(Fernsehinterview mit Staatsminister Herrmann an einem der Ausgänge des Plenarsaals – wie- derholte Zurufe der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE) – Margarete Bause (GRÜNE): Das geht doch nicht!)
Frau Kollegin, Frau Kollegin! Ich habe tatsächlich den Einwurf zu machen, dass ich es nicht für angemessen halte, wenn wir hier im Plenum debattieren, dass dann im Plenarsaal ein Interview gegeben wird.
Herr Innenminister. – Ich habe die Bitte, das Interview draußen fortzusetzen. Der Kameramann hat mich nicht um Erlaubnis gefragt. Von welchem Sender ist der Kameramann?
Zum Zweiten ist es so, dass Sie eine neue Regelung aufgenommen haben. Das heißt, dass Versammlungen verboten und eingeschränkt werden können, wenn eine unmittelbare Gefahr einer erheblichen Verletzung grundlegender sozialer oder ethischer Anschauungen besteht. Da sind wir dann wieder bei der Unbestimmtheit der Regelungen. Der Anwaltsverband weißt darauf hin, dass es bei dieser Regelung keine vernünftige Definition gibt und ein Sachbearbeiter in einer Ordnungsbehörde nicht weiß, was er damit anfangen soll. Es gibt durchaus höchstrichterliche Entscheidungen die solche Begrifflichkeiten aufgreifen. Sie glauben aber nicht allen Ernstes, dass eine Entscheidung, die von einem Sachbearbeiter einer Ordnungsbehörde getroffen wird, nicht regelmäßig einer richterlichen Überprüfung unterworfen wird und sich damit die Frage stellt, ob die Sachbearbeitung einer Behörde die Stelle ist, die zu definieren hat, was grundlegende soziale oder ethische Anschauungen sind.
Es gibt einen weiteren Punkt im Artikel 15, der nahtlos aus dem Strafgesetzbuch abgeschrieben ist. Sie verweisen in Ihrer Rede, Herr Minister, darauf dass speziell dieses über die Entschließung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Wunsiedel, zum Thema Hess-Gedenkmarsch hinausgeht. Wenn man sich allerdings die Entschließung des Bundesverwaltungsgerichts genauer ansieht, erkennt man, dass doch eigentlich das Gegenteil der Fall ist. Die Entschließung, die das Bundesverwaltungsgericht getroffen hat, geht über das, was Ihr Entwurf an Möglichkeiten gibt, gegen die Rechtsextremisten vorzugehen, deutlich hinaus. Das zum Wirkungsgrad ihres Gesetzentwurfs, gerade in Bezug auf den Rechtsextremismus. Man muss feststellen, dass sich daraus keine Verbesserung ergibt.
Sie weisen an einigen Punkten darauf hin, dass es nicht nur um die Bekämpfung des Rechtsextremismus geht, sondern auch um die Bekämpfung von schwarzen Blöcken oder anderen militanten Gruppen, die Demonstrationen missbrauchen würden. Sie tun in Ihrem Redebeitrag geradezu so, als ob, wenn heute dieses Gesetz nicht beschlossen werden würde, dann in Bayern nicht das Strafgesetzbuch gelten würde. Sie tun auch so, als ob an Stelle des Bundesversammlungsgesetzes, das weiter gelten würde, nun plötzlich das ungarische Versammlungsgesetz gelten würde. Dem ist nicht so. Darauf sollte man bei der Diskussion tatsächlich hinweisen.
Abschließende Bemerkung zu diesem ganzen Themenbereich: Wenn es Ihnen so stark um die Einschränkung der Möglichkeiten von Rechtsextremisten geht, dann frage ich mich schon, warum Sie sich an den Prüfungsverfahren, die einige Bundesländer gegenwärtig am Laufen haben, um zu prüfen, wie ein NPD-Verbotsverfahren wieder eingeleitet werden könnte, ohne auf die Äußerungen von V-Leuten zurückgreifen zu müssen, offensichtlich nicht beteiligen. Eine NPD, die unserer aller Auffassung nach eine verfassungswidrige Organisation ist und die aufgrund des Parteienprivilegs in diesem Land finanziell gemästet wird, ist eine größere Bedrohung, die man nicht durch ein, wie auch immer ausgestaltetes Versammlungsgesetze beseitigen kann; auch darauf möchte ich hinweisen.
merkung machen zum Beginn der Debatte, als auf die Petitionen eingegangen wurde. Ich glaube, man muss schon einmal herausstellen, dass es bei den Petitionen, die eingereicht worden sind, einen substanziellen Unterschied zu den Petitionen gibt, wie wir sie üblicherweise haben. Ich greife beispielsweise das Thema auf, mit dem ich immer wieder zu tun habe auf, den kommunalen Kanalanschluss. Hier sind die Leute in einer individuellen Weise von einer Regelung betroffen. Bei diesem Gesetz sind viele Bürgerinnen und Bürger in gleicher Weise von dem Gesetz betroffen. Von daher sehe ich kein Problem darin, wenn hier Petitionen vorliegen, die wortgleich oder wortähnlich sind.
Das ist das eine. Auf der anderen Seite: Sie, Herr Kollege Obermeier, ziehen daraus den Schluss, dass es offensichtlich Petitionen erster, zweiter und dritter Klasse gibt. Das möchte ich zurückweisen. Das steht in keinem bayerischen Gesetz. In Bayern ist es so geregelt, dass die Petitionen alle gleichermaßen mit der gleichen Ernsthaftigkeit zu behandeln sind.
Herr Minister Herrmann hat vorhin gesagt – daran kann man gleich nach den Petitionen anknüpfen –, die Bürger könnten sich bei diesem Gesetz ja nur an denjenigen orientieren, die rechtskundig sind. Damit sind wir beim eigentlichen Problem. Dieses Gesetz versteht in seinem Wesensgehalt tatsächlich niemand mehr. Ich denke, das hat in dem Fall der Herr Minister Herrmann bestätigt. Das Problem bei der Sache ist, das Demonstrationsrecht, das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht, das jede Bürgerin und jeder Bürger anwenden können muss. Das heißt: Es muss auch für jeden verständlich sein, es muss für jeden klar sein, was er letztendlich im Rahmen dieses Gesetzes tun darf und was er im Rahmen dieses Gesetzes nicht tun darf. Dies ist durch dieses Gesetz nicht gewährleistet. Es gibt vielmehr jede Menge Regelungen, die nicht bestimmt sind, es gibt jede Menge Regelungen, die es an der nötigen Rechtsklarheit fehlen lassen. Dieses Gesetz müsste ein Gesetz sein, das es in seiner Formulierung denjenigen, die es anwenden, ermöglicht, aus dem Gesetzestext zu lesen, wo die Grenzen und Möglichkeiten des Versammlungsrechts liegen.
Aber wenden wir uns durchaus noch einmal den Rechtskundigen zu, nämlich den Anwaltskammern und dem Anwaltsverband, der zum Gesetzentwurf noch Petitionen eingereicht hat. Vorher möchte ich aber noch auf etwas eingehen, was von Ihnen sehr stark als einer der zentralen Anlässe dieses Gesetzentwurfes eingebracht worden ist, nämlich die verbesserten Möglichkeiten, gegen Rechtsextremismus vorzugehen. Da muss man sich natürlich schon die Frage stellen: Welche tatsächlich verbesserten Möglichkeiten bietet denn dieser Gesetzentwurf im Vergleich zum bestehenden Bundesversammlungsgesetz? Der Artikel 15 Ihres Gesetzentwurfs ist weitgehend vom bestehenden Bundesversammlungsgesetz abgeschrieben. Änderungen ergeben sich letztendlich an drei Punkten: Das ist zum einen, dass Sie das mit der Definition der Orte anders geregelt haben. Es hätte aber auch völlig ausgereicht, zum bestehenden Bundesversammlungsgesetz eine entsprechende bayerische Regelung zu treffen, in der Orte benannt werden.
tition. Hier heißt es, dass diese die Vorschrift der Absätze 2 und 3 – hier geht es unter anderem um Schutzwaffen – nicht für Gottesdienste unter freiem Himmel, kirchliche Prozessionen, Bittgänge und Wahlfahrten, gewöhnliche Leichenbegängnisse, Züge von Hochzeitsgesellschaften und hergebrachte Volksfeste gilt. Jetzt muss man sich einmal darüber im Klaren sein, was eine Schutzwaffe ist. Eine Schutzwaffe ist ein Gegenstand, der von seiner Bestimmung her dafür geeignet ist und mitgeführt wird, um obrigkeitsstaatliches Handeln abzuwehren. Jetzt frage ich Sie, wonach Ihrer Auffassung nach in Gottesdiensten unter freiem Himmel, in gewöhnlichen Leichenbegängnissen, kirchlichen Prozessionen, Bittgängen und Wahlfahrten in diesem Lande Gegenstände mitgeführt werden, die von ihrem Sinngehalt her von den Trägern dafür bestimmt sind staatliches Handeln abzuwehren?
Sie gehen in Ihrem Gesetzentwurf davon aus, dass dem so ist. Sie machen dann nur die Einschränkung, dass es bei Gottesdiensten und kirchlichen Walfahrten möglich ist, solche Gegenstände mit sich zu führen.
Ich habe eingangs darauf hingewiesen, dass es in diesem Gesetzentwurf eine ganze Reihe von Bestimmungen gibt – einige davon habe ich genannt –, die völlig unklar und für die Bürgerinnen und Bürger nicht anwendbar sind. Diese Bestimmungen lassen gar nicht erkennen, wie sie eigentlich angewandt werden sollen. Sie können davon ausgehen, dass ein Großteil dieser Regelungen, die Sie heute beschließen wollen, vor den normalen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben werden.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich habe ich immer noch die Hoffnung, dass Sie Ihren Gesetzentwurf zurückziehen oder ihn heute zumindest nicht beschließen und noch einmal gründlich überarbeiten.
Ich habe schon davon gesprochen: Es gibt eine ganze Reihe äußerst unklarer und der Rechtsklarheit nicht dienlicher Äußerungen in diesem Gesetzentwurf. Ich möchte auf drei eingereichte Petitionen verweisen, und zwar zum einen auf die Petition der Rechtsanwaltskammer für die Oberlandesgerichtsbezirke Bamberg, München und Nürnberg sowie auf die Eingabe des Bayerischen Anwaltsverbandes, Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger die der neuen Richtervereinigung. Diese drei Petitionen sind heute schon ein paar Mal genannt worden. Das sind Eingaben von Rechtskundigen, auf die Sie verwiesen haben. Die Rechtsanwaltskammern und der bayerische Anwaltsverband schreiben zu Artikel 4 Absatz 3 des Gesetzentwurfs zum Bayerischen Versammlungsgesetz, in welchem es darum geht, dass Versammlungsleitungen dazu verpflichtet sind, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass aus einer Versammlung heraus Gewalttätigkeiten begangen werden, – dem ist nicht hinzuzufügen –: Der Begriff „geeignete Maßnahmen“ ist zu unklar. Wie soll der Begriff auch einem normalen Bürger oder einer normalen Bürgerin klar sein, der oder die spontan eine Demonstration, beispielsweise gegen eine Umgehungstrasse, die auch emotional sehr geladen sein kann, ins Leben rufen will? Der Begriff „geeignete Maßnahmen“ ist zu unklar, um darauf staatliche Sanktionen folgen zu lassen. Zwar sieht das Gesetz in Absatz 3 Satz 2 ein paar Beispiele für geeignete Maßnahmen vor. Unklar ist jedoch, ob diese Beispiele eine abschließende Aufzählung darstellen oder ob darüber hinaus noch zahlreiche ungenannte Maßnahmen erwartet werden.
Des Weiteren weist diese Petition – ebenfalls von Rechtskundigen verfasst – auf den Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes hin. Diese Regelung – es wurde heute schon ein paar Mal angesprochen – enthält das Verbot, in nichtöffentlichen Versammlungen Uniformen Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen, sofern damit eine einschüchternde Wirkung verbunden ist. Die Bewertung – so führen der Bayerische Anwaltsverband und die genannten Anwaltskammern aus – der einschüchternden Wirkung ist nicht greifbar und oftmals subjektiv bedingt. Je nach politischer Einstellung ist die Schwelle der politischen Einschüchterung bei jedem Menschen unterschiedlich. Die gesetzliche Regelung ist soweit zu unbestimmt für hoheitliche Maßnahmen.
Des Weiteren: Artikel 7 Absatz 2 – Nach dieser Vorschrift ist es verboten, an einer öffentlichen Versammlung oder nichtöffentlichen Versammlung in einer Art und Weise teilzunehmen, die dazu beiträgt, dass die Versammlung oder ein Teil hiervon von ihrem äußeren Erscheinungsbild – wieder eine subjektive Wahrnehmung; am Rande bemerkt – paramilitärisch geprägt wird oder sonst den Eindruck von Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch eine einschüchternde Wirkung – wieder eine subjektive Einschätzung – entsteht. Der Tatbestand, „in einer Art und Weise teilzunehmen“ und die „einschüchternde Wirkung“, so schreiben die Verbände, sind für die Gesetzgebungsanwendung und die praktische Anwendung zu unbestimmt.
Ich verweise – da wird es dann tatsächlich ziemlich abstrus – auf den Artikel 16 und die Stellungnahme in der Pe
Rechtsanwalt Wächtler, ein Experte, den die GRÜNEN um Stellungnahme gebeten haben, hat deutlich gemacht, dass wirklich kein Bedarf an der erheblichen Verlängerung der Anmeldefristen auf 72 bzw. 96 Stunden bestehe. Schon in der Vergangenheit wären überörtliche Großdemonstrationen regelmäßig erheblich früher als 48 Stunden zuvor angemeldet worden – dies schon allein deshalb, weil man sonst gar nicht öffentlich für diese Großdemonstrationen werben könnte.
Die amtliche Begründung Ihres Gesetzentwurfs nennt auch keinerlei Beispiele, die für längere Anmeldefristen sprechen. Tatsächlich stellen die längeren Fristen in Verbindung mit den sonstigen erheblich ausgeweiteten und mit Strafe bewehrten Pflichten des Artikel 13 Absatz 2 gerade für kleinere Versammlungen eine erhebliche Erschwernis und Bürokratisierung dar. Damit wird bereits die im jetzigen Recht bestehende Tendenz verstärkt, dass aus kleinen und Kleinstversammlungen bürokratische Großaktionen mit Auflagebescheiden der Behörden von beträchtlicher Stärke gemacht werden.
Dies widerspricht eindeutig der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit. An dieser Stelle möchte ich Ihnen noch einmal aufzählen, was angegeben werden muss, wenn man eine Kleinstversammlung wie beispielsweise eine Versammlung mit zwei oder drei Personen anmelden möchte. Man muss in einer vielseitigen Anzeige den Ort, den Zeitpunkt, das Ende, das Thema, die erwartete Anzahl der Teilnehmer, den beabsichtigten Ablauf und die mitgeführten Gegenstände und technischen Hilfsmittel melden. Zusätzlich muss man Listen mit den persönlichen Daten einschließlich Name, Geburtsname, Geburtsort und Anschrift der Veranstalter und der Ordner beifügen. Gerade bei kleineren Versammlungen stellt dies eine derart große bürokratische Hürde dar, dass bei dieser Bestimmung von einer Abschreckungsnorm zur Verhinderung von Versammlungen gesprochen werden kann.
Ich möchte noch ein weiteres Beispiel nennen, das zeigt, wie durch dieses von der Staatsregierung angestrebte Versammlungsgesetz mit seinen unbestimmten und schwammigen Formulierungen in der Praxis nicht nachvollziehbare Situationen geschaffen werden. Herr Welnhofer ist schon nicht mehr da. Er hat vorhin behauptet, dies sei ein praktikables Gesetz. Dies ist mitnichten so. Ich nenne nur den heute schon viel zitierten und von Ihnen, Herr Innenminister, in seinen Auswirkungen falsch dargestellten Artikel 7 Absatz 3.
Es ist verboten, öffentlich Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen.
Es geht hier nicht darum, in Versammlungen ein gleichartiges Versammlungsstück zu tragen, sondern darum, ob man beispielsweise durch die Innenstadt einer Gemeinde mit gleichartigen T-Shirts mit einer politischen Aussage geht.
Sie glauben, dass Sie das Thema los wären, wenn Sie den Gesetzentwurf heute einfach durchziehen. Mitnichten ist dem so. Das Thema bleibt Ihnen, und es wird den Bayerischen Landtag in der nächsten Legislaturperiode wieder beschäftigen. Wir werden da nicht lockerlassen.
Herr Innenminister, ich bedauere sehr, dass Sie unlauter argumentieren. Sie haben zum Beispiel heute früh im Radio erklärt, dass es notwendig wäre, bestimmte Regelungen zu erlassen, um den Rechtsradikalen das Demonstrieren zu erschweren. Sie sagen aber nicht, dass es sowohl nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen als auch nach unserem Gesetzentwurf möglich wäre, eine Veranstaltung zu verbieten, die dazu dienen soll, dass Straftaten verübt werden, oder dazu, dass die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost wird. Tun Sie nicht so, als gäbe es diese Möglichkeit im jetzt geltenden Recht nicht. Führen Sie nicht weiter eine Phantomdiskussion. Herr Innenminister, ich finde es außerordentlich ärgerlich, wenn ausgerechnet ein Innenminister, der für die Sicherheit sorgen soll, in der Öffentlichkeit unlauter argumentiert. Wer Sicherheitspolitik vertritt, muss bei der Wahrheit bleiben, sonst verbreitet er Unsicherheit, und damit würde er unserer Sicherheit einen Bärendienst erweisen.
Für diesen Gesetzentwurf ist nicht die Eile geboten, die Sie suggerieren. Seit 1. September 2006 hatten Sie aufgrund der Föderalismusreform die Möglichkeit, gesetzlich tätig zu werden. Sie haben knapp zwei Jahre verstreichen lassen und nicht gehandelt. Deshalb frage ich mich, warum Sie am letzten Sitzungstag dieser Legislaturperiode dieses Gesetz durchpeitschen müssen. So geht man mit einem wichtigen Grundrecht nicht um. Sie dürfen auch nicht verschweigen, dass das jetzige Versammlungsrecht nicht so liberal ist, wie es sein sollte. Durch Ihr Gesetz wird das aber nicht besser, wenn Sie die Straftatbestände erweitern, die Strafrahmen erhöhen und eine ganze Reihe von zusätzlichen Klauseln einführen.
Ich möchte jetzt konkret werden und drei Probleme ansprechen, bei denen wir erhebliche Schwierigkeiten im konkreten Vollzug sehen. Als Erstes möchte ich Experten zitieren, die sich in der von der Opposition durchgesetzten Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zum Gesetzentwurf der Staatsregierung geäußert haben. Diese Experten, die überwiegend von der Mehrheitsfraktion des derzeitigen Bayerischen Landtags, also von Ihnen, eingeladen worden sind, haben überwiegend – eigentlich alle bis auf den Münchner Polizeipräsidenten – erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich des Gesetzentwurfs geäußert. So sagte beispielsweise Prof. Ulrich Battis von der Humboldt-Universität in Berlin, der Artikel 13 des Versammlungsgesetzes würde den genannten kleinen Versammlungsformen nicht gerecht. Vielmehr sollte eine Regelung für ein gestuftes Verfahren entwickelt werden, das den Behörden je nach Vorlaufzeit für eine Versammlung die größtmögliche Planbarkeit gibt. Er argumentierte weiter, dass insbesondere kleine Versammlungen mit beispielsweise 50 Personen durch diesen massiven Katalog von Pflichten bei der Anmeldung unverhältnismäßig eingeschränkt würden. Er hatte erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen.
Deutschlands, stellt dann nach einer solchen Veranstaltung beispielsweise den Veranstaltern eine Rechnung für einen Feuerwehreinsatz. Die Gemeinde berechnet Personenstunden, einen ABC-Wagen, einen Leiterwagen und noch weitere Feuerwehrwagen. Die Initiative, die gegen das Kernkraftwerk demonstriert, bekommt von der Gemeinde Gundremmingen eine Rechnung über 1000 Euro geschickt, ohne dass hiergegen rechtsaufsichtlich eingeschritten wird. Die Betroffenen werden auf den Rechtsweg verwiesen.
Es gibt noch weitere Beispiele. So wollte beispielsweise eine Gruppe des Bund Naturschutz an einer Versammlung teilnehmen, die vor dem Atomkraftwerk in Gundremmingen angemeldet war. Die Gruppe wollte dorthin gemeinsam mit dem Fahrrad fahren. Die Kreisverwaltungsbehörde des Landkreises Günzburg hat die Gruppe des Bund Naturschutz darauf hingewiesen, dass bereits die Fahrradfahrt zur Demonstration anmeldepflichtig ist und Gebühren dafür kassiert, dass vier Erwachsene und zwei Kinder zehn Kilometer auf Fahrradwegen zu dieser angemeldeten Versammlung beim Kernkraftwerk Gundremmingen gefahren sind.
Ich könnte Ihnen noch viele weitere Beispiele nennen. So habe ich beispielsweise eine Fahrraddemonstration angemeldet. Am selben Tag, an dem die Veranstaltung stattfinden sollte, fand ich im Briefkasten einen Bescheid, in dem stand, man möge vor der Veranstaltung eine Veranstalterhaftpflichtversicherung in Höhe von 150 000 Euro abschließen.