Protocol of the Session on November 29, 2018

Genauso wichtig ist – das sage ich in demselben Atemzug – das Initiativrecht zur Errichtung von Pflegestützpunkten und damit eine Forderung, die vor allem von der kommunalen Fa milie, von den Landkreisen, immer wieder erhoben wird. Dem tragen wir Rechnung – genauso wie wir die Beratungsstruk turen vor Ort deutlich stärken, auch Gehstrukturen der Bera tungsstrukturen ermöglichen.

Nicht zuletzt: Einer der Kernpunkte ist die Einführung der kommunalen Pflegekonferenzen, wo tatsächlich alle handeln den Akteure vor Ort die Erbringung der Leistung nach dem Bedarf und den Bedürfnissen der betroffenen Menschen um setzen können.

Dann erfolgt natürlich eine deutliche Verbesserung der AALAngebote, der Assistenzangebote, die wir ins Gesetz schrei ben, und die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie.

Wir hatten den Gesetzentwurf in der Anhörung. Insgesamt ha ben sich 60 Organisationen daran beteiligt. Grundsätzlich wur den unser Quartiersansatz und der Ausbau der Beratungsstruk turen begrüßt, auch dass sektorenübergreifend gedacht wird, dass wir Angebotsstrukturen für neue Prozesse vor und nach einem Pflegevorgang haben, dass in der Tat in Zukunft schon am Montagmorgen am Krankenhausoperationstisch, bevor der Schenkelhals operiert wird, Klarheit besteht. Es ist nicht so, dass der Sozialdienst erst am Freitag zu telefonieren beginnt, sondern in diesem Prozess muss der Übergang schon gestal tet werden. Ich glaube, das ist ein großer Vorteil.

Wichtig ist natürlich auch der Vorrang der ambulantisierten vor der stationären Versorgung. Sie wissen selbst, dass sich

viele der Angebotsträger hier im Land auf den Weg machen, ihre Angebote dezentral in die Quartiere einzubauen, dass sie in Gruppenangebote einsteigen, dass diese großen Kubaturen, wie wir sie noch aus den Kreispflegeplanungen der Neunzi gerjahre kennen, tatsächlich überwunden werden.

Mit unserem Quartiersansatz sind wir da auf dem richtigen Weg. Die Einführung der kommunalen Pflegekonferenzen und der Modellkommunen Pflege wird in den 60 Rückmeldungen überall positiv gewertet, genauso wie die Weiterentwicklung der haushaltsnahen Dienstleistungen mit hauswirtschaftlichen Aufgaben und am Ende natürlich unser Digitalisierungspro jekt in der Pflege.

Es gab auch kritische Töne; das will ich nicht verhehlen. Ein Punkt war eine dauerhafte finanzielle Unterstützung der Kom munen unabhängig von der Haushaltslage. Wie wir die plane risch und tatsächlich sicherstellen, ist natürlich auch Gegen stand unserer immerwährenden haushalterischen Beratungen. Aber wenn ich sehe, dass wir heute – – Dies darf ich schon einmal betonen: Wir werden nicht mehr in die alte Pflegeheim förderung einsteigen. Die ist 2010 beendet worden. Im Übri gen: Die 7,6 Millionen €, die wir jetzt als Startblock für das Aktionsbündnis Kurzzeitpflege nehmen können, sind Rück flussmittel aus dieser Förderung. Sie sehen: Sie war schon da mals ausreichend gezeichnet.

Ich möchte sagen: Die finanzielle Ausstattung – – Sie sehen, wenn Sie sich das heute anschauen: Wir werden qua Koaliti onsfraktionsbeschluss – da bin ich den fachpolitischen Spre cherinnen und Sprechern sowie den Finanzpolitikern sehr dankbar – Ende 2021 10 Millionen € jährlich in die Quar tiersentwicklung gesteckt haben. Wir haben in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 12 Millionen €, die Hälfte davon für konkrete Projekte, die andere Hälfte für Struktur, für Ver netzung, für Beratung.

Wir haben die Fachstelle Wohnen beim KVJS deutlich ge stärkt, wir haben die Angebote ausgebaut, und wir haben die Stellen entfristet.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Sabine Hart mann-Müller CDU)

Wie gesagt: Wir haben 2,5 Millionen € jährlich für das Inno vationsprogramm Pflege, bei dem wir angemessen in den Bau steinen immer wieder schauen, wie moderne Pflegeangebote in die Landschaft passen, und nicht zuletzt die 1,5 Millionen €, die wir für Digitalisierung in Medizin und Pflege verlässlich zur Verfügung stellen.

Ich glaube, das Wichtige dabei ist – liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind ja vor Ort unterwegs –: Unser „Quartier 2020“ ist eine kommunale Bürgerbewegung, weil es nur drei feste Kriterien hatte: Bürgerbeteiligung, politischer Beschluss der Kommune und die Voraussetzung, dass der pflegerische Aspekt ausgeprägt sein muss. Weitere Gesichtspunkte – die Frage nach mehr Migrationsarbeit im städtischen Bereich, nach Menschen mit anderen und weiteren Behinderungsfor men – haben wir im Bottom-up-System, im von unten auf wachsenden System, offengelassen.

Das System der sorgenden Gemeinde ist eine Struktur, mit der wir bestehende Angebote zusammenführen können. Ich selbst bin bei vielen Entscheidungen vor Ort auch gern tätig und er

läutere meine Vision. Das ermöglichen wir jetzt mit diesem Gesetz. Sie werden heute – –

Ich sehe Bürger aus einer Gemeinde in meinem schönen Wahl kreis. Ich darf ausnahmsweise in Abweichung vom Protokoll die Besuchergruppe aus Oberschwaben begrüßen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Nein.

(Zurufe)

Darf ich nicht; gilt also nicht. Also: Ich habe nicht begrüßt.

(Heiterkeit)

Das war ein Fehler. Dennoch freut mich deren Besuch.

Die Gemeinde Grünkraut aus meiner Heimatregion war Preis träger eines Wettbewerbs für Quartiersentwicklung. Daran ist zu sehen: Wir haben extrem gute Pflegedienste, wir haben ein enorm gutes bürgerschaftliches, nachbarschaftliches Engage ment. Man kann sich dort entscheiden, ob man eine Pflege wohngruppe für die Deckung des pflegerischen und auch des hohen Hilfebedarfs einrichtet.

Was machen wir damit? Wir garantieren die personelle Be treuungskontinuität, wenn zu Hause, in der privaten Häuslich keit, der Pflegeprozess begonnen hat und sich in eine andere Räumlichkeit weiterverlagert, weil sich das anbietet. Genau das ist unsere Vision. Wir werden diese nicht an jeder Stelle umsetzen können. Aber sie ist Richtschnur und eine Überle gung hinsichtlich der Frage, wie das Leben und das Zusam menleben gestaltet werden können. Dies dient auch einem ge meinschaftsprägenden Verhalten.

Diese Informationsveranstaltung fand an einem Abend statt, an dem die deutsche Fußballnationalmannschaft gespielt hat. Diese ist zwar aktuell nicht gerade der Medienrenner,

(Abg. Andreas Kenner SPD: Genau!)

aber immerhin war es ein Spiel gegen Frankreich. Dennoch waren 200 Leute bei dieser Veranstaltung, und zwar nicht nur Frauen.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Das heißt, die Frage „Wie wollen wir zusammenleben?“ spielt eine außergewöhnlich große Rolle.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren: Ich glaube, wir ha ben uns da gemeinsam auf einen sehr guten Weg begeben. Da bedanke ich mich noch einmal, weil die Enquetekommission „Pflege“ – –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP unterhält sich mit Abg. Petra Krebs GRÜNE.)

Kollege Haußmann, noch ein bisschen aufpassen. Heute ist ohnehin früher Feierabend.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Ich war von Ih rer Kollegin abgelenkt!)

Ja, auch da muss man einmal widerstehen können.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

In der Enquetekommission „Pflege“ wurde ganz konsequent die Umsetzung angemahnt. Sie alle haben sicher noch die Aussage von Frau Kricheldorff im Kopf.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Professorin Kri cheldorff!)

Ja, Entschuldigung. Frau Professorin Kricheldorff. So viel Zeit muss sein. – Sie hat gesagt: „Wir stehen an der Wegschei de: Haben wir ein hospitalisiertes Versorgungsmodell, oder haben wir ein Modell ,Leben mit Hilfe- und Unterstützungs bedarf bei Eigenständigkeit, bei Selbstbestimmung‘, auch wenn wir Unterstützung benötigen?“ Ich glaube, wir haben uns mit gutem Grund für Letzteres entschieden.

Ich darf vielleicht noch einen Schlusssatz oder eine Schluss überlegung äußern. Bei diesen ganzen Projekten, die sehr vie le Bausteine haben, geht es auch darum, mit dem Landespfle geausschuss das Ganze immer wieder zusammenzutragen, ein gemeinsames Bild zu finden. Aber die Vielfältigkeit ist auch eine große Chance. Denn zwischen Bad Mergentheim, Isny, Lörrach, Mannheim und Bempflingen gibt es einfach Unter schiede. Diesen regionalen Unterschieden wollen wir jeweils Rechnung tragen.

Aber eines möchte ich auch sagen: Dieses Bild „Wir sind bis zu einem Punkt X stark, gesund, einsatzfähig, arbeitsfähig, und dann wird der Schalter umgelegt, und ab da ist man pfle gebedürftig und kann nichts mehr“ müssen wir aufgeben. Das müssen wir im Übrigen auch in unseren Sozialversicherungs systemen und in unserem Ordnungsrecht aufgeben.

Neulich habe ich bei einer Betriebsversammlung des MDK vor 1 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesagt: „Es kann sein, dass Sie morgens jemandem den Pflegegrad 2 zugeste hen, der als ehemaliger Jurist am Nachmittag für den Betreu ungsverein als Senior-Peer-Berater noch drei Stunden Bera tung gibt, z. B. für ehrenamtlich Engagierte, die gesetzliche und rechtliche Betreuung übernehmen.“

Genau nach diesem Bild wollen wir den Unterstützungsbe darf der Menschen mit ihrer Erwartung an die Eigenständig keit koppeln. Ich glaube, wir haben ein sehr praktisches, von der Alltagserfahrung und von der guten Qualität der Arbeit der Enquetekommission „Pflege“ getragenes Gesetz vorge legt. Ich habe schon die Signale der Unterstützung vernom men. Dafür bedanke ich mich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Nun spricht Frau Kolle gin Krebs für die Fraktion GRÜNE. – Bitte.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Nicht hinauf schauen!)

Frau Präsidentin – sie hört nicht zu: auch von mir herzlich willkommen! –, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zurufe, u. a.: Ja hallo! – Das geht jetzt aber nicht!)

Ich muss jetzt wirklich da rum bitten, dass dieses Beispiel nicht nachgeahmt wird. Ich dachte, ich hätte es charmant genug gesagt.

Über das Landespflegestruktur gesetz oder auch das Gesetz zur sozialräumlichen Gestaltung von Pflege- und Unterstützungsstrukturen sprechen wir heu te Mittag. Zuerst ein paar Worte zur Einführung.

Die Sozialraumorientierung ist ein ganzheitliches Handlungs konzept der sozialen Arbeit. Im Kern geht es darum, die Le bensbedingungen aller Menschen in einem Stadtteil, einem Viertel oder einem ähnlichen Sozialraum zu verbessern. Ihre Interessen und Bedürfnisse stehen dabei im Vordergrund. Das heißt, einzelne Menschen in ihrem jeweiligen persönlichen Umfeld, ihrer Lebenswelt und ihren Beziehungen werden ernst genommen.