Herr Kollege Stoch, ich will es Ihnen mit dem Gedanken, dass die Antwort damit viel leicht sogar kürzer ausfällt, ganz einfach beantworten. Punkt 1: Die Frage der Abgrenzung, ob der Tatbestand einer Naturka tastrophe noch vorliegt, stellt sich nicht, weil im Moment noch eine Pandemie herrscht und weil wir es noch mit einer Mas senerkrankung zu tun haben.
Punkt 2: Die Frage der zeitlichen Begrenzung und des Endes liegt erst dann streitig vor, wenn die Pandemie dem Ende zu geht oder zu Ende ist.
Punkt 3: Wir haben bei den Beratungen zur Änderung der Lan desverfassung deshalb ausdrücklich auf die Regelung der Bundesverfassung Bezug genommen. Ich vertraue hier nicht nur unserer Landesfinanzministerin, sondern sogar auch dem Bundesfinanzminister, der wohlgemerkt der SPD angehört. Er sagt, sie hätten das geprüft und seien für die Kreditaufnahme in der jetzigen Situation noch immer im Stand einer Naturka tastrophe. Ich vertraue in diesem Punkt – nicht immer, bei vie len Punkten auch wiederum nicht – sogar Herrn Scholz.
Danke schön. – Welche ob jektiven Kriterien gibt es denn dafür, wann die Pandemie be endet ist? Es muss doch irgendwelche Kriterien geben, sodass Sie, wenn diese Kriterien erfüllt sind, sagen können: Ab heu te oder ab morgen ist die Pandemie beendet. Das hätte ich gern gewusst.
Der Kollege Zimmer mann hat Ihnen die Frage praktisch beantwortet. Er sagt, wenn er keinen Mundschutz mehr tragen muss. Aber ich will Ihnen das wie folgt beantworten: Diese Frage wird sich dann stel len, wenn wir über den Jahreswechsel hoffentlich tatsächlich einen Impfstoff haben und wenn die Infektionszahlen so zu rückgehen, dass sie nicht mehr nennenswert sind, wenn also die Pandemie zu Ende geht – so, wie bisher jede Pandemie zu Ende gegangen ist. Aber ich kann Ihnen doch heute nicht sa gen: Zum Zeitpunkt X wird das bei dieser genauen Definiti on der Fall sein.
Sie sehen, dass wir im Moment gerade die umgekehrte Ent wicklung haben – rundherum. Die Zahlen in Frankreich sind genannt worden. Ich habe vorhin die Zahlen von Madrid er wähnt – innerhalb von zwei Wochen über 700 zusätzliche In fektionen auf 100 000 Einwohner. Das heißt, diese Frage stellt sich momentan überhaupt nicht.
Wir müssen froh sein, wenn wir über den Winter einigerma ßen die Infektionsketten beherrschen und begleiten können und wenn wir in Deutschland hoffentlich gut über die Runden kommen. Das ist unsere Aufgabe, die wir momentan haben.
Jetzt will ich zum Vorhalt der Rekordverschuldung etwas sa gen. Natürlich machen wir nicht zum Spaß Schulden – das hat der Herr Ministerpräsident zu Recht angesprochen –, sondern weil die Verantwortung es gebietet.
Es ist ökonomisch nur sinnvoll, jetzt in die Verschuldung zu gehen, um noch Schlimmeres zu verhindern.
Wir sind ja nicht frei von Überlegungen, sondern wir haben, wie auch die Kollegen der Regierungsfraktion GRÜNE, Sach verständige eingeladen, auch in die Fraktion, z. B. den Vorsit zenden des Sachverständigenrats. Er mahnt uns, jetzt keine Kredite aufzunehmen. Am Ende würde man damit Konsumen ten und Investoren nur dazu anregen – Zitat –,
... erwartete Steuererhöhungen oder Ausgabensenkungen zu antizipieren und sich heute daher mit Konsum und In vestitionen zurückzuhalten.
Das wäre kontraproduktiv. Das hat er übrigens nicht nur bei uns gesagt, sondern Sie können das auch im „Handelsblatt“ nachlesen.
Der ifo-Chef, der übrigens heute im Ökonomen-Ranking als zweitwichtigster Ökonom in Europa, in Deutschland bezeich net wird, sagt – Zitat –:
Ohne höhere Neuverschuldung könnte der Staat die Wirt schaft in der aktuellen Krise nicht stützen. Darauf zu ver zichten würde bedeuten, einen deutlich tieferen wirtschaft lichen Einbruch hinzunehmen. Das würde die Staatsfinan zen ebenfalls belasten und darüber hinaus viel Vermögen vernichten. Künftige Generationen wären dadurch eben falls belastet.
Wir folgen damit der ökonomischen Vernunft und sind im Grunde genommen mit Maß und Mitte unterwegs. Ich habe gerade das kleinere Niedersachsen erwähnt. Dort hat man knapp 8 Milliarden € aufgenommen – allein für 2020, wohl gemerkt mit weniger Mitteln für die Kommunen. Hessen hat ein Sondervermögen. Sie wissen, Herr Kollege Stoch und Herr Kollege Gall:
Hessen ist das kleinste Land unter den großen Ländern und das größte unter den kleinen. Hessen hat erheblich weniger Einwohner als wir. Allein in Hessen hat man 12 Milliarden € Sondervermögen aufgenommen.
Bayern – ich habe es schon erwähnt – hat 20 Milliarden € Ver schuldung plus weitere 20 Milliarden € Sondervermögen für den BayernFonds aufgenommen. NRW wurde von Herrn Kol legen Schwarz erwähnt: Kredite im Umfang von 25 Milliar den € bei 17 Millionen Einwohnern, das heißt im Grunde ge nommen das Doppelte, obwohl NRW nur ein Drittel mehr Ein wohner als Baden-Württemberg hat.
Es ist doch nicht so, dass man das aus Jux und Tollerei macht, sondern die Lage ist entsprechend. Schon vorher – übrigens auch seitens der Kollegen von der SPD – wollte man noch hö here Schulden machen. Ich will das jetzt gar nicht zitieren. „Eine vorübergehende Schuldenaufnahme ist ein sinnvolles Instrument“, haben Sie, Kollege Stoch, im August 2019 ge sagt. Da gab es noch gar keine Pandemie, wie Sie wissen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. An dreas Stoch SPD: Das habe ich zu dem Punkt vorhin gesagt! Sich daran zu erinnern ist wohl zu viel ver langt!)
Jetzt wirft man uns ergänzend vor, das sei ein Wahlkampfma növer – jeder sagte das: Kollege Gögel, und ich habe es dann auch vom Kollegen Rülke und vom Kollegen Stoch gehört: Das sei jetzt alles Wahlkampf.
Aber Ihnen, Herr Kollege Gögel, muss ich schon sagen: Ich weiß ja nicht, wie viele Fraktionsmitglieder Sie im März noch sind. Sie waren mal 23; jetzt sind Sie noch 16.
Ich kann Ihnen nur sagen: Man sollte, bevor man selbst eine Pandemie wie diese leugnet und verharmlost, lieber erst mal
Es geht uns hier überhaupt nicht – das sieht, wer sich das mal anschaut – um Wahlkampf, sondern es geht um ein Standort programm für Baden-Württemberg.
Es geht ausschließlich um Wege in die Zukunft. Vor allem geht es darum, dass im Moment die größte Herausforderung heißt, Transformation und Wandel, Veränderung gestalten. Darum machen wir das.
Ich habe von der Opposition nichts gehört, von keiner der drei Fraktionen. Hätten wir den Kommunen die Unterstützung ver weigern sollen? Keinen Ton!