Protocol of the Session on April 15, 2015

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Staatssekretär Peter Hofelich: Sehr schön!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Auch das „Bildungshaus 3–10“ ist ein Beispiel, bei dem parteipolitischer Zank nicht zu optimalen Ergebnissen führt. Obwohl die Bildungshäuser stets ausge zeichnete Bewertungen bekommen haben, hat sich Grün-Rot entschlossen, den von der Vorgängerregierung geplanten Aus bau nicht weiter fortzusetzen. Immerhin durften die schon ein gerichteten Bildungshäuser weiterarbeiten, bekamen aber ei ne Anrechnungsstunde pro Lerngruppe bzw. Grundschulklas se abgezwackt.

Allerdings gibt es aktuell auch wieder eine gute Nachricht. Nachdem der Modellversuch mit dem jetzigen Schuljahr aus läuft,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

gibt der Nachtragshaushalt nun doch endlich grünes Licht für eine Verlängerung. Diese ist jedoch vorläufig. Es soll das Er gebnis der Evaluation zu den Bildungshäusern abgewartet werden; so steht es im entsprechenden Haushaltsvermerk. Vielleicht ist den Vertreterinnen und Vertretern von Grün-Rot aufgegangen, dass nicht alles zwingend schlecht ist, was von der christlich-liberalen Vorgängerregierung angepackt wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Noch zu Beginn der Legislaturperiode schien Grün-Rot ideo logische Vorbehalte gegen die Bildungshäuser zu haben. Wie Sie diese mit spitzen Fingern angefasst haben, war mit Hän den zu greifen. Vielleicht ist bei Ihnen mittlerweile aber doch die Einsicht gereift, dass es in den Bildungshäusern schlicht um eine bessere Verzahnung von Kindergarten und Grund schule geht. Kooperation der Erzieherinnen und Lehrkräfte sowie gemeinsame Projekte der Kindergarten- und Grund schulkinder sollen den Übergang erleichtern.

Dass sich Investitionen an dieser wichtigen Stelle des Über gangs vom Kindergarten in die Grundschule lohnen, liegt doch

auf der Hand. Immerhin hat die Landesregierung für alle üb rigen Kindergärten und Grundschulen die verlässliche Koope rationszeit auf den Weg gebracht, auch wenn diese mit einem geringeren Umfang an Anrechnungsstunden auskommen muss als das ursprüngliche Bildungshaus.

Allerdings wird man den Eindruck nicht los, dass für das „Bil dungshaus 3–10“ und die verlässliche Kooperationszeit un gleiche Bedingungen herrschen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Käppeler?

Am Ende sehr gern.

Das Bildungshaus muss sein Konzept mit einem reduzierten Stundensatz verfolgen, wird als Auslaufmodell behandelt und steht unter dem Vorbehalt der abschließenden Evaluation. Die verlässliche Kooperationszeit dagegen gilt als Regierungskind und steht nicht unter dem Vorbehalt einer Evaluation.

Meine Damen und Herren von Grün-Rot, es wird Sie wenig überraschen, dass wir Freien Demokraten angesichts dieser Ausgangslage für verlässliche und faire Bedingungen für Bil dungshäuser und verlässliche Kooperationszeit eintreten. Ei ne Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule wird von allen Fraktionen im Landtag unterstützt. Der Evaluation der Bildungshäuser lassen sich sicherlich Hinweise entneh men, wie hoch eine auskömmliche Ausstattung für eine gelin gende Kooperation ist. Parallel dazu müsste dann aber auch die verlässliche Kooperationszeit evaluiert werden. Dann könn te am Ende ein Kooperationsbudget stehen, bei dem den Ver antwortlichen vor Ort die Entscheidung über das Konzept überlassen wird. Sie könnten sich entweder für das Bildungs hauskonzept, für ein Modell der verlässlichen Kooperations zeit oder ein ganz anderes Modell entscheiden. Das wäre dann so etwas wie ein „kleiner Bildungsfrieden“.

Dieser Bildungskonsens täte unserem Land im Kleinen wie im Übrigen auch im Großen sehr gut. Deshalb werde ich auch in Zukunft nicht müde werden, zu betonen: Baden-Württem berg braucht einen Bildungsfrieden. Unser Konzept dazu liegt vor. Nun sind CDU, SPD und die Grünen am Zug.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Kollege Käppeler, bitte schön.

Herr Kollege Kern, wenn etwa 200 Bildungshäuser im Schnitt fünf Anrechnungsstunden, Lehrerstunden bekommen, sind es 1 000 Stunden. Wenn die Landesregierung 2 500 Grundschulen mit jeweils einer Stun de in der Kooperation von Kindergarten und Grundschule be denkt, sind es 2 500 Stunden. Ich frage Sie: Wer hat deutlich mehr für die Kooperation von Kindergarten und Grundschu le getan?

Herr Kollege Käppeler, ich habe nicht behauptet – wenn Sie mir aufmerksam zugehört

haben, haben Sie es bemerkt –, dass Sie in diesem Bereich nichts gemacht haben.

(Abg. Klaus Käppeler SPD: Ich habe Sie gefragt, wer mehr getan hat!)

Aber wir, die Freien Demokraten, setzen uns dafür ein, dass es unterschiedliche Modelle gibt, dass Vielfalt auch in diesem Bereich möglich ist. Wir möchten Wahlfreiheit. Wenn Sie sich auf dieses Modell eines Budgets einlassen könnten, könnten die Verantwortlichen vor Ort selbst entscheiden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Das wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wer hat mehr ge macht?)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Nicht die Frage beantwortet!)

Das Wort für die Landes regierung erteile ich Herrn Minister Stoch.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ge statten Sie mir, dass ich die Frage des Kollegen Käppeler selbst beantworte: Natürlich hat diese Landesregierung sehr viel mehr für die Kindergärten getan als die Vorgängerlandes regierung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist ganz sicher ein ganz wichtiger Schritt in der Bildungsbiografie eines Kindes. Ein guter Einstieg in die Schulzeit trägt viel dazu bei, dass es in der Folge nicht zu Brüchen in der Bildungsbiografie kommt, dass Kinder gern in die Schule gehen, motiviert sind und mit Freude und Erfolg lernen. Eltern erwarten zu Recht, dass ih re Kinder an dieser wichtigen Schnittstelle auch gut unter stützt werden. Dafür setzen wir uns mit Nachdruck ein.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, für einen guten Über gang vom Kindergarten in die Grundschule ist es aber vor al lem auch wichtig, dass die Kinder gut und behutsam auf die sen Start in einen neuen Lebensabschnitt vorbereitet werden, dass Neugier und Interesse bei ihnen geweckt werden und auch mögliche Ängste, die mitunter vorkommen, abgebaut werden. Dabei ist es wichtig, dass die Elementar- und die Pri marpädagogen die Möglichkeit haben, sich im Vorfeld zu ver netzen und Informationen auszutauschen. Diese Zusammen arbeit kommt nicht nur den Kindern zugute. Mittel- und lang fristig profitieren von diesem Know-how-Transfer alle Betei ligten, insbesondere auch die Lehrkräfte.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ganz richtig und wichtig, was Kollege Bayer vorhin ausführlich dargelegt hat. Wir sind uns doch vollkommen einig – ich glau be, darüber gab es auch nie einen Streit –, dass innerhalb des

Konzepts des Bildungshauses die Frage der Zusammenarbeit dieser Ebenen von allen positiv bewertet wird. Aber die Kri tik am Projekt Bildungshaus mit 194 Standorten bezog sich doch hauptsächlich darauf, dass nur ein ganz kleiner Teil der Kinder, die in dieser Phase waren, nämlich knapp 8 %, von diesem Bildungshaus profitiert haben, während ein ganz gro ßer Teil, nämlich über 90 %, von diesem Bildungshaus nicht profitiert haben. Dort setzte die Kritik an, und dort setzt die Kritik auch heute noch zu Recht an. Deswegen brauchen wir diese sinnvollen Maßnahmen für alle Kinder in Baden-Würt temberg.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, das Modellprojekt „Bildungshaus 3–10“ hatte ja gerade den Sinn – sonst hätte ich es nicht als Modellprojekt bezeichnen müssen –, wertvol le Erkenntnisse zu liefern, wie genau dieser Übergang vom Kindergarten in die Grundschule weiter verbessert werden kann. Die Landesregierung hat sich für dieses Ziel starkge macht und auch entsprechende Ressourcen im Nachtragshaus halt eingeplant, sodass die Bildungshäuser ihre wichtige Ar beit auch im kommenden Jahr fortführen können.

Aber jetzt frage ich Sie: Würden wir nicht selbst die wissen schaftliche Untersuchung, die erst zum Ende dieses Schul jahrs abgeschlossen ist, wenn dann die Ergebnisse vorliegen, entwerten, wenn wir nicht einmal abwarten würden, welche Ergebnisse dort tatsächlich erzielt werden?

Frau Kollegin Aras hat es sehr gut dargelegt: Wir müssen in Verantwortung für die Mittel, die wir in diesen Bereich geben, die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen schon auch über prüfen. Wenn von wissenschaftlicher Seite gesagt wird, dass diese oder jene Maßnahme wirksam ist, dann ist es sinnvoll, dafür Ressourcen einzusetzen. Wenn aber an anderen Stellen klar ist, dass diese Ressourcen keinen Effekt haben, dann müs sen wir auch kritisch würdigen, welche der Maßnahmen aus dem Konzept Bildungshaus eventuell nicht weitergeführt wer den müssen. Das ist verantwortliche Regierungspolitik. Ich glaube, deswegen wird diese Maßnahme auch richtig sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, die 194 Bildungshäu ser im Land haben erprobt, wie eine intensivere Zusammen arbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen gut ausge staltet werden kann. Dazu zählen beispielsweise gemeinsame Spiel- und Lernzeiten sowie jahrgangsübergreifende Bildungs angebote für Kindergarten- und Grundschulkinder.

Die ersten 33 Bildungshäuser sind bereits 2007 gestartet. Seit dem läuft die wissenschaftliche Evaluation durch das Trans ferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm. Wir werden am 12. Juni dieses Jahres im Rahmen eines Kongres ses die Ergebnisse vorstellen.

Deswegen hat diese Landesregierung auch Klarheit geschaf fen. Wir werden mit dem Nachtragshaushalt die Vorausset zungen dafür schaffen, dass im kommenden Schul- und Kin dergartenjahr dieses Projekt fortgeführt werden kann und dass wir in diesem Zeitraum dann auf wissenschaftlicher Grundla ge eine gute, eine richtige Entscheidung über dieses Thema treffen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesem Grund hoffe ich auch auf eine breite Unterstützung, wenn wir bei der Beratung des Nachtragshaushalts über die hierfür notwendi gen Ressourcen sprechen.

Neben der hohen Qualität der Angebote ist unser zentrales An liegen, dass alle Kinder und Familien von den Erfahrungen in den Bildungshäusern profitieren können. Die Einführung der verlässlichen Kooperationszeit – Kollege Käppeler hat ja die Dimension, den Umfang der hierfür aufgewendeten Ressour cen benannt – war ein wichtiger Schritt in diesem Zusammen hang.

Herr Kollege Kern, wenn Sie hier einen Gegensatz aufbauen zwischen dem Modell Bildungshaus und der verlässlichen Ko operationszeit, dann besteht hier, glaube ich, ein Verständnis problem.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Das zentrale Element des Bildungshauses ist die verlässliche Kooperation zwischen dem Primarbereich und dem Elementar bereich. Deswegen besteht hier überhaupt kein Widerspruch. Die richtige Frage, die wir alle stellen müssen, ist: Welche der Erfahrungen aus dem Konzept Bildungshaus können wir mit dem Instrument der verlässlichen Kooperationszeit und wei teren Instrumenten allen Kindern und Jugendlichen in BadenWürttemberg erreichbar machen? Das ist die zentrale Frage, die wir uns stellen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um diese verlässliche Ko operationszeit einführen zu können, haben wir auch einen Teil der Ressourcen im Interesse aller Kinder behutsam und mit Augenmaß umgeschichtet. So konnten die Bildungshäuser auch weiterhin eine hervorragende Arbeit leisten, aber gleich zeitig alle Kinder im Land noch besser beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule unterstützt werden.