Protocol of the Session on October 12, 2017

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Annette Karl, Natascha Kohnen u. a. und Fraktion (SPD) Bürokratieentlastungsmaßnahmen für KMU konsequent fortführen (Drs. 17/18484)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Bürokratieabbau und Flexibilisierung für Handwerk und Mittelstand endlich anpacken (Drs. 17/18485)

Ich eröffne die Aussprache und darf als Erstem für die CSU-Fraktion dem Herrn Kollegen Nussel das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf unseren Dringlichkeitsantrag kurz begründen, der dem Handwerk und allen Unternehmen und Kleinbetrieben in unserem Freistaat Bayern helfen soll, wieder handlungsfähiger zu werden und weniger gegängelt zu werden, und zwar gefühlt auch von unseren Vorschriften, möchte aber bei dieser Gelegenheit feststellen: Wenn man gerade beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt genau hingehört hat, welche Forderungen von der Opposition gekommen sind,

(Horst Arnold (SPD): Fragen!)

die bei einer Umsetzung wieder zu einem Mehr an Bürokratieaufwand beitragen würden – –

(Horst Arnold (SPD): Wir haben Fragen gestellt!)

Herr Arnold, das sind nicht nur Fragen gewesen. Ich habe genau hingehört. Sie haben Feststellungen gemacht, in welche Richtung wieder Verschärfungen durchgesetzt werden sollen. Das finde ich bei vielen Vorlagen und vielen Gesprächen – das meine ich jetzt allen Ernstes –, teilweise über alle Fraktionen hinweg. Lassen Sie uns gemeinschaftlich daran arbeiten, um es unseren Betrieben zu ermöglichen, hier weiterhin ihre Arbeit machen zu können und dafür sorgen zu können, dass die Arbeitsplätze nach wie vor vorhanden sind und ausgebaut werden können.

(Horst Arnold (SPD): 3-plus-2-Regelung!)

Lassen Sie uns gemeinschaftlich daran arbeiten, damit wir es schaffen, auf Gegebenheiten zu reagieren. Das gilt zum Beispiel für die Erweiterung der Ausnahmen von den Aufzeichnungspflichten für Handwerkerfahrten in einem Umkreis von 150 Kilometern um den Betriebsstandort, die wir jetzt auf den Weg bringen, um für Unternehmer und Kleinbetriebe eine Vereinfachung der Aufzeichnungspflichten herbeizuführen. In vielen Gesprächen in den letzten Monaten konnte ich erleben – und das macht mich nachdenklich –, dass gerade von der Opposition manches sehr einseitig dargestellt wird. Die SPD schreibt in ihrem Antrag, dass sie mein 100-Tage-Bericht nicht über

zeugt; damit kann ich leben. Aber ich hätte erwartet, dass gerade die Oppositionsfraktionen auf mich zugehen. Ich habe die Hand gereicht und sie alle angeschrieben. Außer einem Glückwunschschreiben habe ich vom 14. Februar bis heute nichts bekommen.

(Sandro Kirchner (CSU): Schau an, schau an!)

Dann kritisiert die Opposition, dass wir versuchen, die Probleme aufzunehmen, praxisnah zu beleuchten und dann praxisnah anzugehen und zu lösen.

(Zuruf von der CSU: Typisch!)

Ich erwarte auch von der Opposition, dass sie hier mithilft und mit uns Lösungen sucht, anstatt wie beim vorhergehenden Punkt genau das Gegenteil einfordert. Das wird unseren Handwerksbetrieben nicht weiterhelfen.

(Beifall bei der CSU)

Ich führe auch Regionalkonferenzen und Veranstaltungen durch, die nicht parteipolitisch sind, sondern parteiübergreifend für alle. Ich komme auch zur SPD und zu den FREIEN WÄHLERN, wenn sie das wollen. Das ist kein Problem. Wenn wir das ernsthaft anpacken wollen, dann müssen wir das gemeinschaftlich machen und praxisnah beleuchten. Da erwarte ich hier Vorschläge, die wir gemeinschaftlich auf den Weg bringen können. Da sind wir von der CSU dabei. Da ist die Staatsregierung dabei. Es wurden schon sehr viele Paragrafen abgebaut. Es wurden auch sehr viele Paragrafen verhindert, die zusätzlich gefordert wurden. Das können Sie nachlesen. Ich denke, der Herr Staatsminister wird das später noch genauer ausführen. Ich will Ihnen bloß mit auf den Weg geben: Ein "Weiter so" kann es nicht geben; denn dann machen wir unseren Staat irgendwann handlungsunfähig. Wir würden damit unseren Wohlstand gefährden. Wir müssen unsere Betriebe mitnehmen. Da meine ich nicht nur die Handwerksbetriebe, sondern alle Kleinbetriebe in allen Branchen. Wir müssen genauso den Gastronomiebetrieb an die Hand nehmen und den Unternehmern dort wie in vielen anderen Dienstleistungsbereichen helfen.

(Horst Arnold (SPD): Und die Arbeitnehmer?)

Ein Thema fällt mir derzeit immer mehr auf. Gerade die Politik, von der Kommunalpolitik bis hier ins Hohe Haus, neigt gerne dazu, Vollzugsverordnungen zu machen, wenn irgendetwas durch kriminelle Energie angestellt wird und Menschen versuchen, mit krimineller Energie schnell Geld zu verdienen. Damit bestrafen wir die 99,5 %, die ordentliche Arbeit machen; denn die Kriminellen werden sich weiterhin nicht an die Vorgaben halten. Da müssen wir eine Umkehr in

unserem Denken und in unserem Handeln vorantreiben. Ich fordere auch Sie von der Opposition auf, darauf hinzuwirken, dass wir zukünftig genauer hinschauen, was wir einfordern und aus welchem Grund wir etwas einfordern, und dass wir unser Tun und Handeln auf diesem Gebiet wieder in eine andere Richtung lenken. Ich kann Ihnen da Beispiele nennen

(Horst Arnold (SPD): Obergrenze!)

und komme gerne zu Ihnen, um das einmal zu diskutieren, damit Sie überhaupt einmal verstehen, was draußen teilweise los ist; denn ich habe den Eindruck, dass Sie das nicht verstehen oder nicht verstehen wollen und dann immer wieder genau in das andere Horn blasen, aber den Unternehmern erzählen wollen, Sie seien gar nicht für all diese Vorschriften.

Ich möchte eine Lanze für unsere Verwaltung brechen und fordere Sie auf, bei der weiteren Verwaltungsvereinfachung mitzuhelfen. Wir im Freistaat Bayern haben die am besten geführte Verwaltung. Unsere Beamtinnen und Beamten leisten hervorragende Arbeit. Sie müssen unsere Vorgaben erfüllen und das Ordnungsrecht einhalten. Wenn sie eine Entscheidung getroffen haben, verdienen sie es aber auch, dass wir gemeinschaftlich dahinterstehen. Wir sollten darauf verzichten, immer gleich zu kritisieren, wenn ein Beamter einer unteren Behörde eine Entscheidung getroffen hat und dann trotzdem etwas passiert ist. Dann wird häufig der Vorwurf erhoben: Warum wurde das nicht noch fünf Mal geprüft? Dieselben, die diesen Vorwurf erheben, fragen im gleichen Atemzug, warum der Bauantrag nicht schneller bearbeitet und die Baugenehmigung nicht schneller unterschrieben worden ist.

Ich meine das allen Ernstes: Wir von der politischen Ebene machen oft so strenge Vorgaben, dass wir eine gewisse Verunsicherung erzeugen. Die Beamtinnen und Beamten prüfen dann aus Angst oft so intensiv bzw. verschärfen die Anforderungen an den Antrag so sehr, dass ihnen nichts passieren kann. Wir wundern uns dann, wenn draußen nicht mehr das umgesetzt werden kann, was wir eigentlich wollen. Ich bitte darum, mitzuhelfen, dass auf diesem Weg nicht weitergegangen wird. Wir sollten hinter unseren Leuten stehen, auch wenn einmal etwas passiert. Dass einmal etwas schiefläuft, ist ganz normal. Unsere Beamtinnen und Beamten haben es verdient, dass wir sie in Gänze unterstützen.

(Horst Arnold (SPD): Ist das keinen Beifall wert? – Beifall des Abgeordneten Josef Zellmeier (CSU))

Ein Thema, bei dem immer mehr eingefordert wird, ist der Naturschutz. Niemand in diesem Saal stellt den

Naturschutz infrage. Aber in diesem Saal sitzen viele, die nach noch mehr Regularien rufen. Sie meinen, wir müssten den letzten Strohhalm im Freistaat schützen, vergessen dabei aber die Eigenverantwortung derjenigen, die hier wirtschaftlich tätig sind. Das sind unsere Unternehmerinnen und Unternehmer in allen Bereichen.

(Beifall bei der CSU)

Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verwaltungen tragen Verantwortung. All denen müssen wir den Rücken stärken. Derjenige, der unternehmerisch tätig ist, hat eine Eigenverantwortung. Daher ist es nicht notwendig, noch mehr Regularien einzufordern und einzuziehen.

Unser Dringlichkeitsantrag enthält diese Punkte. Wir wollen Vereinfachungen.

Ich kündige aber auch an: Das kann nur ein gewisser Anfang sein. Wir müssen noch viel mehr dafür tun. Wir müssen noch viel mehr Praxisnähe auf den Weg bringen. Wenn Verordnungen erlassen werden, ist unbedingt ein Praxis-Check durchzuführen. An Fallbeispielen ist durchzuspielen, was das bedeutet, wenn die Verordnung oder die Richtlinie in Kraft gesetzt wird. Die Auswirkungen treffen nicht nur den Unternehmer an sich, sondern auch jeden einzelnen Arbeitsplatz in diesem Unternehmen.

In diese Richtung müssen wir unsere Bemühungen lenken, damit wir mit dem Bürokratieabbau erfolgreich sein können. Wir jedenfalls meinen es ernst damit.

Ich habe in den vergangenen Monaten oft zu hören bekommen: Na ja, jetzt haben sie einen ausgesucht, der da ein bisschen umherturnen wird. Zu beneiden ist er nicht. Aber es ist nicht schlecht, dass er vielleicht doch ein bisschen was macht.

Ich kann Ihnen nur zurufen: Den Kopf in den Sand zu stecken, ist das Schlechteste, was man machen kann. Wir von der CSU und die Staatsregierung arbeiten unter Hochdruck an der Realisierung von Vereinfachungen. Wir nehmen die Verwaltung mit. Ich hoffe, dass auch die Opposition auf diesem Weg mitgehen wird.

Wir werden den Anträgen der SPD und der FREIEN WÄHLER nicht zustimmen können; denn darin sind Punkte enthalten, deren Annahme die Situation im Hinblick auf die Bürokratie zum Teil sogar verschärfen würde. Vieles ist nicht zu Ende gedacht. Das betrifft auch den finanziellen Aspekt. Die Forderungen, die die Sozialversicherungspflicht betreffen, haben ein Volumen von 28 Milliarden Euro zum Gegenstand.

Das kann man nicht einfach mit einem solchen Antrag regeln.

Die Anträge der SPD und der FREIEN WÄHLER werden wir, wie gesagt, ablehnen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CSU)

So – –

Lieber Kollege Nussel, lieber Walter, auch wir würden gern entbürokratisieren. Aber das steht halt nicht in eurem Antrag. Ich gehe jetzt bloß auf die Nummer 1 ein: "Festlegung von einheitlichen Schwellenwerten im Bereich von arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften sowie beim Verbraucherschutz". – Entschuldigung! Was meint ihr denn damit? Das Kündigungsschutzgesetz? Das Freistellungsgesetz? Das Gesetz über Pflegezeiten? Die Schwerbehindertenintegration? In dem Antrag steht nichts zum Was und zum Wie. Dieser Antrag ist genauso konkret wie die Ankündigung einer Frau, Kleider und Schuhe zu kaufen. Der Anlass ist schon wichtig: Für den Sommer? Für den Winter? – Das alles steht nicht in eurem Antrag.

Die Nummer 5 betrifft eine EU-Vorgabe, bei der eure Fraktion im Europäischen Parlament mitgestimmt hat. Ihr müsstet sagen, welche Inhalte, welche Paragrafen ihr ändern wollt. Ich habe allein im Arbeitsschutzrecht 70 Unterparagrafen gefunden, die das Was und das Wie regeln.

Wir können gern entbürokratisieren. Aber zum Was und zum Wie sollte in einem solchen Antrag schon etwas stehen. Dazu finden wir nicht einmal in der Antragsbegründung etwas. Also, lieber Walter Nussel, was wollt ihr denn? Was?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Nussel, bitte.

Frau Kollegin Schmidt, es tut mir leid, dass Sie mich nicht verstanden haben. Wir haben mit unserem Antrag, der Ihnen heute vorliegt, einen Rahmen geschaffen. Dem bitte ich so zuzustimmen. Viele Punkte aus diesem Rahmen werden wir noch aufgreifen und unter Beachtung des Grundsatzes der Praxisnähe umsetzen. Ich fordere Sie nochmals auf, daran mitzuwirken. Sie hätten von Februar bis heute Zeit gehabt, auf mich bzw. auf meine Abteilung zuzugehen und mitzuarbeiten. Sie können nicht sagen, dass Sie davon nichts gewusst hätten. Ich habe Ihre Fraktion

angeschrieben, habe aber nicht einmal eine Antwort erhalten. Das muss ich einfach feststellen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Hört, hört! – Zuruf der Abgeordneten Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER) – Horst Arnold (SPD): Sie waren doch mit dem Integrationsgesetz beschäftigt!)

Vielen Dank, Herr Kollege Nussel. – Jetzt für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Karl. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern ist wirtschaftlich sehr stark. Das ist ein Verdienst der klassischen DAX-Unternehmen, vor allen Dingen aber ein Verdienst der vielen kleinen und mittleren Unternehmen in Bayern. Sie bilden das Rückgrat unserer Wirtschaft, besonders im ländlichen Raum.