Herr Staatsminister, bleiben Sie bitte am Redepult; denn es gibt Zwischenbemerkungen von Herrn Hartmann und Herrn Dr. Fahn.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben vorher dargelegt, es sei so kompliziert, den Energiebedarf der Gebäude zu ermitteln. Ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben, dass die staatlichen Liegenschaften zum größten Teil vom gleichen Versorger Energie beziehen. Es ist nicht so, dass jede Liegenschaft den Strom einzeln bezieht auch die Autobahnverwaltung nicht -, sondern in der Regel wird bei den gleichen Tankstellen mit Tankkarten getankt. Daher kann mir niemand erzählen, dass es schwierig ist, an die Daten zu kommen. Es mag ein kleiner Aufwand sein, es ist aber machbar. Ich frage mich schon, wie man eine Energiewende gestalten und Gebäude energetisch optimal sanieren möchte, wenn man den Istzustand nicht kennt und nicht weiß, wie viel Energie die Gebäude benötigen. Das kann nicht funktionieren.
Ich habe nicht gesagt, dass es schwierig sei, sondern dass es aufwändig sei und ich bei einem Vergleich von Nutzen und Ergebnis keinen Vorteil sehe. Darin, dass man die einzelnen Gebäude in ihrer energetischen Qualität betrachten muss, sind wir uns einig. Das tun die Hochbauverwaltungen natürlich auch, weil wir die Liegenschaften weiterentwickeln. Aber ich kann darin, dass man die Tank- und Heizkostenrechnungen für Tausende von Liegenschaften und Hunderttausende von Beamten, die damit zu tun haben, immer brav aufschreibt, keinen Vorteil erkennen. Diese Zeit setzen wir lieber für etwas anderes ein.
Erstens: Ich glaube, Sie haben das, was die Hessische Staatsregierung macht, nicht angeschaut, sonst würden Sie nie so allgemein reden. Die Hessische Staatsregierung hat dazu 50- bis 60-seitige Analysen erstellen lassen. Wenn es die Staatsregierung in Hessen schafft, werden Sie es wohl auch schaffen, wenn Sie es wollen. Sie wollen es aber nicht. Das ist der Punkt.
Zweitens: Es gibt in Bayern 8.000 Liegenschaften, davon sind nur 10 % energetisch saniert. Das ist viel zu wenig.
Drittens sagen Sie: Das Ziel liege deutlich unter sechs Tonnen. Warum sind Sie so allgemein? Sagen Sie doch genau, was "deutlich unter sechs Tonnen" heißt. Heißt das 5,99, oder zielen Sie auf 5,0 ab? Deutlich unter sechs Tonnen, das ist sehr allgemein. Da können Sie sich wieder hinausreden, wenn es darauf ankommt.
Erstens: Wir machen das so, wie wir es meinen. Der damit verbundene Aufwand ist nicht gerechtfertigt. Die Hessen dürfen das gerne anders machen. Das ist dagegen unsere Position.
Zweitens: Dass wir einen Wert deutlich unter sechs Tonnen angeben, ist dem geschuldet, dass kein Mensch dieser Welt die Details, die hier eine Rolle spielen, vorhersehen kann. Wir haben uns als Ziel
einen Grenzwert deutlich unter sechs gesetzt. Aber heute zu sagen, man will 5,47, ist Quatsch. Es reicht uns nicht, einen Wert von 5,99 zu erreichen, sondern wir wollen deutlich darunter liegen. Ob das nun 5,6 oder 5,4 sind, hängt von vielen Faktoren ab, die wir nicht gestalten und vorhersehen können. Das ist wesentlich ehrlicher. Damit kann man auch leben.
Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir können zur Abstimmung schreiten.
Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/10288 die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Verbot von Phthalat-Weichmachern (Drs. 16/8721)
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schutz der Verbraucher und Verbraucherinnen und der Umwelt vor gesundheitsschädlichen Weichmachern (Phthalaten) (Drs. 16/9689)
Antrag der Abgeordneten Sylvia Stierstorfer, Markus Blume, Johannes Hintersberger u. a. (CSU), Dr. Andreas Fischer, Tobias Thalhammer, Dr. Otto Bertermann u. a. und Fraktion (FDP) Weichmacher in Kindertagesstätten (Drs. 16/9786)
Danach ist noch Tagesordnungspunkt 24 mit Aussprache zu behandeln. Die Tagesordnungspunkte 25 und 26 werden lediglich abgestimmt.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 21, 22 und 23. Wie Sie wissen, haben Sie pro Fraktion zehn Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Glauben Sie mir, auch ich hätte den Tagesordnungspunkt gerne abgesagt. Aber dieser Tagesordnungspunkt ist mir a) wichtig, b) ist es ein Lehrbeispiel für die Abläufe im bayerischen Parlament. Nachdem es schon sehr spät ist, mache ich ein Angebot: Wer möchte, bekommt von mir bei Gelegenheit eine Halbe Bier oder ein Glas Wein. Das gilt auch für diejenigen, die 2013 nicht mit uns koalieren und die Regierung übernehmen, um auch das gleich zu sagen.
Warum ist das so wichtig? Unser Antrag, PhthalatWeichmacher in Kindereinrichtungen und Kindertagesstätten zu verbieten, geht auf eine Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz - BUND - zurück, die dieser 2010 bis 2011 erstellt hat. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat 160 Kindertagesstätten auf die sogenannten Weichmacher hin untersucht. Was sind Weichmacher und Phthalate? - Dieses sind Massenchemikalien, die zu 10 bis 15 % beispielsweise in PVC-Fußböden vorkommen. PVC ist an sich spröde. Ohne die Weichmacher könnte man diese Materialien nicht verwenden. Eine Million Tonnen Weichmacher werden in Westeuropa pro Jahr hergestellt. Weichmacher sind zum Beispiel in Turnmatten und Gymnastikbällen enthalten. Was man bei neuem Plastik riecht, sind die Phthalate. Phthalate sind flüchtige Stoffe und gasen lange Zeit aus.
Warum sind Phthalate schädlich? - Es sind hormonelle Schadstoffe, wobei vor allem bei Kleinkindern bereits geringe Vorkommen zu gravierenden Veränderungen im Hormonhaushalt führen können. Sie sind reproduktionstoxisch und können zu Hoden- und Brustkrebs führen. In den letzten Jahren haben Anzahl und Qualität von Spermien stetig abgenommen. Man weiß nicht genau, warum. Auch hierfür werden die Phthalate mit als Ursache angesehen, die ubiquitär überall vorkommen. Das weiß man allerdings nicht. Phthalate verursachen auch Asthma und Allergien.
Der BUND hat 160 Staubsaugerbeutel untersucht. Man kann davon ausgehen, dass der Staub ein Indikator für die Innenraumbelastung durch Phthalate und vor allem in den Kindertagesstätten bei Kleinkindern eine direkte Quelle ist; denn die Kinder nehmen die Hände in den Mund und lecken sie ab. So einfach ist das. Die Belastung mit Phthalaten in den Kindertagesstätten war dreimal so hoch wie in normalen Haushalten.
Auch die EU hält Phthalate für fortpflanzungsschädlich. Ein Beispiel, damit Sie verstehen, warum es wichtig ist: Wenn in chemischen Verbindungen weniger als 0,5 % Phthalate enthalten sind, muss diese Verbindung auf der Verpackung mit einem Totenkopf und der Aufschrift "Gift" gekennzeichnet werden. Bei 50 % der chemischen Verbindungen in Fußböden ist das nicht erforderlich.
Jetzt komme ich zu einem Lehrbeispiel für parlamentarische Abläufe. Wir haben unseren Antrag am 20. Mai 2011 gestellt. Peter Bauer, das war deine Idee. Am 30. Juni haben wir den Antrag im Umweltausschuss behandelt. Dazu war jemand vom Sozialministerium da, eine im Übrigen sehr nette Dame. Sie hat uns gesagt, es könne nicht nachgewiesen werden, dass die Ergebnisse der BUND-Studie valide seien. Sie hat gesagt, bisherige wissenschaftliche Untersuchungen hätten keinen Zusammenhang zwischen einer Weichmacherbelastung der Kinder und Staub ergeben, aber die Staatsregierung habe eine Studie gestartet. Die Vertreterin der CSU, Frau Stierstorfer - sie ist auch hier -, hat dann gesagt, sie habe schon vor etwa zwei Monaten einen Antrag vorgelegt, damit weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Bei der Ausschusssitzung hat sich dann aber herausgestellt, dass dieser Antrag nicht existiert. Es gab keine Drucksachennummer. Mit meiner Zustimmung haben wir dann unseren Antrag noch einmal vertagt.
Mittlerweile haben die GRÜNEN im September, ein paar Monate später, einen Antrag vorgelegt, der in dieselbe Richtung ging. Sie forderten damit Aufklärung und die Erstellung von Informationsbroschüren. Auch bei der öffentlichen Ausschreibung sollte berücksichtigt werden, ob Phthalate verwendet werden oder nicht. Am 12. Oktober, einen Tag vor der Ausschusssitzung, hat die CSU ihren Antrag vorgestellt. Diesen lese ich Ihnen ganz kurz vor, weil er ein Paradebeispiel ist.
Ihr Antrag war ein Berichtsantrag. Das ist auch in Ordnung. Dem haben wir zugestimmt. Die Begründung lautete:
Neueste Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass in vielen Kindertageseinrichtungen die Belastung mit gefährlichen Kunststoff-Weichmachern, sogenannten Phthalaten, enorm hoch ist. …
Am 13. Oktober, vor rund sechs Wochen, fand die Ausschusssitzung statt. Bei dieser Sitzung waren zwei Damen aus zwei Ministerien anwesend. Man hatte die Wichtigkeit der Sache erkannt. Diejenigen, die dabei waren, haben es miterlebt. Die beiden Damen konnten nichts dafür, denn sie hatten eine politische Vorgabe von der FDP und von der CSU. Sie haben herumgeeiert. Von den Vertretern unserer Ministerien sind Sätze gefallen wie folgende: Eine akute Gefährdung durch die Phthalate sei nicht gegeben. Sie seien nicht akut toxisch, sondern nur reproduktionstoxisch. Ausgeführt worden ist auch, momentan könne nicht gesagt werden, dass eine gesundheitliche Gefährdung der Kinder ausgeschlossen sei. Das sagten die Vertreterinnen der Staatsministerien. Daraufhin ist unser Antrag natürlich folgerichtig abgelehnt worden. Auch der Antrag der GRÜNEN ist abgelehnt worden. Zugestimmt worden ist dem Antrag der CSU. Einen Bericht wollten wir auf jeden Fall haben.
Jetzt komme ich dazu, warum ich noch darauf bestanden habe, hier zu reden. Gestern kam aus dem Sozialministerium eine Pressemitteilung mit der Überschrift "Gefährliche Weichmacher".
Familienstaatssekretär Sackmann: "Nur ein EUweites Verbot gibt Sicherheit und schützt unsere Kinder"
Besonders Eltern sorgen sich um die Gesundheit ihrer Kinder. Diese Ängste nehme ich sehr ernst, denn gerade unsere Kleinsten und Jüngsten brauchen besonderen Schutz. Deshalb unterstütze ich nachdrücklich eine Gesetzesinitiative Dänemarks für ein europaweites Verbot gesundheitsschädlicher Weichmacher - das habe ich auch in einer klaren Stellungnahme an die EU zum Ausdruck gebracht.