Protocol of the Session on May 21, 2014

Frau Staatssekretärin, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie die Probleme so sortieren, dass dies Ihrer Selbstdarstellung dient?

(Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Unterstellung! – Zuruf von den Grünen: Das ist keine Frage! – Gegenruf des Abg. Felix Schreiner CDU: Pst!)

Auf der einen Seite sagen Sie, der Bund solle entscheiden, ob es bei der A 98 bei einer Autobahn bleiben oder zum Bau ei ner Bundesstraße kommen solle; da hielten Sie sich heraus. Auf der anderen Seite sind Sie beleidigt, wenn sich der Bund nicht streng an Ihrer Priorisierungsliste orientiert.

Zweitens komme ich auf Ihre Frage, Herr Kollege Schmiedel, zurück, auf die Frage nach der Etikettierung dessen, was wir fordern. Darüber kann man eigentlich sachlich diskutieren. Aber wenn wir davon ausgehen, dass wir vom Bund bezüglich des nächsten Bundesverkehrswegeplans wissen, dass 70 % der Mittel für Autobahnmaßnahmen und 30 % für Bundesstra ßenmaßnahmen eingesetzt werden sollen, dann ist es doch das falsche Signal, wenn wir dem Bund sagen: „Es tut auch eine Nummer kleiner. Wir streben bei der genannten Maßnahme nicht mehr als eine Bundesstraße an.“ Damit würden wir uns bei dem Mittelanteil von 30 % und nicht bei dem Mittelanteil von 70 % bewegen.

Ich halte es für falsch, wenn wir zum heutigen Zeitpunkt – da das Land gefordert ist, dem Bund seine Wünsche klar vorzu tragen – hinter den Stand des jetzt geltenden rot-grünen Bun desverkehrswegeplans zurückfallen, in dem der Bedarf für den Ausbau als Autobahn anerkannt worden ist.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Genau! Sehr gute Fra ge!)

Herr Köberle, ich bin we der eitel, noch bin ich beleidigt. Insoweit bin ich auch nicht beleidigt, wenn der Bund am Ende die Einstufung über den Bundesverkehrswegeplan vornimmt. Wir haben das nie an ders kommuniziert.

Als wir unsere Priorisierung vorgestellt haben – und auch bei den Diskussionen zuvor –, haben wir immer darauf hingewie sen, dass unsere Priorisierung für den Bund nicht bindend sei und wir sie dennoch für eine sinnvolle Maßnahme hielten.

Vorhin wurde es schon gesagt: Mandatsträger aus der Region waren in Berlin. Wenn es so einfach wäre, dass in Berlin ent schieden würde, wie die Straße im neuen Bundesverkehrswe geplan eingestuft wird, dann, glaube ich, wären diese Man datsträger mit einer entsprechenden Botschaft zurückgekom men.

Der Presseberichterstattung habe ich entnommen, dass es ei ne derart klare Aussage bislang nicht gab. Das hat auch eine gewisse Logik; denn der Bund wird in den nächsten Monaten

bzw. im nächsten Jahr die Maßnahmen, die die Länder ange meldet haben, nach einem eigenen Verfahren bewerten, das im Moment im Übrigen noch finalisiert wird. Danach wird es Entscheidungen geben.

Deswegen ergibt es keinen Sinn, von mir hier Bekenntnisse einzufordern.

Zum angesprochenen 70:30-Verhältnis: Zunächst einmal heißt das nicht, dass 70 % der Mittel für Autobahnen und 30 % für Bundesstraßen eingesetzt würden. 70 % der Mittel werden für Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßen aufge wandt. Wenn Sie sich ansehen, wie die Verteilung zu Ihrer Zeit war, dann sehen Sie, dass die nicht viel anders war. Da hat sich gar nicht viel geändert.

Wir haben trotzdem – auch als Bundesland – in unseren Stel lungnahmen gegenüber dem Bund darauf hingewiesen, dass Baden-Württemberg als Flächenbundesland über Regionen verfügt, in denen die Bundesstraßen eine besondere Bedeu tung haben, in denen die Autobahndichte nicht sonderlich hoch ist, und dass es uns wichtig ist, dass genügend Mittel für die Bundesstraßenprojekte zur Verfügung stehen.

Wenn Sie aber aus dieser Verteilung, die der Bund vorsieht, ableiten, dass die A 98 schneller als A komme, dann möchte ich darauf hinweisen, dass diese A 98 dann mit anderen Au tobahnen konkurrieren würde. Das sind Maßnahmen wie der Ausbau der A 6

(Abg. Felix Schreiner CDU: Und z. B. Freiburg!)

oder die A 8. Wenn Sie schauen, was allein der Albaufstieg kostet, dann wissen Sie, dass von diesen 70 % ziemlich lan ge gar nichts mehr übrig bleiben wird. Insoweit ist die Frage, ob die A 98 besser dasteht oder ob eine Bundesstraße am Hochrhein gegenüber anderen Bundesstraßenmaßnahmen so weit oben steht – auch aus Sicht des Bundes entsprechend den Kosten-Nutzen-Verhältnissen, die erst noch zu ermitteln sind – und dann vielleicht schneller kommt. Dahinter würde ich doch noch ein paar Fragezeichen setzen und an Ihrer Stelle nicht so sicher sein.

Noch einmal der Hinweis: Wenn Sie eine Straße planen, die ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis hat, werden Sie da mit keinen Erfolg haben.

Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin Dr. Splett.

Die für die Behandlung des ersten Themas vorgesehene Zeit ist verstrichen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich danke auch.

Ich rufe das zweite The ma auf. Es wurde von der Fraktion GRÜNE angemeldet und richtet sich an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst:

K M K - V o r a u s b e r e c h n u n g d e r S t u d i e r e n d e n z a h l e n

Dazu erteile ich für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Dr. Schmidt-Eisenlohr das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Tagen wurde die neue KMK-Vorausberechnung für die Studierendenzahlen be kannt gegeben. Wie üblich wurden bei der neuesten Verkün dung – das haben wir bisher immer so erlebt – die Zahlen nach oben korrigiert. Das heißt, wir können erfreulicherweise fest halten, dass wir mehr Studierende haben und vor allem in Zu kunft auch haben werden.

Das Spannende bei dieser ganzen Frage ist, dass wir in der Vergangenheit immer diese höheren Planzahlen hatten, aber selbst die Erhöhung der Planzahlen nie das Ist, das dann ein getreten ist, abgebildet hat. Trotz der Erhöhung der Planzah len ist das Ist also noch einmal höher gewesen. Das wird si cherlich auch jetzt wieder der Fall sein. Insofern ist in diesem Kontext diese Erhöhung ganz besonders wichtig und ernst zu nehmen.

Gleichzeitig erhalten wir deutliche Signale aus den Hochschu len: Heute wird landesweit an den Universitätsstandorten de monstriert, weil im Rahmen der Solidarpaktverhandlungen große Sorgen entstehen. Seit vielen Jahren hatten wir die Si tuation, dass die Hochschulen mit den letzten zwei Solidar pakten der Vorgängerregierungen schlechter ausgestattet wa ren, da sozusagen die Grundfinanzierung festgeschrieben war, aber immer mehr Studierende an die Hochschulen kamen. In sofern sind diese Proteste völlig nachvollziehbar und aus mei ner persönlichen Sicht auch richtig.

Deswegen frage ich die Regierung an dieser Stelle: Wie be wertet die Landesregierung die aktuelle Vorausberechnung der KMK zur Entwicklung der Studierendenzahlen, und wel che Konsequenzen sieht sie an dieser Stelle für die Hochschul finanzierung?

Vielen Dank.

Für die Landesregierung darf ich Frau Ministerin Bauer ans Rednerpult bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute – das haben Sie sicherlich selbst feststel len können – wird an allen Universitätsstandorten vor Ort von Studierenden, Professoren, Rektoren auf die finanzielle Situ ation der Hochschulen hingewiesen. Deswegen ist es der rich tige Moment, den Blick auf die Vorausberechnung der Studie rendenzahlen zu werfen, wie sie von der Kultusministerkon ferenz Anfang Mai vorgelegt wurde.

Sie, Herr Schmidt-Eisenlohr, haben zu Recht darauf hinge wiesen und betont: Wir haben jetzt mit der neuen Vorausbe rechnung der Studierendenzahlen – die Prognose der Kultus ministerkonferenz wird regelmäßig fortgeschrieben – die drit te Anpassung nach oben, seitdem wir im Jahr 2005 damit be gonnen haben – mit verschiedenen Ausbauprogrammen un terlegt –, über die Ländergrenzen hinweg die Hochschulstand orte auszubauen. In Baden-Württemberg war das Ausbaupro gramm „Hochschule 2012“ und auf Bundesseite das Ausbau programm „Hochschulpakt 2020“ die Konsequenz aus den Berechnungen der Kultusministerkonferenz.

Inzwischen haben wir die dritte Aktualisierung der damaligen Berechnungen, und in der Summe stehen wir heute vor der Situation, dass im Jahr 2020 in Baden-Württemberg etwa

25 000 Studienanfänger mehr an unseren Hochschulen sein werden, als das in der Prognose 2005 vorausgesagt wurde. 25 000 Studienanfänger mehr – um einen Vergleich herzustel len –, das ist etwa das Fünffache der Aufnahmekapazität der Universität Tübingen. Diese müssen im Vergleich zu 2005 im Jahr 2020 zusätzlich in diesem Land aufgenommen werden. Das ist die Dimension, mit der wir es zu tun haben.

Das ist eine enorme Herausforderung. Man sollte aber trotz der Herausforderung nicht vergessen, dass grundsätzlich eine gute Entwicklung dahintersteckt. Denn wir brauchen qualifi zierte junge Menschen, brauchen qualifizierte Menschen mit Hochschulausbildung, weil wir für den Arbeitsmarkt mehr Akademikerinnen und Akademiker brauchen. Wir haben in Baden-Württemberg – hier liegt die Quote bei unter 1,5 % – so gut wie keine Akademikerarbeitslosigkeit. Wir brauchen auch hervorragend ausgebildete Menschen in der dualen Aus bildung. Wir brauchen beides. Deswegen sollten wir uns zu nächst einmal freuen, dass es uns gelingt, junge Menschen zu motivieren, etwas für ihre Bildung zu tun.

Dennoch ist ganz klar: Ein solcher Aufwuchs ist enorm schwie rig und ist eine enorme Kraftanstrengung für alle, die dies schultern müssen – für die Hochschulen, die entsprechendes Personal und entsprechende Räume vorhalten müssen, aber auch für unsere Haushalte, den Landeshaushalt genauso wie für den Bundeshaushalt.

Sie haben nach den Konsequenzen aus diesen Zahlen gefragt. Das Kabinett hat sich am Dienstag mit der Thematik befasst. Wir haben zunächst beschlossen, dass die vorgelegten neuen Zahlen Ausgangspunkt für die Überprüfung des weiteren Fahr plans und des Finanzvolumens unseres eigenen Ausbaupro gramms sind. Sie sind auch Ausgangspunkt für die Beratun gen über die anstehende Nachfolgeregelung für den Solidar pakt.

In diesem Haus ist sicherlich bekannt, dass wir zurzeit in Be ratungen darüber sind, wie der neue mehrjährige Vertrag aus sehen soll, der die Grundfinanzierung, die Grundausstattung unserer Hochschulen in Baden-Württemberg regelt.

Wir sind am Ende der Laufzeit des zweiten Solidarpakts, der über acht Jahre hinweg galt. Er wurde im Jahr 2007 beschlos sen. Vorgänger war ein zehnjähriger Solidarpakt, beschlossen im Jahr 1997.

Nun konkret zu den Konsequenzen, nach denen Sie gefragt haben. Zwei möchte ich nennen.

Erstens: Das Ausbauprogramm, das ursprünglich als ein Pro gramm zur Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs ge plant war – dieser ist bekanntermaßen „durch“ –, um dann wieder schnell zurückzubauen, müssen wir in der Laufzeit an ders dimensionieren. Denn wir haben es mit einem anhalten den Hoch bei den Studierendenzahlen bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein zu tun. Wir müssen daher dieses Ausbaupro gramm – vom Finanzvolumen aus gedacht – verstetigen.

Zweite Konsequenz: Wir müssen langfristiger, mit mehr Weit blick agieren, und wir müssen angesichts dieser Perspektive viel mehr Ressourcen in die Grundfinanzierung stecken und weniger in kurzfristig gedachte, geplante und umzusetzende Ausbauprogramme.

Man muss deswegen heute mit dem Blick auf den Solidar pakt II sagen, dass es ein Konstruktionsfehler war, den gesam ten Aufwuchs an Studierenden nicht über die Grundfinanzie rung abzubilden, sondern über ein Ausbauprogramm, das in der Handhabung viel restriktiver und schwieriger ist. Diesen Konstruktionsfehler müssen wir jetzt dringend beheben.

Über diesen Grundsatz haben wir Einigkeit hergestellt. Das ist auch weniger eine Frage der Finanzvolumina, sondern ei ne Frage der Philosophie, der Haltung, mit der wir an unsere Hochschulen herangetreten sind und mit der wir ihnen die Mög lichkeit geben wollen, Hochschulautonomie nicht nur auf dem Papier zu haben, sondern Hochschulautonomie auch zu leben.

Ich erteile Frau Abg. Kurtz für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich darf vielleicht Folgendes vorausschicken: Ich habe den Ein druck, dass hier im Land – bei Ihnen, bei den Hochschulen und bei uns – Einigkeit besteht, dass das Prinzip der Solidar pakte eine gute Idee war. Sie haben den Hochschulen Pla nungssicherheit gegeben, und die Tatsache, dass Sie jetzt ei nen dritten Solidarpakt auflegen wollen, dass Sie von diesem Instrument also nicht abweichen, beweist ja auch, dass es im Grunde nicht falsch war.

Sie wissen auch, dass wir während der Laufzeit des letzten Solidarpakts durchaus noch einmal nachgesteuert haben – na türlich mit kurzfristigen Mitteln. Aber das Ausbauprogramm wegen des doppelten Abiturjahrgangs haben wir auch noch einmal aufgestockt, als sich die Zahlen „unterwegs“, wenn ich so sagen darf, erhöht haben.

Ich glaube also, wir brauchen in diesem Fall nicht wieder von Erblast und Altschulden zu reden,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich Erblast!)

sondern wir müssen sagen: Wir haben in Baden-Württemberg ein kluges System, ein kluges Instrument erfunden, und wir freuen uns, dass Sie dies jetzt auch fortschreiben.