Protocol of the Session on July 14, 2011

Drittes Problemfeld: Nur 12 % des Deutschunterrichts wird an diesen Schulen von Leuten unterrichtet, die für das Fach Deutsch die angemessene Ausbildung haben; das ist überhaupt nicht nachzuvollziehen. Ich habe mir gedacht, in der Wirtschaft redet man heute nur Englisch, wahrscheinlich ist Deutsch gar nicht mehr wichtig, und die Englischausbildung an den Berufsschulen ist so gut, dass man auf den Deutschunterricht verzichten kann. Da machen wir uns doch etwas vor. Überall wird davon geredet, dass die jungen Leute Schlüsselkompetenzen benötigen. Mit Sicherheit ist die Beherrschung und das Verständnis

der deutschen Sprache und die Kommunikationsfähigkeit in unserer deutschen Sprache eine Schlüsselqualifikation. Da leisten wir uns fachfremden Unterricht. Teilweise "coacht" man in einem Fünf-TageCrashkurs die Referendare für den Unterricht jener Schüler, die eigentlich als Grundlage unseres Wirtschaftens gebraucht werden. Das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist schon vorüber.

Ich habe keine gescheite Uhr.

(Allgemeine Heiterkeit)

Deswegen mache ich Sie darauf aufmerksam.

Danke. - Unsere Forderung ist klar: mehr Lehrer an die beruflichen Schulen. Ich darf in vorauseilendem Gehorsam - das kann es aber bei der Opposition eigentlich nicht sein auf die Quereinsteigerprogramme hinweisen. Den Satz darf ich vielleicht noch sagen: Am 13. September wird dieses Mal ein Programm für Gymnasiallehrer mit den Fächern Deutsch und Englisch, Deutsch und Sozialkunde sowie Englisch und Sozialkunde eröffnet. Wir möchten aber auch kreative Lösungen für Grundschullehrer, die den Förderunterricht in Deutsch abdecken könnten. Wir möchten aber einfach mehr Personal an der Schulart, die uns allen am Herzen liegen muss. Die Eltern dieser Schüler schreien vielleicht nicht so oft wie an anderen Schularten. Wir sind uns aber dessen bewusst, dass wir auf eine gute Ausbildung dieser Schüler nicht verzichten können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion spricht Kollege Güll, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in Bayern ein grundlegendes Problem. Wir stellen Lehrer nur nach Kassenlage ein. Bei uns bestimmt der Finanzminister über die Einstellungsquoten und die Qualität an den Schulen. Das muss sich ganz schnell ändern. Wir stimmen zwar aus grundsätzlichen Erwägungen dem Antrag der FREIEN WÄHLER zu, weil er ein brennendes Problem anspricht, aber wir glauben, dass er etwas zu kurz greift.

Wir haben deshalb einen eigenen Antrag eingebracht, der den Blick auf die Qualität in der Schule richtet und

eine Basis für die Neueinstellung von Lehrern schafft. Entscheidungsgrundlage darf nicht die Kassenlage sein, sondern Entscheidungsgrundlage muss sein, was für unsere Schülerinnen und Schüler dringend notwendig ist. Wir stellen fest, dass dem Finanzminister offensichtlich eine falsche Basis gegeben wird, die auf alten Kategorien beruht. Leitlinie ist: Hauptsache, die Grundversorgung stimmt. So schaut Schule aber nicht mehr aus. Trotz zurückgehender Schülerzahlen brauchen wir viel mehr Lehrkräfte in unserem Schulsystem, egal an welcher Schulart. Wir brauchen jeden gut ausgebildeten Lehrer in unserem System. Wir können es uns nicht leisten, morgen Hunderte von Lehrern auf die Straße zu schicken und sie dem Arbeitsmarkt zu übergeben, anstatt sie an unseren Schulen zu halten.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen deutlich sagen, dass das so nicht geht.

Welche Baustellen gibt es in unserem System? - Wir haben in unserem Antrag einige aufgelistet. Die Brandbriefe, die wir zu Schuljahresende bekommen haben, sprechen eine deutliche Sprache, ob das nun Briefe vom Philologenverband oder vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband sind. Alle weisen uns darauf hin, dass wir zu wenige Lehrer im System haben. Warum? - Weil wir noch Baustellen offen haben, die wir nur mit mehr Lehrkräften schließen können. Ich nenne nur einige Baustellen, weil die Zeit drängt. Die erste ist der Ausbau von Ganztagsschulen. Natürlich wollen alle Ganztagsschulen, aber die muss man auch mit Qualität versorgen. Es geht einfach nicht, für eine erste oder zweite Klasse nur zwölf zusätzliche Lehrerstunden in das System zu geben, obwohl man wegen der Stundentafel nachweislich mehr braucht. Da muss man deutlich nachbessern. Es geht nicht, individuelle Förderung zu predigen und durchs Land zu ziehen mit der Aussage, das bayerische System sei begabungsgerecht und basiere auf individueller Förderung, wenn man die entsprechenden Lehrkräfte nicht zur Verfügung stellt.

Es geht auch nicht, zu sagen, die Qualität der Schule hänge damit zusammen, welche Qualität die Schulleitungen entwickeln könnten, wenn man den Schulleitern nicht die entsprechenden Lehrerstellen gibt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir könnten hier jede Menge Bedarf aufzeigen, der deutlich macht, dass wir jede Lehrkraft brauchen. 1.600 Anwärter stehen jetzt zur Verfügung, aber nur 350 gymnasiale Lehrkräfte werden eine Anstellung finden. Ich wage gar nicht darüber nachzudenken, wie es bei den Grund- und Hauptschulen aussehen wird, wenn auch dort die Staatsnote kommt.

Es hilft uns nicht, sozusagen auf der Zahlenbasis weiterzumachen. Wir müssen genau hinsehen, was in den Schulen draußen ankommt. Nur das zählt.

Ich weiß natürlich auch, dass wir nicht unzählig viele Lehrer einstellen können, aber ich weiß eines: Wenn wir die Lehrer jetzt auf die Straße schicken, bekommen wir sie nie mehr zurück, auch wenn wir sie dann noch so dringend brauchen. Deshalb müssen wir uns jetzt intelligente Systeme ausdenken, wie wir die Lehrer beschäftigen und in unserem System halten können.

Deshalb bitte ich die Fachabteilungen im Kultusministerium, und auch Sie, Herr Kultusminister Spaenle, eindringlich, dafür zu sorgen, dass die Haushälter in unserem Parlament dahin gebracht werden, die Basis zu schaffen, um die entsprechenden Lehrkräfte bereitstellen zu können. Das ist Ihr Job und das müssen Sie verantwortlich tun. Die Qualität von Unterricht hat etwas mit Lehrerversorgung zu tun. Kleinere Klassen bekommt man nicht zum Nulltarif, ebenso wenig wie die Ganztagsangebote, und die individuelle Förderung schon gleich gar nicht. Deshalb mein Appell an Sie, Herr Minister, nachzubessern, was die Anstellung von Lehrern angeht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die CSU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Taubeneder das Wort.

Zuvor darf ich noch bekanntgeben, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat.

Bitte, Herr Taubeneder.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident! Wenn man Herrn Güll und Frau Gottstein so reden hört, könnte man meinen, man sei in einem anderen Landtag.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb möchte ich noch einmal betonen, dass Bildungspolitik in Bayern ein Markenzeichen ist. Das weisen alle Qualitätstests deutlich aus.

Was freut nun die Bildungspolitiker am meisten? Was wird dem Kultusminister ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn es auch möglicherweise dem Finanzminister die Sorgenfalten ins Gesicht treibt? Es ist die Forderung: viele Lehrer für unsere Schulen! Beide Anträge gehen in diese Richtung. Der Antrag der FREIEN WÄHLER geht dabei etwas differenzierter in Rich

tung Berufsschule, während der Antrag der SPD allgemeiner formuliert ist.

An dieser Stelle ist aber auch noch eine grundsätzliche Anmerkung zu machen, und das muss man immer wieder deutlich sagen. Auch wenn Frau Gottstein es nicht glaubt gab noch nie so viele Lehrer in Bayern wie zurzeit. Wenn der Doppelhaushalt abgeschlossen sein wird, werden es 87.000 Vollzeitstellen sein. Das sind 120.000 Personen. Im Verhältnis kommen dann auf einen Lehrer 16,8 Schüler. Das hat es auch noch nie gegeben. Vor ein paar Jahren waren es im Durchschnitt noch zwei Schüler mehr. Das Ideal 1 : 1 werden wir so schnell wohl nicht schaffen. Wir sind auf dem Weg dahin, aber ich vermute, wir alle hier im Hohen Hause werden das nicht mehr erleben.

Noch nie gab es so wenig Schüler. Heute sind es 1,4 Millionen und in zehn Jahren werden es nur noch 1,1 Millionen über alle Schularten hinweg sein. Das muss man natürlich in die Personalplanung einbeziehen.

Die Bildung war im Haushalt schon immer ein Investitionsschwerpunkt und wird es auch bleiben. Das kann ich Ihnen versprechen. In den Jahren von 2008 bis zum Jahre 2011 gab es im Bildungsbereich mit einem Anstieg von 13,9 Milliarden auf 15,9 Milliarden Euro eine Ausgabensteigerung von 35,8 auf 37,4 %. Die Bildung ist damit der wesentlich größte Teil des Haushalts, und das trotz schwieriger Haushaltslage.

Trotz der rückläufigen Schülerzahlen in dieser Legislaturperiode haben wir bei Ablauf des Jahres 2012 circa 5.880 Lehrer mehr eingestellt. Damit haben wir unser Ziel, 1.000 Lehrer pro Jahr nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Zudem greift die demografische Rendite im System. Auch das wurde x-mal nachgewiesen.

All das ermöglicht uns eine Reihe von Maßnahmen für noch mehr Qualität und Gerechtigkeit. Ziel ist es, jeden Schüler bestmöglich nach seinen Begabungen zu fördern. An diesem Leitziel wird weiterhin konsequent gearbeitet. Folgende im Doppelhaushalt geplante Maßnahmen werden umgesetzt.

Ganztagsangebote werden konsequent ausgebaut. Ich möchte sie im Einzelnen nicht aufzählen. Dafür werden 553 neue Lehrerstellen bereitgestellt.

Die Klassenstärken werden reduziert, bei den Grundschulen liegen sie zum Beispiel bei 21,9, in den Mittelschulen bei 20,2 und an den Gymnasien bei 26,9. Auch hier kommen wir voran.

Die individuelle Förderung wird durch noch mehr Förderlehrer und Förderstunden verstärkt.

Die Bemühungen für eine gelungene Integration werden wir intensivieren und verstärkt fortsetzen. Auch hierfür haben wir viele Lehrer eingesetzt. Und wir haben die Klassenhöchststärken abgesenkt.

Zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention weisen wir zweimal 100 Lehrerstellen aus. Hinzukommen im nächsten Jahr noch 1.320 Stellen für die Arbeitszeitverkürzung.

Zur Lehrerausstattung möchte ich noch erwähnen, dass in diesem und im kommenden Schuljahr an den Gymnasien auch die mobile Reserve eingeführt wird. Auch das wird den Unterrichtsausfall reduzieren.

Wichtig ist auch noch, das schuleigene Budget je nach Schulgröße zwischen 20.000 und 40.000 Euro zu erwähnen. Damit können Vertretungskräfte in den Schulen vor Ort geordert werden. Das ist ein wichtiger Beitrag zur eigenverantwortlichen Schule. Ich könnte mir vorstellen, das auch an anderen Schulen auszubauen.

Ein Wort ganz speziell zur Berufsschule. Hier finden wir eine angespannte Situation vor. Das muss man so darstellen, aber auch da konnte der Lehrermangel in diesem Jahr verringert werden und wird auch in Zukunft noch weiter verringert werden. Inzwischen ist auch ein ausreichender Lehrernachwuchs vorhanden. Die Sondermaßnahmen, die notwendig waren, um die technischen Fächer unterrichten zu können, konnten jetzt eingestellt werden, weil sich die Ausbildungssituation verbessert hat.

An der Berufsoberschule kann die Unterrichtssituation durch den Einsatz von Gymnasiallehrern stabilisiert werden. 50 % der Neueinstellungen werden dort durch Lehrer aus den Gymnasien getätigt. Zusätzlich kommen im Schuljahr noch 40 Lehrer an die FOS und BOS hinzu.

Außerdem wurden erstmals Gymnasialreferendare an den Berufsschulen eingesetzt, die dort eigenverantwortlichen Unterricht geben. Darüber hinaus erwarten wir künftig eine Entspannung durch die auch dort zu beobachtenden zurückgehenden Schülerzahlen.

Herr Kollege, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern.

Frau Präsidentin, Sie wissen, dass die bayerische Bildungspolitik so gut ist, dass man mit seiner Redezeit kaum auskommt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Sehr gut, Walter!)

Wir werden auch in Zukunft junge Menschen einstellen, wenn sie die entsprechenden Leistungen erbringen. Das Lehrerstudium muss natürlich genau überdacht werden. Wir müssen uns möglicherweise einmal überlegen, ob das Referendariat für alle zugänglich sein muss oder ob es nicht möglich wäre, diese Zugänge durch Leistung zu ermöglichen.

Mein Fazit lautet: Die Unterrichtsversorgung ist gesichert und wird permanent verbessert. Sie bleibt auf gutem bis sehr gutem Niveau erhalten.