Protocol of the Session on November 6, 2019

(Zurufe von der AfD – Unruhe)

Ich darf um Ruhe bitten. Herr Abg. Dr. Goll hat jetzt das Wort.

(Abg. Anton Baron AfD: Lesen Sie mal in der Ge schäftsordnung nach! Zurufe sind erlaubt!)

Der Kern dieser Vorbemer kung und der Grund für die Tatsache, dass ich eigentlich kei ne Lust habe, mich überhaupt mit Ihren Vorschlägen zu be schäftigen, ist der: In der letzten Plenarsitzung war wieder mehrfach die Rede von diesem unsäglichen Zitat „Fliegen schiss in der deutschen Geschichte“. Da könnte auch mal der baden-württembergische Fraktionsvorsitzende der AfD auf stehen und sagen: So geht es eigentlich nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP, der CDU und der SPD)

Sie wissen so gut wie ich, dass es so nicht geht.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen und der CDU sowie Abgeordneten der SPD)

Ich bin gleich mit der Vorbemerkung fertig. Ich erinnere auch an den Anfang der Legislaturperiode. Da gab es mal einen Al terspräsidenten, von dem wir gesagt hatten, er mache einen gar nicht so üblen Eindruck. Er hat, glaube ich, drei Wochen gebraucht, um zu sehen, was für ein Laden das bei Ihnen ist. Dann ist er gegangen.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Unverschämtheit! Unver schämtheit, Herr Goll! Einen gesundheitlich ange schlagenen Menschen so anzugreifen! Schande! – Weitere Zurufe von der AfD)

Es gibt eine weitere Kollegin, die gewechselt hat. Ich habe übrigens durchaus einen gewissen Respekt vor den handeln den Personen, auch wenn sie vorher der AfD im Landtag an gehört haben.

(Unruhe)

Aber ich frage mich, wann von Ihnen mal jemand irgendeine Konsequenz aus solchen Äußerungen zieht.

Mir macht das Ganze auch klar, was der wesentliche Punkt ist, der Sie von den anderen Parteien unterscheidet, die Sie immer abqualifizierend über einen Kamm scheren.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Frau Präsidentin, zum The ma! – Abg. Anton Baron AfD: Frechheit! Eine solche Unterstellung!)

Der wesentliche Punkt ist in meinen Augen: Sie sind keine de mokratische Partei. Sie sind es nicht nach innen, und Sie sind es nicht nach außen.

(Beifall bei der FDP/DVP, der CDU und der SPD)

So, jetzt müssen wir uns mit Ihrem Vorstoß befassen. Aber es ist schon viel Richtiges dazu gesagt worden. Schon deswegen kann ich mich kurzfassen. Ich werde mich auch auf einen ein zigen Punkt konzentrieren. Ich persönlich habe es z. B. für ei nen Fehler gehalten, die Oberbürgermeister und Landräte aus dem Landtag auszuschließen.

(Zuruf: Sehr richtig!)

Ähnlich verhält es sich hier mit den Bürgermeistern und den Kreistagen. Warum würde ich es in der Abwägung unter schiedlicher, durchaus achtbarer Argumente nicht machen? Ich bin der Überzeugung, es hilft niemandem. Sie stärken die se Gremien nicht. Der Landtag ist dadurch nicht gestärkt wor den. Sie stärken auch den Kreistag nicht, wenn Sie die Bür germeister rausdrängen. Wenn Sie wichtige Akteure des de mokratischen Prozesses in dieser Weise von einer Szene fern halten, werden Sie den Kreistag nicht stärken, sondern Sie werden ihn in meinen Augen schwächen.

Auf der anderen Seite hilft es auch nichts; denn die Bürger meister haben damit ja nicht ihren Einfluss verloren, sondern sie machen ihn auf andere Weise geltend. Das ist doch klar. Das geschieht nur nicht mehr im Sitzungssaal des Kreistags. Also, da gewinnt man in keiner Richtung irgendetwas.

Immer wieder wird eine Verlagerung von Kompetenzen von der Legislative auf die Exekutive beklagt. Genau solche Vor schläge tragen dazu bei, dass es in der Legislative sozusagen langweiliger wird, aber die Spitzen der Exekutive dafür um so intensiver miteinander reden. Wenn wir über den Vorschlag nachdenken, müssen wir deswegen nach meiner Meinung zu dem Schluss kommen: Er hat eindeutig mehr Nachteile als Vorteile.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Fiechtner.

Frau Präsident, verehrte Damen, sehr geehrte Herren und Sonstige A bis Z! Dass die Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative in Deutschland nicht mehr stattfindet, kann man selbst auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bil dung nachlesen. Da wundert es nicht, dass die Unvereinbar keit verschiedener Ämter in Deutschland bislang kaum jeman den interessiert hat. Die Rede von Herrn Goll war gerade ein Tiefpunkt

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

und zeigt, wie weit dieses korruptive Denken sogar in die Rei hen der ehedem Liberalen eingedrungen ist. Eigentlich soll ten Sie Hüter der Gewaltenteilung und der Rechtsstaatlichkeit sein, aber da sieht man, wo wir angekommen sind.

Es hilft natürlich, Dinge unbürokratisch zu regeln. Und wer könnte besser eigene Entscheidungen kritisch überprüfen als man selbst? Für manche mag das vielleicht nach Korruption klingen, aber das ist ein viel zu hartes Wort. Man muss als ar mer Politiker halt auch von was leben. Fragen Sie doch mal die Beteiligten im Klinikum-Skandal, allen voran drei Grüne – Murawski, Kuhn und Wölfle – und einer von der CDU, Herr Föll.

Für mich geht der Vorschlag der AfD nicht weit genug. Es gibt einen guten Grund, warum es ursprünglich die Gewaltentei lung gab. Diese gilt es wiederherzustellen. Das bedeutet auch, dass man als Gemeinderat nicht im Kreistag sitzen kann, aber eben auch, dass man als Abgeordneter nicht gleichzeitig Mi nister oder Ministerpräsident sein kann. Es bedeutet weiter gehend auch, dass man endlich die Staatsanwaltschaften un abhängig stellt, denn sie sind in Deutschland weisungsgebun den, und dass man die Bestallung der Richter des Bundesver fassungsgerichts den Klauen der Parteien entreißt, zu deren Beute sie geworden sind.

Es gibt viel zu tun in unserem Land: für Recht, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Große Zustim mung im Hause! Mein lieber Herr Gesangverein! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da klatscht noch nicht mal der Gedeon!)

Gibt es noch weitere Wort meldungen? – Bitte, Herr Abg. Sänze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Kollegen!

(Abg. Anton Baron AfD: Frau Kurtz! Frau Präsiden tin, will kein Minister?)

Der Herr Abgeordnete hat te sich gemeldet. Daher kommt er zu Wort.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wünscht der parlamentari sche Geschäftsführer nicht, dass sein Kollege spricht?)

Ich habe noch genügend Redezeit und wünsche das Wort in der Tat. – Sie haben mich nicht über rascht. Die Vorwürfe sind immer die gleichen Plattitüden:

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

kein Sachverstand, keine Kompetenz, kein Verständnis. Sie scheuen sich aber wirklich, das Problem anzugehen. Das Pro blem ist: Der Landrat wird vom Kreistag gewählt. Dieses Pro blem haben Sie in der Vergangenheit auch nicht lösen wollen, obwohl auch schon der Vorschlag einer Direktwahl des Land rats hier im Plenum diskutiert wurde. Was machen Sie? Nichts.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Sie haben nur eines vor: Sie wollen denjenigen, der den Ge setzentwurf einreicht, diskreditieren. – Aber Sie haben im Ausschuss Gelegenheit, das abzuarbeiten.

Und an Sie, Herr Goll: Wir sind die einzige Partei in diesem Haus, die keine NS-Vergangenheit hat. Das möchte ich mal ganz klar betonen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Stefan Räpple AfD: So ist es! Genau so! – Abg. Anton Baron AfD: Im Stech schritt in die FDP! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Es geht um die Gegenwart! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wie sollen die Grünen eine NS-Vergangenheit haben?)

Nun hat die Regierung das Wort. – Herr Staatssekretär Klenk, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! In Baden-Württemberg können Bür germeister seit Bestehen des Landes Mitglied des Kreistags sein. In den vergangenen Jahrzehnten – das wurde schon an gesprochen – gab es zwar immer wieder vereinzelte parlamen tarische Initiativen zur Einführung einer Inkompatibilitätsre gelung; der Landtag hat eine solche aber bisher nie beschlos sen.

Ich frage Sie mal, ob es dem Land und den Landkreisen ge schadet hat, dass seit Bestehen des Landes Bürgermeister dem Kreistag angehört haben.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Es hat Klinikschließungen in der Ortenau gebracht!)

Das hat aus meiner Sicht auch gute Gründe, liebe Kollegin nen und Kollegen.

Für die Mitgliedschaft von Bürgermeistern im Kreistag spricht, dass sie – neben den anderen Kreistagsmitgliedern – Sachverstand, Wissen und Erfahrung einbringen, die für die Arbeit im Kreistag sehr wertvoll sein können. Sie helfen da bei, die Balance zwischen Kreisinteressen und Gemeindein teressen zu wahren.

Professor Goll hat richtigerweise darauf hingewiesen: Auch wenn die Bürgermeister nicht mehr im Kreistag vertreten wä ren, hätten sie eine Plattform oder würden eine finden, um ih re Interessen anderweitig kundzutun.