Protocol of the Session on April 26, 2006

Das Wichtigste, was wir aus den Hochwasserereignissen der letzten sechs Jahre bis in die jüngste Gegenwart hinein zu lernen haben, ist: Wir müssen unsere Flüsse einschließlich der Nebenfl üsse als Gesamtsystem erkennen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Beim Hochwasserschutz müssen wir von der Mündung bis zur Quelle die notwendigen Konsequenzen ziehen. Wir reden heute über das berühmt gewordene Hochwasserdorf Moos. Dieser Ort leidet darunter, dass in der Vergangenheit nicht immer die notwendigen Konsequenzen gezogen wurden. Moos ist in den letzten sechs Jahren – auf bayerisch gesagt – dreimal „abgesoffen“, weil am Flussoberlauf Maßnahmen ergriffen wurden, die dort zwar zum Hochwasserschutz beigetragen haben. Das Wasser sucht sich aber dann an anderer Stelle einen Ausweg. Das geschieht genau auf Höhe dieses Hochwasserdorfes Moos an der Donau. Die Menschen dort stellen sich die Existenzfrage. Ich komme darauf gleich noch zu sprechen.

Im ersten Punkt unseres Antrags fordern wir, bei künftigen Absiedelungen aus Hochwassergebieten neben den Gebäuden auch die Grundstücke in die Entschädigungsregelung aufzunehmen. Nach meiner Auffassung sind Absiedlungen gerade angesichts der aktuellen Ent

wicklung in Moos gut dazu geeignet, nicht nur die Menschen vor den Gefahren des Hochwassers zu schützen, sondern auch einen Beitrag dazu zu leisten, weiter stromabwärts an dichter besiedelten Gebieten für einen besseren Hochwasserschutz zu sorgen. Diese Absiedelungen müssen allerdings wesentlich stärker gefördert werden als in der jüngsten Vergangenheit. Es reicht nicht aus, die Menschen damit abzuspeisen, dass man den Verkehrswert ihrer Häuser ermittelt, einen Abschlag für die Lage im Hochwassergebiet vornimmt und davon zwischen 50 und 65 % ersetzt wird. Die Menschen werden dem aufgrund ihrer fi nanziellen Situation nicht zustimmen können; sie sind dazu nicht in der Lage.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Deswegen müssen Absiedlungen stärker gefördert werden. – Sie sagen, das gehe aus fi nanziellen Gründen nicht. Wir haben einmal nachgefragt, wie viele Absiedelungsfälle es seit 1950 überhaupt gegeben hat. Es waren genau 296 Fälle in 56 Jahren. Da wollen Sie mir sagen, –

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): … das überfordert den Freistaat!)

dass das den Freistaat überforderte, wenn er nicht nur den Verkehrswert der Gebäude ersetzte, sondern auch einen Ausgleich für die Grundstücke schaffte. Das ist ein Armutszeugnis für ein Land mit 12 Millionen Einwohnern. Wir sind offenbar nicht in der Lage, wenige hundert dringende Absiedlungsfälle zu regeln, weil Sie sagen, das Geld dafür sei nicht vorhanden. Tut mir Leid, dafür fehlt mir jedes Verständnis.

In den vergangenen 15 Jahren waren es nur etwas 100 Absiedelungsfälle. Das würde nicht einmal den Haushalt des Saarlandes überfordern, wenn man in diesem Fall auch für die Grundstückswerte entschädigte. Im Übrigen ist das früher so gemacht worden. Von den 296 Absiedelungsfällen, von denen ich gerade gesprochen habe, wurden bei mehr als einem Drittel die Grundstücke vom Freistaat Bayern aufgekauft oder es haben sich andere Käufer gefunden. Sicher, die Grundstücke wurden zum Preis landwirtschaftlicher Flächen verkauft. Das ist aber ein Kompromiss, den die Grundstückseigentümer akzeptieren müssen. Wenn diese wenigstens wie für landwirtschaftliche Flächen entschädigt werden, dann ist das immer noch besser als gar nichts zu bekommen. Ohne eine Entschädigung für den Grundstückswert sind die meisten nicht in der Lage, abzusiedeln.

Sie haben vor einigen Jahren – fast pathetisch – Ihr Hochwasserschutzprogramm 2020 gefeiert. Über 2 Milliarden Euro sollen dafür in den nächsten 15 bis 20 Jahren ausgegeben werden. Ich berufe mich auf Zahlen der Staatsregierung – schade nur, dass das zuständige Ministerium scheinbar völlig uninteressiert an dieser wichtigen Frage ist.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da ist doch der Herr Staatssekretär!)

Vielleicht ist er williger als die Umweltexperten. Das wäre schön, Herr Staatssekretär.

Ich will Ihnen jetzt die Zahlen nennen; diese sind nämlich rückläufi g. In den letzten drei Jahren sind die Mittel für den Hochwasserschutz in Bayern rückläufi g: 2003 131 Millionen, 2004 119 Millionen und im vergangenen Jahr 112 Millionen. Wenn das so weitergeht, kann ich mir ausrechnen, wann es überhaupt keine Mittel mehr für den Hochwasserschutz geben wird. Aber, und das ist das Schöne an der ganzen Sache, der Hochwasserschutz in Bayern wird nicht allein durch den Freistaat Bayern fi nanziert, obwohl das natürlich glasklar eine Aufgabe des Freistaates ist. Der Freistaat Bayern zieht sich immer mehr aus der Finanzierung zurück. Seit 1999 sind die eigenen Aufwendungen des Freistaates Bayern inklusive der Abwasserabgabe von 75,9 Millionen Euro auf im letzten Jahr noch 63 Millionen Euro zurückgegangen. Das geschah, obwohl wir wissen, dass Hochwasserereignisse immer mehr zunehmen und hundertjährliche Hochwasser bei uns in Bayern in der letzten Zeit im Zweijahres- oder im Dreijahresrhythmus aufgetreten sind. Diese Mittel werden der Aufgabe, vor der wir stehen, nicht gerecht.

In den 63 Millionen Euro für den Hochwasserschutz waren im vergangenen Jahr noch 10 Millionen Euro enthalten, die im Vorgriff auf die Programme 2006, 2007 und 2008 eingeplant waren. Diese 10 Millionen Euro sind also schon weg und stehen damit für Maßnahmen in den nächsten drei Jahren nicht mehr zur Verfügung.

Kräftig aufgestockt wurden hingegen die Mittel, die der Bund uns zur Verfügung stellt. Die EU – man höre und staune – hat im vergangenen Jahr 24 Millionen Euro aufgewendet. Auch der Anteil, den die Betroffenen – das sind in der Regel die Kommunen – selber leisten, ist gestiegen. Während sich also alle anderen stärker engagieren, fährt der Freistaat seine eigenen Mittel zurück; das ist eine völlig unangemessene Politik. Ich hätte mir gewünscht, dass die Mittel, die die EU zur Verfügung stellt, zusätzlich in den Hochwasserschutz gefl ossen wären und sich der Freistaat mit diesem Geld nicht eigene Aufwendungen spart. Denn dafür sind diese Gelder nicht bereitgestellt worden. Wenn der Freistaat seine eigenen Aufwendungen, einschließlich der Mittel aus der Abwasserabgabe auf dem gleichen Niveau halten würde, wäre es ein Leichtes, die notwendigen Kosten für eine Entschädigung der Grundstückseigentümer aufzubringen.

Ich komme zu Punkt zwei unseres Antrags, dem berühmten Sonderfall Moos. Ich fordere nicht, dass man hinsichtlich der Entschädigung über den Anteil von 65 % hinausgeht, der in vergleichbaren Fällen erbracht wird. Was aber Moos zu einem Sonderfall macht, ist die Tatsache, dass ein Dorf dieser Größenordnung komplett – alle knapp 40 Haushalte mit etwas über 100 Menschen – bereit ist abzusiedeln und dass es eine Möglichkeit gibt, dieses Dorf komplett auf ein Grundstück abzusiedeln, das nur gut einen Kilometer entfernt ist. Es stellt sich die Frage, zu welchen Bedingungen dies möglich ist. Es ist möglich, wenn der Freistaat zu einer Entschädigung im üblichen Rahmen im Hinblick auf den Verkehrswert der Häuser bereit ist, die Gemeinde einen entsprechenden

Anteil leistet – diese Forderung würde ich durchaus unterstützen – und wenn man bereit ist, den Eigentümern die Grundstücke abzukaufen. Es darf aber nicht so sein, dass der Freistaat Bayern bei der Überlassung der Grundstücke in dem neuen Gebiet, das derzeit noch für die Zwecke eines staatlichen Versuchsgutes genutzt wird, einen hohen Preis erzielen und einen Gewinn machen will. Wenn man diese Grundstücke für einen vernünftigen Preis zur Verfügung stellt, dann sind die Menschen bereit und in der Lage abzusiedeln. Das wäre doch ein wunderbares Experiment zum Erhalt der Dorfstruktur. Es muss doch in Bayern noch eine Rolle spielen, gewachsene Dorfgemeinschaften zu erhalten, soweit es sie noch gibt, soziale Strukturen zu erhalten und vor allen Dingen die schlimmen psychischen Folgen beim Verlust der alten Heimat – Moos ist seit dem 14. Jahrhundert besiedelt – in engen Grenzen zu halten. Wenn man ein bisschen guten Willen aufbringt, kann man eine Lösung fi nden, bei der nicht gleich landauf, landab die Bürger in 100 anderen Ortschaften schreien, sie wollten das Gleiche auch haben. Es handelt sich hier um einen Sonderfall. Wenn es in den nächsten 50 Jahren mit den Absiedlungen so weiter geht, wie das in den vergangenen 50 Jahren der Fall war, dann ist das für ein Land wie Bayern, das immerhin in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt hat, zu schultern. Sie müssen sich nicht sehr weit bewegen, es ist nur ein sehr kleiner Schritt, aber diesen zu tun, waren Sie in der jüngsten Vergangenheit nicht bereit.

Zum letzten Punkt unseres Antrags: Es gibt zahlreiche Ortschaften – auch entlang der Donau –, in denen eine Absiedlung nicht in Frage kommt, weil sie zu groß sind, weil die Bedingungen schwierig sind und weil es problematisch ist, einen technischen Hochwasserschutz in Form eines Deiches zu errichten. Warum soll man in diesen Fällen nicht prüfen, ob der Freistaat Bayern Maßnahmen fördern kann, wenn die Menschen bereit sind, für den Objektschutz ihrer Häuser selbst etwas zu tun? Unter Umständen spart man sich sogar Kosten, weil eine Deichlösung viel aufwendiger wäre als Objektschutz. Wir fordern nur, solche Maßnahmen zu prüfen und nicht einmal das zuzugestehen waren Sie in den Ausschüssen bereit.

Ich meine, dieses Thema ist zu wichtig geworden. Es berührt die Existenz von Menschen, die an unseren Flüssen wohnen. Ich bitte Sie, deren Existenzängste nicht zu unterschätzen. Es ist doch nicht zuviel verlangt, diese Umstände wenigstens in die Prüfung einzubeziehen. Ich bitte Sie nochmals – das ist die letzte Gelegenheit im Plenum des Bayerischen Landtags –, diesen Anträgen zuzustimmen. Wir sind davon überzeugt, dass es die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Freistaats nicht überfordern würde. Sie könnten sehr viel dazu beitragen, dass sich zahlreiche Menschen, die in Bayern an Flüssen leben, die immer wieder Überschwemmungen verursachen, keine Existenzsorgen mehr machen müssten.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion hat zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Meißner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fast acht Jahre hier, aber die Gelegenheiten sind selten, in denen man gerne in der Opposition sein möchte, um nur für die Galerie eine so schöne Rede halten zu dürfen. Nicht deswegen, weil wir ihnen unterstellen würden, dass sie nicht genauso wie wir besorgt sind und die Situation der Betroffenen in Moos sehen. Wenn ich aber die einleitenden Worte des Kollegen Werner höre, dann stelle ich mir die Frage, warum Sie den Antrag hochgezogen haben. Über den Antrag ist in fünf Ausschüssen diskutiert worden und er ist in fünf Ausschüssen abgelehnt worden, und zwar, so denke ich, mit guten Begründungen. Sie haben den Antrag hochgezogen und sogar namentliche Abstimmung beantragt und diese Forderung mit der Bedeutung des Hochwasserschutzes garniert. Sie haben an und für sich – das hat mich gefreut – ein Plädoyer für unser Hochwasserprogramm 2020, Flusssysteme als Ganzes sehen usw. gehalten. Es ist schön, wenn Sie das so ausführen. Wenn wir uns die Intentionen vor Augen führen, weshalb Sie diesen Antrag gestellt haben, so ist das auf die Situation in Moos zurückzuführen.

(Zuruf von der SPD)

Unterstellen Sie uns doch nicht ständig, dass es uns nicht um die Menschen geht. Ihnen geht es zunächst einmal darum – das sind die Fakten, über die wir reden müssen –, dass sie neben den Gebäuden auch Grundstücke entschädigen wollen. Das ist das wichtigste Anliegen, das Sie mit Ihrem Antrag verfolgen. Letztendlich ist dem Antrag sein Wille auf die Stirn geschrieben, nämlich vor Ort zu punkten.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn man sich für die Menschen einsetzt, punktet man manchmal!)

Deshalb sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Wenn wir ihn von der CSU heute ablehnen, dann nicht, um vom Hochwasser Betroffene zu brüskieren. Gerade die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, die im Umweltausschuss seit Jahren mitarbeiten, haben ein Hochwasser nach dem anderen erlebt und wissen sehr wohl, was es dabei für furchtbare Betroffenheiten gibt. Die Menschen haben natürlich auch unser Verständnis, aber wir haben neben dem Einzelfall Moos eine Verantwortung für den ganzen Freistaat Bayern. Das schon angesprochene Hochwasserprogramm 2020 ist ohne Zweifel ein ambitioniertes Instrument für einen ganzheitlichen Hochwasserschutz in unserem Freistaat.

Die Forderung der SPD, neben dem Verlust der Gebäude auch den Verlust der Grundstücke zu entschädigen ist im Zusammenhang mit der Frage einer Absiedlung insgesamt nicht unberechtigt. Es wäre wünschenswert, ist aber nicht zu machen. Es gibt in der Tat einen Landtagsbeschluss aus dem Jahre 2003, wonach die Möglichkeit der Absiedlung grundsätzlich zu prüfen ist, aber als denkbare Alternative zum technischen Hochwasserschutz. Auch das passt in die bayerische Hochwasserschutzphilosophie, weil diese auf drei Säulen ruht und es neben dem technischen Hochwasserschutz noch andere Möglichkeiten geben soll.

Wichtig ist für das Verständnis, wieso wir dem Antrag nicht zustimmen können und nicht zustimmen werden: Die Absiedlung ist nur dann sinnvoll und denkbar, wenn der Aufwand für technische Maßnahmen in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Bei Moos wird die Absiedlung eines ganzen Ortsteils konkret ins Auge gefasst.

Aber, und das ist uns wichtig: es handelt sich hierbei um ein Angebot des Freistaats Bayern, das der einzelne Bürger, Herr Kollege Werner, annehmen kann oder nicht. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Unterstützung und nicht um eine Entschädigung. Die Bereitstellung von Ersatzgrundstücken ist nicht Aufgabe des Staates.

Der Freistaat erwirbt grundsätzlich nur dann Grundstücke, wenn er sie für technischen Hochwasserschutz braucht, zum Beispiel zum Bau einer Staumauer. Deswegen, und weil man auch den Einzelfall im Blick zu haben hat, ist die Entschädigung von Grundstücken nicht möglich.

Beim Moos, Herr Kollege Werner, frage ich mich, wieso wir das im Landtag diskutieren. Ich möchte einmal sehr deutlich herausstellen, dass die Staatsregierung und die Kollegen vor Ort, der Kollege Peterke und die Kollegin Haderthauer, seit Jahren eifrig gemeinsam mit der Staatsregierung darüber diskutieren, für Moos Lösungen zu fi nden. Es gibt einen Runden Tisch, an dem alle sitzen, die ein Interesse daran haben, dass hier etwas weitergeht. Es ist nicht so, dass in den letzten Jahren nichts passierte, ganz im Gegenteil.

Der Staat hat zunächst einmal den unmittelbar vom Pfi ngsthochwasser betroffenen Grundstückseigentümern in Moos angeboten, das Gebäude mitzunehmen. Mittlerweile liegt das Angebot vor, dies für alle Grundstücksbesitzer möglich zu machen. Das ist nicht der einzige Erfolg, der vor Ort erarbeitet wurde. Ich weiß, dass es mittlerweile ein konkretes Angebot von Werner Schnappauf als zuständigem Staatsminister an die Betroffenen vor Ort gibt. Meiner Meinung nach wird in Moos die Umsetzung des Landtagsbeschlusses aus dem Jahre 2003 in Angriff genommen. Für ein Modellprojekt, also die Umsiedlung des gesamten Ortsteils, gibt es keine rechtliche Grundlage. Ich frage mich, was eigentlich geschieht, wenn jemand eine Umsiedlung nicht mitmachen will. Werner Schnappauf kann ich für sein Engagement in diesem Bereich nur danken. Man sollte es den Betroffenen sowie den Mandatsträgern vor Ort überlassen, gemeinsam mit der Staatsregierung Lösungen zu fi nden. Es ist mir nicht bekannt, dass man sich ein einziges Mal einem Gespräch oder einer Bitte vor Ort verweigert hätte.

Herr Kollege Werner, Sie sagen, im Umweltausschuss wollte man dem Gedanken nicht näher treten, auch einzelne Häuser mit technischen Hochwasserschutzmaßnahmen zu unterstützen. Sie waren doch mit dabei, als ich in diesem Ausschuss fragte, ob die Staatsregierung spontan berichten könne, was sie getan hat. Sie haben nicht zu erkennen gegeben, dass da noch Gesprächsbedarf besteht. Im Einzelfall kann bei einem Denkmal technischer Hochwasserschutz erforderlich sein. Das würde im Umweltausschuss ausführlich dargelegt. Ich bedanke mich bei denen, die in Moos weiterhin konstruktiv für eine

Lösung werben. Dass wir kein Verständnis für die Betroffenen vor Ort hätten, weise ich zurück. Wir müssen da den gesamten Freistaat Bayern im Blick haben und wir müssen Präzedenzfälle schaffen. Deswegen halte ich es für richtig, diesen Antrag zwar abzulehnen, in Moos jedoch weiterhin an einer sinnvollen Lösung zu arbeiten. Ich denke, das Angebot von Werner Schnappauf wird auch weiterhin geprüft werden. Deswegen können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere es etwas, Herr Meißner, dass Sie diesem Antrag absolut nicht zustimmen. Bei unserer Debatte im Umweltausschuss habe ich durchaus die Offenheit gerade von Herrn Weichenrieder vernommen, dieser Kernforderung des Antrags der SPD zur Unterstützung der Absiedlung in Moos näher zu treten. Ich bin erstaunt, über die heutige schroffe Ablehnung. Wir von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden diesen Antrag grundsätzlich unterstützen.

Lassen Sie mich trotzdem einige Aspekte problematisieren. Die Grundstücke grundsätzlich in die Entschädigungsregelung aufzunehmen, würde ich nicht unbedingt unterstützen. Es mag durchaus Beispiele in der Landwirtschaft geben. Wir haben das bei einer Absiedlung beim Polder an der Iller; dort sind andere Grundstücke vorhanden, da lässt sich eine Absiedlung umsetzen, ohne dass noch ein Grundstück angeboten werden müsste. Es gibt aber auch Fälle, in denen einzelne Objekte auf einem Grundstück vorhanden und die Besitzer am fi nanziellen Limit sind. Wie sollen die mit 65 % des Verkehrswertes abzüglich 10 % hinsichtlich der Hochwassersituation plus Abbruchkosten die Absiedlung bewältigen? Das halte ich für ein Problem. Dieses Problem haben wir sicher auch bei vielen Anwesen in Moos. Wenn jemand wirklich am fi nanziellen Limit ist, meine ich, sind Einzelfallentscheidungen angebracht. Da kann man nicht pauschalieren.

Beim Sonderfall Moos handelt es sich tatsächlich um einen solchen. Warum kann man diesen Sonderfall nicht umsetzen, wo doch das staatliche Versuchsgut in Straß zwei Kilometer entfernt liegt? Moos ist 13 Hektar groß, das Versuchsgut Straß 14 Hektar. In diesem Fall muss der Freistaat nicht neu in die Tasche greifen, wenn er die Grundstücke zur Verfügung stellt. Gleichzeitig kann der Freistaat durchaus Gelder einsparen. Eine neue Retentionsfl äche steht quasi zur Verfügung.

Herr Weichenrieder sagte im Umweltausschuss ganz klar, der Polder Riedensheim sei dann eventuell überfl üssig. Das halte ich für einen wichtigen Aspekt, den die Fachleute der Wasserwirtschaftsämter zu prüfen haben. Ich kann das nicht beurteilen. Doch ich denke, wenn all diese Aspekte herangezogen werden, dann würde der Freistaat eventuell sogar Kosten einsparen.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt anführen: Herr Weichenrieder führte etwas an, was mir sehr wichtig erschien. Bei Moos haben wir die Staustufe. Eon profi tiert von dieser Staustufe. Warum sollte Eon an diesem Umsiedlungsprojekt nicht auch beteiligt werden? Auch das halte ich für ein wichtiges Argument, und das sollte in die Prüfungen mit einbezogen werden.

Ich denke, wir haben hier eine Fülle von Handlungsoptionen, der Bevölkerung von Moos zu helfen, sie zu unterstützen und eine Umsiedlung im Rahmen eines Modellprojektes fortzusetzen. Das wäre ein gutes Beispiel dafür, wie der Freistaat Bayern Hilfe leistet. Wir sollten diese Chance ergreifen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es trifft nicht zu, dass irgendjemand gezwungen wird. Nach übereinstimmenden Aussagen der Bürgerinnen und Bürger wissen wir, dass inzwischen alle umsiedlungswillig sind und das auch gerne umsetzen würden. Sicher ringen viel Betroffene sehr schwer mit sich, wenn sie ihre schönen Wohnobjekte aufgeben müssen, die Häuser ihrer Familien, ihrer Väter und Mütter, Denkmalschutzobjekte – das ist keine einfache Entscheidung. Ich meine, der Freistaat kann in diesen Fällen Unterstützung geben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nur wenn alle gehen!)

Es wollen ja alle gehen. Wir werden dieses Modellprojekt nicht gleichzeitig an fünf weiteren Stellen umsetzen müssen. Es handelt sich hier um eine einmalige Chance.

Ein weiterer Aspekt, den ich für sinnvoll halte, ist, vorhandenen Objektschutz als Alternative zu prüfen. In Einzelfällen kann das gut sein. Wir sollten jedoch zwei Dinge bedenken: Zum einen wird ständig weiter in Überschwemmungsgebiete hineingebaut. Da sind die Kommunen in der Pfl icht, dieses zu unterbinden. Derzeit haben wir viele faktische Überschwemmungsgebiete, die rechtlich als Bebauungsgebiete ausgewiesen sind oder werden. Da gibt es dann weiterhin eine rege Bautätigkeit.

Ich wette, jeder hier im Hohen Hause, der sich in der Kommunalpolitik etwas umhört, kennt ein Beispiel, wo in faktische Überschwemmungsgebiete erneut hineingebaut wird. Das nicht mehr zuzulassen wird künftig auch Kosten sparen. Das sollte uns allen klar sein.

Auch ist kaum zu verstehen, dass immer noch Öltanks in Objekte eingebaut werden, die immer wieder überschwemmt werden. Was also die Heizsituation betrifft, die Energieversorgung, das Bewohnen von Kellerräumen oder die Ausstattung von Erdgeschossen, sind die Bewohner gefordert, sich auf ein vernünftiges Leben mit Überschwemmungen einzustellen. Es ist unvernünftig, Wertobjekte im Keller oder im Erdgeschoß zu haben, wenn man mit Überschwemmungen rechnen muss. Gott sei Dank ist dies eine Erkenntnis, die inzwischen wächst. Sie wächst einfach auch deshalb, weil die Überschwemmungen zunehmen.

Aus diesem zweiten Grund möchte ich ein bisschen vor dem einzelnen Objektschutz warnen. Wir werden nach allen Klimaprognosen, die wir kennen und die wir jetzt gerade wieder aus Hamburg gehört haben, mit verstärkten Hochwassern gerade im Frühjahr zu rechnen haben. Da kann es schnell dazu kommen, dass der im Grunde kostengünstige Objektschutz zu einer teuren Lösung wird, weil er bedingt durch die klimatischen Veränderungen mit zunehmenden Regenfällen und Überschwemmungen nicht mehr ausreicht.