gestellt und geht in eine gute Zukunft. Wir werden weiterhin Marktführer der inneren Sicherheit bleiben.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau vier Jahren hat der ehemalige Ministerpräsident Stoiber in seiner ersten Regierungserklärung nach der Landtagswahl des Jahres 2003 zur Überraschung aller Sicherheitspolitiker, einschließlich des Innenministers, und zur Überraschung aller Polizeifachleute erklärt: In Zukunft wird die Polizei dreistufig geführt. Nach dieser Regierungserklärung gingen die großen Diskussionen los, weil man auch in der CSU wusste, hier soll aus rein politischem Kalkül, weil man sich als Ministerpräsident als großer Reformer darstellen will, eine Organisationsform geändert werden, die sich seit den 70er Jahren bewährt hat. Vor der Regierungserklärung wurde von Ihrer Seite auch keine Gelegenheit ausgelassen, zu erklären, die bayerische Polizei sei die beste Polizei, Bayern sei der Marktführer der inneren Sicherheit, und der vierstufige Aufbau der bayerischen Polizei habe sich seit Jahren bewährt, andere Bundesländer würden den vierstufigen Aufbau übernehmen, weil dieser Aufbau so gut sei.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, damals waren Sie in einem Dilemma. Einerseits wussten Sie, dass hier einiges schieflaufen würde – was sich inzwischen auch herausstellt –, andererseits war Ihnen klar, dass Sie die Vorgaben, die Ihnen vom damaligen Ministerpräsidenten gegeben wurden, umsetzen müssen. Der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident hoffte noch, dass es beim vierstufigen Aufbau bleibt. Er hat damals gesagt – ich kann mich noch genau daran erinnern –, es sei vollkommen offen, für welches Modell man sich entscheiden wolle, man neige aber eher zum vierstufigen Aufbau. Das war doch auch die Meinung vieler CSU-Politiker, gerade der Innenpolitiker. Sie, Herr Kollege Peterke, haben damals immer vom „bewährten System“ gesprochen. Herr Kollege Ettengruber, der heute leider nicht anwesend ist, hat damals einen Satz gesagt, der heute schon fast berühmt ist, so oft ist er wiederholt worden: „Die Polizeireform ist so überflüssig wie ein Kropf“.
Es wurde betont, man wolle am vierstufigen Aufbau festhalten. Man merkt Ihren Ausführungen auch an, Herr Kollege, dass Sie sich immer noch schwer tun, das zu verteidigen, was Sie am Anfang gar nicht gewollt haben. Dann kam plötzlich, nach viel Druck von oben, auch bei den Sicherheitspolitikern der CSU der schlagartige Sinneswandel zum dreistufigen Aufbau. Auch fachliche Argumente der Personalvertretungen, der Polizeigewerkschaften und auch der Polizeipräsidenten der Flächenpräsidien
konnten die CSU und den damaligen Innenminister nicht mehr umstimmen. Man wollte die Vorgaben des damaligen Ministerpräsidenten verwirklichen, koste es, was es wolle. Und da sind wir auch schon beim ersten Thema, nämlich bei den Kosten.
Ich kann mich noch genau erinnern, dass der damalige Innenminister Dr. Beckstein am Anfang gesagt hat, die Polizeireform wird ein „Nullsummen-Spiel“. Dann hat er von 30 Millionen Euro gesprochen, das war im Jahr 2004. Im Jahr 2005 wurde dann von 50 Millionen Euro gesprochen. Damals haben wir von der SPD, schon gesagt, die Polizeireform wird mindestens 60 Millionen Euro kosten. Das wurde vonseiten der CSU immer als unrealistisch abgetan. Jetzt aber steht es schwarz auf weiß im Gesetz: Diese Polizeiorganisationsreform wird auf 67,1 Millionen Euro veranschlagt.
Das steht im Gesetz. Da lagen wir von der SPD mit den von uns geschätzten 60 Millionen Euro doch gar nicht so falsch.
Ich glaube allerdings, bei diesem Betrag wird es nicht bleiben. Auch die Fachleute sagen inzwischen, die Polizeireform wird um die 100 Millionen Euro kosten.
Das Ärgerliche daran ist, dass sich vor Kurzem die für die Haushalte der Polizeipräsidien zuständigen Beamten getroffen haben und feststellten, dass sich bei der Polizei der Investitionsstau auf 104 Millionen Euro beziffern lässt, und zwar für marode Dienstgebäude, Fahrzeuge und Computer. Es wurden viele Beispiele genannt, wie die Polizeidirektion Würzburg-Ost, wo Fenster herausfallen. Es wurden auch die Bereitschaftspolizei in Würzburg und Nürnberg genannt, die seit Jahren ihre maroden Dienstgebäude renovieren müssten. Viele weitere Beispiele wurden genannt. Dieser Investitionsstau soll dadurch entstanden sein, dass die Polizeireform absolute Priorität hat und dass alle anderen Maßnahmen seit vier Jahren zurückzustehen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines können wir bei dieser Zweiten Lesung schon jetzt mit Sicherheit sagen: Der Ausspruch unseres heutigen Ministerpräsidenten, durch diese Polizeireform werde unsere Polizei besser und billiger, hat sich nicht bewahrheitet. Das Gegenteil ist eingetroffen.
Unsere Polizei ist sehr, sehr gut; aber besser ist sie durch diese Reform nicht geworden. Vor allem ist sie eines: Sie ist teurer geworden.
Kolleginnen und Kollegen, inzwischen ist der Probebetrieb in Unterfranken abgeschlossen. Ein weiterer Probebetrieb wird in Mittelfranken durchgeführt. Interessant ist, dass es in beiden Regierungsbezirken in Zukunft unterschiedliche Polizeiführungsstrukturen geben wird. In Unterfranken gibt es ein Präsidium und Inspektionen. An den Standorten, wo früher Direktionen waren, gibt es Inspektionen mit besonderen Einsatzaufgaben. In Mittelfranken gibt es ein Präsidium, drei Abschnitte mit Abschnittsleitern, und unter den Abschnitten gibt es Inspektionen. Als Nächstes soll dann München mit der Reform dran sein. Wir sind gespannt, welche Führungsstruktur es dort geben wird. Fest steht aber auf jeden Fall, dass die bayerische Polizei in Zukunft unterschiedliche Polizeistrukturen haben wird. Wenn man es sich genau ansieht, dann sieht man, zumindest in Mittelfranken: Der vierstufige Aufbau ist versteckt noch immer erhalten, auch wenn die Abschnittsleiter, die ihre einzelnen Abschnitte führen, im Präsidium angesiedelt sind.
Interessant ist auch, dass die Probebetriebe dort durchgeführt wurden, wo sich geografisch nichts ändert. Wichtig wäre doch gewesen, den Probebetrieb dort durchzuführen, wo Präsidien geteilt werden; denn dort ist mit größeren Schwierigkeiten zu rechnen. Es werden außerdem zusätzliche Wasserköpfe aufgebaut, die man doch eigentlich abschaffen wollte. Kronzeuge unserer Kritik ist der frühere Polizeipräsident von Schwaben, Herr Endres. Der hat berechnet, dass in Schwaben mindestens einhundert zusätzliche Polizeikräfte für das neu entstehende zweite Polizeipräsidium in Kempten notwendig sein werden. Auch durch die Trennung Niederbayern/ Oberpfalz wird es genauso sein. Da braucht man einhundert zusätzliche Polizeiführungskräfte für das Präsidium.
Durch die Teilung in Schwaben entstehen zwei Minipräsidien, die lediglich 1400 bis 1500 Beamte haben werden. Mittelfranken allein hat 5000 Polizeibeamte in seinem Präsidium zu führen. Allein der Abschnitt Mittelfranken-Ost hat in Zukunft mehr Beamte zu betreuen als ein Präsidium in Schwaben. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass der damalige Innenminister bei der Einführung des Pilotbetriebes in Unterfranken gesagt hat, als Beleg für die Auflösung der Direktionen ist eine veränderte Kriminalitätsbekämpfung anzuführen. Das heißt, Verbrecherbanden agieren großräumiger, und die Polizei muss darauf reagieren, deshalb, so das Argument, lösen wir die Direktionen auf. Das steht aber im absoluten Widerspruch zu der Vorgehensweise, größere Polizeipräsidien in kleinere Präsidien aufzuteilen. Ich denke, die Verbrecherbanden agieren in Unterfranken genauso wie in Schwaben.
Auch die unterschiedlichen Größen der Direktionen wurden immer als Beispiel für die Notwendigkeit der Polizeireform angeführt. Jetzt schafft man die unterschiedlich großen Direktionen ab und schafft dafür unterschiedlich große Präsidien. Das soll noch jemand verstehen! Die Polizeifachleute sagen, die Teilungspräsidien sind ein Schmarrn. Wenn aber ein Schmarrn politisch gewollt ist, dann kann man dagegen nichts machen.
Mit der Neuschaffung von Präsidien in Niederbayern, in Schwaben und in Oberbayern werden, wie gesagt, unnötige Wasserköpfe aufgebaut. Das hat zur Folge, dass es in den Basisdienststellen zu Personalkürzungen kommt. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus Oberbayern nennen. Dort sollen für die erforderlichen sechzehn Personalstellen, für den künftigen Kriminaldauerdienst, sechs Stellen bei der Schutzpolizei – also aus sechs Inspektionen – abgezogen werden, die dann im Kriminaldauerdienst eingesetzt werden.
Das ist die Aussage der Personalvertretung. Die Personalvertretung und die Direktion haben daraufhin vorgeschlagen, man möge die frei werdenden Stellen aus den Direktionen nehmen. Daraufhin wurde gesagt, das geht nicht, denn diese Stellen brauchen wir für das neue Polizeipräsidium Oberbayern-Nord.
Herr Kollege Peterke, Sie haben gesagt, im Zuge der Polizeireform seien keine Inspektionen geschlossen worden. Das ist nicht richtig.
Es wurden Inspektionen zusammengelegt: Beispielsweise in Fürth wurde die Polizeiinspektion-Ost zwar nicht geschlossen, da ist immerhin noch Polizei drin, aber dort ist jetzt die Personalabteilung der Polizei.
Damit die Leute ein Schutzgefühl haben, stellt man ein altes Polizeiauto vor die Tür, damit man glaubt, dort ist noch eine Polizeiinspektion drin.
Inspektionen wurden also, was die Schutzpolizei betrifft, sehr wohl geschlossen. Es ist also nicht so, dass die Basisdienststellen gestärkt worden sind, sondern die Polizeiinspektionen wurden geschwächt. Es ist nichts mit „mehr Polizei vor Ort“, wie das am Anfang immer geheißen hat.
Vier Jahre lang hat es geheißen, dass die Inspektionen gestärkt werden und mehr Eigenständigkeit bekommen sollen. Die Inspektionen, bei denen die Reform oder die Erprobung schon durchgeführt wurde, haben mehr Eigenständigkeit bekommen. Sie dürfen mehr Verwaltungsaufgaben erledigen. In der Begründung zum Gesetzesentwurf steht unter anderem, dass die Verwaltung auf drei Stufen reduziert und dadurch effizienter werden solle. Verwaltungsabläufe könnten um 25 % verringert werden. Leider ist das aber nicht der Fall. Aus dem Probebetrieb in Unterfranken und Mittelfranken konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass nur eine Umverteilung erfolgt ist. Heute beklagen sich die Inspektionen darüber, dass die Verwaltungsaufgaben, die früher die Direktionen wahrge
nommen haben, zum Teil auf sie verlagert wurden. Polizeieinheiten, die eigentlich hinausfahren und Präsenz auf der Straße zeigen sollten, haben zusätzliche Verwaltungsaufgaben bekommen. Da geht der Schuss nach hinten los. Der andere Teil der Verwaltungsaufgaben wurde nach oben in die Präsidien verlagert. Die Verwaltungsaufgaben wurden also nicht reduziert, sondern nur umgeschichtet.
Hinzu kommt, dass es durch diese Reform zu einer Schwächung der Arbeitnehmerrechte kommen wird. Allein in Mittelfranken gibt es nach der Reform statt bisher 88 Personalräten nur mehr 19 Personalräte. Diese 19 Personalräte sind aber für genauso viel Personal zuständig wie vorher die 88 Personalräte. Sie können nicht immer in Sonntagsreden die Personalräte dafür loben, dass sie zu einem guten Betriebsklima beitragen und die Dienststellenleiter entlasten, weil sie etliche kleine Probleme auf dem kleinen Dienstweg aus der Welt schaffen, wenn Sie gleichzeitig durch diese Reform die Zahl der Personalräte reduzieren. In Zukunft wird es schwieriger sein, das Betriebsklima so gut zu halten, wie es momentan der Fall ist. Auf den kleineren Inspektionen wird es keine Personalräte mehr geben.
Verschiedene Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion haben mit mehreren Anträgen und Dringlichkeitsanträgen hier im Plenum versucht, diese Reform zu stoppen. Wir haben bereits frühzeitig erkannt, dass diese Reform aus polizeifachlicher Sicht in die falsche Richtung läuft. Dieses Gesetz wird nicht zu mehr Polizeipräsenz auf den Straßen führen. Dieses Gesetz kostet den Steuerzahler nur Geld. Wir hatten schon mit unseren Berechnungen von 2005 recht, dass diese Reform kein Nullsummen-Spiel sein wird. Über vier Jahre haben Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür gearbeitet, dass diese politisch skurrile Forderung nach einem dreistufigen Aufbau erfüllt wird. Allein in Mittelfranken hat es 15 Arbeitsgruppen mit jeweils zehn bis 15 Mitarbeitern gegeben. Es hat Unterarbeitsgruppen gegeben. Wenn man die Zeiten, die diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Arbeitsgruppen verbracht haben, in Mannstunden umrechnen und auf ganz Bayern hochrechnen würde, dürften Hunderttausende von Stunden zusammenkommen, in denen sich die Mitarbeiter nur um die Polizeireform gekümmert haben. Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen, diese Stunden für die innere Sicherheit zu verwenden und die Basis vor Ort zu verstärken.
Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz hat nur zum Ziel, Personal bei der Polizei einzusparen. 180 Planstellen sind vom Finanzminister bereits eingezogen worden. Wenn man die Erhöhung der Arbeitszeit, die geringeren Einstellungszahlen und anderes noch mit berücksichtigt, werden wir bis zum Jahr 2013 circa 3500 Polizeibeamte weniger haben. Die Polizeigewerkschaften haben es schon ausgerechnet. Durch die Polizeireform sind bereits 180 Stellen weggefallen. Wir können nur sagen: Dieses Gesetz ist nicht der richtige Weg, um die Sicherheit unserer Bürge
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in Zweiter Lesung das Gesetz zur Umsetzung der Polizeiorganisationsreform. Hier im Landtag wird aber nicht die Reform selbst zur Diskussion gestellt, sondern nur deren Umsetzung. Das ist schon das erste Problem. In den Präsidien ist schon vor drei Jahren damit begonnen worden, dieses Reformkonzept umzusetzen, obwohl es erst heute im Landtag verabschiedet werden sollte.
Das Hauptproblem besteht aber darin, dass diese sogenannte Polizeiorganisationsreform ohne eine fundierte inhaltliche Zielsetzung erfolgt. Welche waren die damals von Innenminister Beckstein propagierten Ziele dieser Reform? – Es war die Dreistufigkeit, und es war die Aussage, dass mehr Beamte auf der Straße sein sollen. Außerdem sollte die Reform kostenneutral sein.
Nun wissen wir, dass sie nicht kostenneutral ist. In diesem Gesetzentwurf ist von Kosten in Höhe von 80 Millionen Euro die Rede. Wir wissen auch, dass das nicht die ganze Wahrheit ist, sondern dass die Einrichtung der notwendigen Einsatzleitzentralen letztlich auf Kosten der Inspektionen und auf Kosten der Arbeitsmöglichkeiten der Polizei in der Fläche erfolgt. Wir wissen auch, dass nicht mehr Beamte auf die Straße gekommen sind und damit für den Einsatz beim Bürger verfügbar sind. Wir hätten uns gewünscht, dass diese Organisationsreform auf der Basis einer fundierten inhaltlichen Analyse der derzeitigen Sicherheitssituation und des derzeitigen Sicherheitsbedürfnisses erfolgt.
Welche Anforderungen stellt denn die Bevölkerung an die Polizei? Wie gut können diese Wünsche von der Polizei erfüllt werden? Die Bevölkerung interessiert sich nicht dafür, wie viel Schleierfahndung durchgeführt und wo sie durchgeführt wird. Die Bevölkerung interessiert sich vordringlich dafür, wie schnell die Polizei in einem Notfall, bei einem schweren Verkehrsunfall, bei Diebstahl oder Raub, bei einem Gewaltdelikt oder bei einer Schlägerei auf offener Straße schützend und helfend vor Ort zur Seite stehen kann. Auch wenn hie und da durch die Einsatzzentralen die Präsenz vor Ort verbessert und ein schnelleres Eintreffen der Polizei am Einsatzort gewährleistet werden konnte, können wir nicht erkennen, dass mit dieser Umorganisation diese Ziele umfassend und flächendeckend erreicht worden sind.
Auch historisch hat die Polizei in Bayern eine regional sehr unterschiedliche Entwicklung genommen, die mit dieser Reform nicht infrage gestellt oder behoben worden ist. Es gibt einen historisch gewachsenen Stellenplan mit extrem unterschiedlichen regionalen und fachlichen Ausprägungen. Wir haben sehr große Unterschiede bei der Polizeipräsenz in den einzelnen Regionen. Wir haben
das Problem des demografischen Wandels, der auch die Polizei erreicht hat und der mit dieser angefangenen Organisationsreform überhaupt nicht bewältigt wird.