Protocol of the Session on June 25, 2008

Unser Antrag hat also zum Ziel, einen Vorstoß bei der Europäischen Union zu bewirken. Wir sind da nicht so hoffnungslos; denn es gibt zahlreiche Regionen, insbesondere im Alpenraum, aber auch in anderen Teilen Europas, die ein durchaus intensives und lebhaftes Interesse daran haben, ein entsprechendes rechtliches Instrument in die Hand zu bekommen. Wenn der Freistaat Bayern die Möglichkeit erhielte, gentechnikanbaufreie Zonen auszuweisen, dann sollten das andere Regionen in Europa auch haben. In Bayern sind alle kommunalen Gebietskörperschaften dabei.

Deswegen würden wir uns freuen, wenn Sie unseren Antrag unterstützen und das Ganze mittragen würden, damit sich die Staatsregierung sozusagen in Marsch setzen kann.

Es sind zwei weitere Dringlichkeitsanträge zu behandeln, auf die ich natürlich eingehen möchte. Was den Dring

lichkeitsantrag 15/10888 der SPD-Fraktion angeht, so haben wir in Bezug auf den ersten Spiegelstrich, in dem es um die Transparenz des Zulassungsverfahrens geht, überhaupt kein Problem. Sie wissen, dass wir auch schon einen Antrag in diese Richtung beschlossen haben. Wir freuen uns, dass Sie das auch so sehen und dass Sie das Zulassungsverfahren, wie es auch Bundesminister Seehofer immer wieder betont, genau wie wir transparenter sehen möchten.

Ein ganz erhebliches Problem haben wir in Bezug auf den zweiten Spiegelstrich. Da geht es um die Ausweitung der Kennzeichnungspfl icht. Sie wissen, dass wir in Deutschland das Instrument – von Horst Seehofer geschaffen – der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ haben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Sie fordern jetzt eine Ausweitung der Kennzeichnungspfl icht europaweit. Dabei sehen wir eine Reihe von Problemen. Das Wesentliche für uns ist, dass man sich zunächst darüber unterhalten müsste, wie das konkret aussehen könnte. Es geht hier und vor allem um die Frage der Nachweisbarkeit. Wenn ich Gentechnik auszeichne, dann müsste ich für die ganze Nahrungskette buchstäblich nachweisen, dass da nichts passiert ist. Aber ich kann nicht stofflich nachweisen, ob gentechnisch veränderte Organismen mit dem fertigen Produkt in Berührung gekommen sind oder nicht. Das würde eine gigantische Bürokratie auslösen. Wir stehen jetzt vor dem Problem, dass wir das nicht im Zusammenhang mit diesem Dringlichkeitsantrag ausdiskutieren können, weil das Ganze für uns unabsehbare Folgen hätte, über die man sich in Ruhe unterhalten muss, weil man vor allem sagen müsste, wie so etwas ausschauen könnte.

Im dritten Spiegelstrich geht es um die Ausweisung gentechnikanbaufreier Zonen. Da sprechen Sie von Gebietskörperschaften. Wir kämpfen dafür, dass der Freistaat Bayern eine solche Zone ausweisen darf. Aber dann wären natürlich alle bayerischen Gebietskörperschaften dabei. Deswegen können wir dem Antrag nicht nähertreten.

Auch die GRÜNEN haben auf Drucksache 15/10896 einen Dringlichkeitsantrag nachgereicht, der sich in ganz knapper, prägnanter Form auf den legislativen Rahmen für gentechnikanbaufreie Zonen bezieht. Da haben wir dasselbe Problem, wie wir es schon vor 14 Tagen im Umweltausschuss diskutiert haben: Sie wollen dies absolut. Da komme ich auf die Gretchenfrage zurück. Sie sind nicht bereit, zu differenzieren – wie das in unserem Antrag selbstverständlich passiert – zwischen dem kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pfl anzen und der Forschung, zu der wir – ich wiederhole das – ganz klar Ja sagen. Auch wenn Sie den Antrag sozusagen verführerisch formuliert haben, können wir dem nicht zustimmen.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag und meinen, dass wir bei einer vernünftigen Herangehensweise viele Sorgen und Ängste, die es in der Bevölke

rung gibt, mit unserer Haltung aufgreifen können, dass wir aber trotzdem feststellen können, dass es hochmütig wäre, wenn man eine Entwicklung in Bausch und Bogen verurteilen und die Forschung aufgeben würde. Deswegen bitten wir um Zustimmung und werden die beiden anderen Anträge ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, vielen Dank. Die nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte die Befürchtung, dass die Regierung bereits auf dem Marsch nach Brüssel ist, weil überhaupt niemand da war, der infrage kommt, sich mit dem Thema inhaltlich zu beschäftigen. Jetzt gehe ich davon aus – –

(Zuruf von der CSU)

Herr Staatsminister Goppel, um die Forschung geht es in den Anträgen nicht. Wenn Sie den Ausführungen von Herrn Meißner gefolgt wären, so hätten Sie gehört, dass sich das für uns nicht erschließt. – Als Ansprechpartner sehe ich im Moment den Europaminister an. Aber die eigentlich zuständigen Minister für Landwirtschaft und Umwelt scheint das Thema nicht so brennend zu interessieren, dass sie sich hier einfänden.

Zunächst möchte ich für unseren Antrag auf Drucksache 15/10888 um Zustimmung bitten und zu Protokoll geben, dass aufgrund eines Fehlers in der Schreibweise immer von „gentechnikfreien“ statt von „gentechnikanbaufreien“ Regionen gesprochen wird. Wir meinen überall im Antrag natürlich „gentechnikanbaufrei“.

Kollege Meißner hat die drei Punkte, die wir wollen, bereits genannt. Erstens, die Überarbeitung des EU-Zulassungsverfahrens mit dem Ziel, dieses transparenter zu gestalten, zweitens, die Auszeichnung der Kennzeichnungspfl icht. – Herr Kollege Meißner, ich verstehe die Probleme, die Sie sehen, nicht so ganz, weil das ein Punkt aus einem Antrag der Koalitionsfraktionen in Berlin ist. Herr Ramsauer steht als Unterzeichner darunter. Aber vielleicht sprechen Sie mit ihm, vielleicht erklärt er Ihnen, warum die CSU in Berlin weniger Probleme sieht und wie das gehen kann.

Als dritten Punkt hat Herr Kollege Meißner in der Tat die Änderung europäischen Rechts genannt, die darauf abzielt, die verbindliche Einführung gentechnikanbaufreier Regionen zu ermöglichen. Das ist nach unseren juristischen Erkundigungen eben über die Gebietskörperschaften leichter zu regeln als über die Länder. Deswegen steht es so in unserem Antrag, und deswegen wollen wir das.

Wir wollen mit diesem Antrag auch eine Bundesratsinitiative erreichen. Das ist der entscheidende Unterschied

zu Ihrem Antrag, der Ihren so wenig konkret erscheinen lässt.

Wir stellen Anträge in diese Richtung nicht zum ersten Mal. Dutzende sind abgelehnt worden. Auch dieser wird wieder abgelehnt werden, obwohl er in allen drei Punkten dem entspricht, was die Koalitionsfraktionen in Berlin zu tun gedenken. Auch das ist für mich ein Zeichen dafür, dass Sie es nicht ernst meinen. Bisher haben Sie sich immer genau diesen gentechnikanbaufreien Regionen in Bayern gegenüber versperrt. Sie haben den Kommunen, die sich als solche ausweisen wollten, nicht nur nicht geholfen, sondern Sie haben ihnen Knüppel in den Weg geworfen, im Übrigen im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen man das nicht nur geduldet, sondern unterstützt hat, auch wissend, dass hohe Strafandrohungen seitens der EU im Raum stehen.

Sie haben sich bisher einer Initiative aus Bayern zulasten der betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher , aber auch der Landwirtinnen und Landwirte entzogen, und Sie wissen so gut wie ich, dass zum Beispiel die Anbaufl ächen von MON 810 auch in Bayern jedes Jahr größer werden. Sie werden deswegen größer, weil Sie jahrelang, bis drei Monate vor der Landtagswahl, dieses Thema verschlafen haben. Jetzt fangen Sie plötzlich mit Aktionismus an.

(Beifall bei der SPD)

Sie legen uns einen Antrag vor, demzufolge selbst entschieden werden soll. Das klingt grundsätzlich wunderschön. Nur, Herr Kollege Meißner, damit das auch noch einmal zu Protokoll gegeben ist: Selbstverständlich ist die SPD-Fraktion nicht gegen Forschung in diesem Bereich. Wir sind nur – dabei bleiben wir – gegen Freisetzungsversuche. Deswegen wäre der Freistaat Bayern gut beraten, ginge er in eigener Verantwortung mit gutem Beispiel voran und verzichtete genau auf diesen Teil der Forschung, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Antrag ist wie üblich völlig unpräzise und schwammig, und er ist, was die Goodwill-Bekundung angeht, auch überfl üssig, weil sich der Europaminister, der ja der Großmeister der Ankündigungen für gentechnikanbaufreie Regionen oder für das Thema insgesamt ist,

(Heiterkeit der Abgeordneten Johanna Werner- Muggendorfer (SPD))

schon vor Wochen dahin gehend positioniert hat. Wir haben von Herrn Söder bereits lesen dürfen, dass er das will. Es reicht aber nicht, dass Herr Söder das will, und es reicht auch nicht, dass Sie einen schwammigen Antrag vorlegen. Eigenes Handeln ist hier gefragt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Initiative!)

Eigenes Handeln bedeutet nicht, dass Sie dazu auffordern, in Europa irgendetwas zu tun, sondern eigenes Handeln bedeutet eine Bundesratsinitiative, die dann über den Weg der Bundesregierung in Brüssel dazu beiträgt, dass tatsächlich etwas geschehen kann. Sie haben – das ist das Einzige, was ich unterstreichen kann – richtigerweise gesagt, dass andere Regionen dies auch möchten. Aber es müsste eine Bundesratsinitiative sein, wenn es nicht wieder bei Gerede und bei einer Pressemitteilung auf Ihrer Homepage bleiben soll.

Wir werden diesem Antrag, der – das ist unsere Befürchtung – eine Halbwertszeit bis zum 28. September hat, nicht zustimmen, weil er tatsächlich nichts Konkretes bringt. Wir werden uns enthalten.

Dem Antrag der GRÜNEN werden wir zustimmen, auch wenn ich darum bitte, mir zunächst noch zu sagen, welchen Berufsstand Sie denn meinen, den Sie mit einbezogen haben wollen.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Den Bauernverband!)

Es war schon zu ahnen, dass Sie ihn meinen. Aber es gibt noch andere Berufsstände.

(Ruth Paulig (GRÜNE): In Bayern gibt es nur den Bauernverband!)

Wir könnten jetzt treffl ich darüber diskutieren, wie viele Berufsstände es in Bayern gibt. Aber nach meinen unmaßgeblichen Erkenntnissen gibt es auch in Bayern andere Berufsstände als den Bauernverband, auch Berufsstände, die durchaus mit dem Thema beschäftigt sind. Aber um diesen Halbsatz geht es nicht. Der Antrag geht in die richtige Richtung, wenn er auch sehr unpräzise ist und keine Handlungsoptionen nach sich zieht. Aber der gute Wille gilt fürs Werk.

Vielleicht möchte uns Herr Staatsminister Söder, anstatt wie üblich nur Pressemitteilungen abzugeben, noch erklären, was er denn konkret zu tun gedenkt, damit dieses Thema tatsächlich auch auf europäischer Ebene einer Lösung zugeführt wird, so wie es sich die Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch die Landwirtinnen und Landwirte in Bayern seit Langem wünschen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte macht wirklich Spaß. Herr Meißner, das war wieder „ein klares Jein zum Genmais. Die CSU müht sich mit einem ungeliebten Thema ab.“ – So hat bereits am 20. Februar dieses Jahres die „SZ“ tituliert. Sie trifft es wirklich hart mit dem Thema. Die Bauern

lehnen den Gentechnikmais ab, die Verbraucherinnen und Verbraucher tun dies zu über 70 %, und jetzt eiert die CSU herum!

Wir erkennen ja durchaus an: Es geht mit kleinsten Schritten voran. Sie haben jetzt schon einmal die Landessortenversuche eingestellt. Aber Sie machen Bundessortenversuche. Da frage ich mich, wofür das gut sein soll, wenn man es ohnehin nicht anbauen will. Aber immerhin: Es geht ein bisschen voran. Nur, klüger sind die Bauern, denn sie sind jetzt von über 120 Hektar auf 10 Hektar Anbaufl äche heruntergegangen. Dort tut sich etwas. Aber das, was der Freistaat auf seinen staatlichen Flächen jetzt noch anbaut – es sind jetzt 20 % der Flächen –, ist eindeutig zu viel.

Wenn Sie also wirklich ohne legislativen Rahmen aus diesem Gentechnikanbau heraus wollen, dann lassen Sie erst einmal Ihren Anbau weg und pfl ügen Sie um!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es freut einen wirklich. Wir arbeiten jetzt seit vier oder fünf Jahren an diesem Thema, und Stück für Stück bewegt sich die CSU im Schneckentempo.

Herr Söder ist heute da. Das freut uns außerordentlich. Er hat seine Frau gefragt: Wie gehe ich mit der Gentechnik um? Dann hat sie doch glatt gesagt: Die Leute wollen es nicht, also brauchen wir jetzt eine Initiative auf europäischer Ebene.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Aber folgen tut er ihr nicht!)

Wunderbar, sage ich nur. Sie starten also jetzt auf EU-Ebene eine Initiative, Sie knöpfen sich jetzt Ihren Minister Seehofer vor und sagen: Die Ausbringung des Maissaatgutes für das nächste Jahr wird nun endlich verboten; wir pfl ügen um in Deutschland? – Das wäre eine Initiative, Herr Söder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber das, was Sie angekündigt haben, ist das Papier nicht wert. Dennoch macht es Spaß, zu hören, wie Sie versuchen, die CSU-Fraktion ein bisschen anzutreiben.

Nett ist es auch, die Debatte zu unserem Antrag zu hören. Herr Meißner, vor 14 Tagen haben wir im Umweltausschuss einen Antrag der GRÜNEN zu diesem Thema diskutiert. Das war aber ein ganz anderer als der, der Ihnen heute zur Abstimmung vorliegt.

(Christian Meißner (CSU): Das war mir bewusst, Frau Kollegin!)