Protocol of the Session on October 10, 2012

(Abg. Nicole Razavi CDU: Sagen Sie doch, was Sie machen wollen!)

Aber es gibt auch Minister in der Verkehrsministerkonferenz – wenn Sie das Papier lesen, wissen Sie, dass es die Mehrheit ist –, die sagen: Wir brauchen ein integriertes Konzept. Es kann nicht funktionieren, dass man sozusagen mit der Stra ßenmaut viel Geld generiert und es wieder in dieses System steckt und gleichzeitig den ÖPNV nicht ausbauen kann. Das wird nicht funktionieren. Man muss das zusammen sehen. Deswegen wird es auch weiter eine Diskussion darüber ge ben, wie wir in Zukunft den ÖPNV, den Ausbau des lokalen Verkehrs finanzieren können.

Die Citymaut – um das auch noch einmal klar zu sagen – hat sozusagen von ihrer Konzeption her die Idee, dass sie von ei ner Kommune oder auch von mehreren Kommunen gestaltet werden kann und diese dann sagen können, was sie mit den Einnahmen tun. Das heißt, es wird auch kommunal entschie den, was man mit den Einnahmen macht; es wird nicht von mir und nicht von Ihnen entschieden, sondern das können dann die Kommunen machen. Als Gesetzgeber kann man nur sagen: „Es ist nur für Straßen“, und dann darf man nichts an deres machen. Aber meine Vorstellung ist, dass die Kommu nen dann freie Hand bekommen, damit ihre Verkehrsinfra strukturprobleme zu lösen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Win fried Mack CDU: Aha! – Abg. Nicole Razavi CDU: Vielen Dank! – Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine weitere Zwischen frage, eine Frage des Kollegen Jägel?

Ja.

Herr Minister, wir leben in einem Land, in dem viele Menschen von Mercedes, Audi

(Zuruf von den Grünen: Porsche!)

und Porsche leben, in dem diese Firmen auch ihre Steuern be zahlen. Was meinen Sie in diesem Zusammenhang mit Ihrer Aussage „fette Autos“?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Zurufe der Abg. Karl Zimmermann CDU und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

„Fette Autos“ ist eine Metapher für ein zu groß gera tenes individuelles Transportmittel.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Martin Rivoir SPD)

Es ist einfach ein Problem ökologischer und letztendlich auch wirtschaftlicher Art, dass wir ein Verkehrssystem haben, in dem vergleichsweise viele Gefäße, die groß sind, die teuer sind und viel Sprit verbrauchen, von einer Person gefahren werden. Das ist nicht wirtschaftlich, und das ist auch nicht zu kunftsfähig.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf: Das war Kommunismus! – Abg. Peter Hauk CDU: Das gibt Zitate! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein Porsche ein „Gefäß“!)

Noch etwas zum Thema „Wohlstand und Lebensqualität“: Ich möchte doch noch einmal daran erinnern dürfen,

(Zurufe, u. a. Abg. Klaus Herrmann CDU: Es geht um Arbeitnehmer! – Unruhe – Glocke des Präsiden ten)

dass wir in Stuttgart und in vielen anderen Städten BadenWürttembergs ein Problem mit der Luftverschmutzung haben. Wir haben ein Riesenproblem. Seit Jahren werden Grenzwer te nicht eingehalten, die von der EU vorgeschrieben sind. Es gibt einen Rechtsanspruch, dass die Behörden dafür sorgen, dass die Feinstaubgrenzwerte eingehalten werden. Wir haben das bisher nicht geschafft.

Deswegen ist es nicht nur eine Frage der Einnahmen und nicht nur eine Frage der Verkehrslenkung, sondern auch eine Fra ge der Gesundheit und des Wohlbefindens in Städten, weshalb man über solche Fragen der Finanzierung und der Verbesse rung des ÖPNV nachdenken muss.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Man fred Lucha GRÜNE: Gut! Prima! – Abg. Peter Hauk CDU: Weshalb man über solche Fragen der Finan zierung nachdenken muss! Das wollen wir nur ein mal festhalten! So viel zu den Beschlüssen von SPD und Grünen gestern! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: War das eine Zwischenfrage?)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Schwarz.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt kommt wieder das Gegenteil!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Noch einige Ergänzungen: Der Kol lege Mack hat die Frage nach der Verfassung und den recht lichen Rahmenbedingungen angesprochen. Ich möchte aus der Drucksache 13129 der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestags Herrn Verkehrsminister Ramsauer zitieren:

Mit dem Erlass des Autobahnmautgesetzes... und des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes... hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz für den Be reich der Bundesfernstraßen umfassend Gebrauch ge macht.

Somit ist völlig klar – damit ist das, was der Minister gesagt hat, auch vollkommen zutreffend –: Der Bund hat die Gesetz gebungskompetenz hierfür, und das Land hat keine Gesetzge bungskompetenz.

(Abg. Winfried Mack CDU: Unsinn! – Abg. Peter Hauk CDU: Aber nicht für die Citymaut!)

Dieser Hinweis war noch einmal wichtig, damit die rechtli chen Fragen hier auch ausgeräumt sind.

Wenn Sie noch einmal zurückblicken – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich kann es Ihnen ja nachher geben, dann können Sie es le sen.

Blicken wir noch einmal zurück: Wir haben im Februar bei der dritten Lesung des Haushalts hier gemeinsam eine Reso lution verabschiedet – Drucksache 15/1262 –, in der wir die Landesregierung ersucht haben, die Bundesregierung aufzu fordern,

die Investitionsmittel für den Bundesfernstraßenbau in Baden-Württemberg sowie für Schienenwege und Was serstraßen bedarfsgerecht zu erhöhen.

Ich würde mir wünschen, dass Sie diesen Weg, dem Sie da mals auch zugestimmt haben, mitgehen. Die Kollegen Schmie del und Hermann haben die Baustellen, die es gibt, dargelegt: Bundesfernstraßenbau, auslaufende GVFG-Finanzierung für die Stadtbahn- und S-Bahn-Projekte, und die dritte Baustelle sind die Regionalisierungsmittel. Wenn Sie diesen Weg mit gehen und den Verkehrsminister unterstützen, um die Mittel bedarfsgerecht nach Baden-Württemberg zu holen, dann mar schieren wir Seite an Seite.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu nächst einmal folgende Anmerkung: Wenn ein Verkehrsmi

nister eines Bundeslands, in dem jeder siebte Arbeitsplatz in der Automobilindustrie ist oder von ihr abhängig ist, von „fet ten Autos“ spricht,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und von „Gefä ßen“!)

so ist das ein richtiger Eklat.

(Zuruf von den Grünen)

Es ist eine Unverschämtheit in Bezug auf die Arbeitsplätze, auf die Bereiche, die hier viel Wertschöpfung erbringen, die Steuereinnahmen erbringen und Arbeitsplätze schaffen. Das kann ich nicht nachvollziehen, und da erwarte ich – –

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Pe ter Hauk CDU: Obwohl wir doch ökologisch Vorrei ter sind! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Er ist halt ge gen die Autos! Das muss man sagen!)

Es ist ja nicht so, dass wir nicht über andere Wege nachden ken würden. Da gehen wir mit, und darüber haben wir auch schon diskutiert. Ich denke da etwa an intelligente Verkehrs lenkung, an intelligente Verkehrssteuerungssysteme, an PPP- oder ÖPP-Modelle; ich denke an den Vorschlag einer Auto bahnvignette, die schnell eingeführt werden könnte, sodass man nicht warten müsste, bis die Mauttechnik entsprechend weit wäre.

Wir denken an Themen wie Standardabsenkung, und wir den ken daran, dass man in manchen Fällen fragen kann: Muss die Fahrbahn unbedingt so breit sein, muss es vierspurig sein, oder geht es nicht auch zweispurig?

Da sind wir also mit dabei. Aber wir halten es für schädlich, wenn man immer wieder das Thema Citymaut auf die Agen da setzt.

Wenn beklagt wird, dass der Bund wenig tue, dann sind wir bei Ihnen. Wir haben die Resolution mit beschlossen. Aber man muss dann schon auch glaubwürdig bleiben. Ich erinne re daran, dass im gleichen Atemzug, ohne dass man die kom munalen Landesverbände fragt, im Rahmen des Umweltver bunds Mittel, die von Berlin kommen, einfach zugunsten des ÖPNV umgeschichtet werden

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Genau!)

und im kommunalen Straßenbau Jahr für Jahr – 2014 sind es über 30 Millionen € – erhebliche Mittel fehlen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: So ist es! Ge nau!)

Und wer hat das gemacht? Der Verkehrsminister hat es ge macht.