Protocol of the Session on November 26, 2015

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Außerdem haben Sie die Frage des Kollegen Müller nicht be antwortet; aber die Antwort liegt ja offen zutage. Wir hatten an dem Tag, bevor Sie nach Berlin gefahren sind, um diesen Kompromiss auszuhandeln, hier im Landtag von Baden-Würt temberg eine namentliche Abstimmung, zum einen zu der Fra ge der Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer und zum anderen zum Thema „Sachleistungsprinzip statt Geldleistun gen“. An diesem Tag haben Sie – und fast Ihre gesamte Koa lition; immerhin, die namentliche Abstimmung endete mit ei nem Patt – diese beiden Punkte abgelehnt.

(Zuruf von der SPD: Sprechen Sie jetzt über jede Stunde?)

Offensichtlich sind das die Punkte, die Sie nicht vertreten

(Zuruf von der CDU: Aha! – Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

bzw. die Sie nur deshalb vertreten, weil Sie am nächsten Tag einen Kompromiss geschlossen haben. Im Übrigen war das auch der Dissens zum Gemeindetag. Sie, Herr Ministerpräsi dent, haben gerade behauptet, es gäbe in keinem einzigen Punkt einen Dissens mit den Kommunen. Die Kommunen ha ben bereits im Sommer genau dies gefordert: Sachleistungen statt Geldleistungen und die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer.

(Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Das ma chen wir doch alles!)

Ja, ja, aber Sie haben es noch Monate verzögert, und Sie ha ben es Monate bekämpft, und mit Ihrer Stimme, Herr Minis terpräsident, wurde es hier in diesem Haus an dem Tag abge lehnt, bevor Sie dann in Berlin zugestimmt haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es, ge nau so! – Zuruf von der SPD: Das ist doch gar nicht wahr! Bringen Sie doch mal einen Fall, den Sie ab geschlossen haben!)

Da liegt doch der Verdacht nahe, dass das genau die Punkte sind, die Sie nicht wollen, und es sind auch genau die Punk te, die im Regierungshandeln nicht funktionieren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo denn?)

Bei der Abschiebung beispielsweise, Herr Kollege Drexler. Bei der Abschiebung geht es darum.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Es ist nun einmal Tatsache, dass Sie die längste Zeit die Men schen vorgewarnt haben, dass jetzt von Rückkehrmanagement schwadroniert wird und die Staatsrätin Broschüren herausgibt, in denen den Menschen das Kirchenasyl empfohlen wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Und die Scheinehe! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was würden Sie machen? Geschwätz! Das ist doch der Fall, dass wir abschieben!)

Das ist nach wie vor Faktum, meine Damen und Herren, und es zeigt, dass Sie das mit den sicheren Herkunftsländern eben nicht verinnerlicht haben.

Beim Sachleistungsprinzip erleben wir immer noch keine Lö sung. Da gibt es Vorschläge: Erst haben Sie sich auf den Standpunkt zurückgezogen, zu sagen: „Ja, wir haben heraus verhandelt.“ Das haben Sie auch herausverhandelt. Es war der Wunsch der Grünen, dass in das Asylpaket hineinkommt, dass die einzelnen Bundesländer prüfen dürfen, ob das Sachleis tungsprinzip mit einem verantwortbaren Maß an Bürokratie umgesetzt werden kann.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Das ist ja auch vernünf tig!)

Ja, ja, das ist die Öffnungsklausel.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Das ist vernünftig, oder?)

Das ist die Öffnungsklausel, die Hintertür, um dann zu sagen: „Ja, wir haben es geprüft. Es ist nicht mit dem notwendigen Maß an bürokratischer Einfachheit umsetzbar, und deshalb machen wir es nicht.“

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie sind doch sonst ge gen Bürokratie!)

Und siehe da: Wir haben bis zum heutigen Tag keine Lösung.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Fraktionsvorsitzender, ge statten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Glück?

Bitte schön, Herr Kollege Glück.

(Unruhe)

Bitte schön, Herr Kollege Glück.

Sehr geehrter Herr Frakti onsvorsitzender Rülke, vielen Dank, dass Sie meine Frage zu lassen.

(Zurufe von der SPD)

Teilen Sie meine Verwunderung, dass bei diesem Thema die Integrationsministerin Öney nicht im Plenarsaal ist?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Könnt ihr das nicht in der Fraktion machen? – Zuruf von der SPD: Etwas mehr Niveau, Herr Kollege!)

Herr Kollege Glück, ich beantworte Ihre Zwischenfrage mit Ja.

(Beifall des Abg. Andreas Glück FDP/DVP – Verein zelt Heiterkeit – Zuruf von der SPD: Lächerlich!)

Wie gesagt, an dieser Stelle steht zu vermuten, dass wir in der Frage des Sachleistungsprinzips deshalb noch keine Lösung haben, weil dies zu den Dingen gehört, die Sie eigentlich nicht wollen.

Außerdem haben Sie der Opposition vorgeworfen, wir wür den den Weg der Abschottung gehen wollen. Das ist Unfug. Meine Fraktion hat beispielsweise hinreichend viele Vorschlä ge zu einem Zuwanderungsgesetz gemacht.

(Zuruf von den Grünen: Warum machen Sie es nicht einfach?)

Ich kann es an dieser Stelle gern noch einmal unterstreichen: Wir wollen Zuwanderung, insbesondere in unseren Arbeits markt, so, wie wir sie brauchen. Wir brauchen beispielsweise Tausende von Pflegekräften. Wir brauchen Arbeitskräfte im Handwerk und in der Industrie. Wir brauchen endlich den Mut, zu sagen, welche Zuwanderung wir haben wollen. Für diese Zuwanderung wollen wir uns öffnen, und wir wollen diese Zuwanderer integrieren. Es ist einfach falsch, zu behaup ten, die Opposition setze allein auf Abschottung.

Alle Fraktionen im Landtag von Baden-Württemberg haben immer wieder betont, dass diejenigen, die politisch verfolgt werden, diejenigen, die in Kriegsgebieten an Leib und Leben bedroht sind, im Land Aufnahme finden. Aber es muss doch möglich sein, Herr Ministerpräsident, ohne den Vorwurf zu hören, man setze nur auf Abschottung und stehe in der rech ten Ecke, auszusprechen, dass eben nicht jeder, der in unser Land kommen möchte, auch kommen kann. Wenn ich es rich tig gelesen habe, so hat dies sogar der Grünen-Parteitag be schlossen, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie denn dann noch?)

Ich möchte nicht den Vorwurf aus dem Mund des Minister präsidenten hören, die Opposition setze nur auf Abschottung. Das hat er nämlich gesagt, Herr Kollege Schmiedel.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da meinte er aber die CDU!)

Er hat aber nicht dazugesagt: „die CDU“, sondern er hat mit dem Blick des Staatsmanns in das Rund der Opposition ge blickt. Deshalb muss man das Ganze dann auch noch einmal klarstellen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er hat kein einge schränktes Gesichtsfeld, das ist richtig! – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Nicht das Ganze, nur einen Teil!)

Ich bin nicht dafür zuständig, für die CDU zu sprechen, aber es stimmt einfach auch nicht, zu sagen, die CDU setze nur auf Abschottung.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Doch! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Kontingent! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Auch das stimmt nicht. – Na gut, machen Sie es mit der CDU aus.

(Zuruf: Was denn jetzt? – Unruhe)

Ein Letztes: Wenn man von Kontingenten spricht – Herr Mi nisterpräsident, das haben Sie jetzt zum zweiten Mal getan –, dann geht es auch um Begrenzung und letztlich um Obergren zen. Sie haben dann wieder den Begriff „Schutz der Außen grenzen“ verwandt, aber Sie haben erneut nicht deutlich ge macht, wie Sie sich diesen Schutz der Außengrenzen vorstel len,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das tut auch Baden-Württemberg nicht! – Zuruf von der SPD: Sie aber auch nicht!)

und die Frage steht weiter im Raum: Wie haben Sie geplant, die Außengrenzen zu schützen, wenn Sie auf der anderen Sei te sagen, es sei nicht möglich, unsere Grenzen im Inneren zu schützen? Frau Kollegin Sitzmann, da hilft auch der Verweis auf das Schengen-Abkommen nicht; denn Schengen gilt längst nicht mehr. Die deutsche Bundeskanzlerin bzw. Herr de Mai zière hat Grenzkontrollen wiedereingeführt. Das SchengenAbkommen ist längst obsolet.