Die Sozialverbände haben zu Recht empört darauf reagiert, nämlich mit einer u. a. in der „Frankfurter Allgemeinen Sonn tagszeitung“ abgedruckten Anzeige von 18 Sozialverbänden, angeführt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, unter der Überschrift: „Wachsam sein für Menschlichkeit“.
Das ist der Grund für diesen Gesetzentwurf. Meiner Meinung nach ist es in großen Teilen einfach ein perfider Gegenschlag gegen ungeliebte Organisationen auf Kosten des Informati onsfreiheitsgesetzes, den ich unerträglich finde. Denn das zeigt, dass es Ihnen in Wahrheit eben nicht um Transparenz und Demokratie geht, sondern wie immer darum, Zwietracht zu säen. Das machen wir nicht mit, und wir werden uns von Ihnen auch nicht treiben lassen.
Wir evaluieren – nein, ich nehme keine Zwischenfrage an –, wir prüfen, wir bessern dort nach, wo es notwendig ist, um
Wir müssen wachsam sein und uns entschlossen gegen die unerträgliche Menschen- und Lebensfeindlichkeit stel len.
Das werden auch wir hier im Parlament tun und überall dort, wo es in Zukunft leider notwendig sein wird.
(Abg. Norbert Beck CDU: Guter Mann! – Abg. Tho mas Blenke CDU: Jetzt bin ich gespannt! – Zuruf der Abg. Marion Gentges CDU)
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In seinem 1. Informati onsfreiheits-Tätigkeitsbericht vom 21. Februar 2018 für die Jahre 2016 und 2017 beschreibt der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ausführlich den lan gen und beschwerlichen Weg zum Landesinformationsfrei heitsgesetz. Er hat dies als Einstieg in eine neue Verwaltungs kultur beschrieben und hat aus seiner Sicht geschildert, dass das eher vorsichtig, zurückhaltend und herantastend gesche hen ist. Denn einen für die Informationsfreiheit zuständigen Landesbeauftragten gab es ja seinerzeit noch nicht.
Wenn man hingegen die Protokolle über die Beratungen im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens liest, kann man durch aus Spannendes finden. Es war, wie es immer ist: Den einen ging es nicht schnell und weit genug – das ist richtig –, ande ren ging es viel zu weit, und wieder andere haben das Gesetz gar für völlig unnötig und überflüssig gehalten. Am Ende des Prozesses stand das Gesetz so, wie wir es jetzt haben und wie es seit zweieinhalb Jahren praktische Anwendung findet.
In der Tat: Der Gesetzgeber hat Weitsicht bewiesen und in Ar tikel 3 des Gesetzes zur Einführung der Informationsfreiheit geschrieben, dass nach fünf Jahren eine Evaluierung des Ge setzes unter Einbeziehung des hohen Sachverstands, der uns zur Verfügung steht, und zwar unter Mitwirkung des Landes beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei heit, der kommunalen Landesverbände und weiterer sachkun diger Personen, erfolgen soll.
Am Ende dieser Evaluierung sollte ein Bericht an den Land tag stehen. Die Koalitionsfraktionen haben deshalb folgerich tig im Koalitionsvertrag verabredet, dass man sich nach die ser Evaluation zusammensetzt und – das ist das Entscheiden de – sich daraus ergebende Erkenntnisse in praktisches Ver waltungshandeln umsetzt. Das Innenministerium – wir haben es in der letzten Diskussionsrunde gehört – hat darüber hin aus berichtet, dass die finanziellen Auswirkungen für das Land
bereits nach drei Jahren evaluiert werden sollen; das ist zum Ende dieses Jahres zu erwarten. Der Innenminister hat in der Diskussion ausgeführt, dass man dabei sei, dies auszuwerten und uns vorzulegen.
Wenn wir die Argumente lesen, die im Vorfeld des Gesetzes ausgetauscht wurden, dann sind wir gut beraten, wenn wir uns Schritt für Schritt vorantasten und nicht in einem einzigen Punkt in gesetzgeberische Hektik verfallen.
Ich darf daran erinnern, dass wir im Plenum bei der Diskus sion über den 1. Informationsfreiheits-Tätigkeitsbericht auch davon gesprochen haben – und zwar alle Redner –, dass das Gesetz sicher nachbesserungsbedürftig ist. Dies reicht vom Kreis der Verpflichteten und Berechtigten bis hin zum – ge gebenenfalls – Verzicht auf Gebühren; wir haben es gehört.
Ich persönlich – Sie gestatten mir das – kann nachvollziehen, wenn der Landesbeauftragte den Gebührenverzicht propagiert. Ich weise darauf hin, dass das Ganze auch eine praktische An wendung für die Kommunen nach sich zieht und wir diesen Aspekt daher ganz besonders sorgfältig berücksichtigen müs sen. Das können wir nicht einfach per Landesgesetz beschlie ßen, denn schließlich werden ca. 80 % der Auskünfte im kom munalen Bereich erteilt.
Die Kommunen tun sich mit diesem Gesetz nach wie vor ein Stück weit schwer. Worüber kann, worüber darf, worüber muss informiert werden? Worüber darf nicht informiert wer den? Schwierige Abwägungsfragen stehen dabei an. Wer ein wenig dazu nachlesen will, dem empfehle ich die Seiten 33 bis 38 des Tätigkeitsberichts. Dort beschreibt unser Landes datenschutzbeauftragter die schwierige, komplexe Fragestel lung beispielsweise bei der Errichtung von Windrädern.
Für uns, die CDU, war es aber auch wichtig, die Vertraulich keit von Entscheidungsprozessen zu gewährleisten, die Her anführung an Entscheidungen sozusagen unvoreingenommen und unabhängig zu ermöglichen. Dazu erreicht uns aus der kommunalen Praxis durchaus der eine oder andere kritische Hinweis, dem wir nachgehen müssen und der genauso in die Evaluierung einfließen muss wie die Punkte, die z. B. vom Verein „Mehr Demokratie“ festgestellt wurden.
Wir werden uns der Evaluierung stellen. Wir werden die Kon sequenzen daraus ziehen. Wir werden nicht in Hektik verfal len. Es ist ein sehr, sehr sensibles Gesetz, das den Spagat zwi schen Offenheit, Information und Vertraulichkeit der Mei nungsbildung gewährleisten muss. Wir sind völlig überzeugt davon, dass da noch ein bisschen was geht.
Der Landesdatenschutzbeauftragte hat ausgeführt, dass er dem Landtag dankbar sei, dass seine Dienststelle personell aufge rüstet wurde. Der Datenschutz hat in Baden-Württemberg bzw. in Deutschland sicher eine lange Tradition; die Informa tionsfreiheit und das Auskunftsrecht haben jedoch eine kurze Tradition. Dabei gibt es natürlich Spannungen, die im prakti schen Verwaltungshandeln aufgelöst werden müssen.
Für uns ist auch maßgeblich, dass die kommunalen Landes verbände im Moment davon abraten, den Anwendungsbereich
des Gesetzes zu verändern. Dem schließen wir uns an. Des halb lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Wir sind jedoch ent schlossen, dann Konsequenzen zu ziehen, wenn uns valide Er kenntnisse vorliegen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Informationsfrei heitsgesetz ist noch keine drei Jahre alt. Es ist ein noch recht junges Kind. Warten wir noch ein wenig, bis das Kind ge wachsen ist. Dann wird die Evaluierung durchgeführt, und dann sehen wir weiter, ob es dabei bleibt oder ob es Möglich keiten der Verbesserung gibt. Sie haben die entscheidenden Punkte, auf die es dann ankommen kann, bereits genannt, Herr Kollege. Das warten wir in Ruhe ab.
Das Gesetz stammt ja aus dem Hause Gall, unseres früheren Innenministers. Es ist nach sorgfältiger Abwägung hier im Landtag einstimmig von allen Fraktionen beschlossen wor den. Die Fraktionen haben sich die Arbeit auch nicht leicht gemacht. Ich kann mich erinnern: Wir haben um dieses Ge setz intensiv gerungen – in der damaligen Koalition, aber auch hier im Parlament zwischen Regierung und Opposition. Wir haben dann Fragen geklärt wie z. B. die Gebührenfrage, aber auch die Frage, ob wir ein Widerspruchsrecht einführen, wenn die Antwort nicht so ausfällt, wie es der Bürger erwartet. Wir haben uns da viel Mühe gemacht. Ich glaube, wir sind gut be raten, mit diesem Gesetz jetzt noch zu leben, bis wir neue Er kenntnisse gewinnen, und dann sehen wir weiter.
Ich wünsche mir, dass die Regierungsfraktionen, wenn sie noch einen Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode vorle gen, dann zu einem guten Ergebnis innerhalb der Koalition kommen. Ich kann Ihnen versichern, Herr Kollege, das wird nicht ganz leicht werden. Denn ich kann mich erinnern, dass die Positionen der Grünen einerseits und der CDU anderer seits damals in der Gesetzesdebatte am weitesten auseinan derlagen.
Ansonsten muss ich sagen: Beim Gesetzentwurf der AfD – Herr Kollege Maier, Sie haben es auch zutreffend beschrie ben – habe ich schon den Eindruck, es geht Ihnen eigentlich nicht um mehr Informationen für den Bürger, sondern es geht Ihnen darum, die Organisationen, die Verbände, die Instituti onen unter Beschuss zu nehmen, die mit Ihrer Politik nicht einverstanden sind und die Sie kritisieren. Dieses Spielchen macht die SPD-Fraktion nicht mit,
dazu ist uns die Informationsfreiheit ein zu wichtiges Gut. Wir werden deshalb diesen Gesetzentwurf ablehnen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut!)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Um es vorweg zu sagen: Wir teilen den Ansatz des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht, und zwar zunächst aus bestimmten sachlichen Gründen.
Informationsfreiheit und überhaupt die Materien, die Abläu fe, die dieses Landesinformationsfreiheitsgesetz regeln soll, sind Abläufe zwischen Bürger und Staat. Da sind wir uns ei nig. Im Staat bin ich Mitglied. Da kann man sagen: zwangs läufig. Auf den Staat bin ich angewiesen; den Staat brauche ich, aber ich bin auch ein Stück weit auf ihn angewiesen. Da rum habe ich das Recht auf größtmögliche Transparenz, was in diesem Staat vor sich geht.
Da gibt es natürlich entgegenstehende Interessen. Wir haben in der Tat in der letzten Legislaturperiode lange darüber dis kutiert. Das Gesetz darf nicht dazu führen, dass am Ende je der den anderen über Einblicke in irgendwelche staatlichen Verfahren ausforscht. Ich will jetzt nicht alles aufzählen, was es da natürlich auch an Einschränkungen geben muss.
Was für mich entscheidend ist: Ich würde spontan sagen, auf die Organisation der freien Berufe oder der Wirtschaft passt das für mich von vornherein nicht.
Nehmen wir die Selbstverwaltung ernst? Wenn dort jemand eine Frage hat, dann sind es für mich die Mitglieder. Sie re den ja gern von Zwangsmitgliedschaft: Da gibt es zum Teil verpflichtende Mitgliedschaften, aber das ist dann eine Frage der Selbstverwaltung, dort die Transparenz herzustellen. Da für gibt es ja auch sehr gute Mittel und sehr gute Instrumen te. Aber es ist für mich nicht dieses allgemeine Verhältnis zwi schen Bürger und Staat, auf das wir mit dem Landesinforma tionsfreiheitsgesetz zielen. Dort habe ich schon Probleme.
Dann geht es weiter mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ihre entlarvende Hasstirade auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat mich ein Stück weit betroffen gemacht. Man muss dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht unkritisch gegenüberstehen, aber die Art, wie Sie sich ausgedrückt ha ben, war dann schon entlarvend.
Selbst wenn jemand den Rundfunkbeitrag nicht bezahlen will, weil er sagt: „Ich gucke sowieso bloß RTL“, ist das ein him melweiter Unterschied zu der Aussage: „Dieser Rundfunkbei trag wurde uns abgepresst.“ Solange der Rundfunkbeitrag von parlamentarischen Mehrheiten beschlossen wird und zweifels frei für nicht rechtswidrig erklärt wird, kann niemand sagen, er sei abgepresst – es sei denn, derjenige dokumentiert eben selbst ein sehr bedenkliches Verhältnis zu Staat und Gesetzen.