Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Kollegin Deck werth von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Deck werth.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag! Die Thematik, mit der wir uns befassen, hat auch einen starken Bezug zu unserem Haus. Es geht um das Wahlrecht. Der Landtag ist ja praktisch Symbol für gelebte Demokratie.
Ich möchte noch ganz kurz auf den Aspekt Demokra tie eingehen. Demokratie ist die Herrschaft des Staatsvolkes. In der Demokratie geht die Macht vom Volk mittels Wahlen aus. Dieses Volk soll aber alle Bürgerinnen und Bürger umfassen, unabhängig vom Geschlecht und vom Vermögen. Heute haben wir aber aufgrund des Gesetzentwurfs der GRÜNEN und der Diskussion erlebt, dass, was den Volksbegriff an geht, beim Wählen ausgewählt wird. Wählen dürfen nur ausgewählte Menschen. Menschen, die im We sentlichen in allen Angelegenheiten unter Betreuung stehen bzw. Menschen, die aufgrund einer Straftat in psychiatrischen Krankenhäusern sind, werden – die sen Begriff muss ich schon benutzen – pauschal aus geschlossen. Es ist nämlich nicht so, Herr Lorenz, dass es Einzelfallentscheidungen gibt, sondern dem jenigen, der unter Vollbetreuung steht bzw. eine Straf tat begangen hat und sich in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet, wird das Wahlrecht pauschal entzogen.
Es kann nicht sein, dass diesen Menschen auf allen Ebenen das Wahlrecht vorenthalten wird, dass sie also bei Kommunalwahlen, bei Volksentscheiden, Bürgerentscheiden oder auch bei den Landtagswah len im nächsten Jahr ausgeschlossen sind.
Ich erlaube mir zu empfehlen, den Artikel 29 der UN Behindertenrechtskonvention genauer anzusehen. Vielleicht hilft dies, um in dieser Richtung weiterden ken zu können. Darin wird ausdrücklich gesagt, dass Menschen mit Behinderung ihre politischen Rechte, insbesondere das Wahlrecht, gleichberechtigt mit an deren wahrnehmen können. Darüber hinaus verpflich tet die Konvention die Vertragsstaaten, dass Men schen mit Behinderung im Bedarfsfall und auf Wunsch
Werte Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause, mit diesen Vorgaben ist es einfach unvereinbar, dass Menschen, die unter Betreuung stehen, oder, wie schon erwähnt, straffällig gewordene Menschen in psychiatrischen Krankenhäusern automatisch vom Stimm und Wahlrecht ausgeschlossen werden.
Frau Celina, Sie haben es erwähnt: Auf Bundestags ebene ist schon vieles besprochen, aber leider noch nicht vollzogen worden. Ich erwähne zur Ergänzung nur, dass der Bundesrat schon im Jahr 2013 darauf hingewiesen hat, dass Handlungsbedarf besteht. Es gab entsprechende Anträge von GRÜNEN und SPD, die leider abgelehnt wurden. Im Koalitionsvertrag haben wir den Vorsatz gehabt, dass diese rechtlichen Hemmnisse bei der Ausübung des Wahlrechts abzu bauen sind. Dass dies nicht geschehen ist, bedauern wir zutiefst. Wir sind aber auch nur ein Teil einer Koa lition gewesen. Die SPDBundestagsfraktion hat be reits im Januar 2017 ein eigenes Positionspapier he rausgebracht, in dem dies explizit gefordert wird.
Wir als SPDLandtagsfraktion haben schon zweimal – Frau Celina, Sie haben darauf hingewiesen; danke – einen Entwurf eingebracht. Deswegen kämpfen wir auf dieser Seite weiter. Der erste Anlauf erfolgte 2013. Beim zweiten Versuch wurde unser Gesetzentwurf am 9. April 2014 behandelt. Auch damals wurde festge stellt, dass dieser pauschale Wahlrechtsausschluss – man muss immer wieder sagen, dass dies eine Form eines pauschalen Ausschlusses ist – nach den Grundsätzen der Menschenrechte nicht zu rechtferti gen ist. Er bedarf einer Neubewertung. Für diese Neubewertung, Herr Lorenz, haben Sie verschiedene Experten herangezogen. Ich will Ihnen ein paar Ex perten nennen, die zu einem anderen Ergebnis kom men. Im Laufe der letzten Jahre gab es Statements vom Deutschen Institut für Menschenrechte; das ist die offizielle MonitoringStelle für die UNBehinderten rechtskonvention. Es kritisiert ausdrücklich den pau schalen Wahlrechtsausschluss. Der UNFachaus schuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat im April 2015 empfohlen, dass alle Gesetze und sonstigen Vorschriften aufzuheben sind, durch die Menschen mit Behinderung das Wahlrecht vorenthal ten wird. Ebenso urteilen auch der Europäische Ge richtshof und die UNMenschenrechtskommission. Sie sprechen sogar von einer unzulässigen Stigmatisie rung von Menschen mit Behinderung. Für unser Land ist es sowohl auf Bundesebene wie auch in Bayern blamabel, dass wir uns das immer noch vorhalten las sen müssen.
Noch kurz zum Willküraspekt. Frau Celina, Sie haben den Willküraspekt gut dargestellt. Sie, Herr Lorenz, müssen ihn auch wahrnehmen. Es kann nicht sein, dass jemand, der im Vorfeld eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung erstellt hat, ganz nor mal sein Wahlrecht behält, während Menschen, die diese Vorsorge nicht getroffen haben, automatisch ausgeschlossen sind; ich sage wieder: automatisch ausgeschlossen sind. Das ist einfach Willkür. Dass es, wie man uns gezeigt hat, von Bundesland zu Bun desland große Unterschiede gibt, kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, der ja alle Menschen in unse rem Lande mit gleichen Rechten ausstatten muss.
Ich mache es kurz: Deshalb müssen diese pauscha len Ausschlüsse abgeschafft werden. Wir haben Bun desländer wie NordrheinWestfalen und Schleswig Holstein, die uns das schon vorgemacht haben. Dort wurde dies umgesetzt. Wir in Bayern sollten nicht warten, bis uns das so viele andere vormachen, dass wir gar nicht mehr anders können, als dies auch zu machen. Bayern muss nämlich auch in diesem Zu sammenhang endlich Recht schaffen. Das ist eine Frage der Grundrechte und der Gerechtigkeit für alle.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat nun Kollege Streibl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! "Wahlen allein machen noch keine Demokratie", sagte der ehemalige USPräsident Barack Obama. Da hat er auch recht. Demokratie ist mehr als nur Wahlen. Die freien und gleichen Wahlen sind aber ein elemen tarer Bestandteil einer jeden Demokratie. In diesem Spannungsverhältnis steht dieser Gesetzentwurf. Es geht um die Freiheit und um die Gleichheit beim Wahlakt. Die Wahl ist ein höchst persönlicher Akt, der den eigenen Wählerwillen zum Ausdruck bringt. So diskutieren wir heute wieder einmal darüber, ob künf tig bei Landtags oder Kommunalwahlen auch Vollbet reute oder wegen Schuldunfähigkeit untergebrachte Straftäter wählen dürfen oder ob sie weiterhin von die sem Grundrecht ausgeschlossen sein sollen.
Das Wahlrecht steht als vornehmstes Recht unserer Demokratie grundsätzlich jedem Volljährigen zu, ohne Rücksicht auf seine Besitztümer, seine soziale Stel lung, seine individuellen Fähigkeiten, seine Bildung oder seine Lebenssituation. Eingriffe in dieses Recht sind nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Nach der bisherigen Rechtsprechung und einer aktu ellen Studie der Bundesregierung sind die bestehen
den Wahlrechtsausschlüsse nicht rechtswidrig. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hierzu steht noch aus, soll aber möglicherweise noch in die sem Jahr getroffen werden.
Ich persönlich halte es für bedenklich, Menschen pau schal dieses fundamentale Grundrecht abzuerkennen, obwohl sie mit Unterstützung unter Umständen in der Lage wären, einen Wählerwillen zu bilden. Der auto matische Wahlrechtsausschluss kann dadurch infrage gestellt werden. Ob der jetzt vorliegende Gesetzent wurf dieses Anliegen sinnvoll umsetzt, ist wieder eine andere Frage. Hierzu habe ich auch eine Schriftliche Anfrage gestellt, die im Laufe des Sommers beant wortet werden soll.
Fakt ist aber, dass sich die Studie der Bundesregie rung aus dem letzten Jahr klar gegen eine komplette Streichung des Wahlrechtsausschlusses bei Vollbet reuten ausspricht. Allerdings zeigt auch diese Studie Möglichkeiten und Wege auf. Würde man dieses Recht völlig streichen, bräuchte man im Übrigen As sistenzgesetze, die dies kompensierten bzw. man müsste strafrechtliche Vorschriften in das Strafgesetz buch aufnehmen für den Fall, dass die Stimmabgabe verfälscht wird oder ein fremder Wille auf den Wahlakt Einfluss nimmt. Missbrauchsmöglichkeiten sind hier natürlich gegeben, bestehen aber bei der Briefwahl heute schon. Insofern muss man das Wahlrecht ge nauer in den Blick nehmen.
Zu dem Ergebnis, dass für die Bundesrepublik Deutschland eine völkerrechtliche Verpflichtung be steht, das Wahlrecht anzupassen, kommt die Studie nicht. Allerdings denke ich, dass man hier schon Mög lichkeiten eröffnen sollte. Gerade im Betreuungsver fahren kann man durch Richterspruch eine Tür öffnen und sagen, in bestimmten Fällen solle eine Wahl mög lich sein und solle der Wählerwille zum Ausdruck kommen. Diesen Weg, im Betreuungsrecht Änderun gen vorzunehmen und eine Tür hin zum Wahlrecht auch für Betreute zu öffnen, sehen wir.
Allerdings halten wir es nicht für sehr sinnvoll, dass jedes Bundesland eigene Regelungen trifft. Sonst dürfte beispielsweise jemand bei einer Landtagswahl in NordrheinWestfalen mitwählen, bei einer Bundes tagswahl wiederum nicht. Hier bräuchten wir für Deutschland eine einheitliche Lösung, sodass man in allen Bundesländern und auch im Bund den gleichen Zugang zur Wahl hat. Es wäre widersinnig, bestimmte Personen von manchen Wahlen auszuschließen und bei anderen wiederum zuzulassen. Es wäre unsinnig zu sagen: Den Bundestag kannst du nicht wählen, aber den Landtag kannst du wählen. Der Wählerwille
muss gleich gewürdigt werden. Deswegen halten wir einen Vorstoß auf Bundesebene für sinnvoll, damit ein gleiches Wahlrecht und ein gleicher Zugang zu Wah len für alle möglich sind.
In diesem Sinne werden wir den Gesetzentwurf be gleiten. Ich freue mich auf die Diskussionen in den Ausschüssen.
Danke schön, Herr Kollege. Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Die Frau Kollegin Celina hat sich zu einer Zwischen bemerkung gemeldet.
Sehr geehrter Herr Streibl, zunächst einmal Danke dafür, dass Sie die Studie of fensichtlich sehr genau gelesen haben und sie in allen Punkten korrekt zitiert haben. Sie haben gesagt, es bestehe keine völkerrechtliche Verpflichtung aus der UNBehindertenrechtskonvention. Sie haben gesagt, Assistenzgesetze und Strafgesetze müssten danach angepasst werden. Das steht genau in der Studie. Wenn ich mich recht erinnere, steht in der Studie auch, dass in den Pflegeheimen heute schon durch aus eine Missbrauchsmöglichkeit vorhanden ist, dass man sich bewusst sein sollte, dass es jetzt schon ille gal ist, dass man aber die Gesetze weiter anpassen müsste. Sie sagten auch, es sei nicht sinnvoll, dass jedes Bundesland sein eigenes Recht habe.
Nachdem Sie sich offensichtlich sehr gut informiert haben: Sind Sie auch der Meinung, dass in der Studie steht, dass eine pauschale Aberkennung des Wahl rechts nicht gerechtfertigt ist und abgeschafft werden sollte? Der Kollege von der CSU hat ja behauptet, dies wäre nicht so.
Ja, es ist so: Es wird festgestellt, dass der Status quo in der Bundes republik Deutschland nicht rechtswidrig ist, dass man aber das Wahlrecht sehr wohl ändern kann und än dern sollte. Dazu werden auch die verschiedenen Wege vorgezeichnet. Daher sollte man die Studie etwas ernster nehmen, und ich denke, Lesekenntnis se sollten bei allen Mitgliedern dieses Parlaments vor handen sein.
Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als fe derführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Regierungserklärung des Herrn Staatsministers der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat "BAYERISCHE LANDESBANK"
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will heute Bilanz ziehen zur BayernLB und zur Arbeit der letzten sechs Jahre und auch zeigen, wie der Ab schluss eines der schwierigsten wirtschaftlichen Kapi tel der bayerischen Nachkriegsgeschichte gelungen ist. Die klare Botschaft des heutigen Tages lautet: Wir haben es gemeinsam geschafft.
Was 2008 nahezu keiner geglaubt hat, ist gelungen. Wir haben diese Krise überwunden und sind heute stärker und stabiler als vorher. Im Klartext: Die Bay ernLB ist saniert. Die BayernLB hat jüngst eine Milliar de Euro überwiesen, die zur Schuldentilgung verwen det wird, und damit insgesamt 5,5 Milliarden Euro an den Steuerzahler zurückgezahlt. Der EURückzah lungsplan ist sogar zwei Jahre früher als vorgesehen erfüllt, und damit ist das EUBeihilfeverfahren beendet worden. Meine Damen und Herren, das ist ein Erfolg, den wir gemeinsam geschafft haben.
Im Jahr 2008 stand die Bank quasi noch vor dem Un tergang. Heute können wir ohne Euphorie, sondern froh und erleichtert feststellen: Wir haben unter schwierigsten Umständen einen ganz schweren Mühl stein beiseite gerollt. Die BayernLB ist nicht nur geret tet; sie steht heute stabiler da als je zuvor. Das ist ein beispielloser Turnaround in der deutschen Banke nlandschaft und insgesamt ein großer Erfolg für Bay ern.
Dies ist nicht nur eine Meinung, sondern lässt sich auch an Zahlen und Fakten ablesen, zum Beispiel am Rating.
In den Jahren 2009 und 2011 wurde die Bank von der RatingAgentur Moody’s zweimal herabgestuft; ir gendwann drohte sogar Ramschniveau. Heute erhält die Bank TopRatings. Erst im April dieses Jahres er folgte ein erneutes Upgrade. Moody’s hob das lang fristige Rating der BayernLB auf A1. Das war seit 2011 die dritte RatingAufstufung in Folge.
Nur zum Vergleich: Die BayernLB hat heute ein bes seres Rating als die Deutsche Bank oder die Com merzbank, und in ganz Deutschland hat nur eine ver gleichbare Bank ein besseres Rating. Wir kamen vom letzten Tabellenplatz und sind wieder oben angesie delt. Ich denke, das kann sich sehen lassen.
Zum Beispiel der Gewinn: 2008 gab es unbestritten tiefrote Zahlen. Ein gewaltiger Verlust von über fünf Milliarden Euro stand an. Das war und ist der größte Verlust in der Geschichte der BayernLB. Heute zeigt sich ein anderes Bild. Der Gewinn vor Steuern betrug im Jahr 2016 708 Millionen Euro. Das bedeutet eine weitere Verbesserung des bereits hervorragenden Vorjahresergebnisses 2015 um fast 10 %.
Damit sind wir auch im Vergleich spitze in Deutsch land, haben eines der besten Jahresergebnisse aller deutschen Geschäftsbanken erzielt, und auch der Freistaat profitiert wieder. Erstmals wurden für 2016 Zinsen auf die stille Einlage des Freistaats gezahlt. Das heißt, wir sind wieder in einem ordentlichen und normalen Geschäftsmodus, meine sehr verehrten Damen und Herren.