- Das streichen Sie. Damit ist für uns der Grund, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, nicht mehr vorhanden. Deshalb werden wir, wenn wir zur Einzelberatung kommen, Ihren Vorstößen zustimmen. Wir würden es in Details vielleicht anders machen. Wenn wir dieses Gesetz für Bayern verabschieden könnten, wären wir aber einen guten Schritt weiter. Dann wäre auch den Hochschulen gedient, und zwar allen Mitgliedern der Hochschulen. Deshalb werden wir nach der Änderung dieses Gesetzentwurfs dem Gesetzentwurf auch zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ihre "Integrierte Studierendenschaft" - es wurde bereits angedeutet ist nichts anderes als eine Verfasste Studierendenschaft. Sie haben hierfür eine Zwangsmitgliedschaft vorgesehen, wenn auch nur über ein Semester. Im Prinzip aber enthält Ihr Entwurf große Teile der Verfassten Studierendenschaft. Es handelt sich um eine Teilkörperschaft, insofern gibt es große Ähnlichkeiten, und aus diesem Grund lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Natürlich sind wir auch dafür, dass die Studierenden eingebunden werden, wenn es um ihre Ausbildung geht. Wir wollen auch eine angemessene Repräsentation der Studierenden. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es jeweils einen Studierendenvertreter im Senat und im Hochschulrat gibt. Ich sage das hier, weil dies auch der Bevölkerung gesagt werden muss. Es erscheint nämlich so, als seien die Studierenden nicht repräsentiert. Deshalb möchte ich darauf hinweisen, dass es diese Repräsentanz in Bayern gibt.
Im Fakultätsrat haben die Studierendenvertreter zwei Sitze, und auch im Berufungsausschuss sind sie vertreten. Auch in Bayern gibt es studentische Gremien, den studentischen Konvent, den Sprecherinnen- und Sprecherrat und die Fachschaftsvertretung. Die Studierenden sind also eingebunden. Sie entscheiden bei der Zuweisung der Studienbeiträge und über die Höhe und die Verwendung der Studienbeiträge paritätisch mit.
Sie wollen an der Hochschule, im Senat und im Fakultätsrat mehr Öffentlichkeit haben. Das würde ich der einzelnen Hochschule selbst überlassen.
Vielleicht muss man über diese Möglichkeiten genauer informieren. Ich halte das für sinnvoll. Damit könnte ich leben.
Die Zwangsmitgliedschaft empfinden wir als faulen Kompromiss. Die Koppelung des Budgets an die Wahlbeteiligung haben Sie herausgenommen. Das ist gut so. Diese Auffassung wurde von keiner Fraktion geteilt. Insofern standen Sie allein. Diese Regelung war wirklich nicht besonders sinnvoll. Damit wäre auch die Handlungsfähigkeit der Studierendenvertretung gefährdet gewesen. Insofern war es sinnvoll, diese Bestimmung herauszunehmen. Das halte ich für gut und richtig.
Sie fordern einen zweiten studentischen Vertreter im Senat. Ich habe bereits angedeutet, dass ich dagegen persönlich nichts hätte. Hierzu gibt es allerdings unterschiedliche Meinungen innerhalb der Regierungsfraktionen. Ich halte es für sinnvoll, dass die einzelne Hochschule vor Ort selbst über einen zweiten Studierendenvertreter im Senat entscheidet. Es ist bekannt, dass Passau diese Möglichkeit bereits nutzt und einen zweiten Studierendenvertreter im Senat hat. Das sollten wir der einzelnen Hochschule selbst überlassen. Allerdings hätte ich von Ihrem Gesetzentwurf noch etwas erwartet, Herr Professor Piazolo oder Herr Dr. Fahn. Ich weiß nicht, wer jetzt von Ihnen federführend war. - Herr Professor Piazolo ist es. Durch die Zusammensetzung des Senats verändert sich im Endeffekt auch die Zusammensetzung des Hochschulrats. Mich würde interessieren, ob Sie mehr Interne oder mehr Externe wollen, wie Sie also letztendlich die Zusammensetzung handhaben wollen. Dazu hätte ich mir von Ihrer Seite noch ein paar Informationen gewünscht.
Alles in allem werden wir den Gesetzentwurf ablehnen, und zwar insbesondere deshalb, weil es sich um eine Zwangsmitgliedschaft handelt.
Was die Mitbestimmung im Senat angeht, so halten wir die Überlegungen für sinnvoll und richtig. Über die Experimentierklausel in § 106 des Bayerischen Hochschulgesetzes besteht allerdings bereits jetzt eine Möglichkeit hierfür.
Alles in allem ist dies alter Wein in neuen Schläuchen. Ein Unterschied zwischen Integrierter und Verfasster
Studierendenschaft ist nicht feststellbar. Wir wollen den Gesetzentwurf deshalb ablehnen. Wir sind allerdings sehr interessiert, welche Ergebnisse die Kommission am 30.06.2011 vorlegen wird. Darauf bin ich sehr gespannt.
Bleiben Sie noch einen Moment, Frau Kollegin, Herr Kollege Dr. Fahn hat noch eine Zwischenbemerkung.
Ich habe noch eine Frage. Es ist immer leicht zu sagen, wir wollen etwas nicht, oder, wir haben etwas zu kritisieren. Wir erwarten von der Staatsregierung, dass sie selbst tätig wird und Vorschläge oder Gesetzentwürfe vorlegt. Die Opposition hat das bereits getan. Ich möchte deshalb wissen, wann der Gesetzentwurf der Staatsregierung zu diesem Thema kommt. Sie haben dazu schon vieles angekündigt, das finde ich auch gut. Wir erwarten aber, dass Sie mit einem Gesetzentwurf in die Öffentlichkeit gehen. Wann wird das sein?
Wir halten die derzeit bestehende Gesetzeslage für ausreichend und glauben, über die Experimentierklausel in § 106 des Bayerischen Hochschulgesetzes können abweichende Mitbestimmungsrechte geregelt werden. Insofern sind jetzt die Universitäten am Ball.
Meine Damen und Herren! Ich verstehe die Aufregung von Herrn Kollegen Jörg und Frau Kollegin Dr. Bulfon hinsichtlich der Integrierten Studierendenschaft nicht. Ausweislich des Protokolls der Sitzung haben CSU und FDP dem § 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs - Integrierte Studierendenschaft - zugestimmt. So steht das im Protokoll. Ich will Ihnen heute die Chance geben, wirklich so zu stimmen, wie ich glaube, dass Sie nach Ihren eigenen Worten gerne stimmen wollten. Wir stimmen deshalb getrennt ab. Laut Protokoll haben Sie aber zugestimmt.
Bayern ist das Bundesland in Deutschland, in dem die Studierenden am meisten zu zahlen, aber am wenigsten zu sagen haben. Das ist schon ein Problem.
Ich meine, wenn man die Studierenden verpflichtet, dass sie mit ihren Studienbeiträgen an den Hochschulen teilhaben, dann sollten sie nicht nur über die Studienbeiträge und das Geld mitbestimmen, sondern dann sollten sie über die gesamte Hochschule mitbestimmen können, und zwar mehr, als das bisher der Fall ist. Man kann sagen, wir sind das vorletzte, wenn nicht gar das letzte Bundesland, in dem Studiengebühren eingefordert werden. Gleichzeitig sind wir aber bald das letzte Land, das die Studierenden nicht richtig mitbestimmen lässt. Das lässt doch hinsichtlich des demokratischen Verständnisses sehr tief blicken.
Wenn man sich die Umfrage ansieht, die das Politikwissenschaftliche Institut in Jena gemacht hat, und liest, was die CSU- und die FDP-Kollegen geantwortet haben, dann lässt sich einiges erklären, was dieses Verständnis anbelangt.
Ich will hier noch einmal verkünden, was ich bereits in der Sitzung des Hochschulausschusses gesagt habe: Wir haben Artikel 53 Abs. 1 Satz 2 gestrichen. Wir werden das noch einmal beantragen, was wir bei der Finanzierung vorgelegt haben. Über alle anderen Felder können wir gerne diskutieren. Ich erwarte auch, dass hierzu etwas von der Regierung kommt.
Herr Kollege Jörg hat sich sehr darüber aufgeregt, dass wir die Ergebnisse der Arbeitsgruppe nicht abwarten. Die Studierenden hätten uns zwar gebeten, etwas zu tun, weil sie mit der gegebenen Situation unzufrieden sind. In der gestrigen Ausschusssitzung ging es darum, ob wir den Saal, in dem der Nürnberger Prozess stattgefunden hat, in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste aufnehmen. Der Antrag der CSU ging in der Frage an der Expertengruppe vorbei. Die CSU agierte in Vorwegnahme der Ergebnisse der Kommmission! Wenn Sie das tun, dann ist das richtig. Wenn wir aber einen Vorschlag machen, dann ist das falsch.
Wir sollten deshalb schon einmal überlegen, wie Politik hier funktioniert und wie wir argumentieren. Wir sollten dabei ehrlich sein.
Bitte bleiben Sie am Redepult, Herr Dr. Piazolo. Herr Kollege Dr. Fahn hat eine Zwischenbemerkung angemeldet.
Wir haben vorhin von Frau Gote gehört, dass Herr Kretschmann in Baden-Württemberg mit zwei oder drei Stimmen der Opposition gewählt wurde. Auch in Baden-Württemberg wird wohl die Verfasste - für die CSU eher
die "verhasste" - Studierendenschaft eingeführt werden. Damit bleibt nur Bayern übrig. Wie bewerten Sie angesichts dessen das Demokratieverständnis der Staatsregierung in Bayern?
(Unruhe bei der CSU - Gegenruf der Abgeordne- ten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da hat der Widerspruch aber lange gedauert!)
Danke, Herr Kollege, ich mache gerne noch ein paar Ausführungen, glaube aber, die Regierung wird durch ihr Tun selbst antworten. Mir geht es eigentlich um etwas anderes. Ich möchte die Schärfe aus der Diskussion herausnehmen.
- Die Frage ist immer, von wem die Schärfe in die Diskussion hineinkommt und wer sie dann wieder herausnimmt.
Wir alle beklagen, dass sich die junge Generation immer weniger politisch beteiligt. Wir beklagen Politikund Parteienverdrossenheit. Aus meiner Sicht wäre es deshalb mehr als angebracht, auch an den Hochschulen Demokratie zu üben. Wo denn sonst? - Wir können das an den Schulen üben, dort sollten wir mehr tun. Wir können das aber auch an den Hochschulen tun. Wir wollen doch nicht nur für einen Beruf ausbilden, sondern auch für unsere Gesellschaft. Wir wollen junge Leute, die sich in unserer Gesellschaft bewegen, die sich auskennen, die mitmachen. All das sollten wir fördern, deshalb brauchen wir mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit, mehr Rechte und deshalb sollten wir die Studenten mehr einbinden. Ich glaube, wenn wir hier noch ein bisschen länger reden und diskutieren, dann werden wir davon auch ein paar Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien überzeugen können. Dafür gibt es jedenfalls schon ein paar Anzeichen. Die Beteiligung der Studierenden ist dringend erforderlich, sie ist ein wichtiges Zeichen, das wir aussenden sollten.
Für die Staatsregierung hat sich abschließend Herr Dr. Heubisch zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuhörer! Manchmal meine ich, ich bin hier im Landtag von
Baden Württemberg. Mit Verlaub gesagt: Ich bin hier im Freistaat Bayern, und hier werden die Studienbeiträge beibehalten, weil wir nicht wollen, dass unsere Kinder später die Schulden zurückzahlen müssen, die wir ihnen jetzt aufbürden.
(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Wir betreiben doch Wirtschaftsförderung, das ist nichts anderes!)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, die Befürworter einer Verfassten Studierendenschaft unterliegen zwei grundsätzlichen Missverständnissen. Sie glauben, durch die Verfasste Studierendenschaft habe der Studierende mehr Rechte und mehr Einfluss. Wenn wir die Verfasste Studierendenschaft einführen würden, würden wir den Studierenden aber nicht mehr Rechte geben, sondern im Gegenteil. Wir würden ohne zwingenden Grund in die Rechte jedes einzelnen Studierenden eingreifen. Mein Demokratieverständnis unterscheidet sich bei dieser Frage diametral von der Ihrigen, Herr Kollege Dr. Fahn.