(Abg. Reinhold Gall SPD: Stimmt das? – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist unbe streitbar! – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)
Das verdeutlicht auch der hohe Grünlandanteil im Land. Knapp 549 000 ha Dauergrünland werden von den Landwir tinnen und Landwirten in Baden-Württemberg bewirtschaf tet. Auch dies sorgt dafür, dass die Regionen in Baden-Würt temberg attraktiv sind, nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für Touristen.
In diesem Kontext gilt für uns, die strukturellen Besonderhei ten der Höfe in Baden-Württemberg im Blick zu haben. Grün landaufwuchs ist hierbei nur ein Stichwort. Dieser stellt d i e natürliche und artgerechte Futtergrundlage für Milchkühe und andere Wiederkäuer dar. Milch aus Gras ist die Devise, nicht aus südamerikanischem „Gen-Soja“.
Wie die Zahlen aus dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz belegen, haben viele Milchviehhalter ihre Hoftore für immer geschlossen. Im Betrachtungszeitraum von 2005 bis 2015 hat die Zahl jährlich um 4 % abgenommen und lag zuletzt bei rund 8 500 Milchviehhaltungen.
Dieser Entwicklung müssen wir vehement entgegenwirken. Das funktioniert aber nicht mithilfe der vielen Milliarden Eu ro, die im Gießkannenprinzip an die Landwirte verteilt wer den. Auch die Interventionen bei Butter und Magermilchpul
genauso wenig, wie die Ausfuhrerstattungen bei Milchüber mengen zur Lösung des Problems beitragen. Im Gegenteil, sie zerstören Märkte auf anderen Kontinenten.
Es bedarf einer begleitenden Marktöffnung inklusive europa weiter Sicherungsnetze statt einer permanenten Almosenpo litik. Wichtig ist hierbei u. a., dass die Vertragsstrukturen zwi schen den Molkereien sowie den Erzeugerinnen und Erzeu gern fair gestaltet werden. Das Heil liegt auch nicht im stän digen Weiterwachsen der Betriebe und dem Überschwemmen von Märkten mit Agrarerzeugnissen. Deshalb bedarf es am Milchmarkt einer Mengensteuerung, die durchaus auf freiwil liger Basis stattfinden sollte.
Die derzeit vorübergehend erlaubte Absprache von Erzeuger gemeinschaften und Genossenschaften mit ihren Lieferanten, nur so viel Milch zu produzieren, wie auch vermarktet wer den kann, sollte verstetigt werden. Angebot und Nachfrage re geln den Preis – dies gilt auch am Milchmarkt.
Mit intensiver Beratung helfen wir den Landwirtinnen und Landwirten, die Stärken ihrer Betriebe zu forcieren und wei ter auszubauen. Ebenso unterstützen wir sie dabei, die Schwä chen ihrer Betriebe zu analysieren und Verbesserungen her beizuführen.
Klar ist auch, dass nur faire, transparente und am Ende für alle auskömmliche Wertschöpfungsketten die Vielfalt der Milch produktion und der Molkereien in Baden-Württemberg erhal ten können. Diese brauchen wir für die Erzeugung von vielfäl tigen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und die Erhal tung einer für den Tourismus attraktiven Kulturlandschaft.
Mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl, FAKT, fördern wir die Bewirtschaftung von Grün land, von Steillagen und den Weidegang von Milchkühen so wie die Erzeugung von Heumilch. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Milcherzeugung an Grünlandstandor ten. Wir haben auch die extensiven Standorte im Blick und müssen deshalb auch die Ausgleichszulage für benachteilig te Gebiete beibehalten. Damit tragen wir den besonderen Strukturen in Baden-Württemberg Rechnung. Der Bioland bau und die Erzeugung von Biomilch bieten ebenfalls eine große Chance. Hier müssen wir darauf achten, nicht densel ben Fehler zu machen wie im konventionellen Bereich. Die Milchmenge muss sich am Bedarf orientieren.
Wir erwarten, dass die zu errichtenden Bio-Musterregionen auch beim Thema Milch neue Perspektiven eröffnen und da durch regionale Wertschöpfungsketten gestärkt werden.
Frau Kollegin, Sie haben noch so viele Seiten vor sich liegen, aber Ihre Redezeit ist aus geschöpft.
Liebe Kolleginnen und Kol legen von der SPD, Sie haben in der letzten Legislaturperio de zusammen mit uns diese Programme entwickelt. Wir wer den auch in der neuen Förderperiode der Gemeinsamen Ag rarpolitik der EU dafür sorgen, dass alles so weiterläuft. Des halb sehen wir keinen Anlass, hier einen Beschluss zu fassen, um die Landesregierung zu irgendeinem Handeln zu animie ren.
Verehrter Landtagspräsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag gibt mir Gelegenheit, über Milch zu reden. Da es die CMA nicht mehr gibt, erlauben Sie mir, dass ich mit einem Werbeblock für das Powergetränk Milch starte.
Sie enthält den optimalen Nährstoffmix für eine gesunde Ent wicklung. Für Schüler ist sie das einzige legale Dopingmittel und ersetzt zweifelhafte Powerdrinks und synthetische Dro gen. Sie erhöht die Aufmerksamkeit und schont die Nerven von Eltern, Lehrern und Schülern gleichermaßen.
Das weiße Naturprodukt bietet auch Erwachsenen eine ganze Palette von Inhaltsstoffen und Vitaminen. Vollmilch enthält wichtige Mineralstoffe wie Kalzium, Eisen, Natrium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Jod und Zink. Kurzum: Milch fördert die Gesundheit, den Knochenaufbau und die Lebensfreude.
Genauso wichtig: Wer Milch trinkt, trägt zur Erhaltung des ländlichen Raums bei. Sie hören richtig: Jeder getrunkene Li ter Milch bedeutet die Pflege von einem Quadratmeter Kul turlandschaft. Also: Trinken Sie mehr Milch, dann sind Sie ein echter Grünlanderhalter und Landschaftsschützer.
Das verstehe ich unter einer echten langfristigen Verbraucher kampagne für Milch, und das brauchen wir.
Aber wie sieht es mit den Milchviehbetrieben in Baden-Würt temberg aus? An 365 Tagen im Jahr wird dieses weiße Gold von den Bäuerinnen und Bauern in unserem Land gemolken, aber die Erlöse sind alles andere als goldig. Für einen Liter Milch erhält ein Landwirt zurzeit rund 32 Cent, für einen Li ter Mineralwasser wird oft das Fünffache bezahlt.
Eine Mengensteuerung macht nur dann Sinn, wenn diese in nerhalb der Wertschöpfungskette stattfindet. Nur so erhält sie nachhaltig Akzeptanz bei den Bauern.
Klar ist aber auch: Eine singulär auf Baden-Württemberg be schränkte Milchmengenreduzierung hat nur marginale Aus wirkung auf das europäische Preisniveau und die Weltmärk te. Weltweit werden 750 Millionen t Milch produziert; in Eu ropa sind es 152 Millionen t, in Deutschland 32 Millionen t und in Baden-Württemberg gerade einmal 2,3 Millionen t Milch. Übrigens: 150 000 t davon sind Biomilch.
Was kann Politik konkret zur Verbesserung tun? Förderpro gramme, Förderung von Veredelungsprodukten, Heumilch und -käse – es wurde schon angeführt – oder Milch aus Wei dehaltung, Markenbildung durch Qualität und Regionalität – Biomilch und ökologische Bewirtschaftung haben Wachstumspotenziale.
All diese Biomaßnahmen können aber nicht allen Milchbau ern in unserem Land helfen. In Deutschland gibt es 71 000 Milcherzeuger. Jährlich verlieren wir 4 000 davon. In BadenWürttemberg haben wir noch 8 500 Milcherzeuger. Es sind die letzten, die wir haben.
Damit nicht noch mehr Bauern die Stalltür für immer schlie ßen, müssen wir Biobetrieben und konventionellen Betrieben helfen. Es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit von familiengeführ ten landwirtschaftlichen Betrieben zu stärken. Das gelingt durch die Förderprogramme FAKT und AFP mit einer zu kunftsorientierten Beratung. Aber auch die Verbraucher und der Lebensmitteleinzelhandel tragen eine hohe Preisverant wortung, denn eine „Geiz ist geil“-Mentalität und eine ent sprechende Preispolitik führen zu einem Preisdruck der Stück kosten, und das wiederum führt zu immer größer werdenden Einzelbetrieben.