Protocol of the Session on February 14, 2008

Das ist doch ein billiges Ablenkungsmanöver!

(Beifall bei der SPD)

Der Freistaat Bayern aber ist mit 50 % an der öffentlichrechtlichen Bayerischen Landesbank beteiligt.

Als Resümee der Debatte möchte ich jetzt gern sechs Fragen stellen. Erstens. Herr Finanzminister, Herr Ministerpräsident, es ist bereits das zweite Mal, dass Vorstand und Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank in ganz wichtigen strategischen Fragen unterschiedlicher Auffas

sung sind. Einmal war es in der Frage der Fusionsverhandlungen mit der Landesbank Baden-Württembergs. Der Vorstand war damals gegen eine Stimme für die Aufnahme von Fusionsverhandlungen; im Übrigen auch der damalige Ministerpräsident Stoiber und der damalige Finanzminister Faltlhauser. Sie haben das blockiert und abgelehnt. Es gab also einen Dissens in Teilen des Verwaltungsrats – denn auch die Sparkassen waren für die Fusionsverhandlungen – und dem Vorstand.

Jetzt ist der zweite große Dissens feststellbar. Sie haben ausgeführt, dass Sie im Haushaltsausschuss von den zwei möglichen Strategien der Bank zur Veröffentlichung von Zahlen zum Jahresabschluss 2007 ausgegangen sind: entweder eine frühzeitige Bekanntgabe grob geschätzter Zahlen oder eine spätere Veröffentlichung detailliert festgestellter und belastbarer Zahlen. Daraufhin habe ich darauf hingewiesen, dass beide Möglichkeiten Risiken in sich bergen. Der Vorstand der BayernLB hat sich auf den zweiten Weg festgelegt. Ziel war es, die Bank vor unnötigen Spekulationen durch laufend sich ändernde Zahlen zu schützen. Herr Finanzminister als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats, was werden Sie jetzt tun, nachdem Sie der Vorstand der Landesbank bis auf die Knochen blamiert hat?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau! – Beifall bei der SPD)

Was machen Sie denn jetzt? Dazu möchten wir eine Auskunft haben. Das kann doch nicht so weitergehen, dass bei unserer Bank, an der wir mit 50 % beteiligt sind, derart gravierende Differenzen zwischen Verwaltungsrat und Vorstand auftreten. Es ist nichts passiert. Wenn Sie den Vorstand zur Rechenschaft ziehen, dann wird sich herausstellen, ob Sie am Dienstag wirklich etwas gewusst haben oder nicht. Der Vorstand wird sich dann nämlich wehren. Wenn so etwas bei einer privaten Firma passiert, würde ich sagen, wenn der Aufsichtsrat vom Vorstand derart desavouiert wird, dann muss der am nächsten Tag seinen Stuhl räumen.

(Beifall bei der SPD)

Bis jetzt haben Sie aber gar nichts unternommen.

(Beifall bei der SPD)

Nach wie vor ist Werner Schmidt im Amt. Ich bin gespannt, was Sie jetzt unternehmen werden, nachdem Sie bis auf die Knochen blamiert worden sind. Sie brauchen nur einmal die Schlagzeile der „Süddeutschen Zeitung“ vom heutigen Tag zu nehmen. Soviel zu Punkt 1.

Punkt 2: Sie sagen immer, die ganze Finanzwelt und die Rating-Agenturen hätten sich geirrt. Gut, die RatingAgenturen haben die Subprime Loans in Absprache mit den amerikanischen Banken herausgegeben, das nur nebenbei. Alle haben sich geirrt. Kollege Schieder hat aber mit Recht darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von Banken, auch Landesbanken, gibt, die sich da ferngehalten haben, die Helaba, die NORD/LB, auch die Unicredit, die HVB – von denen hört man gar nichts. Die

Deutsche Bank hat es ja ganz schlau gemacht: Sie ist ausgestiegen. Herr Ackermann lässt sich jetzt als der große Manager der Deutschen Bank feiern. Er hat nämlich der IKB die ganzen Papiere verkauft.

(Thomas Kreuzer (CSU): Eine Milliardenabschreibung gibt es bei der Deutschen Bank!)

Wenn Sie die zwei Milliarden, die die Deutsche Bank jetzt abschreiben muss, ins Verhältnis zur Bilanzsumme setzen, ist das relativ wenig. Aber er hat sich aufgrund des Umfangs der Deutschen Bank aus der Affäre ziehen können. Also, auch das Argument zählt nicht.

Sie haben hier als Verwaltungsrat versagt. Sie haben Ihre Überwachungsaufgaben nicht wahrgenommen.

(Beifall bei der SPD)

Dritte Anmerkung: Herr Ach hat heute schon wieder behauptet, und Sie haben in der letzten Woche wie auch heute in Ihrer Rede gesagt, in den Geschäftsberichten der Landesbank sei ein Hinweis auf diese Geschäfte und Papiere enthalten gewesen. Das sei auch in den Beteiligungsberichten gestanden. Diese Aussage ist schlicht falsch. Im Geschäftsbericht von 2006 wird in Klammern in einem Halbsatz erwähnt, dass die Landesbank auch in ABS-Papieren engagiert sei. Das ist alles. Da steht nicht, dass es der amerikanische Hypothekenmarkt ist; vor allem steht auch nicht drin, dass man diese Geschäfte aus der Bilanz heraus in die Zweckgesellschaften verlagert hat, in denen die Kreditvergaben nicht eigenkapitalunterlegt werden müssen. Sie haben eine solche Gesellschaft in New York gegründet, heimlich, außerhalb der Bilanz, für niemanden erkennbar, auch nicht für uns. Deshalb geht der Vorwurf völlig in die Irre, wenn gesagt wird: Hätten Sie doch früher einmal Alarm geschlagen. – Wir wussten es nicht. Die Landesbank hat es verheimlicht. Die Zweckgesellschaften sind in New York gegründet worden; davon wusste aber niemand etwas. Das war ja auch der Zweck dieser Conduits, wie sie genannt werden.

An Sie, Herr Huber, Herr Beckstein, möchte ich die Frage richten: Sind diese Zweckgesellschaften im Verwaltungsrat besprochen worden? Ist vor ihrer Gründung die Genehmigung gegeben worden, oder ist nach der Gründung der Zweckgesellschaften ein Bericht gegeben worden? Haben Sie nachgefragt, wie hoch die Risiken sind? – Sie betonen ja immer wieder, in den letzten Jahren habe man mit diesen Zweckgesellschaften hohe Gewinne gehabt, was wollen Sie eigentlich, jetzt ist es halt einmal schiefgegangen. – Es gibt die Binsenweisheit – um die zu kennen, brauche ich kein geborener Banker zu sein –: Anlagen, die risikoreich sind, haben hohe Renditen. Dazu brauchen Sie sich nur die Börsennotierung von Staatsanleihen anzuschauen. Die Staatsanleihen des Freistaats Bayern sind ein solides, 100 % sicheres Papier; sie bringen eine Rendite von 3,9 %. Wenn ich aber eine brasilianische Staatsanleihe kaufe, bekomme ich eine Rendite von 13 %. Das ist wesentlich mehr. Aber warum wohl? – Weil nämlich nicht sicher ist, dass man sein Geld auch wiedersieht.

Das heißt also: Sie haben einen ganz wesentlichen Grundsatz nicht beachtet, nämlich den, dass eine hohe Rendite auch ein hohes Risiko bedeutet.

(Beifall bei der SPD)

Diese Argumentation fällt auf Sie zurück.

(Beifall bei der SPD)

Meine Frage ist – ich bitte auch, sie zu beantworten –: Haben Sie von der Gründung dieser Zweckgesellschaften gewusst? – Herr Schmid, Sie schauen mich so an; Sie waren auch im Verwaltungsrat als Staatssekretär im Innenministerium dabei. Herr Beckstein war dabei, Herr Huber war dabei, und zwar nicht erst seit Oktober 2007, sondern sie waren schon die ganze Zeit dabei. Als Wirtschaftsminister saßen Sie nämlich auch im Verwaltungsrat der Landesbank. Tun Sie jetzt nicht so, als trügen Sie erst seit Oktober 2007 Verantwortung.

Sie sollten diese Fragen also beantworten. Das Schönste ist ja das, was Herr Kupka sagt: Das seien gar keine echten Verluste, diese 1,9 Milliarden Euro. – Herr Kupka, wer so etwas behauptet, hat von Rechnungslegung und Bilanzierung null Ahnung.

(Engelbert Kupka (CSU): Moment einmal! Wenn ich die nicht verkaufe, habe ich doch auch keine Verluste!)

Wenn ich Infineon-Aktien zu 70 Euro gekauft habe, sie aber nicht verkauft habe, habe ich keinen Verlust. Aber sie stehen halt zu Kursen um die 10 Euro da. So argumentieren Sie.

„Bilanzstichtag“ heißt halt einfach: Bewertung an diesem bestimmten Tag. Wenn Sie die Punkte 1 bis 4 der Presseerklärung des Vorstandes lesen, dann stellen Sie fest: Immer wieder steht die Formulierung drin „aus heutiger Sicht“. Das ist das Schlupfloch. Wer sagt Ihnen denn, dass die Verluste nicht noch wesentlich höher sind? – Immerhin sind 19,5 Milliarden Euro im Feuer. Sie verweisen immer auf die Rating-Agenturen. Ja, die RatingAgenturen machen es sich einfach: Sie sagen morgen: Wir müssen leider die entsprechenden Papiere im Rating herabstufen. Dann haben Sie in der Refinanzierung in der Zweckgesellschaft ein entsprechendes Problem bzw. die Zweckgesellschaften sollen ja – Genaueres wissen wir noch nicht – in die Bilanz übernommen werden. Wir werden dann sehen, wie diese Bilanz aussieht.

Herr Finanzminister, Sie haben bei dem aktuellen Thema Informationspolitik schon noch die Pflicht, uns aufzuklären. Die entscheidende Frage ist für mich: Hat der Verwaltungsrat von diesen Zweckgesellschaften gewusst – ja oder nein, vor der Gründung oder nach der Gründung? Wenn fast 20 Milliarden Euro angelegt werden, wäre es schon sehr merkwürdig, wenn der Verwaltungsrat von diesen Dingen nichts erfahren würde.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann nur feststellen: Meine Damen und Herren Verwaltungsräte aus der Staatsregierung und der CSU-Fraktion: Sie haben entweder davon gewusst und tun jetzt so, als hätten Sie keine Verantwortung, oder Sie haben es nicht gewusst; dann haben Sie nicht nachgefragt, und dann haben Sie Ihre Aufsichtspflichten im Verwaltungsrat nicht wahrgenommen. Dennoch weisen Sie voller Entrüstung die Rücktrittsforderungen gegenüber Finanzminister Huber zurück: Sie haben aber überhaupt keine Probleme damit, in Berlin den Rücktritt der KfW-Vorstandssprecherin Ingrid Matthäus-Maier zu fordern mit der Formulierung: Wir werden der Sache gnadenlos nachgehen. So war die wörtliche Formulierung im „Handelsblatt“, die Sie gegenüber Ingrid Matthäus-Maier gebraucht haben. Sie sollten aber nicht unterschiedliche Maßstäbe anlegen; denn Sie müssten sich auch auf Bundesebene so verantwortungsbewusst verhalten, wie Sie es von uns verlangen. Wir sind hier im Landtag, und Sie haben Verantwortung für die Bayerische Landesbank. Ich stelle fest: Sie sind Ihrer Verantwortung für die Bayerische Landesbank nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Kaiser. Mir liegt eine weitere Wortmeldung vom Kollegen Dr. Dürr vor. – Bitte schön, Herr Kollege.

Danke, Frau Präsidentin. – Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion und die CSU-Regierung geben heute ein wirklich klägliches Bild ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wie begossene Pudel sitzen sie heute auf ihrer Regierungsbank, angefangen von Ministerpräsident Beckstein über die übrigen Kollegen bis hin zu Finanzminister Huber. Er gibt natürlich das kläglichste und erbärmlichste Bild ab.

(Engelbert Kupka (CSU): Was Sie immer von Ihrem Winkel aus sehen, ist erstaunlich!)

Wirklich wahr, das ist so. Mit ihm habe ich wirklich Mitleid.

(Georg Schmid (CSU): Das braucht’s aber nicht!)

Das muss ich echt sagen. Aber noch mehr Mitleid habe ich natürlich mit den Menschen in Bayern und mit Bayern.

(Engelbert Kupka (CSU): Jetzt hören Sie aber auf! – Georg Schmid (CSU): Bayern braucht kein Mitleid!)

Einen solchen Finanzminister haben sie nicht verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bayern ist heute um knapp zwei Milliarden ärmer geworden, Kollege Kupka.

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist eine Lüge!)

Sie tun so – – Das ist keine Lüge. Wenn ich ein Beispiel geben darf: Der Kühlschrank ist kaputt, aber Sie haben ihn noch nicht weggeschmissen. Da sagen Sie: Er ist ja noch da, wir haben ihn ja noch! – Das ist Ihre Argumentation.

(Engelbert Kupka (CSU): Der kaputte Kühlschrank kann nicht mehr wertvoll werden, ein Wertpapier aber schon!)

Bayern ist um zwei Milliarden ärmer!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Bayern ist doppelt ärmer: Das Vermögen ist weg, und das Geld, das man zum Nutzen Bayerns hätte einsetzen können, haben Sie für dubiose Geschäfte in Amerika verpulvert.