Protocol of the Session on April 24, 2008

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Beyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Magerl, ich bin etwas überrascht und auch erfreut, dass wir uns zumindest bezüglich der letzten Frage mittlerweile angenähert haben. Das ist sehr gut.

Zum Antrag der GRÜNEN kann ich jetzt schon sagen, dass wir ihm selbstverständlich zustimmen, weil in diesen sehr schwierigen Fragen ein Bericht der Staatsregierung zielführend ist.

Zur Sache selbst darf ich eingangs darauf hinweisen, dass aus der Sicht der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag für die Zukunft der Bahn eine andere Lösung die bessere und richtigere gewesen wäre, und zwar diejenige, den unabwendbaren Kapitalbedarf so zu decken, wie es ein guter kaufmännisch denkender Eigentümer tut, nämlich aus eigenen Mitteln des Bundeshaushalts.

(Beifall bei der SPD)

Wenn diese Chance besteht, wäre das selbstverständlich ein Weg gewesen. Aber im Koalitionsvertrag ist auf Drängen der CDU/CSU-Fraktion die Hereinnahme eines privaten Investors vorgesehen. Vor diesem Hintergrund ist das, was die Arbeitsgruppe unter Leitung von Kurt Beck jetzt vorgelegt hat – ich versuche es einmal so in aller Freundlichkeit zu formulieren –, im Moment noch das kleinste Übel.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich darf Sie schon darauf hinweisen, dass Sie, wenn Sie in einer Großen Koalition mit uns an solch eine schwierige Frage herangehen, bitte sehr sorgfältig bei der Sache bleiben sollten. Herr Kollege Rotter, Sie wissen genau, dass der Kern des Vorschlags der SPD-Arbeitsgruppe, die das jetzt hier diskutierte Modell erarbeitet hat, darin besteht, dass die Deutsche Bahn AG trotz der Hereinnahme privaten Kapitals ein vollständig öffentlich geführtes Unternehmen bleibt. Das ist der Kern des Vorschlags, und das ist die rote Linie. Und es ist die einzige Grundlage, aufgrund derer nach intensiven Diskussionen und oftmals auch gegen große Bedenken die Gremien der Partei im Moment zugestimmt haben. Das ist eine Zustimmungsvoraussetzung. Wer das infrage stellt – ich komme darauf zurück –, stellt in Wahrheit das Projekt insgesamt infrage. Das wäre vielleicht gar nicht so schlecht, Kollege Rotter, aber dann sollten wir das auch mit offenem Visier ausfechten.

Die gesamte Infrastruktur bleibt zu 100 % im Besitz des Bundes. 75,1 % an der neu zu gründenden Einheit „Verkehr und Logistik“ sollen und müssen im Bereich der Beteiligung des Bundes bleiben.

Nun ist die Frage: Warum diese Begrenzung? Auch Sie wissen, Herr Kollege Rotter, dass ab 25 % die aktienrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten ganz andere sind als die mittelbaren Wirkungen, die – wie Herr Kollege Magerl völlig zu Recht

tenwald, Garmisch-Partenkirchen sein? Das sind für den Tourismus eminent wichtige Zugverbindungen auf hochwertigem Intercity- oder teilweise Eurocity-Niveau. Also, da ist für die Bedienung der Fläche mit Fernverkehrsleistungen Gefahr im Verzug.

Das ist der schlimmste Punkt. Dass man das nur mit einem Vertrag regeln möchte, vorbei am Parlament, ist unmöglich. Es widerspricht unserem demokratischen Grundverständnis, so etwas auf diese Art und Weise regeln zu wollen. Allerdings habe ich auch meine Zweifel, ob man das per Gesetz fassen kann. Aber gut, das muss man sehen.

Klar muss sein, dass es bei einer Teilprivatisierung weder zur Stilllegung von Strecken noch zur Stilllegung von Verbindungen kommt. Auch diese Gefahr droht bei dieser Privatisierung ganz gewaltig.

Dieses Holdingmodell wird die Tatsache zementieren, dass der zumindest von Teilen des Hohen Hauses gewünschte Wettbewerb über Ausschreibungen dadurch, dass die DB dann letzten Endes alles dominieren wird, weiter eingeschränkt wird.

Wir alle oder zumindest ein Teil der Mitglieder des Hohen Hauses wollen doch, dass über den Wettbewerb nicht nur Geld eingespart wird, sondern in allererster Linie mehr Qualität im Schienenverkehr in Bayern garantiert wird. Das sehen wir mit dem vorgelegten Modell nicht verwirklichbar.

Auch im Bereich des Güterverkehrs haben wir Zweifel. Bereits heute ist die Bahn mit Schenker einer der größten Lkw-Spediteure. Wir befürchten, dass dieses Speditionswesen dann noch weiter zunimmt, was überhaupt nicht in unserem Sinne sein kann.

Auch ein weiterer Punkt scheint uns sehr wichtig. Wenn es schon zu einer Privatisierung kommt, muss das Geld in den Schienenverkehr gesteckt werden. Daran haben wir allerdings bei der jetzigen Führung der Bahn erhebliche Zweifel, wenn man ihr freie Hand lässt. Sie hat ein Interesse daran ein Global Player im Logistikbereich zu werden und kümmert sich nicht darum, beispielsweise eine Verbindung zwischen Regensburg und Hof zu elektrifizieren, wie wir es vor ein paar Tagen einstimmig im Ausschuss beschlossen haben.

Insgesamt kann also von uns noch eine sehr heftige Kritik an dem kommen, was jetzt von der Bundesbahn insgesamt vorgelegt wurde. Wir möchten mit unserem Antrag zu einem Bericht zur geplanten Teilprivatisierung der DB AG Klarheit, um uns weiter positionieren und entsprechende Forderungen aufstellen zu können. Das alles können wir dann im Ausschuss noch einmal sorgfältiger debattieren, als es heute im Rahmen eines Dringlichkeitsantrages geschehen kann. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Dem CSU-Antrag können wir in toto leider nicht zustimmen. Insbesondere können wir dem letzten Absatz nicht zustimmen, weil damit das Tor zu einer deutlich weiteren Privatisierung von 50, 75 oder 100 % aufgestoßen wird. Diesen Weg können wir leider nicht mitgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

durch immer mehr Druck in den Ausschreibungsbedingungen dem Lohndumping Tür und Tor öffnen,

(Ludwig Wörner (SPD): So ist es!)

auch deshalb, weil Sie in dieser Legislaturperiode mehrfach wieder die Versuche der SPD unterlaufen haben, gerade für den Schienenpersonennahverkehr Tarifentgelte zur Ausschreibungsbedingung zu machen. Sie wissen, dass das trotz des EuGH-Urteils zulässig ist, wenn wir es nicht lokal machen, sondern allgemein gesetzlich. Meine Damen und Herren, das ist zulässig, lassen Sie es uns tun.

Zum anderen sollten wir aufgrund der immer interessanter werdenden Konstellation schon darüber reden, dass „bayerisches Geld“ für den Regionalverkehr – Herr Kollege Rotter, da muss ich Sie schon wieder kritisieren – Geld des Bundes ist, das Bayern zur Verfügung gestellt werden sollte, aber letztendlich nach Hamburg wegen der Beteiligung der Hamburger Hochbahn abfließt. Auch darüber sollten wir reden.

Das heißt, wir können Ihnen im Wesentlichen – außer dass Sie dem Ausschreibungswettbewerb unreflektiert das Wort reden – in diesen Punkten zustimmen. Wir haben auch kein Problem mit der Gesetzesinitiative für den Fall, dass es denn so kommt. Natürlich ist das sicherlich sinnvoll.

Was die Erlöse angeht, haben wir aber eine wesentlich klarere Position. Wir wollen nicht nur möglichst weit gehen, sondern wir sagen „vollständig“, vollständig für die Zwecke des Unternehmens und für die Infrastruktur und – das sagen wir ganz bewusst an die Adresse des Genossen Steinbrück –:

Wir erwarten, dass das auch seitens des Bundesfinanzministers nicht anders praktiziert wird.

(Beifall des Abgeordneten Eberhard Rotter (CSU))

Danke schön. Das Protokoll vermerkt: „deutliche Zustimmung des Kollegen Rotter“.

(Christian Meißner (CSU): Sonst aber nirgends!)

Die anderen wissen es ja. Die gehen davon aus. Wir diskutieren das vorher. Sie werden ja nicht von dem überrascht, was ich sage, Herr Meißner.

(Christian Meißner (CSU): Zugegeben!)

Das ist nicht wie bei Ihnen, die Sie die Kollegen überraschen mit Schienenverkehrsthemen. Das haben wir neulich im Ausschuss erlebt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, jetzt müssen wir aber genauer hinschauen. Denn der letzte Absatz ist es – und weil ich die Redlichkeit des Kollegen Rotter in jeder Weise kenne, weiß ich natürlich, dass seine eingangs ge

sagte – im Bereich der Schadensersatzansprüche bei ausgebliebener Rendite, Zuweisungen und Ähnlichem greifen würden.

Aber auch das sehen wir mit Skepsis; das sage ich Ihnen sehr deutlich für die SPD-Landtagsfraktion. Es muss unser Ziel sein, auch die mittelbare Einflussnahme eines Privaten zurückzudrängen. Denn alles das, was Sie hier zu Recht vortragen, Herr Kollege Rotter, und was Sie in Ihrem Antrag auch katalogmäßig aufführen, ist genau die Angst vor dem, was kommen könnte, wenn sich dieser neue Bereich nur noch auf das zurückzieht, was renditemäßig interessiert.

(Ludwig Wörner (SPD): Denen gehen die Muffen längst aus!)

Das ist für die Eisenbahnfachleute die große Acht, und das sind die reinen ICE-Verkehre. Und alles andere – das wissen wir beide genau, und auch alle anderen wissen das, die sich mit Eisenbahnverkehren beschäftigen – ist für privates Kapital letzten Endes uninteressant.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Das kommt mir ein bisschen so vor: Sie rufen einerseits nach Schutz vor einer Lösung, von der Sie auf der anderen Seite fordern, sie noch weiter auszudehnen. Insofern ist das einer der absurdesten Anträge, die die CSU in dieser Legislaturperiode vorgelegt hat.

Wir wollen und verlangen, dass der Einfluss dauerhaft auf 24,9 % begrenzt wird. Vor diesem Hintergrund schauen wir uns Ihren Antrag genauer an. Inhaltliche Übereinstimmung kann ich signalisieren, soweit sie selbstverständliche Länderinteressen für den Fall einfordern, dass es zu einer Teilprivatisierung kommt. Sie haben wesentliche Kernpunkte dessen aufgegriffen, was die Verkehrsministerkonferenz am 16./17. April einstimmig bei einer Enthaltung beschlossen hat. Natürlich ist insbesondere darauf zu achten, dass die Infrastruktur in ihrem Bestand nicht angetastet wird, dass die Fernverkehrsangebote nicht beeinflusst werden in dem befürchteten Sinne, dass die Verbindungen im ländlichen Raum nicht ausgedünnt werden und vieles andere mehr.

Eine skeptische Bemerkung noch zu Ihrem Lob über den Ausschreibungswettbewerb. Wenn Sie hier sagen – lehrbuchmäßig –, dass die Qualität gestiegen sei, erinnere ich nur an die sehr intensive Diskussion in der letzten Woche über die mehr als Anlaufprobleme beim ALEX in der neuen Konstellation.

(Eberhard Rotter (CSU): Die arbeiten intensiv daran!)

Die arbeiten intensiv daran, aber es zeigt, dass per se das Private nicht unbedingt besser ist. Das ist auch eine Lehre.

Zu den niedrigeren Kosten der Ausschreibung möchte ich auf die aktuelle Diskussion um den Regensburger Stern hinweisen. Zum einen bleibt nämlich die Gefahr, dass wir

aushandelt, gegen den Exkollegen Wiesheu. Sie stellen sich gegen die Kunden der Bahn, weil Sie die Bahn vollständig den privaten Interessen öffnen wollen,

(Zustimmung des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD) – Werner Schieder (SPD): Scheinheilig!)

und Sie stellen sich gegen die Interessen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner.

Dieser Antrag hat im Kern nur einen Absatz, und das ist der letzte: Wir wollen die Interessen des Kapitals wahren und befördern, dass sie so viel aus der Bahn herausschneiden können, wie sie wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das wollen Sie, und das wollen wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Deshalb gibt es nicht nur keine Zustimmung, sondern ich sage auch: Ich bin enttäuscht über diesen Antrag, dass man auf zwei Seiten wunderbare Dinge ausbreitet, was es zu bewahren gilt, weil Sie zu Recht fürchten, dass ein Privater, selbst bei 24,9 %, Ihnen das aus der Hand schlägt. Gleichzeitig sagen Sie: Wir wollen alles weggeben, damit der Private noch mehr Möglichkeiten hat, die Verkehre auszudünnen und seine eigene Rendite zu mehren. Ich kann mir das fast nur so erklären, dass die von Herrn Meißner neulich angesprochene Kommission der CSU in einen sinnvollen Antrag des Kollegen Rotter einen Absatz hineingeschrieben hat, der nicht nur nicht sinnvoll ist, sondern der alles ins Gegenteil verkehrt. Deshalb natürlich nicht der Hauch einer Zustimmung zu diesem Antrag.

Ich danke Ihnen.