Protocol of the Session on February 19, 2014

Als zweiten Punkt möchte ich das Thema „Promotionsrecht für Zusammenschlüsse von HAWs“ ansprechen. Es ist in der Tat erstaunlich, dass Sie versucht haben, hier die Qualität der HAWs in Baden-Württemberg kleinzureden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau das tut nie mand! Das ist doch Quatsch! Wir wollen, dass Sie die Forschungsmittel bringen!)

Die HAWs haben sich in den letzten Jahren fantastisch entwi ckelt. Sie sind Partner des Mittelstands in Baden-Württem berg. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen ha ben im Haushalt erstmalig Mittel in Höhe von 8 Millionen € für die Forschung an den HAWs vorgesehen. Das gab es frü her nicht. Während früher schön geredet wurde, haben wir jetzt Tatsachen geschaffen. Deswegen ist es nur eine konse quente Weiterentwicklung, Stärkung der HAWs, dass wir ih nen – zunächst in einem bestimmten Ausmaß – die Chance geben, in Zusammenschlüssen Promotionen zu begleiten.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Das müssen Sie ausfinan zieren, Herr Kollege! – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Ich glaube, dass dies gerade in dem Mittelstandsland BadenWürttemberg wichtig ist, weil, wie ich schon sagte, die HAWs Partner des Mittelstands sind und dort Qualität gesichert wer den kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich sage in aller Deutlichkeit: Wir haben in Baden-Württem berg ein sehr ausdifferenziertes Hochschulsystem mit einer Aufgabenverteilung. Daran soll auch grundsätzlich nicht ge rüttelt werden. Die Gewährung des Promotionsrechts für die se Zusammenschlüsse ist jedoch ein richtiger Schritt, der auch bundesweit Beachtung findet. Wir sind hier im bundesweiten Vergleich vorn. Ich bin mir sicher, dass hier andere Länder in der nächsten Zeit nachfolgen werden.

So habe ich gerade in der Ulmer Lokalpresse gelesen, dass der bayerische Hochschulminister bei seinem Besuch der Fachhochschule in Neu-Ulm sehr genau beobachtet hat, was wir hier in Baden-Württemberg machen.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Die lehnen aber genau das ab, was Sie machen!)

Es wurde in Aussicht gestellt, dass man in Bayern unter Um ständen über ähnliche Wege nachdenke.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aha! – Abg. Sabine Kurtz CDU: Das ist wohl ein Missverständnis!)

Der dritte Punkt, den ich im Rahmen meiner Redezeit noch ansprechen möchte, ist das Thema „Weiterbildender Bache lor“. Lebenslanges Lernen und damit auch lebenslange Wei terbildung wird in allen Bereichen und in allen Berufen im mer wichtiger. Deswegen müssen wir uns auch hier neue Ant worten überlegen. Für uns ist daher die Weiterbildung eine neue Aufgabe für die Hochschulen. Hochschulen sollen zu künftig nicht nur für eine berufliche Tätigkeit vorbereiten, son dern sie sollen auch innerhalb der beruflichen Tätigkeit wei terqualifizieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist vernünf tig!)

Die Antwort auf diese Frage ist eben die Einführung eines weiterbildenden Bachelors, der sich ausdrücklich und aus schließlich an diejenigen richtet, die bereits eine Berufsaus bildung abgeschlossen haben, die also über diesen Weg be rufsbegleitend neu an die Hochschule geführt werden. Da ha ben die Hochschulen die Chance, ein umfassendes Angebot für Berufsvorbereitung und Berufsweiterbildung zu machen.

Weil diese neuen Studiengänge mit viel Aufwand für die Hochschulen verbunden sind, sind wir der Meinung, dass für diese Studiengänge auch Gebühren verlangt werden können. Wir setzen dabei sehr stark darauf, dass gerade im Kampf um qualifizierte Kräfte in diesem Land und in dieser Republik – so nenne ich es jetzt einmal – auch die Firmen, die die ent sprechenden Studierenden an die Hochschulen entsenden, für diese Kosten zumindest mit aufkommen.

Meine Damen und Herren, ein vierter Punkt – er wurde hier auch schon angesprochen, aber ich will ihn noch einmal her vorheben –: Es geht auch darum, verlässliche Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs an unseren Hochschu len zu schaffen. Im Rahmen der demografischen Entwicklung unterliegen auch die Hochschulen einem Konkurrenzkampf. Nicht jeder, der gut forscht, geht automatisch an die Hoch schule, sondern er bekommt womöglich gut dotierte Angebo te aus der Wirtschaft. Da muss eine Hochschule dagegenhal ten können – zum einen mit Geld, aber eben auch mit Karri

ereperspektiven. Heute wird kaum mehr ein guter Ingenieur in der Wirtschaft mit einem befristeten Arbeitsvertrag ange stellt – alles unbefristete Verträge. Darauf muss unsere Hoch schullandschaft reagieren.

Deswegen – das Stichwort Tenure-Track ist schon genannt worden – werden wir es ermöglichen, dass gut ausgebildete Wissenschaftler eine Perspektive haben, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu kommen. Dies ist wegen der Planungs sicherheit wichtig. Das hat auch etwas mit dem Begriff „Gu te Arbeit“ zu tun. Unbefristete Arbeitsverhältnisse, Perspek tiven, familienfreundliche Perspektiven: Dies sind wichtige Aspekte, die wir in dem vorliegenden Gesetzentwurf mit durchgesetzt haben.

Einen weiteren Punkt möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben: Es geht um die Gebühren. Uns von der SPD ist es sehr wichtig, dass ein Studium, eine berufliche Entwick lung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Deswegen ha ben wir gleich zu Beginn unserer Regierungszeit die Studien gebühren abgeschafft. Sie haben es in der Diskussion über die ses Gesetzesvorhaben mitbekommen: Wir konnten dann auch durchsetzen, dass in diesem Gesetz keinerlei verpflichtende Gebühren – für Eignungstests oder irgendwelche anderen au ßercurricularen Angebote – festgeschrieben werden.

Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Transparenz bei der Drittmittelforschung. Das ist ein sehr, sehr schwieriges Thema, weil hier – das wurde schon beleuchtet – ein grund sätzlicher Widerspruch besteht.

(Zuruf der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Auf der einen Seite haben diejenigen, die an den Hochschu len arbeiten und forschen, meine ich, durchaus ein berechtig tes Interesse, zu wissen, wofür sie arbeiten. Auf der anderen Seite wollen Firmen, die Geld an die Hochschule geben, auch sicher sein, dass nicht Konkurrenten davon erfahren.

Ich denke, der vorliegende Gesetzentwurf und der Weg mit der Vertrauenskommission, die wir vorschlagen, ist ein guter, ein vernünftiger, ein ausgleichender Weg, um den beiden An sprüchen, die ich gerade genannt habe, gerecht zu werden.

Auch die Bürokratie, die sich an der einen oder anderen Stel le vielleicht etwas zusätzlich aufbaut, ist verkraftbar. Jeden falls war die Rückmeldung, die wir aus den Hochschulen be kommen haben, dass man mit dieser Regelung durchaus le ben kann.

Meine Damen und Herren, ich freue mich auch auf die Anhö rung, die jetzt ansteht, und auf die Diskussion im Wissen schaftsausschuss.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme Frau Kollegin Kurtz in fast allen Punkten zu.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE und Mar tin Rivoir SPD)

Ich habe die 373 Seiten, die der Gesetzentwurf umfasst und die ich vor wenigen Tagen erhalten habe, nicht auswendig ge lernt. Aber die 480 Seiten der Einbringungsfassung wurden im Vorfeld auch von den Beteiligten sehr breit diskutiert, und das ist positiv.

Leider ist nicht so viel berücksichtigt worden, wie es erfor derlich wäre. Ich bin der Auffassung, dass man diese doch fast etwas übertriebene Lobhudelei des Entwurfs, Herr Kollege, an dem einen oder anderen Punkt einmal kritisch hinterfragen muss.

Denn, meine Damen und Herren, es geht hier um eine exis tenzielle Frage. Der Hochschulstandort, der Hightechstand ort, der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg muss na türlich weiterentwickelt werden. Deshalb ist es wichtig, dass man diesen exzellenten Forschungsstandort,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

diesen exzellenten Hochschulstandort mit der Vielfalt der Uni versitäten, der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, aber auch mit der Erfolgsstory der Dualen Hochschule im Ge setzestext sehr behutsam berücksichtigt.

Die Stärke des Landes Baden-Württemberg sind nicht Mas senhochschulen wie in anderen Bundesländern. Vielmehr gilt es, den richtigen Weg der Vergangenheit – die Dezentralität und die Flächendeckung – zu bewahren. Es ist wichtig, auch dies in dem Gesetz zu berücksichtigen.

(Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Das lässt sich durch die Gründungen in den Siebzigerjahren nachvollziehen. Denken Sie nur an die Standorte Konstanz und Ulm. Das lässt sich durch den Umbau der ehemaligen In genieurschulen zu Fachhochschulen – den heutigen Hoch schulen für angewandte Wissenschaften –,

(Zuruf: Sehr gute Hochschulen!)

aber auch durch die Weiterentwicklung der Berufsakademien zur Dualen Hochschule nachvollziehen. Deshalb steht viel auf dem Spiel.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns noch mehr Zeit für die Beratungen nehmen – nicht nur im Vorfeld, sondern vor al lem auch nach der Anhörung am kommenden Freitag, bei der viele Gruppen noch einmal ihre Bedenken und ihre Wünsche vortragen werden. Diese Stellungnahmen sollten wir – und sei es in mehreren Ausschusssitzungen; man darf die Regelungen nicht hoppla hopp verabschieden, darüberstülpen und durch setzen – noch einmal hinterfragen, und wir sollten uns die Zeit nehmen, das eine oder andere zu korrigieren.

Die Veränderungen der Gesellschaft, die Internationalität der Wissenschaft, der hohe Globalisierungsgrad in der Wirtschaft und die demografischen Veränderungen – da bin ich auf Ihrer Seite – sind sicherlich ein Anlass, bestimmte Dinge zu ändern. Da sind wir uns einig. Dieser Auffassung bin ich auch.

Nur: Die Einbringungsfassung des Gesetzentwurfs hat doch gezeigt, dass man noch einiges ändern muss. Einiges wurde nachgebessert, aber das ist mir zu wenig.

Der Gesetzentwurf bedarf, wie gesagt, noch einer ausgiebi gen Nachbearbeitung und einer gründlichen Aufarbeitung. Das gilt vor allem für das, was wir am Freitag noch hören wer den, und insbesondere auch für die privaten Hochschulen, die hier meines Erachtens zu wenig Berücksichtigung erfahren haben.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Hierzu sollten auch abschnittsweise die Themenkomplexe – so wie Sie, Frau Ministerin, sie bei der Pressekonferenz nach dem Beschluss der Anhörungsfassung angekündigt haben – mit der nötigen Zeit hinterfragt und erst dann in einem Gesetz verabschiedet werden.

Im Interesse der Wissenschaft und des Standorts Baden-Würt temberg sollten wir uns, wie gesagt, damit befassen – wenn erforderlich, auch in mehreren Sitzungen.

Die jetzige Fassung des Gesetzentwurfs schadet meines Er achtens dem Wissenschafts- und Hochschulstandort BadenWürttemberg.

(Zurufe der Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr und Ale xander Salomon GRÜNE)

Ich werde das in der Kürze der Zeit an vier Beispielen andis kutieren.

Erstens: Wie ein grüner Faden zieht sich der ausgeprägte Hang – im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben – zur Bevor mundung und Besserwisserei durch den Gesetzentwurf.