Protocol of the Session on July 6, 2006

Dieses Verhalten entlarvt Ihren heutigen Antrag, Ihren Placebo-Antrag, als hohles Geschwätz, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fordern Sie auf, die Zahl der Ausbildungsplätze im Freistaat auf ein Niveau zu erhöhen, das dem der anderen Bundesländer entspricht, und zwar auf etwa 3 %. Dabei müssen wir auch daran denken, die Ausbildung so zu konzipieren, dass eine Verwendbarkeit der Auszubildenden auch außerhalb des öffentlichen Dienstes langfristig möglich ist. Das würde im Übrigen auch der Hofer Beamtenfachhochschule nicht schaden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Breitschwert?

Ja, aber gerne doch.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass unter Rot-Grün fast die Hälfte der Meisterberufe abgeschafft wurde und dass naturgemäß für Berufe, für die kein Meisterprinzip gilt, eine Ausbildung nicht mehr möglich ist?

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Mit Zustimmung des Bundesrates! – Weitere Zwischenrufe von Abgeordneten der SPD – Gegenruf des Abgeordneten Henry Schramm (CSU): So ist das doch falsch!)

Lieber Herr Kollege, erstens. Es ist mir bekannt. Zweitens. Es ist für ein Unternehmen, das vernünftig geführt wird, dennoch sinnvoll auszubilden, weil die Unternehmen Fachkräfte brauchen. Drittens. Sie wissen, dass die Abschaffung des Meisterzwanges – Sie als die angeblich großen Entbürokratisierer – Hintergründe hatte und insgesamt erfolgreich war. Verwechseln Sie also nicht Äpfel mit Birnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Gesellschaft kann sich den Luxus nicht länger leisten, dass bei immer mehr Jugendlichen die Integration in den Arbeitsmarkt, in den Ausbildungsmarkt, in die Gesellschaft nicht gelingt. Die bayerischen Landespolitiker sind gefordert, die Hoffnung der Jugendlichen auf Zukunft nicht zu enttäuschen, anstatt solche Papiere zu produzieren wie Sie. Dazu sind unser Antrag und der Antrag der SPD geeignet. Ihr Antrag, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ist leider sinnlos und leer. Sie wissen, wir stimmen Ihnen gerne zu, wenn etwas dahinter steht. Heute können wir das leider nicht tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Bevor ich Frau Kollegin Stierstorfer das Wort erteile, komme ich zu Tagesordnungspunkt 6 zurück und gebe das Ergebnis der vorher durchgeführten namentlichen Abstimmung zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Entwurf einer Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern gemäß Artikel 17 Absatz 2 des Bayerischen Landesplanungsgesetzes auf Drucksache 15/4835 bekannt. Mit Ja haben 68 gestimmt, mit Nein 34, Enthaltungen: eine. Der Landtag hat damit der Verordnung zugestimmt, allerdings mit der Maßgabe, dass die Staatsregierung beim Erlass der Verordnung verschiedene Änderungen durchführt und darüber hinaus verschiedene Landtagsbeschlüsse berücksichtigt. Der Tagesordnungspunkt 6 ist damit endgültig erledigt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 13)

Wir fahren in der Beratung fort. – Frau Kollegin Stierstorfer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag „Gemeinsam für mehr Ausbildungsplätze in Bayern“ unterstreicht die CSU-Landtagsfraktion erneut, dass sie der Förderung der Ausbildung unserer jungen Menschen in Bayern eine sehr große Bedeutung beimisst. Wir sehen selbstverständlich die aktuelle Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt mit Sorge; denn leider kann sich auch Bayern dem bundesweiten negativen Trend nicht entziehen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wer regiert in Berlin?)

Zu beachten ist aber, dass es sich um eine reine Geschäftsstatistik handelt. Viele Betriebe melden freie Ausbildungsplätze nicht an die Arbeitsagenturen. Deshalb ist es natürlich unser Ziel, die Lehrstellenlücke im zweiten Halbjahr dieses Jahres zu schließen, so wie es uns auch bereits im Jahr 2004 bei gleicher Situation am Ende des Jahres gelungen ist.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CSU)

Es ist wichtig, uns in dieser Situation vor Augen zu führen, dass wir in diesem Jahr den absoluten Höchststand bei den Schulabgängern bis zum mittleren Schulabschluss erreichen. Das Jahr 2006 wird somit eine Wende auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einläuten. Ich appelliere deshalb an unsere Unternehmer in Bayern, angesichts der ab 2007 rückgängigen Zahl der Schulabgänger bis zum mittleren Schulabschluss rechtzeitig in gut ausgebildete und motivierte Nachwuchsfachkräfte zu investieren.

Wir sind aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und dem erfreulichen Aufschwung auf dem bayerischen Arbeitsmarkt zuversichtlich, dass es uns auch in diesem Jahr gelingen wird, ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen in Bayern einen Ausbildungsplatz oder eine Weiterqualifi zierung anzubieten. Positiv stimmt uns auch, dass die Zahl – lieber Herr Hallitzky – der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Juni 2006 gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist, und zwar bei der IHK um 534 auf 26 768, ein Plus von 2,1 %, und bei der Handwerkskammer um 146 auf 9248, ein Plus von 1,6 %.

Dass 70 % der Betriebe nicht mehr ausbilden, kann man so nicht stehen lassen. Der Mittelstand trägt einen großen Anteil und bildet circa 84 % der jungen Menschen aus, das Handwerk circa 35 %. Es ist natürlich wichtig, dass wir uns die allgemeinen Wirtschaftsdaten vor Augen führen. Die Anzeichen auf dem Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 6,4 % sind erfreulich, und die Zunahme der sozialversicherungspfl ichtigen Beschäftigungsverhältnisse läutet einen positiven Trend ein.

Mit dem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, ein Werkstattjahr einzuführen, haben wir uns bereits auseinandergesetzt. Das „Werkstattjahr ist eine reine Parkmaßnahme“, schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Nach einer Untersuchung des Bundes fi nden nur 30 % der Teilnehmer im Anschluss an die außerbetriebliche Bildungsmaßnahme eine Lehrstelle. Wir von der

CSU-Landtagsfraktion wollen dagegen Jugendliche möglichst schnell in eine Ausbildung bringen und setzen daher auf die Neuaufl age von „Fit for work“. Mit der Maßnahme sollen viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden, so wie in den vergangenen Jahren Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen wurden. Diesen Erfolg setzen wir fort. Ihrer Kritik, die Bayerische Staatsregierung tue nichts, muss ich widersprechen. Mit circa 19 Millionen Euro fördern wir „Fit for work“ und wollen damit 3900 zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen.

Zum Kernpunkt, was sich geändert hat und was wir verändert haben: Durch die Ausweitung der Mobilitätsbeihilfe auf weitere bayerische Agenturbezirke können mehr Jugendliche als in den Vorjahren gefördert werden. Es gibt jetzt auch die Möglichkeit, grenznahe Bereiche zu fördern. Zum ersten Mal werden Ausbildungsverbünde von bayerischen europäischen Unternehmen gefördert. Die Praxisklassen werden weiterhin gefördert. Die Ausbildungsplatzakquisiteure werden mit 2,2 Millionen Euro wieder zum Einsatz gebracht; circa 3900 sind aktiv.

Dass uns die Ausbildungsförderung wichtig ist, zeigt die Tatsache, dass wir seit 1997 im Rahmen des Arbeitsmarktfonds insgesamt 325 innovative Projekte mit 72 Millionen Euro gefördert haben. Zwei davon will ich herausstellen. Für laufende Projekte werden 5 Millionen Euro herausgegeben: in Fürth ein Projekt zur Stärkung der Sozialkompetenz und Ausbildungsfähigkeit und in Bamberg ein mobiles Ausbildungs-Coaching. Ich meine, dass der Freistaat viel tut. Wir sind alle gefordert, uns anzustrengen, um unserer Jugend eine Zukunft und eine Chance zu geben. Der Freistaat Bayern leistet einen Sonderbeitrag und stellt 100 zusätzliche Ausbildungsplätze im staatlichen Bereich zur Verfügung.

(Beifall bei der CSU)

Im Rahmen der Jugendsozialarbeit werden 94 Stellen mit jährlich 1,7 Millionen Euro gefördert. Bis zum Jahr 2013 werden insgesamt 350 Stellen an bis zu 500 Schulstandorten geschaffen. Ich bin der Meinung, dass wir das noch weiter ausbauen und unterstützen können, um den Jugendlichen einen Weg ins Berufl eben aufzuzeigen.

Ich bitte Sie ganz herzlich, diesen Dringlichkeitsantrag zu unterstützen. Er unterstreicht unseren festen Willen für eine gemeinsame Anstrengung im Jahr 2006, den ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz oder ein anderes Hilfsangebot anzubieten.

(Beifall und Zurufe von der CSU: Bravo!)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Weikert.

Kolleginnen und Kollegen! Das waren viele Zahlen sehr schnell nacheinander. Versuchen wir, das Ganze systematisch anzugehen: Fakt ist, dass nach den neusten Berichten der Agentur für Arbeit zurzeit mit Stand Juni 2006 auf 100 Bewerber auf dem Ausbildungsmarkt 70 offene Stellen kommen. Es gibt große regionale Unter

schiede; das ist allen bekannt. Laut diesen Zahlen werden circa 30 % der Schulabgänger in diesem Jahr keine Lehrstelle erhalten.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): So eine Relation hatten wir in den letzten fünf Jahren nicht!)

Danke für den Hinweis, Kollege Wahnschaffe. Diese Relation steigert sich enorm und hat sich in den letzten Jahren immer weiter aufgebaut. Diese Entwicklung hält seit vielen Jahren an.

Jetzt komme ich zum Antrag der CSU, Kolleginnen und Kollegen, von dem die Kollegin Stierstorfer sagt, mit ihm werde die große Bedeutung des Themas unterstrichen. Dass die große Bedeutung des Themas von der CSU unterstrichen werden muss, ist klar. Denn inzwischen schreien alle Sozialverbände, die Caritas, die Katholiken usw. im ganzen Land Bayern auf und sagen: Hier muss dringend etwas getan werden.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ich will hierzu eine kurze Episode bringen. Vor zwei Wochen war ein großer Kongress in Nürnberg, an dem auch ihr Kollege Imhof teilgenommen hat; leider ist er jetzt nicht mehr da. Am Rande dieses Kongresses hat er gegenüber der Presse erklärt, jetzt sei ihm klar geworden, dass der Freistaat Bayern in Sachen Ausbildung etwas tun muss.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da schau her!)

Das habe ich mit Interesse gelesen und habe mir gedacht: Jetzt bin ich mal gespannt, ob die CSU wirklich etwas dazugelernt hat. – Ich muss schon sagen: Ihr Antrag, der heute vorliegt, und von dem Kollege Hallitzky gesagt hat, er sein sinnlos und leer, ist eine Frechheit.

(Beifall bei der SPD – Peter Welnhofer (CSU): Na klar!)

Denn Sie sprechen in diesem Antrag von der Sorge, die Sie um die Jugendlichen in diesem Land haben. Sie bringen darin die Hoffnung zum Ausdruck – wohlgemerkt: die Hoffnung –, dass sich etwas ändert. Sie schreiben hier wörtlich:

… hofft der Landtag, dass es … auch in diesem Jahr gelingen wird, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen in Bayern einen Ausbildungsplatz oder eine Weiterqualifi zierung anzubieten.

Sie hoffen das. „Auch“ bedeutet nach den Regeln der deutschen Sprache: Im letzten Jahr ist das schon einmal passiert. – Da, Kolleginnen und Kollegen, stockt mir wirklich der Atem angesichts eines Schreibens des Sozialministeriums, das mir vorliegt und das vom Juni datiert. Aus diesem Schreiben geht deutlich hervor, dass es an den

bayerischen Berufsschulen – es ist übrigens heute noch einmal in der Antwort auf eine Mündliche Anfrage des Kollegen Hallitzky bestätigt worden – über 19 000 Jugendliche gibt, also fast 20 000, die in den sogenannten Jungarbeiterklassen ohne jegliche Perspektive, ohne jegliche sinnvolle Weiterqualifi zierung nicht „geparkt“, sondern in eine Schublade geschoben werden. Mit ihnen passieren keinerlei Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, es ist schon wirklich dreist, dann zu behaupten, der Landtag hoffe „auch“. Ich beziehe mich jetzt auf das Wörtchen „auch“ in Ihrem Antrag.

Frau Kollegin Stierstorfer, ich habe eigentlich gedacht, Sie sind eine ehrliche Politikerin.

(Zurufe von der CSU – Henning Kaul (CSU): Das geht aber zu weit!)

Sie sagen, es sei 2004 gelungen, alle Jugendlichen in Bayern zu versorgen. Mit dieser Aussage würde ich gerne mal in die Hauptschulklassen gehen und den Jugendlichen, die 30, 40 Bewerbungen geschrieben haben, dieses Zitat vorhalten. Ich würde gerne diejenigen in den Jungarbeiterklassen einsammeln, die man da überhaupt noch fi ndet. Sie wissen ganz genau, dass diese Maßnahme pädagogisch so „daneben“ ist, dass man es gar nicht beschreiben kann; diese Jugendlichen trifft man in den Schulen zum Teil wirklich nicht mehr an, weil sie längst jede Motivation und jegliches Vertrauen in aktive Politik verloren haben. Und Sie schreiben in Ihrem Antrag „auch in diesem Jahr“.

Ich komme zu dem Programm „Fit for work“, das Sie auch schon genannt haben. Okay, alles klar. Ich muss Ihnen aber schon sagen, und Sie wissen es natürlich auch, dass Sie mit diesem Programm „Fit for work“ Gelder aus dem europäischen Sozialfonds umleiten. Sie sind Meister, Kolleginnen und Kollegen von der CSU im Verkünden wohlklingender und schöner Dinge in diesem Land. Die Gelder werden dem Freistaat Bayern vom Europäischen Sozialfonds zielgerichtet für strukturelle Maßnahmen, insbesondere für Ausbildung, zur Verfügung gestellt. Sie sagen dann noch, das hätten Sie getan. Es ist schließlich Ihre Verpfl ichtung, Kolleginnen und Kollegen. Die 19 Millionen, die Sie bekommen, dürfen Sie nicht etwa zum Ausbau der Staatskanzlei ausgeben oder für andere Zwecke; Sie müssen sie in die Weiterentwicklung des Arbeitsmarktes stecken.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Gott sei Dank!)

Das Programm „Fit for work“ ist ja okay, es schafft Ausbildungsplätze. Wir sind voll dabei. Ich gehe weiter und komme zur Analyse des Programms „Fit for work“ im Jahr 2005. Dazu liegt ein Bericht aus dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vor. Sie können ihn nachlesen. Darin steht: Die Förderung der Verbundausbildung war schon im Jahr 2004 wenig erfolgreich. – Mich würde mal interessieren, warum das so ist. Warum? – Ich weiß aus vielen Kommunen, dass

die Verbundausbildung, auch die Ausbildung über örtliche Beschäftigungs-GmbHs – ich weiß es in Nürnberg konkret von der Noris-Arbeit – ein durchaus erfolgreiches Modell ist, wenn man es nur konkret angeht und vielleicht dafür wirbt. Dass die Verbundausbildung von Ihnen als wenig erfolgreich bezeichnet wird, zeigt, dass Sie die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft haben.