Ende 2012 haben Sie selbst, Herr Minister, einen Vergabezeit plan vorgelegt. Darin war schwarz auf weiß zu lesen, dass es zu Verzögerungen kommt. Dieser Plan hatte aber eine Lauf zeit von lediglich drei Monaten.
Im März 2013 haben Sie den nächsten Vergabeplan vorgelegt. Diesen haben wir einem Faktencheck unterzogen. Wir haben Ende vergangenen Jahres eine Abfrage zu allen Strecken und Netzen durchgeführt, die 2013 hätten ausgeschrieben werden sollen. Das Ergebnis war ein Offenbarungseid.
Wir sind, seit wir an der Regierung sind, in Sachen Aus schreibung wirklich sehr engagiert und hart bei der Ar beit. Sie müssen uns nicht in die Gänge schicken.
Herr Minister, ich denke, dies ist doch notwendig; denn die Wahrheit ist, dass nichts von dem, was Sie in drei Jahren an gekündigt haben, bislang umgesetzt worden ist. Nichts wur de ausgeschrieben.
Schauen wir uns einmal einige Netze an: S-Bahn RheinNe ckar, Netz 6 a. In Ihrer Stellungnahme zu dem von uns einge brachten Antrag Drucksache 15/4315 steht – Zitat –:
Das Verfahren konnte nicht planmäßig zum 3. Quartal 2013 begonnen werden.... Mit einem Beginn des Verga beverfahrens wird noch in diesem Jahr gerechnet.
Breisgau-S-Bahn: Beginn des Vergabeverfahrens im dritten Quartal 2013. Passiert ist bis heute nichts.
Zum Netz Hohenlohe-Franken schreibt der Minister: kein planmäßiger Beginn des Vergabeverfahrens, keine Inbetrieb nahme Ende 2016, deshalb Übergangsverträge.
Das Vergabeverfahren... konnte nicht im 3. Quartal ab geschlossen werden.... Mit einem Abschluss... wird noch vor... Dezember 2013 gerechnet.
Nun zu den Stuttgarter Netzen, die 22 Millionen Zugkilome ter umfassen. Das sind in etwa ein Drittel der Zugkilometer in ganz Baden-Württemberg. 150 neue Fahrzeuge müssen ge kauft werden. Das sind Gesamtinvestitionen bei den Fahrzeu gen in Höhe von 700 Millionen €. Das heißt, in den Stuttgar ter Netzen stecken große Potenziale, aber auch große Risiken. Dort entscheidet sich die Zukunft des SPNV im Land. Hier bei ein schlechtes Ergebnis zu erzielen hätte fatale Konse quenzen für das ganze Land. Auch diese Bedeutung ist Ihnen klar; denn in Ihrer Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 15/4314 schreiben Sie:
Bei diesen Ausschreibungen ist das wirtschaftliche Inte resse des Landes in besonderer Weise betroffen, da sie aufgrund der erlösstarken, langlaufenden RE-Linien vo raussichtlich zu besonders günstigen Preisen führen...
Die kostengünstige Vergabe der Stuttgarter Netze ist von hoher Bedeutung für die zukünftige Finanzierung des SPNV in Baden-Württemberg.
Auf die Frage, ob die Inbetriebnahme der neuen Verkehre zum Auslaufen des aktuellen Verkehrsvertrags im Jahr 2016 gesi chert ist, schreiben Sie:
Die Inbetriebnahme für Netz 1 ist aktuell zum 3. Quartal 2017 vorgesehen. Für die Netze 2 und 3 ist die Inbetrieb nahme zum 1. Quartal 2018 vorgesehen. Bei allen drei Netzen sind daher entsprechende Übergangsverträge er forderlich.
Herr Minister, die Stuttgarter Netze werden damit endgültig zum Offenbarungseid für Sie. Das Ministerium muss zuge ben: Es ist nichts passiert. Der Zeitplan für die Ausschreibun gen ist schon jetzt fast nicht einzuhalten. Es wird zu erhebli chen Verzögerungen bis mindestens 2018 kommen. Die Un ternehmen werden sich Übergangsverträge teuer bezahlen las sen.
Fazit: Das Ergebnis ist verheerend. Weitere fünf Verfahren sollten jetzt im Jahr 2014 beginnen. Das ist aber nicht gesche hen. Es sind acht Inbetriebnahmen allein im Jahr 2017 vorge sehen. Glauben wir das? Nein, wir glauben das nicht. Glau ben Sie das selbst, Herr Minister? Offenbar glauben Sie das selbst auch nicht.
Schauen wir uns einmal den Vergabeplan an, der zurzeit auf der Homepage des Ministeriums zu finden ist. Dieser trägt den Stempel „Wird derzeit überarbeitet“.
Das heißt, Sie glauben mittlerweile selbst nicht mehr an Ih ren eigenen Vergabeplan. Klar ist: Nach 2016 zahlt der Kun de die Rechnung.
Wir fragen uns: Warum handelt der Minister nicht? Dass Sie nach drei Jahren immer noch sagen, die anderen seien schuld, ist mittlerweile ein Kalauer. Zwischenzeitlich haben, glaube ich, auch Sie erkannt, dass der alte Verkehrsvertrag gut war.
Zudem sind die Voraussetzungen auf dem Markt heute viel besser. Das heißt, es gibt keinen Grund für eine Blockade. Man kann nur spekulieren.
Was fällt uns ein? Sie verhindern die Ausschreibungen, weil Sie die Deutsche Bahn verhindern wollen und weiterhin Ihr altes Feindbild pflegen. Rache für Stuttgart 21? Merken Sie nicht, dass Sie mit Ihrer Blockade erst recht in die Abhängig keit der Bahn geraten? Ohne Wettbewerb wird Ihnen die Bahn letztlich die Bedingungen diktieren. Oder sind Sie vielleicht ein ideologisch Getriebener, der seinem eigenen Haus, den ei genen Beamten und der NVBW misstraut? Umgeben Sie sich lieber mit Ihren eigenen Freunden, die in Ihre eigene Denkfa brik passen?
Geben Sie lieber teuren Beratungsfirmen die Aufträge, die sich als Stuttgart-21-Gegner bereits einen Namen gemacht haben? Oder liegt es daran, Herr Minister, dass Sie eigentlich immer noch im Oppositionsmodus sind und bis heute den Rollen wechsel nicht vollzogen haben?
Eines ist klar: Die Folgen werden nach 2016 spürbar sein. Dann sind Sie vielleicht schon Geschichte. Aber, meine Da men und Herren, das Vermächtnis von der SPD, den Grünen und der Landesregierung wird das Land teuer zu stehen kom men. Das werden dann Ihre Nachfolger und die Menschen im Land zu bezahlen haben.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir reden über das wichtige Thema „Ausschreibungen im Schienenpersonennahverkehr“ und den großen Verkehrsvertrag zum Schienenverkehr. Den großen Verkehrsvertrag haben wir 2011 von Ihnen übernommen. Er läuft noch bis 2016. Er enthält keine Kündigungsmöglichkei ten. Dieser große Verkehrsvertrag umfasst zwei Drittel der Verkehrsleistungen im Schienenverkehr in unserem Land. Man kann ihn wahrlich als einen schlechten Verkehrsvertrag bezeichnen. Er enthält keinerlei Qualitätsvorgaben. Mit 11 € pro Kilometer ist er schlichtweg zu teuer.
Dieser Verkehrsvertrag hat den Wettbewerb in unserem Land in den letzten Jahren massiv behindert. Während andere Bun desländer Ausschreibungsgewinne im Schienenverkehr ein fahren konnten, wurde in Baden-Württemberg die Bestellung von Zügen immer teurer.
Das Problem am großen Verkehrsvertrag ist auch, dass das Land von Mehrerlösen nicht profitiert. Fahren in Baden-Würt temberg mehr Menschen mit, sinkt der Landeszuschuss leider nicht,
sondern wir müssen mehr bezahlen. Es ist also ein schlechter Verkehrsvertrag, den wir übernommen haben.
Schauen wir, was Grün-Rot im Bereich Schienenverkehr ge macht hat. Ich möchte ein Thema ansprechen, weil es wich tig ist, dies hier zu erwähnen: In den letzten Jahren sind die Stations- und Trassenpreise überdurchschnittlich stark – zwi schen 5 und 14 % – gestiegen. Die Regionalisierungsmittel, die vom Bund kommen, sind nur um 1,5 % gestiegen. Die Schere geht auseinander.
Wir hatten schon einmal die Situation, dass die Regionalisie rungsmittel nicht ausreichten. Wie hat die CDU reagiert? Sie hat Züge abbestellt. Die CDU hat damals in den Fahrplan ein gegriffen
und gut ausgelastete Züge, z. B. Züge von Stuttgart nach Tü bingen, von Offenburg nach Basel, abbestellt. Auf 25 Stre cken im Land hat die CDU Züge abbestellt, quasi aus dem Fahrplan gestrichen.
Grün-Rot hat zusätzliche Landesgelder bereitgestellt – im letz ten Jahr waren es 60 Millionen €, in diesem Jahr sind es 84 Millionen € –, um das Leistungsangebot im Schienenver kehr auf einem hohen Niveau zu halten.