Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Es ist schön, dass um die Zeit auch noch etwas Humor herrscht, gerade bei diesem Thema. Ich muss auch sagen, ich bin froh, dass noch eine Reihe Kolleginnen und Kollegen hier sind. Denn das Thema ist eigentlich zu ernst.
Danke. Ich freue mich immer wieder über den Kollegen Wahnschaffe und diese Freundlichkeit. Aber da steckt irgendwas dahinter, da bin ich schon vorsichtig.
Meine Damen und Herren Kollegen, der Kollege Hallitzky hat vorhin Zahlen genannt, die ich durchaus wie er werte, nämlich als dramatisch.
Genau, Kollege Wahnschaffe. Aber man sollte auch nicht überziehen und überzeichnen. Denn für Panikmache ist Gott sei Dank kein Platz.
So ist es. Wir wollen es nicht schönreden, sondern wir wollen sehen, was Sache ist, und wir wollen sehen, was wir daraus nehmen können.
Hintergrund sind Zahlen – und das muss ich Ihnen allerdings sagen, meine Damen und Herren Kollegen –, die von besonders vielen nicht versorgten Bewerbern ausgehen. Das liegt daran, dass man das Verfahren VerBIS der Bundesagentur zugrunde legt. Dieses Verfahren ist aber im Moment am Start. Es gibt zurzeit keine Zahlen mehr seitens der Bundesagentur für nicht versorgte Bewerber, weil es nämlich, wie bei jeder Umstellung von Computern möglich und auch üblich, allgemeine Probleme in der Umstellung gibt.
Besonders Jugendliche, die bereits ein konkretes Angebot in Aussicht haben, werden nicht wie bisher als versorgt erfasst, sondern erst wenn sich das Angebot tatsächlich realisiert. Jetzt kommt das Problem: Viele melden gar nicht, dass sie inzwischen eine Stelle haben.
Der VerBIS-Effekt wird von der Bundesagentur mit einer statistischen Zunahme von bis zu 25 Prozent gerechnet. Das muss man schon sehen, und das ist natürlich eine Situation, an der sich nichts geändert hat, nur die Zahlen werden anders aufgefasst.
Die Bundesagentur hat deshalb – und das ist ein Faktum – die Zahl der nicht versorgten Bewerber bis September 2006 auf Eis gelegt und gibt jetzt keine Zahl mehr heraus. Wir hatten eine gemeinsame Pressekonferenz vor und konnten sie nicht durchführen, weil wir aufgrund der vorhandenen Zahlen nicht so arbeiten konnten.
Die Zahlen will ich Ihnen gerne noch einmal geben, Herr Kollege Hallitzky; denn da haben Sie nicht ganz Unrecht. Wir müssen von 64 552 gemeldeten Stellen, aber von 96 142 Bewerbern ausgehen. Im Juni 2006 waren somit 31 590 Stellen weniger gemeldet, als wir Bewerber hatten.
Im Juni 2005, Kollege Wahnschaffe, auch da haben Sie Recht, waren es 26 104. Wir haben also eine Veränderung. Wir haben allerdings auch bei einer insgesamt zu erwartenden Absolventenquote bis einschließlich Mittlerem Bildungsabschluss von 117 500 Absolventen 2800 mehr Absolventen als im letzten Jahr. Wir haben damit diese berühmte Bugwelle und das alles macht uns die Arbeit nicht leichter.
Aber auf die Jungarbeiterklassen zu verweisen, ist kein Beispiel; Sie haben es eben schon gehört. Es ist wichtig, bei den Jungarbeiterklassen zu unterscheiden zwischen denen, die wirklich auf diesen Bereich hin eine Ausbildung anstreben und denjenigen, die gar nicht mehr so
Weil wir eben diese hohen Zahlen bei den Ausbildungsverhältnissen haben, muss man auch den Betrieben Dank sagen; bei der IHK haben wir eine Steigerung von 2,1 % landesweit, bei der Handwerkskammer von 1,6 %.
Wir haben vor, 3900 Ausbildungsplätze zusätzlich zu schaffen, wie es Frau Kollegin Stiersdorfer vorhin so deutlich gesagt hat. Wir haben auch die Mobilitätshilfe. Sie ist ebenfalls bereits genannt worden, und wir haben die Ausbildungsakquisiteure, die in den vergangenen Jahren über 10 000 neue Ausbildungsstellen geschaffen haben.
Kollege Hallitzky, eine Zahl stimmt nicht. Sie haben behauptet, dass 70 % der ausbildungsberechtigten Unternehmen nicht ausbildeten. Es sind knapp 50 % und deshalb müssen wir auch daran noch arbeiten, und da bitte ich alle, mit in die gleiche Richtung zu marschieren, damit wir zum Ziel kommen.
Meine Damen und Herren Kollegen, „Fit for Work“ hat seine Erfolge, auch wenn das die Opposition naturgemäß nicht gern sieht. Wir haben erheblich dazu beigetragen, und es stimmt nicht, Frau Weikert, wenn Sie sagen, es wäre in der jetzigen Situation ein Scheitern der „Fit-forWork“-Arbeit zu erkennen.
Wir haben sowohl im Jahre 2004 als auch im Jahre 2005 jedem, der ausbildungswillig und ausbildungsfähig war, einen Ausbildungsplatz oder zumindest eine Nachqualifi zierung angeboten.
Da stört mich dann etwas, wenn ich feststellen muss, dass wir im letzten Jahr 3000 Qualifi zierungsmöglichkeiten nicht besetzen konnten, und dass wir bei dem gesamten Umfeld, nämlich auch bei den Lehrberufen, eine ganze Reihe von Berufsanfängern hatten, die abgebrochen haben, aus welchen Gründen auch immer. Diese Stellen sind dann großenteils nicht mehr besetzt worden, weil das Interesse an bestimmten Berufen – das können wir ganz richtig so sagen – gerade im Handwerk wie beispielsweise Metzger, Bäcker oder Schreiner, nicht so groß ist, wie an Berufen wie beispielsweise der Anwaltsgehilfi n oder der Arzthelferin.
Das sind so Dinge, die wir uns für die Zukunft merken müssen. Wir müssen versuchen – und da nützen Ihnen Ihre 14 Millionen auch nichts, Frau Weikert –, das Interesse der jungen Leute auch an handwerklichen Berufen wieder zu wecken, die weiß Gott in der Zukunft gebraucht werden.
Ganz zum Schluss möchte ich Ihnen noch Folgendes sagen. Ich halte es für nicht geeignet, Frau Kollegin Weikert, wenn Sie die Kollegin Stiersdorfer als unehrlich bezeichnen, weil sie eine andere Meinung hat. Das war nicht die feine englische Art.
Das stimmt schlichtweg nicht. Was wir tun wollen und müssen ist, hier nicht nebeneinander oder gegeneinander zu argumentieren, sondern gemeinsam die Sache voranzubringen. Das geht am besten dadurch, dass wir hier gemeinsam Flagge zeigen und nicht politische Arbeit in der Form machen, dass der eine von dem, was der andere sagt, grundsätzlich behauptet, das sei nichts wert.
Meine Gesamtzusammenfassung lautet: Wir werden alles tun müssen, um über Berufsberatung, über Nachvermittlungsaktionen, die bisher knapp 30 ´% nicht mehr besuchen – auch das ist ein schlechtes Zeichen –, dafür zu sorgen, dass unsere jungen Leute erstens Interesse zeigen und zweitens unsere Ausbilder unterstützt und nicht schlecht gemacht werden. Deswegen mein Appell an alle hier im Hohen Hause: Wir können es schaffen, aber wir müssen zusammenhalten.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/5919, das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN „Mehr Ausbildungsplätze für Bayern“, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/5920, das ist der Antrag der CSU-Fraktion „Gemeinsam für mehr Ausbildungsplätze in Bayern“, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die CSUFraktion. Wer ist dagegen? – Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion ist der Antrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/5921, das ist der Antrag der SPD-Fraktion „Ausbildung fördern – in Bayerns Zukunft investieren“ seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Die CSU-Fraktion. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Dringlichkeitsanträge 15/5922, 5923, 5924 und 15/5925 werden in die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Damit sind wir am Ende des langen Arbeitstages. Ich darf mich bei Ihnen, die Sie bis zum Schluss geblieben sind, herzlich bedanken. Einen herzlichen Dank sage ich auch an die Stenografen. Ich muss wirklich sagen, es ist beachtlich, was die Damen und Herren Stenografen heute geleistet haben. Vielen Dank.