Nachdem Sie mich lobend erwähnt haben, Herr Kollege Herrmann, muss ich gleich selbst das Wort ergreifen und meine Rede einige kurze Bemerkungen zum ICE voranschicken.
Meine Fraktion hat gestern Herrn Weinzierl vom Bund Naturschutz den Wilhelm-Hoegner-Preis überreicht. Eine gute Entscheidung. Ich höre immer wieder auch einige kritische Anmerkungen zum ICE aus ökologischer Sicht; denen will ich entgegentreten und ganz deutlich sagen: Der ICE ist nicht nur verkehrspolitisch, verkehrlich und wirtschaftlich notwendig und sinnvoll, sondern eben auch aus ökologischen Gründen.
Das ist immer unsere Position gewesen: Der ICE ist ein ökologisches Projekt, weil eine ICE-Trasse in der Lage ist, Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen, und weil nur der ICE eine echte Alternative zum Flugverkehr im Inland ist. Und wenn das nicht ökologisch ist, weiß ich nicht, was es dann sein soll. – Das ist das Erste.
Darum bin ich froh – das ist das Zweite –, dass in Berlin eine klare Entscheidung getroffen worden ist. Die Entscheidung ist gefallen: Die Bundesregierung hat sich festgelegt, auch auf die Trassenführung.
(Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht; das ist Quatsch! Herr Schröder ist nicht die Bundesregierung!)
Natürlich hat sie sich festgelegt! Das kann man gut oder schlecht finden. Man kann von mir aus auch gute Argumente für eine andere Trasse haben. Aber die Entscheidung ist gefallen, die Festlegung ist getroffen, die Strecke über Erfurt zu führen, und damit ist die Hauptstadt des Bundeslandes Thüringen angebunden. Ich persönlich bin froh – das sage ich jetzt einfach einmal auch als Münchner –, dass die bayerische Landeshauptstadt mit Berlin schneller verbunden wird und dass man diese Verbindung auch schnell schafft. Es wird eine schnellere Verbindung sein, als es jetzt der Fall ist; das ist doch überhaupt nicht zu bestreiten.
Dass die Trassenführung umstritten ist, ist doch selbstverständlich. Ich halte es auch für nachvollziehbar. Ich gebe sogar gerne zu, dass ich selbst mich erst vor einigen Monaten gezwungenermaßen etwas intensiver mit der Trassenführung beschäftigt habe. Ich verstehe diejenigen sehr gut, die die Alternativtrasse besser finden als die Trasse über Erfurt. Da gibt es gute Argumente.
Deswegen war es ja so richtig, dass man die Alternativen geprüft hat. Ich halte das übrigens auch unter finanziellen Gesichtspunkten für notwendig. Wenn ich mir vor Augen halte, welches Finanzdebakel wir auf der Strecke München – Nürnberg jetzt erleben,
dann muss man doch auch ein finanzpolitisches Argument in die Debatte wirklich ernsthaft mit einbringen können.
Wir haben in meiner Fraktion übrigens auch über die Frage gestritten, ob der ICE über Ingolstadt fahren soll. Das war auch umstritten, ist es bei Ihnen auch, Herr Kränzle. Sie sind in Ihrer Fraktion genauso unterlegen wie meine schwäbischen Kollegen in meiner Fraktion.
Ich behaupte jetzt einmal, Herr Kränzle: Wenn damals die Zahlen auf dem Tisch gelegen hätten, wie wir sie heute kennen – wer weiß, wie die Entscheidung damals ausgegangen wäre!
Wer weiß es? Darum ist es doch nur sinnvoll, dass man Alternativen überprüft. Das ist hier geschehen, und ich denke, da hat die Bundesregierung auch die richtige Entscheidung getroffen.
Jetzt wird mir erläutert – und ich glaube es, weil ich keinen Zweifel daran habe –, dass – erstens – der Ausbau der S-Bahn in der Region Nürnberg von der Trassenführung über Erfurt abhängig ist. Das wird bestritten, es wird auch in meiner Fraktion von Einzelnen bestritten. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dieses so anzunehmen.
Dann wird uns – zweitens – deutlich gemacht, dass die Streckenführung über Erfurt wirtschaftliche und verkehrliche Vorteile habe und die am schnellsten realisierbare sei. Also ist es die richtige Entscheidung, die Strecke so zu führen.
Wir haben aber auch der Bevölkerung, die dort wohnt – und das ist Ihr Kreisverband in Lichtenfels genauso wie unserer –, versprochen, dass wir ihnen die Argumente, die für die Trassenführung über Erfurt sprechen, erläutern und ein transparentes Verfahren durchführen. Deswegen war ich mit den Kollegen bei Herrn Bodewig in Berlin – Sie haben es ja in der Zeitung lesen können –, und wir haben vom Verkehrsministerium gefordert, dass uns die Ergebnisse der Überprüfung noch im Sommer vorgelegt werden.
Ich habe auch der Bevölkerung und der Bürgerinitiative versprochen, diese Ergebnisse mit ihnen zu erörtern
Sie liegen mir noch nicht vor. Sie wurden uns für den Sommer versprochen, so steht es auch in der Zeitung. So lange enthalten wir uns hier, obwohl ich dieses Bekenntnis hier klar abgebe.
Er unterstellt, dass die Bundesregierung in dieser Frage nichts tue. Das ist falsch. Es hat noch nie zuvor so viel Geld für den ICE und für die Schiene in Deutschland gegeben wie jetzt.
Die Zinsersparnisse aus UMTS-Erlösen haben gerade uns in Bayern gut getan. Deswegen ist es absurd, in Ihrem Antrag so zu tun, als ginge erst jetzt endlich etwas voran.
In dieser Frage, das sage ich ganz offen, ist die Entscheidung gefallen. Aber wir müssen diese Entscheidung auch transparent und nachvollziehbar machen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit der vorlauten und vorschnellen Äußerung des Bundeskanzlers auf dem Ostparteitag in Sachsen-Anhalt im März ist das Thema ICE-Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt wieder auf dem Tisch, ist dieses Thema wieder in der Diskussion.
Herr Kollege Dr. Runge, erlauben Sie mir, dass ich noch einmal kurz unterbreche und darauf hinweise, dass wir um 15.45 Uhr den Antrag auf namentliche Abstimmung hatten, sodass also alle wissen, dass demnächst eine namentliche Abstimmung stattfindet.
Wir halten diesen Neubau für inakzeptabel, für nicht verantwortbar, und zwar aus ökologischen und aus wirtschaftlichen Gründen, Herr Kollege Maget. Zusagen, Herr Maget, dürfen Schröder und Bodewig lediglich die Fertigstellung des Abschnitts Erfurt – Ilmenau beschließen, und ansonsten erst einmal gar nichts. Es gibt keinerlei Beschluss in der Koalition, es gibt keine Finanzvereinbarung, und es fehlen auch die Finanzen.
Am 7. Juli 1999 – der Kollege Herrmann hat es schon angesprochen – gab es den Beschluss der Bundesregierung, die Projekte VDE 8.1 und 8.2 werden gestoppt, das sind die Abschnitte Gröbers – Erfurt und Erfurt – Ebenfeld. Ursache war zum einen der errechnete schlechte Kosten/Nutzen-Faktor, zum anderen die fehlenden Finanzmittel. Wir hatten ja bekanntermaßen im Bundesverkehrswegeplan ein Loch, durch die alte Bundesregierung herbeigeführt, in Höhe von etwa 90 Millionen DM. Auch die DB AG hat damals klar und eindeutig gesagt: Wir geben keinerlei Eigenmittel in diese Strecke. Es gibt andere Prioritäten. Wir finden es auch richtig und gut so, dass im Eisenbahnverkehr primär ins Bestandsnetz investiert wird.
Schauen wir uns einmal an, was Sie jetzt planen und vorantreiben wollen, was mit dem Antrag der CSU durchgedrückt werden soll. Die geplante Strecke führt durch den Gottesgarten und durch den Thüringer Wald. Wir haben rund 40 km Tunnelstrecke zwischen Ebenfeld und Erfurt, das heißt, das wäre der längste Tunnel der Welt. Zwischen Bamberg und Erfurt haben wir etwa 40 Tunnels. Auf 10 km hätten wir Talbrücken, und im Gottesgarten würde eine einzigartige Kulturlandschaft durchschnitten werden. Die Projektkosten werden nach der letzten Studie jetzt mit 4,5 Milliarden e angesetzt. Gerade vor dem Hintergrund der auch von Ihnen, Herr Maget, angesprochenen Strecke München – Ingolstadt – Nürnberg und der Kostenentwicklung ist dies lächerlich. Da sagen wir, auch das ist wieder ein Ansatz, der viel zu gering ist. München – Ingolstadt – Nürnberg ist schon um eine Milliarde schöngerechnet worden, eine weitere Milliarde kommt drauf, weil die Gutachter angeblich Risiken, Höhlen im Karst, nicht entdeckt haben. Wenn alle die Milliarden, die in diese Gräber fließen, uns für den Bahnverkehr auf dem Bestandsnetz zur Verfügung stünden, dann bräuchten wir viele Diskussionen in diesem Haus nicht zu führen.
Selbst die in unseren Augen viel zu niedrig angesetzten 4 Milliarden e sind zur Zeit nicht finanzierbar, Herr Kollege Maget. Wir wollen als Alternative – darauf ist Herr Herrmann kurz eingegangen – zur ICE-Neubaustrecke nach Berlin erstens eine Aufwertung der Saaletalbahn, also Nürnberg – Bamberg – Saalfeld – Halle, zweitens einen Ausbau der Frankenmagistrale Nürnberg – Hof – Zwickau, und selbstverständlich gilt es auch die Lücke zwischen Coburg und Suhl in Richtung Erfurt zu schließen.
Worum geht es allen Beteiligten in dieser Diskussion? – Es geht um einen Fahrzeitgewinn. Es ist unstrittig, dass die jetzt knapp sieben Stunden, die man zwischen München und Berlin im Zug unterwegs ist, zu viel sind. Wir teilen allerdings die Einschätzung der Gutachter vom Bund Naturschutz, dass durch Sanierung, Ertüchtigung der bestehenden Strecken über Jena, Halle bzw. Leipzig und durch Einsatz des ICE-T, also des Neigezug-ICEs, erhebliche Fahrzeitgewinne zu erreichen sind, und dies mit weitaus weniger Kosten, als die ICE-Neubaustrecke verschlingen würde.