Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir die Vorbemerkung, dass ich es als angenehm empfunden habe, dass diese nun fast zu Ende gehende Debatte trotz vieler unterschiedlicher Auffassungen weitestgehend sachlich geführt worden ist. Hierbei handelt es sich um ein Projekt von epochaler Bedeutung, um ein Jahrhundertprojekt, wie es meine Vorredner schon bezeichnet haben. Diese Debatte ist deshalb durchaus angemessen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichwohl ist das vorliegende Konzept nicht ideal.
Das ist kein Grund, vorbehaltlos "Hurra" zu schreien, gerade angesichts der Finanzierungsprobleme, die damit selbstverständlich verbunden sein werden. Darüber ist sich die CSU-Fraktion selbstverständlich im Klaren. Mit dem Gesamtkonzept Bahnknoten München, wie es jetzt vorliegt und in unserem Dringlichkeitsantrag zusammengefasst ist, sind keinesfalls alle Wünsche erfüllt. Bei vielen Kolleginnen und Kollegen sind natürlich noch nicht alle Zweifel beseitigt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dennoch plädiere ich dringend und mit Nachdruck dafür, dem Konzept Bahnknoten München und dem Dringlichkeitsantrag der CSU- und der FDP-Fraktion zuzustimmen.
Wir stimmen ebenfalls dem SPD-Antrag zu, jedoch ohne die Begründung, die ohnehin nicht beschlossen wird. Die Anträge der Freien Wähler und der GRÜNEN - das werden Sie nicht anders erwartet haben - werden wir natürlich ablehnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das vorliegende Konzept ist eine schlüssige Lösung für die zweite Stammstrecke und die Flughafenanbindung über den Ostkorridor. Im Zusammenwirken mit der ABS 38 werden
Synergieeffekte mit dem Güterverkehr geschaffen, die Auswirkungen auf ganz Bayern haben. Die Lösung kann in einem halbwegs absehbaren Zeitraum realisiert werden. Das ist wichtig, da mit der Olympiabewerbung für das Jahr 2018 und mit dem Auslaufen der GVFGBundesmittel bis zum Jahr 2019 dringender Handlungsbedarf geboten ist.
Das Konzept ist eine Lösung, deren Finanzierung möglich ist, sofern die Verhandlungen mit dem Bund erfolgreich verlaufen und es insbesondere gelingt, eine erweiterte Finanzierung unter dem Stichwort "olympianotwendige Maßnahmen" zu erreichen. Wir sollten Staatsminister Zeil und unserem Ministerpräsidenten mit unserem Beschluss Rückendeckung geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die enge Verknüpfung der Kernstadt München mit ihrem Umland durch das bestehende S-Bahn-System ist ein wesentlicher infrastruktureller Vorteil gegenüber den meisten weltweit vergleichbaren Metropolen. Dieses Verkehrssystem, verbunden mit den städtischen Verkehrsmitteln und den ergänzenden Bussystemen, hat sich gerade jüngst in einer ADAC-Studie als weltweit bestes ÖPNV-System erwiesen. Die Attraktivität der gesamten Region gerade im internationalen Wettbewerb wird wesentlich von den Angeboten des ÖPNV bestimmt. Allerdings hat das S-Bahn-System weitgehend seine Leistungsgrenze erreicht. Es weist heute die dreifachen Fahrgastzahlen gegenüber der Konzeptplanung Anfang der siebziger Jahre auf. Gerade aus den wachsenden Mittelzentren des Münchner Umlands wird der Bedarf nach Fahrplanverdichtungen und Fahrzeitverkürzungen laut. Das heutige S-Bahn-System muss daher optimiert werden und benötigt dazu aus Kapazitätsgründen und als Grundlage für die Verbesserung des gesamten Verkehrsystems eine zusätzliche Schieneninfrastruktur zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof.
Die heutigen und künftigen verkehrlichen Bedürfnisse erfordern eine Einbindung des Hauptbahnhofs und des Ostbahnhofs in diese zusätzliche Infrastruktur. Eine zweite S-Bahn-Stammstrecke als Tunnelstrecke zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof wird den verkehrlichen und betrieblichen Vorgaben gerecht und gibt Flexibilität für eine weitere Ertüchtigung des S-BahnSystems durch künftige Verdichtungen und durch die Einrichtung von Express-S-Bahn-Verbindungen. Von allen diskutierten Varianten erfüllt allein die zweite SBahn-Stammstrecke die Kriterien einer bundesweit einheitlichen Nutzen-Kosten-Untersuchung. Nur sie ist derzeit in einem engen Zeitfenster finanzierbar und damit realisierbar.
Der Nutzen-Kosten-Faktor der zweiten S-BahnStammstrecke liegt deutlich über 1,0, und dies ist überhaupt die Voraussetzung für eine Förderfähigkeit.
Der Freistaat Bayern allein könnte das Projekt keinesfalls schultern. Es wird schon größte Anstrengungen erfordern, den Landesanteil von rund 1,7 Milliarden Euro aufzubringen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht alle Wünsche können mit dem vorliegenden Konzept realisiert werden. Gleichwohl ist es für mich alternativlos, um das S-Bahn-System in München, das immerhin 60 % aller SPNV-Fahrgäste in ganz Bayern befördert, für die Zukunft zu ertüchtigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Recht sind die hohen Kosten angesprochen worden. Allerdings soll die S-Bahn München durch die zweite Stammstrecke für die nächsten 50 Jahre ertüchtigt werden, so wie die erste Stammstrecke 40 Jahre lang Erfolgsgarant des SBahnsystems war. Durch die zweite Stammstrecke werden auch ÜFEXe, überregionale Flughafenexpresszüge, geführt werden können. Das bedeutet, dass Fahrgäste mit diesen schnellen Zügen direkt in die Münchener Innenstadt zum Marienplatz - in die Innenstadt wollen immerhin 90 % aller Fahrgäste, die nach München fahren - fahren können, und sie können dann weiter zum Flughafen geführt werden.
Ich bitte um Zustimmung zu diesem Konzept und dem Dringlichkeitsantrag der CSU- und der FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus der Sicht der Freien Wähler mache ich ein paar ergänzende grundsätzliche Anmerkungen über das hinaus, was Herr Kollege Piazolo schon ausgeführt hat.
Herr Kollege Rotter hat gesagt: Nicht alle Wünsche können in diesem Zusammenhang erfüllt werden. Das werden wir in ganz Bayern schon ab dem morgigen Tag wieder zu spüren bekommen. Bei allen Diskussionen, die auch zu weiteren notwendigen Projekten geführt werden, über deren sachliche Bewertung wir uns im Wirtschaftsausschuss und auch sonst häufig einig sind, kommt zum Ausdruck, dass durchaus auch andere Regionen Bayerns solche Infrastrukturprojekte brauchen.
Nach dem heutigen Tag werden wir, wie sich die Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause abzeichnen, noch deutlicher vernehmen müssen, was alles wünschenswert oder notwendig ist und was alles nicht mehr finanzierbar sein wird.
Auch Kollege Kirschner hat davon gesprochen, dass es sich hier um eine Entscheidung handelt, von der die Menschen in ganz Bayern betroffen sein werden. Das ist durchaus wahr. Nur werden nicht alle gleichermaßen positiv betroffen sein.
Natürlich ist aus Münchener Sicht die Mittelkonzentration an dieser Stelle in vielfacher Hinsicht nachvollziehbar, wenngleich unsere Zweifel bezüglich des zweiten Tunnels schon vorgetragen worden sind und weiterhin bestehen.
Das führt zugleich zu der Konsequenz, dass viele andere Maßnahmen, für die Landesmittel und auch Bundesmittel eingesetzt werden müssen, dringend notwendig sind, aber in absehbarer Zeit nicht mehr finanzierbar sein werden. Viele der wesentlichen Maßnahmen sind schon genannt worden: München - Mühldorf - Freilassing, Anbindung Lindau, Elektrifizierung Nürnberg Hof, Regensburg - Hof. Das sind Beispiele, die ich hier auch unter Berücksichtigung der Belange aus dem Bayreuther Raum nenne. Ein weiteres Beispiel, das heute aber noch nicht genannt worden ist, ist der Schwarzkopftunnel.
Herr Kollege Muthmann, ich darf Sie für einen Moment unterbrechen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, Gespräche nur außerhalb des Plenarsaals zu führen. Wenn es nicht anders geht, möge man hier bitte die vielen freien Stühle in Anspruch nehmen.
Ein weiteres Beispiel aus der Region, aus der ich komme, ist die Bahnverbindung Passau - Plattling - Landshut - München, auf die wir dauernd drängen, weil sie genauso wie die Strecke Buchloe - Kaufbeuren verbesserungsbedürftig ist.
Ich greife noch einmal das Wort von Herrn Kollegen Kirschner auf. Er hat gesagt, was seitens der Staatsregierung vorgestellt und beschlossen worden ist, ist eine notwendige Maßnahme, weil sie Gesamtbayern an die Strecken anbindet. Das erinnert mich sehr an Anbindungsstrategien, die wir, wenn es um die Gesamtentwicklung Bayerns geht, gerade nicht wollen. Wir wollen vielmehr der Bedeutung des Zentrums München gerecht werden. Aber daneben wollen wir Entwicklungschancen und Entwicklungsberechtigungen des Gesamtraums Bayern ermöglichen. Das lässt sich durch bloße Anbindung an München nicht erreichen.
Deswegen glauben wir, dass unser Konzept, wie es Herr Kollege Piazolo für den Münchener Raum vorgestellt hat, ausreicht, den ganzen Entwicklungsbedarf in München zu befriedigen und mögliches Potenzial freizulegen, um die gleichberechtigte Entwicklung in an
deren Teilräumen Bayerns leichter zu ermöglichen, als es mit dem Konzept der Staatsregierung der Fall ist.
Im Sinne der Gleichwertigkeit der Teilräume Bayerns bitte ich, unserem Antrag die Unterstützung zu geben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hatte vier namentliche Abstimmungen angekündigt. Es war vorgesehen, dass über alle vier Dringlichkeitsanträge namentlich abgestimmt wird. Das ist jetzt überholt. Die Fraktion der Freien Wähler hat ihren Antrag auf namentliche Abstimmung zurückgezogen.
Wir stimmen zunächst über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 16/4470 ab. Über diesen Antrag stimmen wir nicht im Ganzen ab, sondern über die einzelnen Punkte getrennt, das heißt über die Punkte 1 und 2 sowie über den letzten Absatz, der die Planungen betrifft. Ist das allen klar? - Gut.
Jetzt stimmen wir über Punkt 1 des Dringlichkeitsantrags Drucksache 16/4470 ab. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD und der Freien Wähler. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.
Dann lasse ich über Punkt 2 abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der SPD. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung aus den Reihen der Freien Wähler.
Jetzt lasse ich über den letzten Absatz abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der SPD. Stimmenthaltungen? - Keine.
Zunächst lasse ich über den interfraktionellen Dringlichkeitsantrag von CSU und FDP betreffend "Gesamtkonzept Bahnknoten München zügig umsetzen" Drucksache 16/4454 abstimmen. Die Urnen stehen bereit. Ich
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die Stimmabgabe. Ich bitte, die Stimmen außerhalb des Saales auszuzählen. - Die Urne ist leer. Ich kann die nächste namentliche Abstimmung vornehmen lassen. Wir stimmen ab über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, betreffend "Nein zu den aktuellen Planungen zur Ertüchtigung des Bahnknotens München", Drucksache 16/4457.
- Die drei Minuten sind um. Ich schließe die Stimmabgabe. Ich bitte, die Stimmkarten wieder außerhalb des Plenarsaales auszuzählen, damit wir weitermachen können. Das Ergebnis geben wir dann später bekannt. - Die Urne ist für uns alle sichtbar leer. Wir können die weitere namentliche Abstimmung vornehmen. Ich lasse jetzt abstimmen über den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD betreffend "Zukunftskonzept Bahnknoten München ohne jegliche weitere Verzögerung umsetzen", Drucksache 16/4471. Ich bitte, die Stimmkarten einzuwerfen. Die Stimmabgabe ist eröffnet. Drei Minuten. -
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Stimmabgabe. Ich bitte, die Stimmkarten auszuzählen. Wir geben dann die Ergebnisse dieser drei namentlichen Abstimmungen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt. Nun darf ich bitten, die Plätze einzunehmen, damit wir die Sitzung wieder aufnehmen können.
Bis 23.00 Uhr ist eine lange Zeit. Wir können eventuell aber auch früher fertig werden. Dann müssen wir aber zügig fortfahren.