Sie haben gerade den Elternwillen eingefordert, aber verschwiegen, dass Sie ihn nicht für eine nach dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz bestehende Schulart einfordern, sondern für einen Schulversuch, der in dem momentan betriebenen Umfang vom Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz schon lange nicht mehr getragen wird, also ungesetzlich ist, und dies ist schamlos.
Die vor kurzem durch die Presse gegeisterte Meldung darüber, dass der Standort Bayern in Gefahr sei, ließ aufhorchen. Hat etwa Vodafone Übernahmeabsichten geäußert und der CSU ein günstiges Übernahmeangebot gemacht? Zu welchem prozentualen Verhältnis sollten dann die Aktien gegenseitig getauscht werden? Es war nichts von alldem. Der Urheber dieser Meldung war kein Geringerer als der bayerisches Ministerpräsident selbst; denn er hat die staunende Öffentlichkeit wissen lassen, dass durch das Volksbegehren „Die bessere Schulreform“ der Schulstandort Bayern in Gefahr gebracht werde. Einen derartigen Versuch der Volksverdummung hätte ich einem Mann von der hohen Intelligenz Dr. Stoibers wahrlich nicht zugetraut.
Er ist nicht nur intelligent, er weiß auch alles besser, wie er uns heute Morgen wieder bewiesen hat.
Aber ein solch gescheiter Mensch dürfte eigentlich nicht auf so dumme Sprüche abfahren und diese auch noch draußen im Lande vertreten. Er sollte sich vielleicht überlegen, seinen Beraterkreis daraufhin kritisch zu überprüfen.
Mehr als 86000 Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben in kürzerster Zeit mit ihrer Unterschrift ein Zeichen gesetzt und deutlich gemacht, dass sie hinter dem Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens stehen. 86000 Unterschriften sind weit mehr als ein Mehrfaches von dem, was notwendig gewesen wäre. Die Bürgerinnen und Bürger haben damit gegen eine Partei ein Zeichen gesetzt, der sich sonst die Mehrheit der Wählerstimmen zuneigt, sonst hätten wir hier nicht diese Mehrheitsverhältnisse. Daher ist es umso erstaunlicher, dass sich Eltern in so kurzer Zeit massiv gegen die schulpolitischen Vorstellungen der Staatsregierung äußern. Die Ursache ist einfach die Sorge um das Schicksal ihrer Kinder in unseren Schulen, die trotz aller Bemühungen der Lehrerinnen und Lehrer Sorge bereiten, weil sie mit unseren Kindern nicht mehr optimal arbeiten und unseren Kindern trotz der Bemühungen der Lehrkräfte nicht mehr gerecht werden können.
Über Verbesserungen gibt es politisch unterschiedliche Vorstellungen. So weit so gut, müsste man meinen. Wenn aber eine dieser beiden schulpolitischen Vorstellungen mit allen Mitteln und mit aller Gewalt amtlicherseits verbreitet wird und gleichzeitig durch die handelnde Staatsregierung die andere schulpolitische Vorstellung, nämlich die bessere Schulreform, permanent nicht nur amtlich benachteiligt, sondern diffamiert und verleumdet wird, ist der faire Wettbewerb der Ideen, der unsere Demokratie wesentlich mitprägt und trägt, in Gefahr.
Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber, nicht der Schulstandort Bayern ist in Gefahr, sondern durch das einseitige Verhalten der Rechtsstaatsstandort Bayern.
Deswegen ist es richtig, dass heute dieses Parlament gerade in dieser Frage seine Kontrollrechte eindeutig ausübt und eindeutig sagt, was Sache ist; denn dies muss gesagt werden.
Bereits im Heft 1 des „Schulreport“ hat das Kultusministerium ohne Scham das Verbot der politischen Werbung an den Schulen gebrochen.
Dieses Verbot gilt für alle, auch für das Kultusministerium. Es hat mit einer Diffamierung des Volksbegehrens unter dem Motto „Hände weg von dieser Aufbaustufe“ begonnen, und dies ist lächerlich. Was läuft da eigentlich ab? Statt sich sachlich auseinander zu setzen und anschließend unsere Bürger dazu zu führen, dass sie selber entscheiden, hat die Staatsregierung das Ganze zu einem „Schulkrieg“ erklärt, so der Begriff der Staatsregierung. Alles, was gegen das Volksbegehren, gegen die Wahrnehmung des demokratischen Rechts und die Volksgesetzgebung an Diffamierung läuft, ist ein übler Schulkrieg geworden, den Sie und Ihre Helfershelfer alleine zu verantworten haben.
Es geht nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Art und Weise, wie mit dem Volksbegehren umgegangen wird. Ich werde Ihnen hierzu noch einige Beispiele nennen.
Die Sorgen der Väter und Mütter um ihre Kinder, die sich in einer wachsenden Zustimmung zum Volksbegehren ausdrückt, und zu den schulpolitischen Zielsetzungen werden von Ihnen nicht nur nicht ernst genommen – nein, Sie haben alles getan, um aus dieser Sorge heraus bei den Menschen Ängste zu erzeugen. Dazu ist Ihnen jedes Mittel recht und dazu werden die Schulen als Propagandaeinrichtungen der Staatsregierung missbraucht.
Die ständig festgestellten klaren Verstöße gegen das Verbot der politischen Werbung an Schulen werden überall da mit Wohlwollen des Kultusministeriums toleriert und geduldet, wo sie ins Konzept passen. Und was in ihr Konzept passt, ist natürlich keine politische Werbung, sondern allenfalls vorauseilender Gehorsam, wie es Kollege Franzke heute bereits angesprochen hat. Es ist ein gegenüber dem Kultusministerium vorauseilender Gehorsam, das auf einem Auge blind ist, während das zweite Auge die Befürworter des Volksbegehrens mit den tausend Augen des Dr. Mabuse überwacht.
Wie solche Aktionen zur Unterstützung des Kultusministeriums aussehen, davon können Sie sich hier ein Bild machen.
Herr Präsident, ich habe ein Blatt meines Manuskripts hochgehoben; denn ich muss daraus ablesen können.
Da wird mit einem aufgezeichneten Rinderkopf und mit der Formulierung „Kein BSE an bayerischen Schulen“ gegen das Volksbegehren agiert. Da wird das Volksbegehren einer Seuche, die Menschen zerstört, gleichgesetzt. Dass da auch noch steht: „Nein zur Auflösung der bayerischen Realschule“ zeigt, dass man keine Lüge scheut. Dies ist eine schlimme Geschichte an einer Realschule, die mit staatlicher Unterstützung arbeitet und den sechsstufigen Zweig inzwischen eingeführt hat. Wo bleibt da die Überwachung durch das Kultusministerium? Eine solche Formulierung ist unglaublich.
„BSE an bayerischen Schulen“ lautete die Überschrift eines Flugblattes, das an der Maria-Ward-Realschule der Englischen Fräulein in Burghausen verteilt wurde.
Herr Kollege Odenbach, wären Sie so freundlich, den Herausgeber des Flugblattes zu benennen und uns aufzuklären, ob dieses Blatt an den Schulen durch die Lehrkräfte verteilt wurde?
Das ist an der Schule verteilt worden. Auf dem zweiten Blatt befindet sich sogar der Stempel der Schule. Ich kann es Ihnen gerne geben, Herr Kollege Knauer.
(Frau Renate Schmidt (SPD): Da schauen Sie, Herr Freller! – Dr. Bernhard (CSU): Wer ist im Sinne des Presserechts verantwortlich?)
Es hat sich niemand im Sinne des Presserechts verantwortlich erklärt, sondern jemand hat den Schulstempel auf das Blatt gedrückt. Ich frage mich, wer mit dem Schulstempel umgehen darf.
Herr Kollege Odenbach, ist Ihnen bekannt, ob die bayerische Staatsregierung gegen diesen unglaublichen Vorgang an dieser Schule rechtlich vorgegangen ist?
Die Staatsregierung hat das getan, was sie in den meisten Fällen unternommen hat, nämlich nichts. Sie hat das geduldet und dazu geschwiegen.
An den Gymnasien werden im Unterricht ungestraft Elternbriefe gegen das Volksbegehren zusammen mit einem Faltprospekt des Bündnisses gegen das Volksbegehren verteilt. Inzwischen hat sich das Kultusministerium selbst weit von einer sachlichen Information entfernt. Eine sachliche Information über die eine oder andere Haltung wäre fair gewesen. Inzwischen werden aber Schulleiter, die sich weigern, ein solch einseitiges Pamphlet wie „Schule aktuell“ vom Februar 2000 zu verteilen, mit Drohungen überzogen. Im Kultusministerium
ist von „harten Bandagen“ die Rede. Es heißt dort: „Wenn erforderlich, werden wir Weisung erteilen.“ Wenn Schulleiter aus Verantwortungsbewusstsein es ablehnen, diese einseitigen Machwerke weiterzugeben, dann wird mit Zwangsmaßnahmen gedroht.
Ich möchte an einen Parallelfall erinnern. Als die Telekom vor einem Jahr das Heft „T-Online“ gratis an den Schulen verteilen ließ, ein Heft, das Internet-Sex-Adressen mit eindeutigen Angeboten enthielt, hat mir die Frau Kultusministerin erklärt, dass es trotz ihres Empfehlungsschreibens die selbstverständliche Pflicht jedes Schulleiters sei, ein solches Heft genau zu überprüfen, bevor er es an seiner Schule verteile. Die Verantwortung liege vor Ort. Wo liegt denn die Verantwortung heute?
Deshalb müssen sich die Frau Staatsministerin, die heute nicht hier ist, und ihr Staatssekretär den Vorwurf gefallen lassen: Sie messen in dieser Frage mit zweierlei Maß.