Protocol of the Session on May 9, 2012

Deswegen ist es völlig richtig, dass wir das ganz aktiv ange hen. Dass es möglich ist, hat nicht zuletzt eine Studie gezeigt, die die Landesregierung beim ZSW, beim Zentrum für Son nenenergie- und Wasserstoffforschung, in Auftrag gegeben hat. Die Studie hat klar gezeigt, dass wir bis zum Jahr 2020 38 % unseres Stroms, davon 10 % Windstrom, aus erneuer baren Energien produzieren können.

Deshalb gilt es, jetzt mit Schwung an die Energiewende her anzugehen. Sowohl die Regionalverbände als auch die Kom munen tun dies im Augenblick mit großem Nachdruck.

Wir halten es daher für wenig hilfreich, wenn in den Gesetz entwürfen von CDU und FDP/DVP den Kommunen die Kom petenz dafür abgesprochen wird.

(Abg. Manfred Groh CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

Entsprechend deutlich ist daher die Ablehnung Ihrer Gesetz entwürfe durch den Städtetag und den Gemeindetag BadenWürttemberg ausgefallen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Siehste!)

Ich zitiere daher nur exemplarisch aus der Stellungnahme des Städtetags. Darin heißt es zu Ihren Gesetzentwürfen wörtlich:

Der Städtetag sieht darin keinen Beitrag, die Energiewen de zu beschleunigen. Die Energiewende hängt maßgeb lich davon ab, dass breite Schichten des Volkes die Stand orte für Windenergieanlagen akzeptieren. In diesem Zu

sammenhang kommt den Kommunen eine besondere Ver antwortung zu. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, dass die Kommunen künftig, wie dies der Gesetzentwurf der Fraktionen GRÜNE und SPD vorsieht, auch im Planungs prozess mehr Kompetenzen erhalten.

Ich denke, diesen klaren und eindeutigen Äußerungen des Städtetags ist nichts hinzuzufügen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Mit unserem Gesetzentwurf unter streichen wir, die FDP/DVP, unser Interesse am zügigen und rechtssicheren Ausbau der Windenergie und am Gelingen der Energiewende. Mit unserem Gesetzentwurf sorgen wir durch eine nachhaltige Standortsteuerung für einen natur-, land schafts- und umweltverträglichen Windenergieausbau.

Es ist doch das Ziel, möglichst viele regionalbedeutsame Windenergieanlagen in Baden-Württemberg zu realisieren. Weshalb der Gesetzentwurf der Landesregierung schneller zu einer größeren Zahl von regionalbedeutsamen Windenergie anlagen führen soll als der Gesetzentwurf der FDP/DVP oder auch der Gesetzentwurf der CDU, ist für uns nicht nachvoll ziehbar.

Warum sollen die Regionalverbände planerisch entmachtet werden, wenn es um deren eigentliche Aufgabe geht, nämlich um die Steuerung von Standorten für regionalbedeutsame Windenergieanlagen? Eine Gesamthöhe von über 100 m bis zur Rotorspitze ist ein Indiz dafür, dass es sich um eine regi onalbedeutsame Anlage handelt; genauso gilt dies grundsätz lich für Anlagen mit mehr als drei Windrädern. Warum soll diese Struktur geändert werden, wenn die Gemeinden für sich weiterhin in ihrer kommunalen Bedeutsamkeit Anlagen pla nen können?

Mit unserem Gesetzentwurf, der sich ausschließlich an Be grifflichkeiten des Raumordnungsgesetzes und des Baugesetz buchs hält, schaffen wir Rückenwind für die Windkraft.

Ich möchte fünf Punkte ansprechen, die für unseren Gesetz entwurf sprechen:

Der erste Punkt ist die Bürgerbeteiligung. Ich habe aufmerk sam Herrn Kollegen Stober und Herrn Kollegen Raufelder zu gehört, habe jedoch in deren Ausführungen und in der Stel lungnahme nichts dazu vernommen, was sich beim Thema „Bürgerbeteiligung“ vielleicht noch entwickelt hat.

Es ist für mich geradezu frappierend, wenn Sie immer wieder sagen, Sie seien die Regierung des Gehörtwerdens und woll ten mehr Bürgerbeteiligung, dies aber jetzt, da die Möglich keit besteht, diese gesetzlich zu verankern, nicht umsetzen und völlig außer Acht lassen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP sieht in § 12 ausdrücklich die möglichst frühzeitige Beteiligung der Bür gerinnen und Bürger vor. Es muss sichergestellt sein, dass ge rade beim Bau regionalbedeutsamer Windenergieanlagen die Meinungen der Bürger aktiv und konstruktiv einfließen kön nen.

Wir haben das Thema in der Ersten Beratung und auch in der Beratung im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur bespro chen. Frau Staatssekretärin Dr. Splett, Sie haben uns gestern noch einmal Informationen zukommen lassen. Wir haben das intensiv geprüft und gelesen, was die Strategische Umwelt prüfung und auch die Umweltverträglichkeitsprüfung anbe langt. In § 9 steht, dass die Öffentlichkeit zu beteiligen ist. Es wird auch auf § 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ver wiesen. Wir haben da aber nirgends gefunden, dass es die Pflicht gibt, eine öffentliche Bürgerinformation durchzufüh ren. Auch im Hinweis auf den Entwurf des Windenergieerlas ses heißt es, die Genehmigungsbehörden berieten Antragstel ler dahin gehend, freiwillig eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

Jetzt sagen Sie natürlich, die Kommunen würden die Öffent lichkeit ohnehin beteiligen. Das machen sicherlich auch vie le Kommunen; das ist gar keine Frage. Aber da stellt sich für uns die Frage: Warum schreiben Sie es jetzt, da wir die Mög lichkeit haben und es wirklich darum geht, die Bürger aktiv zu beteiligen, nicht in das Gesetz hinein? Das ist für uns nicht nachvollziehbar, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Zweitens: Verringerung der kommunalen Planungsaufwen dungen und Kapazitäten. Mit Blick auf begrenzte personelle und finanzielle Kapazitäten der Städte und Gemeinden ist ei ne umfassende Planung auf regionaler Ebener zweckmäßig, die wichtige übergreifende Inhalte aufnimmt und Konflikte abarbeitet. Gerade auf regionaler Ebene können z. B. gesi cherte Aussagen zur sinnvollen Bündelung der Windenergie nutzung getroffen werden. Die Regionalverbände sind die richtigen Adressaten für regionalbedeutsame Planungsvorha ben.

Zusätzlich sehen wir im Gesetzentwurf die garantierte Betei ligung der Gemeinden bei der Standortwahl vor. Die Gemein den benennen gegenüber den Regionalverbänden ihre Stand orte, die dann von den Regionalverbänden so weit wie mög lich zu berücksichtigen sind. Es handelt sich also um eine ak tive Beteiligung im Sinne des Gegenstromprinzips.

Im Gegensatz zu Ihrem Regierungsentwurf sieht der liberale Gesetzentwurf eine Pflicht der Regionalverbände zur Auswei sung von Vorranggebieten vor. Diese sind zudem als soge nannte Eignungsgebiete auszuweisen. Somit entstehen modi fizierte Vorranggebiete, die eine Konzentrationswirkung ent falten, weil außerhalb von ihnen grundsätzlich keine regional bedeutsamen Windkraftanlagen errichtet werden dürfen. So mit bleiben die Belange des Umwelt- und Naturschutzes so wie die Schutzinteressen der Anwohner wie auch des Touris mus gewahrt.

Drittens: Planungsbeschleunigung. In der Anhörung am 21. März haben auch die kommunalen Landesverbände noch einmal be

tont, dass sie eine längere Übergangsfrist brauchen, und zwar eine Frist von 18 Monaten, beginnend mit Inkrafttreten des Gesetzes.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Damit hätte man im Grunde genommen erst bis Ende 2013 die Pläne entsprechend angepasst. Diesen Zeitaufwand spa ren wir uns durch die Kompetenzbündelung bei den Regio nalverbänden. Unser Gesetzentwurf tritt sofort nach Verab schiedung in Kraft und beinhaltet eine Genehmigungsfrist. Grundsätzlich muss das Ministerium nach drei Monaten die Regionalpläne genehmigen. Eine weitere Verlängerung um bis zu drei Monate ist möglich, wenn ansonsten nicht qualifi ziert entschieden werden kann. Ergeht in dieser Zeit keine Mitteilung, gilt der Plan als genehmigt. So halten wir die Ver waltung an, rasch zu entscheiden.

Viertens: Planungssicherheit. Eine Beschränkung der Regio nalplanung, wie sie der Gesetzentwurf von Grün-Rot vorsieht, hat auch Konsequenzen für die Investoren – auch Bürgerge nossenschaften – bei Windkraftanlagen. Denn unklare Zustän digkeiten und Kompetenzen zwischen Regionalverbänden und Gemeinden können auf Investoren abschreckend wirken.

Investoren müssen auf Flächen außerhalb von Vorranggebie ten eine Vielzahl von Planungsunsicherheiten in Kauf nehmen bzw. ein deutlich umfangreicheres Programm der Erfassung und Bewertung abarbeiten. Auch die Gemeinden müssen bei der Ausweisung von Konzentrationszonen deutlich mehr Kri terien und Belange jeweils im Einzelfall prüfen, als wenn sie auf eine verbindliche regionale Planung aufbauen könnten.

Fünftens: Einsparung der Kompetenzzentren der Regierungs präsidien. Für die neu zu schaffenden Kompetenzzentren bei den Regierungspräsidien plant Grün-Rot einen Mitteleinsatz von jährlich 200 000 €. Wieder einmal werden zusätzliche Verwaltungsstellen geschaffen. Die Schaffung neuer Kompe tenzzentren bei den Regierungspräsidien und parallele Pla nungen bei Kommunen und Regionalverbänden sind aus un serer Sicht reine Geldverschwendung.

Die grün-rote Regierungskoalition muss sich vorhalten las sen, mit ihrem Entwurf einen Kompetenzwirrwarr zwischen Gemeinden und Regionalverbänden sowie Doppelstrukturen zu fördern. Den Ausbau der Windenergie kann man effizien ter und effektiver haben: mit der Annahme des Gesetzentwurfs der FDP/DVP-Landtagsfraktion. Den Ausbau der Windener gie kann man bürgernäher und kommunalfreundlicher haben: eben mit der Annahme des Gesetzentwurfs der FDP/DVPLandtagsfraktion.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatssekretärin Dr. Splett das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, heute noch einmal zu unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes sprechen zu dürfen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Und zu unserem!)

Mit Ihrer, wie ich hoffe, positiven Entscheidung zum Gesetz entwurf der Landesregierung verbunden ist ein entscheiden der Schritt zur Energiewende in Baden-Württemberg oder, wie dpa es heute formuliert hat: Wir lösen die Bremsen beim Aus bau der Windkraft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich möchte an dieser Stelle – das ist vielleicht etwas unge wöhnlich – nicht auf die dringende Notwendigkeit des Geset zes oder dessen nachhaltige Bedeutung für den Klimaschutz und den Ausbau der erneuerbaren Energien eingehen. Ich möchte mich zuerst bedanken. Ich bedanke mich bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete. Sie ha ben sich in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung und in drei Ausschussberatungen intensiv und ausführlich Gedan ken gemacht. Sie haben beraten, und Sie werden entscheiden, und zwar nicht nur über den Gesetzentwurf selbst, sondern auch über den damit verbundenen Planentwurf zur Aufhebung aller bestehenden Wind-Regionalpläne. Das war – blicken wir nur auf die sehr umfangreiche Drucksache – sehr aufwendig. Vielen Dank dafür.

Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hat das Gesetz federführend auf den Weg gebracht. Danken möchte ich aber auch den Kolleginnen und Kollegen des Umwelt- und des Landwirtschaftsministeriums für die geleistete Zuarbeit. Ge setz wie auch Planentwurf konnten nur zusammen mit ihnen auf den Weg gebracht werden. Oft war der Zeitdruck groß. Oft haben wir uns zusammensetzen und auf kleinen und gro ßen Dienstwegen Entscheidungen einholen müssen. Vielen Dank für den Einsatz für die gemeinsame Sache.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Danken möchte ich aber besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Haus. Bereits bei der Ausarbeitung der Eckpunkte im vergangenen Sommer haben sie etwa auf die Notwendigkeit der Übergangsfrist hingewiesen. Dieser Punkt wurde von den anderen Ressorts und den Fraktionen aufgegriffen, und er findet sich im Gesetzentwurf wieder, der heute zur Abstimmung vorliegt.

Unermüdlich, mit zahllosen Überstunden, den ehrgeizigen Zeitplan vor Augen, wurden der Gesetz- wie der Planentwurf vorbereitet und vorangebracht. Allein für die erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligungen mussten eine landesweite syn chrone Bekanntmachung in allen Stadt- und Landkreisen ge startet und weit über 2 500 Träger öffentlicher Belange und Behörden angeschrieben werden. Fast 400 Stellungnahmen waren auszuwerten und einzuarbeiten, und es ist gelungen, das Verfahren für den Gesetz- wie für den Planentwurf im Zeitraum von September 2011 bis März 2012, also in nur sie ben Monaten, abzuschließen. Dafür herzlichen Dank.

Was haben wir jetzt? Wir haben einen Gesetzentwurf, in dem das Planungsregime windkraftfreundlich ausgestaltet ist. Re gionale Ausschlussgebiete, in denen es keine Windkraftnut zung geben darf, sind zukünftig nicht mehr zulässig.

Neu ist, dass neben den Regionalverbänden die kommunalen Planungsträger – das sind Gemeinden, Städte und Planungs verbände – aktiv in die Windkraftplanung einsteigen können.

Wir rücken damit auch näher an die Bürgerinnen und Bürger und stärken schon dadurch die Bürgerbeteiligung.