Protocol of the Session on November 26, 2015

Das gilt auch für die Sicherung der Außengrenze, Herr Frak tionsvorsitzender Rülke. Natürlich müssen wir die Außengren ze stärker sichern,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wie?)

aber die Kontingentlösung bedeutet zugleich für die Menschen dort, dass sie dann auch über die Kontingente einen Weg ha ben, ganz normal hierher zu kommen, immer in der Verbin dung bestimmter Maßnahmen des Schutzes und der Restrik tion zusammen mit Perspektiven. Nur das kann ein erfolgrei cher Weg sein, wie wir in der Krise vorankommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Fraktionsvorsitzender Wolf, Sie wünschen nochmals das Wort?

(Abg. Guido Wolf CDU: Ja!)

Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, der Eindruck der Selbstzufriedenheit ist auch durch die zweite Runde nicht ge wichen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja!)

Im Grunde haben Sie nochmals bestätigt, dass Sie überhaupt nicht kritikfähig sind. Wenn ich jetzt Ihre Einlassungen und Ausführungen zum Thema Gerichtsverfahren bewerte und das mit dem in Verbindung bringe, was Kollegin Sitzmann gesagt hat, dann drängt sich mir der Verdacht auf: Sie haben es nicht verstanden.

(Zuruf von der CDU: So sieht es aus!)

Frau Kollegin Sitzmann hat gesagt: Alle am Verwaltungsge richt anhängigen Verfahren sind bearbeitet.

(Lachen des Abg. Matthias Pröfrock CDU – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Unruhe)

Moment mal! Ich erkläre es Ihnen gerade. – Liebe Kollegin Sitzmann, ein Verfahren am Verwaltungsgericht zu bearbei ten, heißt: Der Anwaltsschriftsatz geht ein, wird in der Ge schäftsstelle des Verwaltungsgerichts mit einem Eingangs stempel versehen und dann innerhalb des Gerichts nach dem Prinzip des gesetzlichen Richters einer bestimmten Kammer zugewiesen. Damit ist der Antrag bearbeitet. Helfen tut uns das noch gar nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

In den Kategorien des Verwaltungsgerichts geht es um die Er ledigung, nicht um die Bearbeitung. Das habe ich gelernt, als ich zwei Jahre lang am Verwaltungsgericht war. Das war üb rigens auch der Umstieg von der Verwaltung in die Justiz. In den Verwaltungsgerichten denkt man nach dem Kriterium der Erledigung. Darauf kommt es an, nicht auf die Frage der Be arbeitung, dass ein Stempel drauf ist und dass das Ding mal im Gange ist. Ich brauche die Erledigung.

In Summe dessen muss ich sagen, Herr Ministerpräsident: Sie haben sich jetzt korrigiert. Das, was sie vorhin gesagt haben, bezog sich auf die sogenannten Eilverfahren, also auf den An trag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz. Jetzt muss man aber wissen, wie das bei den Verwaltungsgerichten

abläuft. Da kommen in der Geschäftsstelle in der Regel zwei Anträge zeitgleich an, ein Antrag auf Gewährung von einst weiligem Rechtsschutz und gleichzeitig ein Hauptsachean trag, Herr Ministerpräsident. Den Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz kann man natürlich unter Abkür zung von Fristen entscheiden. Zwei Wochen ist ein ehrgeizi ger Zeitraum; dafür brauchen Sie – dabei bleibe ich – mehr Richter. Das schaffen Sie mit der heutigen Ausstattung nicht. Dafür brauchen Sie auch mehr Personal in den Geschäftsstel len. Das schaffen Sie mit der heutigen Ausstattung nicht.

Bei viel Ehrgeiz ist für das einstweilige Rechtsschutzverfah ren vielleicht eine Frist von zwei Wochen denkbar. Es kommt aber darauf an, wie es ausgeht. Deswegen ist natürlich paral lel das Hauptsacheverfahren nicht weniger wichtig. Deswe gen muss man die Voraussetzungen schaffen, dass auch diese Hauptsacheverfahren nicht endlos in der Warteschleife hän gen, sondern dass wir an den Gerichten Strukturen schaffen, die uns auch wirklich den Beweis liefern, dass wir die Verfah ren binnen kürzester Frist nicht nur bearbeiten, liebe Kollegin Sitzmann, sondern erledigen. Denn nur dann können sie voll zogen werden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das ist einfach wichtig. Ich finde, es ist wichtig, der Bevölke rung einmal zu verdeutlichen, ob man hier nur politisch in der Grauzone argumentiert oder ob man sich auch einmal die Mü he gemacht hat, wirklich in die Tiefe eines solchen Verfahrens einzusteigen. Ich habe es Anfang der Neunzigerjahre zwei Jahre lang gemacht, war zuständig für Restjugoslawien, Af ghanistan, Nepal. Ich weiß, wie die Dinge ablaufen. Deswe gen ist ein Blick in die Tiefe eines Asylverfahrens bei Gericht angezeigt, bevor man hier solche Ansprüche definiert.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Theorie und Praxis!)

Das Zweite, Herr Ministerpräsident: Der Hinweis auf die Hauptversammlung des Gemeindetags in Ditzingen hat Sie getroffen. Das ist spürbar. Entscheidend ist jetzt, mit den 700 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zu reden, die in Dit zingen waren, ob sie das nun eher so verstanden haben wie Sie oder ob sie das vielleicht anders verstanden haben. Also, ich habe die Versammlung noch vage so in Erinnerung – ich sage es einmal so –: Die Euphorie über Ihre Rede hielt sich dort in Grenzen.

(Heiterkeit des Abg. Manfred Hollenbach CDU – Abg. Walter Heiler SPD: Jetzt aber!)

Die Kommunalpolitiker haben natürlich schon gespürt, dass da der Oberlehrer am Werk war, der den Kommunen von oben herab erklären wollte, was sie zu tun und zu lassen haben. Das ist kein Umgang zwischen einer Landesregierung und den Kommunen dieses Landes, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Es führt kein Weg daran vorbei: Es ist nicht nur eine Frage der Deutung. Sie haben es ausdrücklich gesagt. Sie haben Ih ren Satz mit der Aussage begonnen: „Ja, wir arbeiten gut zu

sammen; ja gut, ,auf Augenhöhe‘ kann ich jetzt nicht gerade sagen.“ Dann haben Sie ausgeführt, was Sie uns jetzt gerade unter Rückgriff auf die Verfassungslage noch einmal lang und breit erklärt haben, dass die Kommunen ja untere Verwal tungsbehörden sind.

Herr Ministerpräsident, wir brauchen hier keinen verfassungs theoretischen Unterricht. Wir wissen auch, was Land und Kommune bedeuten. Aber wir reden hier über die Frage einer politischen Augenhöhe. Die Kommunen haben natürlich in der politischen Partnerschaft mit dem Land einen Stellenwert, der noch gar nie höher eingeschätzt werden konnte. Wenn wir die Kommunen in dieser schwierigen Herausforderung nicht als Partner auf Augenhöhe hätten, dann wären Ihre Probleme, Herr Ministerpräsident, noch sehr viel größer.

(Beifall bei der CDU)

Das Dritte: Ich fand es schon bemerkenswert, dass Sie sich geweigert haben, die Frage des Kollegen Uli Müller, hinter welchen Teilen des Kompromisses Sie nun stehen und hinter welchen nicht, zu beantworten, sondern gesagt haben: Das be antworte ich gar nicht; denn ich vertrete es im Ganzen. Wenn Sie es denn nur im Ganzen vertreten würden!

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! So ist es!)

Dazu würde gehören, Herr Ministerpräsident, dass Sie den konsequenten Umstieg von Geld- auf Sachleistungen betrei ben und dass Sie noch konsequenter abschieben. Dann wäre das ein konsequentes Vertreten dessen, was Sie in Berlin aus gemacht haben. So bleiben Sie die Antworten schuldig.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Rülke, bitte.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Eine zweite Wortmeldung des Ministerpräsidenten; die Bilanz: zwei mehr oder weniger pein liche Eiertänze und viele offene Fragen.

(Zuruf von der CDU: Das ist schwach! – Zuruf von der SPD: Was?)

Peinlicher Eiertanz Teil 1: die Angelegenheit mit der Verfah rensdauer. Zunächst haben Sie erklärt: vier Wochen für das Hauptsacheverfahren. Dann haben Sie sich auf der Regie rungsbank aufgeregt informiert und sind dann bei Ihrer zwei ten Wortmeldung zurückgerudert: Lediglich das Eilverfahren sei gemeint.

Nun, Herr Ministerpräsident, wenn das Eilverfahren innerhalb von vier Wochen abgewickelt wird, bringt uns das leider nicht sehr viel weiter. Es ist auch klar, dass es nicht genügt, zu sa gen, Kollegin Sitzmann: „Eingangsstempel, wir haben eigent lich keinen Stau, und vorausschauend haben wir 16 Verwal tungsrichterstellen beschlossen, und jetzt kommen noch ein mal zehn hinzu.“ Vorausschauend ist etwas anderes, Herr Jus tizminister Stickelberger. Sie erinnern sich vielleicht an den Flüchtlingsgipfel: Ich habe Ihnen damals konkret die Frage gestellt – –

(Minister Rainer Stickelberger unterhält sich mit Abg. Claus Schmiedel SPD.)

Kuckuck, Herr Minister Stickelberger!

(Heiterkeit)

Ich habe Ihnen damals konkret die Frage gestellt: Reichen 16 Verwaltungsrichterstellen aus? Erinnern Sie sich an die Ant wort? „Ja, das reicht.“ Inzwischen haben wir einen Nachtrags haushalt mit zehn weiteren Verwaltungsrichterstellen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Offensichtlich haben Sie eben doch keine vorausschauende Politik betrieben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Peinlicher Eiertanz Teil 2, Stichwort Augenhöhe: Das ist ja schon bemerkenswert. Ich nehme an, man wird beim Gemein detag die Begründung dafür zur Kenntnis nehmen, dass Sie den Bürgermeistern erklärt haben, Sie befinden sich mit ihnen nicht auf Augenhöhe, und der Grund liege in der Verfassung, und im Übrigen sei die große Koalition der Jahre 1966 bis 1972 mit schuld,

(Lachen bei der CDU)

denn sie habe damals eben auch nicht auf Augenhöhe eine Kreis- und Gemeindereform umgesetzt. Diese Begründung wird sie begeistern, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)