Protocol of the Session on February 2, 2011

Wir haben auch andere Problemgruppen, die schlechter gestellt sind und bisher nicht erwähnt wurden. Die Behinderten sind schlechter gestellt. Auch die Blinden müssen zahlen. Die Verbände sagen: Wir sind dazu bereit, aber dann wollen wir einen Mehrwert haben. Wenn wir schon etwas zahlen, wollen wir auch, dass uns zusätzliche Informationen gewährt werden. Ich glaube, darüber sollte man nachdenken.

Ähnlich ist bei den Firmen. Das ist schon erwähnt worden. Firmen, die viele Filialen haben, sind benachteiligt gegenüber einer Firma, die einen großen Standort mit vielen Mitarbeitern hat. Hier ist also das eine oder andere noch unausgegoren. Darüber sollte man

im Ausschuss noch diskutieren, wobei ich ganz offen sage, dass es bei Staatsverträgen schwierig ist, in der Ausschussarbeit und in der Arbeit des Landtags noch etwas zu verändern, weil wir im Grunde am Schluss wieder vor der Frage stehen: Sagen wir Ja oder sagen wir Nein?

Die datenschutzrechtlichen Bedenken, die Frau Aures angesprochen hat, teile ich. Auch da müsste man sich überlegen, ob es wirklich so leicht sein sollte, dass Meldebehörden personenrelevante Daten ohne Wissen des Betroffenen weitergeben können sollen.

Hinzu kommt - Sie haben vollkommen recht -: Die meisten Petitionen haben die GEZ betroffen; diese Behörde hat sehr viel Unmut beim Bürger erzeugt. Nun werden wir die Behörde weiter haben und nach Aussage der Staatsregierung werden dort in der Übergangszeit durchaus vielleicht noch mehr Menschen arbeiten als vorher. Ein Bürokratieabbau, der auch geleistet werden sollte, wird zumindest mittelfristig nicht erreicht.

Ich denke, man sollte diese Punkte einmal ansprechen. Für mich ist ganz entscheidend - ich denke, wir werden in die Diskussion nicht einsteigen können der Systemwechsel. Ich sehe das Problem, dass mit dem Systemwechsel viele Betroffene zahlen müssen, die bis jetzt und in der Zukunft öffentlich-rechtliches Fernsehen nicht konsumieren. Deshalb sehen wir diesen Entwurf sehr kritisch.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächste Rednerin ist Frau Gote. Zum Abschluss spricht dann noch Frau Sandt.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNE halten den Systemwechsel weg von der geräteabhängigen Gebühr hin zur Haushaltsgebühr für richtig und für schon lange überfällig. Er ist richtig, weil die technische Konvergenz dafür spricht. Nach meinem Verständnis ist sie jedoch auch aus einem viel wichtigeren Grund berechtigt. In diesem Zusammenhang möchte ich die Argumente, die in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ein für die Gesellschaft wichtiges Kulturgut gefallen sind, noch verstärken und in Bezug zu dem setzen, was Herr Prof. Piazolo eben ausgeführt hat.

Ich gehe noch einen Schritt weiter: Auch derjenige oder diejenige, der oder die selbst den öffentlichrechtlichen Rundfunk nicht nutzt, partizipiert davon, dass es einen solchen in dieser Gesellschaft gibt. Das ist der eigentliche Wert, nämlich dass er ein konstituierendes Element unserer Gesellschaft darstellt. Er ist

wichtig für unsere Demokratie. Diejenigen, die ihn vielleicht nicht nutzen, partizipieren dennoch davon, ohne dass sie es vielleicht direkt merken. Ich glaube, dass man dieses Argument auch gegenüber denjenigen, die diesen Punkt kritisch sehen, stärken muss.

Dann sind wir allerdings auch verpflichtet, Qualität einzufordern - viel stärker, als wir es bisher getan haben. Ich sage nur einen Satz dazu: Dazu sind die Gremien aufgefordert, aber auch wir alle miteinander, das heißt alle Zuschauerinnen und Zuschauer sind dazu aufgefordert. Ich würde mir wünschen, dass bei dem, was wir in den öffentlich-rechtlichen Medien sehen, häufiger Protest geäußert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Hinweis, da bisher nur vom öffentlichrechtlichen Rundfunk die Rede war: Die Gebühren werden auch zugunsten der Landesmedienanstalten, also der BLM, erhoben. Das darf nicht vergessen werden. Auch der Privatrundfunk bzw. die für deren Kontrolle zuständige Behörde in Bayern finanziert sich aus den Rundfunkgebühren. Dass wir dort auch sparen können, Herr Schneider, haben wir an anderer Stelle in letzter Zeit häufiger diskutiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind der Meinung, dass die Wirtschaft zahlen soll. Das geht ganz in die Richtung der FDP, die das lange Zeit nicht wollte. Auch die Wirtschaft profitiert immens von dem Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots, überhaupt eines guten, qualitativen Rundfunkangebots in der Gesellschaft. Wir sind aber auch der Meinung, dass sie nicht mehr zahlen sollte als bisher. Auch in diesem Zusammenhang wollen wir genau hinschauen und sind auf die Evaluation gespannt. Wir sind gespannt, ob die Aufkommen der verschiedenen Gruppen relativ gleich bleiben.

In diesem Zusammenhang darf ich sagen: Ich halte von der Dienstwagenregelung gar nichts. Die geplante Regelung zu den Dienstwägen durchbricht das System, obwohl wir das gerade ändern wollten. Die Regelung ist dem neuen System fremd. Ich würde mir wünschen, dass wir davon ganz wegkommen. Ich finde es auch albern, die Dienstwägen zu zählen und den ersten freizustellen. Diese gehören für mich gar nicht in das System.

Wir haben aber bei diesem Systemwechsel riesige Probleme beim Datenschutz, und zwar nicht nur in der Übergangsphase, sondern generell. Diese Probleme betreffen viele Felder, wovon schon einige genannt worden sind. Die Daten, die von den Meldeämtern weitergegeben werden können, bereiten uns Probleme. Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel: Wenn

ich mich abmelde, weil ich zum Beispiel in eine andere Wohnung umziehe, dann soll ich verpflichtet sein, die Abmeldung begründende Lebenssachverhalte mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen. Das geht nun wirklich zu weit. Was hat es zu interessieren, warum ich mich abmelde und welcher Lebenssachverhalt dahintersteht? Die Wohnung zu verlassen ist doch wohl meine eigene Entscheidung. Es geht niemanden etwas an, warum ich das tue. Solche Regelungen in diesem Staatsvertrag halte ich für unsäglich und unerträglich. In diesem Zusammenhang gibt es mehrere Fälle. Es wurde gesagt, wir erreichten nun ein wunderbares Zeitalter, es stünde kein GEZMensch mehr vor der Tür, der uns ausspioniere. Gleichzeitig öffnet man aber das Tor, wonach die Behörde Drittfirmen beauftragen kann, Daten zu eruieren. Das ist vielleicht sogar noch schlimmer als das, was wir bisher hatten.

Wir wollen auch nicht, dass Aufgaben an Dritte delegiert werden können. Wir haben also Riesenprobleme damit. Wir haben diesmal versucht, das rechtzeitig durch einen Antrag im Landtag einzubringen. Damals wäre noch Zeit gewesen, das in den Staatsvertrag in Verhandlungen einzuarbeiten. Leider ist unser Antrag, der genau auf diese datenschutzrechtlichen Aspekte abgezielt hat, in diesem Hause von CSU und FDP abgelehnt worden. Die anderen drei Fraktionen haben zugestimmt. Wir hätten tatsächlich im Vorfeld etwas am Staatsvertrag ändern können. Jetzt können wir nur noch diskutieren und unsere Bedenken äußern. Wie Herr Piazolo schon sagt, können wir nichts mehr daran ändern. Man fragt sich dann auch immer, warum man eigentlich vertieft im Ausschuss darüber diskutieren soll. Wir werden uns überlegen, ob wir diesem Staatsvertrag - auch wenn er das Modell bringt, das wir wollen - zustimmen können, da die datenschutzrechtlichen Bedenken für uns immens sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Letzte Rednerin in dieser Aussprache ist Frau Sandt.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir sind froh, keine Würmer essen zu müssen und nicht in Glaskästen voller Kakerlaken kriechen zu müssen, um im bayerischen Fernsehen vorzukommen. Mit anderen Worten: Es hat sein Gutes, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nach der Quote schielen muss, sondern dass er auch komplexe politische Zusammenhänge darstellen kann, zum Beispiel zu den Themen Landesbank oder Referenzstudien. Der Kultur-, Bildungs- und Informationsauftrag gehört zum Wesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich wünsche allen Beteiligten im Dschungelcamp viel Spaß,

aber diese Kakerlaken- und Würmerkultur zeigt auch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen festen Platz im dualen System braucht und dass er auch eine gesicherte Finanzierung braucht.

Allerdings sehe ich auch eine andere Entwicklung diese wurde bereits angesprochen -, nämlich die Medienkonvergenz, also das Zusammenwachsen von Medien. Dies bedeutet, dass Sie mit Ihrem Handy, wenn es nicht klingelt, zum Beispiel Spiegel-Online, die Tagesschau-Online oder Süddeutsche-Online lesen können. Sie finden überall Texte, Bilder und kleine Filme. Was ist dabei Zeitung, was Online-Medium und was Rundfunk? Aufgrund dieser Medienkonvergenz konkurrieren unterschiedlichste Medien miteinander. Es ist ein hoch sensibler Wettbewerb. Wir sehen, dass es durchaus private Medien gibt, die hohen journalistischen Ansprüchen genügen, ohne Gebührengelder zu erhalten. Diese stehen im Wettbewerb zum gebührenfinanzierten Rundfunk. Deshalb müssen wir auf eine gute Ausgewogenheit im sensiblen Wettbewerb achten. Das ist auch unsere Aufgabe, wenn wir uns mit dem Rundfunkstaatsvertrag beschäftigen.

(Beifall bei der FDP)

Diese Medienkonvergenz bewirkt, dass eine gerätebezogene Gebühr, wie wir sie bisher hatten, nicht mehr zeitgemäß ist, da wir nicht mehr nur mit dem Fernseh- oder Radiogerät Rundfunk empfangen.

Es gibt für uns Liberale einen noch gravierenderen Grund, weshalb wir uns von der gerätebezogenen Gebühr dringend verabschieden müssen. Immer wieder haben sich Bürger beschwert, dass die GEZ-Beauftragten in Schlafzimmer gespäht haben, um festzustellen, ob dort vielleicht ein Rundfunkgerät steht. Mit dieser Schnüffelei ist jetzt endlich Schluss. Es widerspricht fundamental unseren Vorstellungen von einem freien Bürger, wenn er auf diese Art und Weise bespitzelt und durchleuchtet wird.

(Beifall bei der FDP)

Insofern ist dieser Schritt von der gerätebezogenen Gebühr zur Haushaltsabgabe wirklich ein entscheidender und großer Fortschritt. In die Details der Verhandlungen haben wir uns frühzeitig sehr intensiv eingebracht. Ein ganz wichtiger Punkt war für uns, dass die Staffelung der Gebühren für Betriebe so gestaltet wurde, dass kleine und mittlere Unternehmen nicht über Gebühr belastet werden. Das war nämlich in der ursprünglichen Fassung der Fall. Demnach hätten zum Beispiel Unternehmen mit bis zu vier Beschäftigten ein Drittel der Rundfunkgebühr gezahlt. Wir haben durchgesetzt, dass das für Unternehmen mit bis zu acht Beschäftigten gilt. Das betrifft bis zu 77 % der

Unternehmen in Bayern. Sie profitieren jetzt von der geringeren Gebühr. Die Degressionskurve wurde zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen abgeflacht. Davon profitieren diejenigen Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden.

Ferner konnten wir gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erreichen, dass das erste Auto pro Betriebsstätte gebührenfrei bleibt. Das ist mittelstandsfreundlich. Wir würden - da stimmen Sie mir zu, Frau Gote natürlich auch klar befürworten, dass Rundfunkgeräte in Autos gebührenfrei bleiben.

Was die Hotels betrifft, bin ich froh, dass die SPD erkannt hat, dass Bayern ein Tourismusland ist. Es ist wichtig, dass wir ein guter Standort für Hotels bleiben. Gerade auch für kleine Pensionen in Bayern, vor allem im Grenzland, ist es wichtig, dass sie nur ein Drittel der Gebühr zahlen müssen. Das ist ein großer Vorteil gegenüber dem ursprünglichen Rundfunkstaatsvertrag.

(Beifall bei der FDP)

Es ist richtig, dass Blinde und Sehbehinderte 30 % der Gebühr zahlen, wenn sie arbeiten und Geld verdienen. Allerdings ist auch ganz klar formuliert, dass mit diesem Aufkommen barrierefreie Angebote finanziert werden sollen. Da ist an die Audiodeskription für Blinde zu denken. Blinde sind auch verstärkt Radionutzer. Weiter ist hier an die Gebärdensprache für Gehörbehinderte zu denken. Uns ist wichtig, dass diese Hilfen verwirklicht werden.

Weiter ist wichtig, dass der Rundfunkstaatsvertrag evaluiert und geprüft wird, ob die Kfz ausgenommen werden können. Ein weiteres Ziel der Evaluierung ist das muss aus unserer Sicht noch präzisiert werden -, dass auch nach 2014 ein Datenkauf bei Dritten nicht infrage kommen soll.

Frau Kollegin, ich muss Sie leider darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit weit überschritten ist.

Okay! - Wir sind froh, dass der Koalitionspartner auch heute signalisiert hat, dass er die angesprochenen Punkte noch präzisieren wird. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass der Rundfunkstaatsvertrag in der Zweiten Lesung unterschriftsreif sein wird.

(Beifall bei der FDP)

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur zu überweisen - damit besteht Einverständnis. Dann wird so verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Verfassungsstreitigkeiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (siehe Anlage 1)

Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Nummer 4 der Liste im Einvernehmen aller Fraktionen abgesetzt worden ist. Darüber wird jetzt also nicht mit befunden.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen zu allen übrigen Verfassungsstreitigkeiten und Anträgen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme des Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend dieser Liste einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit werden also die Voten der Ausschüsse übernommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Vorweg mache ich darauf aufmerksam, dass sich die Redezeit wegen des Verzichts der FDP-Fraktion auf einen eigenen Plenardringlichkeitsantrag auf 24 Minuten pro Fraktion verkürzt.

Die ersten zwei Dringlichkeitsanträge, die zur Beratung kommen, sind: