Protocol of the Session on July 3, 2008

Nächster Redner: Herr Kollege Volkmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihr Antrag hat sicherlich einen erheblichen Unterhaltungswert. Ich habe mich immer gefragt, ob Sie an der Bundesregierung jetzt eigentlich beteiligt sind oder nicht. Sie haben in Erding einen Unionsgipfel gehabt und doch sicher alles vorgetragen. Sie haben eine Kanzlerin, die die Richtlinien der Politik bestimmen kann. Und doch müssen Sie hier solche Anträge stellen, die Sie in Berlin eigentlich selbst erledigen sollten. Tun Sie das halt endlich einmal.

(Beifall bei der SPD)

Es ist wirklich unterhaltsam: Sie fordern vom Bund mehr Geld für Projekte – ich sage ausdrücklich: für vernünftige Projekte –, schreiben aber dann am Ende Ihres Antrags, dass im Straßenbau mehr eingesetzt werden müsse, aber dadurch andere Verkehrsträger jedoch keinen Nachteil erleiden dürften. Sie machen das schon lustig. Sie haben die eierlegende Wollmilchsau und wollen damit den Straßenverkehr besser finanzieren. Sie haben, wie ich zumindest annehme, im Bund einen ausgeglichenen Haushalt gefordert, und das unterstützen wir auch. Es soll im Bund einige Oppositionsabgeordnete geben, die das nicht unterstützen; anscheinend gehört auch die CSU im Landtag dazu. Das finde ich zumindest bemerkenswert.

Unterhaltungswert hat ganz bestimmt auch Ihre Forderung nach einer Beschleunigung der A 94. Ich finde es besonders witzig, dass Sie eine Beschleunigung wünschen. Das ist wirklich lobenswert. Aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie bei der A 94 fast genau vierzig Jahre Zeit gehabt haben, um diese Maßnahme zu realisieren. Von 1971 bis 1998 – das waren 28 Jahre – sind in Bayern

sinnvoll sein –, dann allenfalls punktuell und streckenbezogen an besonderen Gefahrenstellen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Mehr Sinn machen würden intelligente Verkehrsleitsysteme und Wechselverkehrszeichen. In jedem Falle sind zur Eindämmung von Staus an besonders stark belasteten Autobahnabschnitten dritte Fahrspuren anzubauen – gerade auch, um nach einem punktuellen Überholverbot für Lkws dann Möglichkeiten zu schaffen, dass sich auch dieser Lkw-Verkehr auf der rechten Spur wieder entzerren kann, dass der schnellere Lkw die Möglichkeit hat, den langsameren zu überholen. Wenn drei Spuren da sind, dann kann das relativ gefahrlos geschehen.

Im Übrigen brauchen wir diese dritte Fahrspur eben dringend, um den Verkehr nach derartigen Überholverbotsstellen dann auch wieder flüssig weiterführen zu können.

Mit dem Ihnen vorliegenden Dringlichkeitsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Staatsregierung aufgefordert, auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass im Rahmen eines Nachholprogramms Westdeutschland zusätzliche Mittel für den Ausbau der Fernstraßen auch in Bayern zur Verfügung gestellt werden. 140 Millionen Euro pro Jahr, wie es für den Zeitraum ab 2009 vorgesehen ist, sind bei Weitem zu wenig.

Investiert werden soll dieses zusätzliche Geld vor allem in die Ost-West-Verbindungen, die im Zuge der EU-Osterweiterung immer stärker vom Schwerlastverkehr genutzt werden. Als besonders wichtige Projekte sehen wir unter anderem an:

den sechsspurigen Ausbau der A 3 zwischen Nürnberg und Aschaffenburg,

den sechsspurigen Ausbau der A 6 zwischen Nürnberg und der Landesgrenze zu Baden-Württemberg,

den Ausbau der A 8 zwischen Ulm und Augsburg sowie zwischen München und der Landesgrenze zu Österreich.

Neben den Ausbaustrecken müssen natürlich auch wichtige Neubauprojekte beschleunigt werden wie beispielsweise die A 94 zwischen Forstinning und Passau.

Verkehrsadern, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Lebensadern für unsere Wirtschaft. Der Export in Deutschland und vor allem in Bayern boomt nach wie vor, gerade auch in Richtung Osteuropa.

Schwerpunkt des Nachholprogramms West, das nach dem Ausbauprogramm Ost nun dringend geboten ist, müssen daher diese Ost-West-Verkehrsachsen sein. Mit Überholverboten für Lkws allein ist das Problem nicht zu lösen.

Der Herr Kreuzer muss darüber schon lachen, und das, Herr Kreuzer, kann ich verstehen. Aber lachen Sie hier herinnen nicht so offenkundig, das können Sie draußen machen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Jetzt darf man nicht mal mehr lachen!)

Es ist wirklich so: Sparen Sie sich solche Dinge. Wie gesagt, wir stimmen diesem Antrag zu, weil wir Ihnen diesen billigen Vorwand, auf den Sie offensichtlich losgehen, wirklich nicht gönnen. Populismus, nein, nicht in Ehren – in Unehren –, aber das sollten Sie im Grunde genommen wirklich lassen. Es würde die Politik insgesamt erleichtern, wenn Sie es unterließen.

Schönen Dank für Ihre ungewöhnliche Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner: Herr Kollege Dr. Magerl.

Dr. Christian Magerl (GRÜNE) (vom Redner nicht au- torisiert): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt auch, ebenso wie der Herr Kollege Volkmann, gegen den Antrag reden, aber konsequenterweise auch sagen, dass wir nicht wie die SPD für, sondern gegen diesen Antrag stimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer heute die neuen Rohölnotierungen anschaut, stellt fest: Wie ein bekannter Informationsdienst schreibt, hat das rechnerische Preismittel der Rohölleitsorten mit 144,8 $ pro Fass ein neues, absolutes Maximum erreicht. Der Informationsdienst führt weiter aus: „Auch Donnerstag erfuhren die Ölpreise einen weiteren Preissprung. Die Rohölnotierungen haben das Nahziel von 150 $ pro Barrel klar und groß im Visier“.

Sie stellen in Anbetracht dieser Situation einen Antrag, in Bayern das Autobahnsystem auszubauen, und zwar ganz locker, flockig mit Kosten in Höhe von drei Milliarden Euro.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Das kostet nämlich dieser Antrag, wobei die Preissprünge bei Beton und Stahl, die wir in den letzten Wochen auch gehabt haben, noch gar nicht eingerechnet sind.

Wir können in der Verkehrspolitik nicht so weitermachen, wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir können nicht einfach postulieren und sagen, der Bundesverkehrswegeplan, der vor Jahren irgendwann einmal aufgestellt worden ist, hat diese und jene Zuwächse pro

1.172 Kilometer Autobahn gebaut worden, in den beiden Landkreisen Altötting und Mühldorf zusammen dagegen nur sechs Kilometer der A 94. Seit 1998 war die SPD die Partei, die den Verkehrsminister gestellt hat, und an der Bundesregierung beteiligt. Seit dieser Zeit sind in Mühldorf und Altötting immerhin knapp dreißig Kilometer fertig gestellt worden. Man stelle diese Maßnahmen einmal gegenüber. Hören Sie also bitte damit auf, uns immer vorzumachen, wie toll Sie regieren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie so dynamisch regierten, wie Sie behaupten, wäre das Chemiedreieck schon lange an das Verkehrsnetz der Bundesautobahn angeschlossen. Aber ich muss feststellen, offenkundig seid ihr in diesem Bereich Schlafmützen.

Ihre Projekte sind ohne Frage vernünftig. Gleichwohl muss ich sagen: Den Antrag, den Sie hierzu gestellt haben, halte ich für gnadenlos populistisch. Eigentlich müsste man ihn aus diesem Grunde ablehnen. Aber dann behaupten Sie draußen – das traue ich Ihnen ohne Weiteres zu –, dass wir gegen diese Projekte seien. Auch bei dem Public-Private-Partnership-Projekt – PPP-Projekt – ist besonders unterhaltsam, dass der Bundesverkehrsminister schon vor einigen Tagen in sämtlichen Zeitungen und Fernsehnachrichten verkündet hat, dass es gemacht werde, Sie es jetzt aber einfordern. Ein bisserl sollte man schon aufwachen, bevor man einen solchen Antrag stellt. Für solche Behauptungen wollen wir Ihnen natürlich keinen so billigen Vorwand geben. Deshalb werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

Herr Kollege Volkmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege Rotter.

Herr Kollege Volkmann, ist Ihnen bekannt, dass der Bundesverkehrsminister das PPPProjekt Ulm – Augsburg nicht erst vor wenigen Tagen, sondern schon vor einem Jahr zugesagt hat, und dass das Projekt vor drei Monaten erneut in Zweifel gezogen worden ist, sodass wir noch nicht wissen, ob es jetzt tatsächlich bei der vor wenigen Tagen gemachten Zusage bleibt oder ob es nach der Landtagswahl nicht wieder eingezogen wird?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Mein Gott! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Rotter, das ist ein sehr untauglicher Versuch, jetzt Ihren Antrag vernünftig darzulegen. Seien Sie mir nicht böse; mit diesem Antrag wollen Sie draußen den Eindruck erwecken, Sie seien der Retter des Ausbaus der A 8 zwischen Ulm und Augsburg.

(Lachen des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Sie reden von 50 Milliarden Euro Steuern und Abgaben. Das sind Steuern, die wir brauchen, um x sinnvolle Projekte zu finanzieren. Steuern sind allgemein, also im Wesentlichen keine Abgaben. Sie können nicht sagen, das müsse wieder in den Verkehr zurückgehen.

Als Fazit muss ich sagen: Es fehlt ein Deckungsvorschlag für die Maßnahmen, und mir fehlt der Glaube, dass das nicht zulasten der Bahn geht. Zu den Projekten gehört die Verlängerung der A 94 in Richtung Passau. Damit meinen Sie die Trasse durch das Isental, die wir ablehnen. Deshalb stimmen wir konsequenterweise gegen den Antrag. Wir reden nicht nur dagegen, sondern wir stimmen auch so ab.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Magerl. Der Herr Staatsminister des Inneren hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Bayerische Landtag mit diesem Antrag unserem Konzept für ein Nachholprogramm Westdeutschland starke Rückendeckung gibt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): So ein Zufall! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): So kurz vor der Wahl!)

Darum geht es, und da müssen wir in den nächsten Jahren vorankommen. In den letzten 18 Jahren wurde aus guten Gründen viel Geld in den Aufbau Ost und in Verkehrsprojekte Deutsche Einheit investiert, sowohl Schienenverkehrs- als auch Straßenverkehrsprojekte. Im September dieses Jahres wird die letzte Maßnahme der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit im Straßenverkehr, die Bayern betrifft, abgeschlossen, nämlich die A 73 von Bamberg über Lichtenfels, Coburg in Richtung Suhl – Erfurt. Die A 71 ist schon seit einer Weile fertig; der sechsspurige Ausbau der A 9 auf bayerischer Seite von Nürnberg bis zur Landesgrenze ist auch seit einer Weile fertig. In den letzten 18 Jahren hat der Bund dort eine Priorität gesetzt.

Da hilft es nicht weiter, wenn Sie darauf hinweisen, dass in der Tat manches Projekt, zum Beispiel die A 94, langsamer vorangekommen ist, als wir uns das erhofft haben. Herr Kollege Volkmann, das gilt auch für andere Projekte. Über den sechsspurigen Ausbau der A 3 von Nürnberg nach Aschaffenburg ist schon 1990 geredet worden; der war damals schon in der Vorplanung. Der ist in den letzten 18 Jahren – abgesehen von den ersten Kilometern bei Aschaffenburg – liegen geblieben, weil die Bundesrepublik Deutschland Priorität auf den Ausbau Ost gesetzt hat und auf Maßnahmen unmittelbar im früheren Grenzbereich.