Protocol of the Session on March 11, 2015

Wenn wir uns die Veränderungen bei der Zahl der Übergänge auf die weiterführenden Schulen ansehen, stellen wir fest: Diese haben noch nichts mit einer demografischen Entwick lung zu tun. Das ist allein Ihre Politik, meine Damen und Her ren der Regierungsfraktionen.

Lassen Sie mich einige konkrete Punkte dazu nennen. Bei der Diskussion über diese Schulentwicklungsplanung täuschen Sie eine Qualitätsdebatte vor. Vor Ort wird aber ausschließ lich über Strukturen geredet. Die Kommunen haben höllische Angst und Sorge, ihren Schulstandort zu verlieren. Die Qua lität der Schule und das pädagogische Angebot spielen bei Ih nen anscheinend nicht die geringste Rolle. Das geht leider zu lasten der Kinder.

Holen Sie endlich alle Betroffenen und Beteiligten vor Ort – dazu fordere ich Sie auf – an einen Tisch, und sprechen Sie endlich darüber, was Schule besser macht. Sprechen Sie nicht über technische und strukturelle Fragen. Zeigen Sie auf, wie eine Qualitätsentwicklung für alle Schularten gelingen kann. Machen Sie Schulentwicklung nicht länger an dem Fallbeil der Zahl von 16 Schülerinnen und Schülern fest.

Wenn Sie nur eine reine Strukturdebatte führen, dann ist die regionale Schulentwicklung nichts anderes als ein reines Schulschließungsprogramm. Ich sehe das im ländlichen Raum am allerbesten. Die Schulamtsvertreter werben derzeit – zu

mindest in meinem Bereich – in ihren Grußworten immer auch für die regionale Schulentwicklung. Sie müssen das weiterge ben. Dafür habe ich auch Verständnis.

Herr Minister, Sie setzen starre Mindestschülerzahlen, ma chen Vorgaben und lassen kleinen Schulen keine Chance zur Entwicklung. Ihre sogenannte Entwicklung – wie Sie es be zeichnen – bedeutet für diese Schulen die Schließung.

Unbeantwortet bleibt dabei, was mit den Lehrerinnen und Lehrern geschieht, deren Schulen es dann nicht mehr gibt. Mein Kollege Ulrich Müller hat diese Frage hier im Plenum und auch im Ausschuss bereits mehrfach gestellt. Wir sind es aber von Ihnen gewohnt, dass Sie darauf nur dürftige Antwor ten geben.

Sie schaffen Fakten, bieten aber keine Lösungen an. Ich bitte Sie ganz dringend, alle Schularten vor Ort an einen Tisch zu holen. Wo sind denn eigentlich die beruflichen Schulen, die Privatschulen, die Sonderschulen, die Förderschulen in Ihren Planungen? Warum werden diese im regionalen Schulentwick lungsplan nicht berücksichtigt?

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Sie schaffen bei den Schularten bewusst eine Zweiklassenge sellschaft. Den Logenplatz der ersten Klasse besetzt natürlich Ihr Lieblingskind, die Gemeinschaftsschule. Wenn in jeder Region alle Schulangebote vorhanden sein sollen, muss auch das entsprechende Angebot aller Schularten sichergestellt sein. Die Privatschulen wären schon zufriedengestellt, wenn sie landesweit unter dem Aspekt einer grundsätzlichen Berück sichtigung in die regionale Schulentwicklung eingebunden wären. Die beruflichen Schulen müssen ebenfalls nachhaltig und sinnvoll in den Prozess eingebunden werden, auch mit Blick auf die Handlungsempfehlungen der Enquetekommis sion der letzten Legislaturperiode. Wie sollen sich aber die be ruflichen Schulen in Qualität und Struktur weiterentwickeln, wenn sie gar nicht erst in die Planung eingebunden sind?

Auch die Inklusion – dies will ich dazusagen – bleibt bis jetzt unberücksichtigt. Herr Minister Stoch, das Inklusionskonzept ist von Ihnen noch auf das Gleis gesetzt worden, jedoch lei der auf das Parallelgleis zur regionalen Schulentwicklung. So sehen wir dies. Wie soll Inklusion dann in den nächsten Wo chen und Monaten funktionieren? Wir sind rechtlich dazu ver pflichtet, die Inklusion voranzutreiben. Darin sind wir uns ei nig. Dadurch werden sich jedoch die Schülerströme weiter verändern. Sie sagen, das solle bei der regionalen Schulent wicklung keine Rolle spielen. Das passt nicht ganz zusam men. Gerade diesen wichtigen Bereich auszublenden ist un verantwortlich.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch kurz einen Blick auf die Realschulen werfen. Auf ein klares Bekenntnis zu den Real schulen warten wir immer noch. Wir haben das schon mehr fach abgefragt. Ihr Konzept zur Realschule hat jedoch nur ein Ziel: die Gemeinschaftsschule.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Quatsch! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wissen Sie, was das ist?)

Schaffen Sie endlich ausgewogene und gleichberechtigte Ent wicklungsperspektiven für alle Schularten in unserem Land.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei dem zur Debatte stehen den Antrag handelt es sich um eine Initiative vom August 2012. Die Beschlussteile wären von großer Wichtigkeit für ei ne vernünftige regionale Schulentwicklung gewesen. Sie ha ben aber alle Fakten in die andere Richtung geschaffen, ha ben uns vor Tatsachen gestellt. Eine Abstimmung über den Beschlussteil macht heute daher keinen Sinn. Wir verzichten deshalb auf eine Abstimmung. Nach einer erfolgreichen Land tagswahl 2014

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: 2014 ist gut!)

2016 – werden wir einiges zum Wohl der Schülerinnen und Schüler, der Eltern, der Lehrerinnen und Lehrer verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Boser das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon mehrfach im Parlament über die regionale Schulentwicklung gespro chen. Das Gesetz haben wir am 22. Mai 2014 verabschiedet. Herr Traub, es gab nach der Regierungserklärung 2012 durch aus noch Beratungen darüber im Parlament.

Wenn man sich die Strukturen vor Ort anschaut und wenn man sich anschaut, was die Schulämter vor Ort bei der regionalen Schulentwicklungsplanung leisten, stellt man fest: Es war höchste Zeit, dass wir dieses Thema angegangen sind. Wenn Sie sich mit Bürgermeistern vor Ort unterhalten, dann werden Sie auch von diesen die Antwort erhalten, dass Sie diese re gionale Schulentwicklungsplanung bereits vor zehn Jahren hätten einführen müssen. Beispielsweise stand letzte Woche in der Zeitung, dass in Schramberg die Forderung nach einer regionalen Schulentwicklungsplanung erhoben worden ist.

(Abg. Georg Wacker CDU: Man muss es nur ver nünftig machen!)

Herr Wacker, ich gehe davon aus, dass die staatlichen Schul ämter das sehr wohl vernünftig machen. Denn im Gegensatz zu der Behauptung von Herrn Traub, es würde von oben ver ordnet, gibt es regionale Beteiligungsprozesse, so, wie Sie dies in Ihrem Antrag gefordert haben. Ich nehme einmal als Bei spiel den Schulamtsbezirk Offenburg, aus dem ich komme. Den regionalen Schulentwicklungsprozess vor Ort beobach te ich natürlich genau. Dort hat der regionale Schulentwick lungsprozess jetzt dazu geführt, dass eine Haupt- und Werkre alschule durchaus Fortbestand hat.

(Abg. Georg Wacker CDU: Haben Sie die Privatschu len einbezogen?)

Herr Wacker, darauf komme ich nachher zu sprechen. Gern können wir uns auch einmal bilateral darüber unterhalten.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Was soll das? Mach keinen Fehler, Sandra! – Zuruf von der SPD: Oi, oi, oi!)

Herr Traub, zu Ihrer Aussage, die Schularten würden gegen einander ausgespielt, kann ich nur sagen: Vor Ort ergibt sich ein anderes Bild. Wenn die Eltern, die Schülerinnen und Schü ler – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben noch zwei Tagesordnungspunkte abzuhandeln. Vielleicht könnten Sie so ruhig sein, dass die Rednerin noch zu verstehen ist.

Danke, Herr Präsident. – Ihr Vorwurf, wir berücksichtigten nicht alle Schulen, geht nicht auf. Wir haben gerade bei uns im Schulentwicklungsprozess eine Möglichkeit gefunden, eine Haupt- und Werkrealschule weiter bestehen zu lassen. Herr Traub, das stimmt. Sie kön nen sich gern vor Ort darüber informieren. Die Haupt- und Werkrealschule Hofstetten/Mühlenbach hat die erforderliche Anzahl von Schülerinnen und Schülern und wird somit fort bestehen.

Es gibt natürlich Gemeinden – da nehme ich als Beispiel auch eine Gemeinde aus dem Schulamtsbezirk –, die schon seit 15 Jahren für die fünften Klassen acht bis elf Anmeldungen ha ben. Da habe ich schon einmal die Frage in Richtung der CDU gestellt: Was machen Sie denn mit diesen Schulstandorten? Sie haben bisher noch keine – –

(Abg. Georg Wacker CDU: Das war ja von Ihnen ge wollt!)

Vor 15 Jahren waren wir noch gar nicht an der Regierung, Herr Wacker. Das war zu Ihrer Regierungszeit.

(Abg. Georg Wacker CDU: Die Schulen sterben jetzt massiv!)

Das Schulsterben im ländlichen Raum hat doch schon längst angefangen. Wenn die Bürgermeister vor Ort mir die Frage stellen: „Warum haben Sie nicht vor zehn Jahren diesen Pro zess eingeleitet?“, kann ich immer nur an die CDU verwei sen; denn Sie haben diesen Prozess verschlafen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Georg Wacker CDU: Da gab es noch funktionierende Haupt schulen!)

Für viele Schulen kommt dieser Prozess tatsächlich zu spät. Kollege Beck, Sie kennen ja auch die Schulstandorte. Ich nen ne als Beispiel den Standort Schapbach. Was wollen Sie ei nem Schulstandort sagen, bei dem für die fünfte Klasse noch fünf Anmeldungen vorliegen? Wollen Sie tatsächlich sugge rieren, diese Schulen würden trotz der zurückgehenden Schü lerzahlen auch in den nächsten 20 Jahren aufrechterhalten?

(Abg. Georg Wacker CDU: Da wollten Sie ja hin!)

Wir haben mit der regionalen Schulentwicklungsplanung jetzt ein Verfahren eingeleitet, das es ermöglicht, dass die Gemein den vor Ort planen können, dass beispielsweise die Fahrtwe ge der Schülerinnen und Schüler einberechnet werden, dass die regionalen Besonderheiten berücksichtigt werden, und das auch über diese 16 Anmeldungen hinaus. Es geht ja nicht al lein starr um diese Zahl 16, sondern die staatlichen Schuläm ter – –

(Abg. Georg Wacker CDU: Doch! Das ist starre Re gel!)

Nein.

(Abg. Georg Wacker CDU: Das steht doch im Ge setz! Sie haben es doch hineingeschrieben!)

Herr Wacker, dann haben Sie das Gesetz nicht gelesen und haben sich bisher noch bei keinem regionalen Schulentwick lungsprozess vor Ort erkundigt, wie das tatsächlich abläuft. Tut mir wirklich leid, aber da sind Sie Ihrer Verantwortung als Abgeordneter bisher nicht nachgekommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In keinem Gesetzentwurf steht drin, dass strikt bei 16 Schü lerinnen und Schülern die Schule geschlossen wird. Bei 16 Schülerinnen und Schülern fängt der regionale Schulentwick lungsprozess an. Durch Zusammenschluss von Schulstandor ten ergeben sich neue Schulen, beispielsweise neue Gemein schaftsschulen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mit 24 Schülern!)

Wenn Sie alle Schulabschlüsse im ländlichen Raum erhalten wollen, dann sollten Sie sich ein bisschen konstruktiver mit den Gemeinschaftsschulen auseinandersetzen. Die haben näm lich die notwendigen Schülerzahlen; sie bieten die entspre chenden Schulabschlüsse auch regional an.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sind 24 ausrei chend?)

Es gibt keine langen Fahrtwege für die Schülerinnen und Schüler. Die Schulen weisen ständig steigende Zahlen auf. Wenn ich dann vom Kollegen Rülke wieder höre, unser Ni veau hier sinke so wie bei den Gemeinschaftsschulen, dann tut es mir leid für die Lehrerinnen und Lehrer, die sich das hier jedes Mal von der FDP/DVP anhören müssen. Das wird überhaupt nicht dem gerecht, was die Lehrerinnen und Leh rer an diesen Schulen leisten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)