Protocol of the Session on July 16, 2015

Wenn 21 % der Kinder mit einer Gymnasialempfehlung auf die Realschule gehen – damit ist dieser Anteil gestiegen –, dann zeigt das, dass die jungen Menschen nach wie vor ein

Zutrauen in diese Schulart haben. Auch für die Zukunft zei gen sich stabile Übergangszahlen.

Aber, meine Damen und Herren – das ist jetzt die Entwick lung, auf die ich eingehen möchte, die uns mit allergrößter Sorge umtreibt –: Vor 2011 haben die Realschulen den Stel lenwert bekommen, von dem sie auch heute noch profitieren.

(Zuruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Vor 2011 – vielen Dank, Herr Poreski, für diesen Zuruf –, zwi schen 2006 und 2011, hat die Landesregierung den Realschu len zusätzlich 1 300 Deputate zur Verfügung gestellt, obwohl die Schülerzahlen bereits zurückgingen.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Wegen der Klassentei ler! Das hat jede Schulart gehabt!)

Und wenn Sie, Frau Boser, oder Sie, Herr Minister, jetzt plötz lich von zehn Poolstunden sprechen, die den Realschulen jetzt zur Verfügung gestellt werden, hinkt natürlich der Vergleich; denn das zukünftige Bild der Realschule soll ja auch gleich zeitig die Hauptschule mit abbilden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

In der Vergangenheit war es die Realschule, in der es noch ho mogenere Klassen gab, als es jetzt zukünftig der Fall sein soll.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das sind die feinen Unterschiede!)

Außerdem – auch das ist ein Bestandteil der Wahrheit –: In den fünf Jahren vor 2011 gab es für die Realschulen in Ba den-Württemberg

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war doch nur der Klassenteiler!)

1 300 zusätzliche Deputate.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Genau!)

Sie schaffen jetzt – – Aber die Schulen haben davon profitiert, Herr Kollege Schmiedel; die Schulen haben davon profitiert.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Die anderen Schulen haben auch profitiert!)

Es ist doch egal,

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Eben nicht! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein!)

aus welchem Grund die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

(Zurufe: Nein!)

Sie schaffen bis zum Jahr 2018 mit Ihrem Regierungskonzept nicht einmal die Hälfte von dem, was die frühere Landesre gierung für die Realschule geschaffen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD: Das ist Milchmädchenrechnerei!)

Wahrheiten muss man vollständig benennen.

Dann kam im Jahr 2011 die Zeitenwende: Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung, dadurch ein massiver Anstieg der Heterogenität,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

die Zahl der Sitzenbleiber an den Realschulen hat sich ver fünffacht. Trotz des Drucks auf die Realschulen haben sich nur etwa 5 % der Realschulen entschieden, Gemeinschafts schulen zu werden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mit gutem Grund!)

Jetzt haben die Realschulen auf den Druck reagiert, nachdem ihnen das Wasser bis zum Hals stand. Wenn wir uns die Anhö rungsbefunde genau anschauen – wir haben ja bei der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses auch noch einmal eine Ge legenheit, Experten dazu zu hören –, nehmen wir beispiels weise schon große Sorgen seitens des Landeselternbeirats da rüber wahr, ob die Qualität aufrechterhalten bleiben kann.

Im Übrigen: Die AG der Realschulrektoren fordert eindeutig mehr Möglichkeiten der äußeren Differenzierung – so, wie es dem CDU-Konzept entspricht –, als Sie es im Moment auch tatsächlich behauptet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Minister, ich möchte nur ganz kurz, sozusagen im Stakkato, die konkreten Unterschiede zwi schen Ihrem Konzept und unserem Konzept deutlich machen: Auch wir wollen eine Orientierungsphase aufgrund des Weg falls der verbindlichen Grundschulempfehlung. Aber gerade am Anfang brauchen leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler wie auch leistungsstarke Schülerinnen und Schüler eine optimale Förderung. Dazu brauchen sie auch in der Ori entierungsphase zusätzliche Differenzierungsangebote – die Sie nicht einplanen wollen.

Außerdem ist es ein Treppenwitz, wenn Sie von der Möglich keit der äußeren Differenzierung sprechen, dass Sie ihnen ab Jahrgangsstufe 7 nur für die Hauptfächer zwei Stunden zur Verfügung stellen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Ja!)

Das führt zur pädagogischen Überforderung, zur Überforde rung der Pädagogen. Aber das ist das, was Sie wollen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist Käse!)

Sie wollen letztlich mit diesem Konzept propagieren, dass Sie etwas für die Realschulen tun,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Für die Gemein schaftsschulen auch!)

aber tatsächlich wollen Sie ihnen einen sanften Weg bereiten, damit sie dann endlich doch Anträge zur Einrichtung von Ge meinschaftsschulen stellen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Weil es anders nicht geht! So ist es!)

Das, was Sie seit 2011 nicht geschafft haben, soll über diesen Weg verwirklicht werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich freue mich auf eine sehr konstruktive Debatte zu diesem Thema, die uns bis in den Landtagswahlkampf begleiten wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Nichts anderes! So ist es!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Boser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen ersten Lesung der Änderung des Schulgesetzes kommen wir dem Wunsch der Realschulen nach, dass sie an ihrer Schulart zukünftig auch den Hauptschulabschluss anbieten können. Damit tragen wir auch der Tatsache Rechnung, dass die Realschulen – das war schon in der Vergangenheit so – die Schulart sind, in der die Heterogenität immer am höchsten war. Auch in Ihrer Regie rungszeit, Herr Kollege Wacker, war es bereits so, dass an den Realschulen Schülerinnen und Schüler mit Empfehlungen für alle Schularten unterrichtet wurden.

(Zurufe der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Georg Wa cker CDU)

Beispielsweise hatten etwa 10 % der Schülerinnen und Schü ler eine Hauptschulempfehlung, etwa 30 % hatten eine Gym nasialempfehlung, der Rest hatte eine Realschulempfehlung. Was hatte die alte Landesregierung dafür getan? Nichts.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nichts! Null!)

Ihre Mär von den 1 300 Lehrerstellen muss man hier einfach wieder einmal geraderücken. Ja, es gab eine Senkung des Klassenteilers. Davon waren aber alle Schularten betroffen. Woran aber die Realschulen nicht partizipiert haben, war der Einstieg in die Poolstunden. Die Realschule war die einzige Schulart, die nicht in irgendeiner Form von Poolstunden pro fitiert hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD zur CDU: Stiefkind Ihrer Politik! Stiefkind der CDU! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Aha! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Von ei ner Poolstunde haben in dieser Konstellation die star ken Schüler nichts!)