Die Bundesfamilienministerin hat das im Übrigen auch erkannt. Ich zitiere: Kinder brauchen nicht mehr Geld, sondern sie brauchen gute Betreuung. – Das ist ein Zitat Ihrer Familienministerin.
Mit der Idee, ein Betreuungsgeld für Eltern zu fordern, stehen Sie allein, Herr Unterländer. Was noch viel schlimmer ist: Mit dieser Idee gefährden Sie den Ausbau der Kinderkrippen auch in Bayern. Die Situation hinsichtlich der Versorgung mit Kinderkrippen ist in Bayern – wie wir bereits feststellen mussten – aus ideologischen Gründen völlig unzureichend. Mit den jetzt beschlossenen Bundesmitteln, Investitionszuschüssen und Betriebskostenzuschüssen könnten wir es endlich schaffen, das Betreuungsangebot ausreichend auszubauen. Endlich hätten wir die Möglich, tatsächlich für jedes Kind, das einen Platz braucht, einen solchen zu schaffen.
Jetzt kommen Sie mit Ihrer Idee vom Betreuungsgeld, ohne einen Vorschlag zu machen, wie das fi nanziert
(Unruhe bei der CSU – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Jetzt regen sich nur die CSU-Männer über dieses Unwort auf!)
Mit dieser Forderung werden Mütter belohnt – in der Regel sind es die Mütter, die zuhause bleiben – und Mütter, die arbeiten, werden bestraft.
Ich möchte das an einem Beispiel ausführen: Eine Mutter – das kann auch ein Vater sein –, die halbtags arbeitet, erzieht doch trotzdem noch zu einem gewaltigen Anteil Kinder. Diese Mutter oder dieser Vater versucht aus eigenen Mitteln die Familie zu ernähren. Sie oder er zahlen selbst ihre Krankenkassenbeiträge, ihre Beiträge zur Rentenversicherung und jetzt sollen sie bestraft werden, indem sie keine Förderung erhalten, obwohl sie vielleicht für ihre Familie auch eine Förderung benötigten.
Sie haben zusätzlich hohe Betreuungskosten. Ist das gerecht, Herr Unterländer? Ermöglichen wir so den Familien eine Wahlfreiheit?
Der Staat darf nicht in die Familie hineinregieren – das haben Sie vorhin gesagt, Herr Unterländer. Das ist richtig. Auch ich bin dafür. Ich bin aber dagegen, dass wir Familien, die sich für Familie und Beruf entscheiden, benachteiligen.
Ich habe mir einmal den Bundeshaushalt angeschaut, Herr Kollege, weil Sie so engagiert mitdiskutieren: 184 Milliarden umfasst der Familienetat. Ein Großteil dieses Etats geht in Transferleistungen für Frauen, die sich für Familie entschieden haben und die zuhause bleiben. Das sind Ehegattensplitting, Rentenleistungen, die Familienkrankenversicherung und das Elterngeld, das Renate Schmid auf den Weg gebracht hat. Das sind Transferleistungen, die Frauen bekommen, die zuhause bleiben.
Das ist gut so, das ist aber auch ausreichend. Wir müssen jetzt für die sorgen, die sich für einen anderen Weg entschieden haben, die wir über Jahre vernachlässigt haben. Wir haben in Bayern über Jahre keine Betreuungsplätze geschaffen. Wir müssen jetzt endlich an die denken, die einen anderen Weg wählen und die ihre Familie anders strukturieren wollen. Nur so können wir wirkliche Wahlfreiheit schaffen.
Ich möchte einen Gedanken der Solidarität aufgreifen: Niemand käme auf den Gedanken, wenn eine Kommune zum Beispiel ein Schwimmbad einrichtet und er selbst nicht in dieses Schwimmbad gehen kann – vielleicht aus gesundheitlichen Gründen –, ein Schwimmbadgeld zu fordern. Aber sie kommen jetzt bei Kinderbetreuungseinrichtungen auf die Idee: Wenn Familien diese Kinderbetreuung nicht brauchen, sollten sie eine Ausgleichsleistung bekommen.
Das ist doch der falsche Weg, Herr Spaenle. Das scheint sehr richtig zu sein, wenn Sie sich so engagieren.
Sie kürzen das Landeserziehungsgeld und stellen jetzt Forderungen an den Bund. Eine Familie mit drei Kindern hat nach dem jetzigen Gesetzentwurf der Staatsregierung noch 6900 Euro an Landeserziehungsgeld zu erwarten. Sie hat damit 2928 Euro weniger als bisher. Bisher hatte sie mehr Geld. Sie kürzen dieses Geld radikal und wollen jetzt erreichen, dass der Bund dieses Geld übernimmt. Das ist doch scheinheilig.
Herr Kollege Unterländer, Sie haben auch festgestellt, dass die Familienpolitik letztlich dem Kindeswohl dienen solle. Wie wollen Sie aber sicherstellen, dass das Geld wirklich bei den Kindern ankommt?
Sicherlich gibt es vernünftige Eltern. Ich möchte Ihnen da gar nicht widersprechen. Es gibt aber auch unvernünftige Eltern. Ich möchte wie die Familienministerin erreichen, dass dieses Geld bei den Kindern ankommt. Deshalb ist die Idee mit den Gutscheinen besser als Ihr Antrag.
Ich habe noch eine Minute Zeit. Deshalb möchte ich abschließend einen Appell an die CSU-Frauen richten. Wie sieht denn die Realität im Berufsleben aus? Ist es wirklich sinnvoll, Frauen zu raten, drei Jahre zuhause zu bleiben? Ich kenne in meiner Gegend Firmen, die Frauen nach dem Babyurlaub anschreiben, sie sollten zuhause bleiben, damit sie Männern nicht den Job wegnähmen. So sieht die Realität aus. Diese Frauen kommen nicht mehr in ihren Beruf rein. Sie müssen sich mit 400-EuroJobs zufrieden geben.
Diese Frauen können nicht mehr selbst für sich sorgen. Tun wir den Frauen etwas Gutes, wenn wir ihnen raten, drei Jahre zuhause zu bleiben? Viele Ehen scheitern. Das Scheidungsrecht geht übrigens von einer absoluten Gleichberechtigung aus. Es geht davon aus, dass sich die Frauen selbst versorgen können und sogar versorgen müssen. Geschiedene Frauen sollen nach Ihren Vorstellungen arbeiten müssen und die anderen sollen es nicht dürfen. Ich frage mich wirklich, was das für eine Politik sein soll.
Herr Kollege Unterländer und Herr Kollege Herrmann, ist es gerecht, wenn wir Alleinerziehende in die Armut treiben, weil sie vorher nicht die Möglichkeit hatten, in ihrem Job Fuß zu fassen?
Erkennen Sie endlich, dass wir andere Wege beschreiten müssen, wenn wir eine effektive und moderne Familienpolitik machen wollen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich hat Frau Familienministerin von der Leyen es gegen den überwiegenden Widerstand aus ihrer eigenen Partei geschafft, durchzusetzen, dass die Kinderkrippen auf 35 % ausgebaut werden.
Herr Kollege Unterländer, allerdings dauerte die Freude nicht lange, da kam gleich aus Bayern wieder eine tolle
Idee, wie dieses Konzept verwässert und vermasselt werden könnte. Bayern möchte ein, wie Sie es nennen, Betreuungsgeld – wir nennen es „Herdprämie“ – einführen.
Interessant ist, dass dieses Anliegen überwiegend von Männern vertreten wird. Auch heute hat wieder ein Mann Ihrer Fraktion dazu gesprochen. Das wundert mich nicht; Sie haben ja kaum Frauen. Trotzdem wären einige Frauen da gewesen, die das besser und glaubwürdiger hätten vertreten können.
Herr Kollege Unterländer, Sie werden dabei tatkräftig von meinem katholischen Lieblings-Bischof Mixa, der sich auch in diese Debatte wieder mit passenden Bemerkungen eingemischt hat, unterstützt. Die konservativen Ideologen in Ihren Reihen bremsen die Anpassung des Familienbildes an die Realität.