ist auch klar.
Eine letzte Bemerkung und Frage: Der Ministerpräsident hat neulich eine Gesprächsrunde mit den Gegnern gehabt. Welche Erkenntnisse, die uns vielleicht noch nicht vorliegen, die aber für die Entscheidung relevant sein können, sind daraus erwachsen?
Der Ministerpräsident hat zur Eröffnung der Allgäuer Festwoche eine Demonstration zur Kenntnis genommen, bei der viele Menschen die Befürchtung zum Ausdruck gebracht haben, es könnte einen Einschnitt in die Zone C des Alpenplans geben, der nicht gut ist. Diese Befürchtungen hat der Ministerpräsident in einer Gesprächsrunde mit den Gegnern aufgegriffen. Er hat ihnen, glaube ich, deutlich gemacht – das ist auch richtig –, dass wir jetzt einen Abwägungsprozess führen und heute über die Verordnung abstimmen. Er hat ihnen deutlich gemacht, dass es aber auch ein Baugenehmigungsverfahren gibt, in dem die Maßnahme noch einmal geprüft wird, und dass es zwischen unserer Abstimmung und der Abstimmung im Ministerrat möglicherweise noch ein Zeitfenster gibt, in dem sich weitere Gesprächsrunden ergeben können. Ich glaube, dass es noch eine weitere Gesprächsrunde geben wird – so habe ich es zumindest auch verstanden –, bei der noch einmal alle an einen Tisch kommen sollen.
Ich habe es vorher deutlich gemacht. Wir sind uns alle darin einig, dass sich keiner einer Lösung verschließen will, die genau in dieses Gebiet passt. Wir sollen aber nicht so tun, als ob es nur eine Möglichkeit gäbe, die richtig und wegweisend ist. Die Menschen vor Ort haben es verdient, dass man sie ernst nimmt. Nichts anderes wollte ich heute noch einmal deutlich machen. Man muss die Menschen ernst nehmen und ihnen die Chance geben, in die Zukunft zu schauen.
Herr Holetschek, Sie sollten erst einmal damit anfangen, unsere Gesetze und das internationale Recht ernst zu nehmen. Sie haben gesagt, wie solide Sie gehandelt haben. Sie ermöglichen mit der Änderung des landesweiten Alpenplans, der seit 45 Jahren unverändert gilt, ein Einzelprojekt. Sie handeln entgegen der Meinung des Landesamts für Umwelt und aller Experten in unserer Anhörung. Sie ermöglichen – natürlich mit Schneekanonen – einen Skibetrieb auf einem Hang, der nach Südwesten ausgerichtet ist. Das ist so absurd, dass man dazu eigentlich gar nichts mehr sagen muss.
Sie wollen diese Anlage in einem Gebiet bauen, zu dem Ihnen das Landesamt für Umwelt gesagt hat, es sei rutschanfällig und die Alpenkonvention verbiete diese Maßnahme. Sie wissen, dass dort faktisch ein Vogelschutzgebiet existiert.
Ich sage Ihnen noch etwas zu dem geordneten Verfahren, das hier abläuft: Die 4.000 Einwendungen habe ich schon erwähnt. Der Landrat des Landkreises Oberallgäu hat hier in der Anhörung schon angekündigt, dass er von einer Zustimmung ausgeht. Bevor das Verfahren überhaupt ordnungsgemäß abgewickelt worden ist, hat er schon die Zustimmung in den Raum gestellt. Mehr muss man gar nicht sagen. Das sagt alles darüber aus, wie unseriös und skrupellos Sie in dieser Sache vorgehen.
Na ja, das zeigt, dass Sie in den letzten drei Minuten nichts gelernt haben. Das war auch nicht zu erwarten, Herr Kollege von Brunn.
Ja, das nehme ich jetzt so hin, weil ich leidensfähig bin, wenn Sie sprechen, und das werde ich wohl auch bleiben müssen.
Sie waren wahrscheinlich auch mehrmals am Riedberger Horn. Sie haben es sich angesehen, oder? Herr von Brunn, wann waren Sie denn dort?